FDGB-Pokal 1974/75: Achtelfinale (Hinspiel): BFC Dynamo - BSG Sachsenring Zwickau 2:3

Zwickau schlug zu: 1:0, 2:0, 3:0 - erst dann kam der BFC
So schwer kann Fußballspielen sein! 30 Minuten lang war die Berliner Abwehr förmlich ein Torso, wurde von Steilpässen ebenso überrascht wie von weiträumigen Flanken. Vor allem im Deckungszentrum irrten Lauck und Jonelat herum, als ob sie erstmals in dieser Mannschaft stehen würden. "In einer halben Stunde wurde der gute Eindruck aus dem 3:1-Punktspiel gegen Lok Leipzig völlig verwischt", meinte dann auch BFC-Cheftrainer Harry Nippert enttäuscht. "Die vorgegebene taktische Aufgabe konnte nicht erfüllt werden, weil die inkonsequente Abwehrarbeit uns einen Strich durch die Rechnung machte." Zwickaus Elf hat in den letzten Jahren in Berlin bis auf wenige Ausnahmen (12. Februar 1966: 0:2, 16. Februar 1974: 1:4) in der Meisterschaft stets achtbare Resultate herausgeholt (dreimal 1:1, je einmal 2:2 und 0:0 sowie ein 1:0).

Eine 3:0-Führung - das übertraf aber dann doch die kühnsten Erwartungen. "Wir haben in den ersten 40 Minuten einen hervorragenden Ball gespielt, die Schwächen beim Widersacher erkannt und ihm unseren Stil aufgezwungen", stellte Sachsenring-Cheftrainer Karl-Heinz Kluge fest. "Als der BFC bald nach der Pause auf 2:3 verkürzte. waren wir dann doch zu sehr darauf bedacht, das Ergebnis zu halten, zumal uns mit dem am Oberschenkel verletzten Henschel ein wichtiger Mann ausfiel." Bei aller Anerkennung des ungebrochenen Kampfgeistes, was die Berliner vorher versäumt hatten, konnten sie nun nicht mehr wettmachen. Der Eckenstand stieg auf 19:3 (vor der Pause 7:3) an, aber selbst das erhoffte 3:3 gelang nicht, obwohl es zeitweise schien, als ob die Gäste- Hintermannschaft wanken würde.

Croy war in den kritischsten Phasen wieder einmal der hervorragende Schlußmann, wenn auch nicht verschwiegen werden soll, daß er beim 2:3 den als Flanke gedachten Ball falsch distanzierte. Was er aber vorher meisterte, so einen Kopfball aus Nahdistanz von Johannsen ("Das hält bei uns eben nur Jürgen Croy!") und später parierte, so Hinterhaltschüsse von Ullrich und Filohn, machte ihn zusammen mit dem immer die Übersicht behaltenden Krieger zum Dreh- und Angelpunkt des Zwickauer Spiels. Fast hätte sich Sachsenring aller Sorgen entledigt, doch schoß Wohlrabe (84.) zum Abschluß einer plötzlichen Konterattacke trotz guter Position überhastet vorbei. Beim BFC, der in diesen Monaten seine Anhänger nicht gerade mit Erfolgen verwöhnt, unterstrich der 18-jährige Lutz Eigendorf erneut sein Talent. Er stach weitaus erfahrenere Spieler mit seiner Leistung aus.


BFC Dynamo:
Lihsa; Lauck; Ullrich, Jonelat (32. Brillat), Filohn; P. Rohde, Schütze, Eigendorf; Johannsen, Riediger (63. Wroblewski), Labes
BSG Sachsenring Zwickau:
Croy; Krieger; Lippmann, Henschel (48. Voit), Wohlrabe; Leuschner, J. Schykowski, Dietzsch; Reichelt, Rentzsch, Nestler

0:1 J. Schykowski      (10.)
0:2 Dietzsch           (20., Foulstrafstoß)
0:3 Rentzsch           (33.)
1:3 P. Rohde           (40.)
2:3 Eigendorf          (51.)

Schiedsrichter:        Kirschen (Frankfurt/Oder)
Zuschauer:             3.000


Hans Günter Burghause, Neue Fußballwoche, 29.10.1974