09. Spieltag 1998/99: FC Berlin - VfB Leipzig 2:1

Gezen ging weite Wege
In Hohenschönhausen ist das Selbstvertrauen momentan gut ausgeprägt. Und das auf rasen und Rängen. Über 2.000 kamen diesmal ins Sportforum, verdienter Lohn für die guten Leistungen der vergangenen Wochen. Angesichts des Sieges werden es die Fans auch verschmerzt haben, daß sie geraume Zeit nicht das erwartete Spitzenspiel geboten bekamen. Vor allem in der ersten Hälfte neutralisierten sich beide Seiten weitgehend. Als mit der Leipziger Führung frischer Wind einzuziehen schien, gelang dem FCB schon im Gegenzug der Ausgleich. Damit war die taktische Pattsituation wieder hergestellt. Nicht, daß es etwa langweilig war, aber der große Atem und die zwingenden Chancen fehlten. Das änderte sich nach der Pause. Und es war in erster Linie ein Verdienst der Hausherren.

Konnten die Gäste die erste Chance für Ohly (47.) noch mit zwei kernigen Hinterhaltschüssen von Dehoust, die Bartel zu Paraden zwangen (51., 52.), "kontern", so neigte sich die Waage allmählich zugunsten der Berliner. Vor allem Krznaric, von Werner auf Schritt und Tritt bewacht, konnte sich nun von seinem Schatten lösen und für mehr Impulse sorgen. Zweimal verpasste der Regisseur in aussichtsreicher Position die mögliche Führung (54., 63.), dann zielte Kallnik etwas zu hoch (65.), doch kurz darauf war es mit dem Tor von Brestrich so weit. Es verschaffte einigen beim Gastgeber noch einmal die "zweite Luft". Das galt vor allem für Gezen, dem kein Weg zu weit war. Einst im Mittelfeld an eine gewisse Leistungsgrenze gelangt, hat sich der ehemalige Hertha-Bubi mit seiner neuen Rolle als spielende Spitze mittlerweile angefreundet. Dort profitiert er von den Ideen von Krznaric, ohne daß sich beide den Raum zur Entfaltung nehmen.

Daß sich der FCB zu einem der spielkulturell besten Teams dieser Liga gemausert hat, ist in erster Linie diesem Duo zu verdanken. Fast hätte Gezen seine imponierende Leistung noch mit einem herrlichen Treffer gekrönt, aber sein fulminanter Schuß krachte gegen die Lattenunterkante, und auch der nachsetzende Krznaric brachte den Ball nicht am glänzend reagierenden Grundmann vorbei (78.). So mußte der FCB noch ein bißchen zittern, ohne aber wirklich in Bedrängnis zu kommen. Den Leipzigern ging nämlich die Gefahr vor dem gegnerischen Gehäuse fast gänzlich ab. In diesem Punkt trennten die beiden Kontrahenten an diesem Tage einiges - und das war letztlich entscheidend. Für FCB-Trainer Henry Häusler war der VfB trotzdem "der bisher stärkste Gegner", womit er die eigene Leistung aufgewertet wissen wollte. Den Gästen trübte das Lob nicht den Blick für die Realitäten. Trainer Uli Thomale: "Wir sind momentan noch nicht stark genug, um gegen solche Gegner auswärts zu gewinnen."

FC Berlin:
Bartel; Lenz; Kallnik, Maek; Petzold, Gatti, Krznaric, Brestrich, Ohly (65. Dahlke); Gezen, Aberkane (67. Jopek)
VfB Leipzig:
Grundmann; Edmond; Küttner, Nylen; Mimuß (52. Mbidzo), Dehoust, Werner (80. Richter), Lazic, Jülich (72. dos Santos); Dittgen, Seifert

0:1 Dittgen            (25.)
1:1 Aberkane           (26.)
2:1 Brestrich          (66.)

Schiedsrichter:        Pleßke (Coppanz)
Zuschauer:             2.012

Sascha Stolz, Fußballwoche, 28.09.1998