02. Spieltag 1996/97: Spandauer SV 1894 - FC Berlin 2:2

Nur in der zweiten Halbzeit gut gestürmt / Nach spannender Partie einigen sich SSV und FCB auf verdientes Remis / Beide weiter unbesiegt
Die Fußballer des Spandauer SV haben den Sprung an die Tabellenspitze der Regionalliga Nordost verpaßt. Sie mußten sich gegen den FC Berlin nach guter und ausgeglichener Partie mit einem 2:2-Remis zufriedengeben. Jetzt stehen die Spandauer nach ihrem zweiten Saisonspiel auf Platz 4. Zum Schluß wußten beide Trainer nicht recht, ob sie mit dem Punkt zufrieden sein sollen. FCB-Coach Werner Voigt trauerte den Chancen der ersten Hälfte nach, als seine Youngster die behäbigen SSVer durcheinanderwirbelten. Eckhard Düwiger vom favorisierten SSV sah mit Entsetzen, wie seine in der zweiten Halbzeit toll stürmende Truppe beste Chancen versiebte (Lattenkopfball Fabians nach 57 Minuten). Beide erfahrenen Fußball-Lehrer einigten sich dann darauf, sich über je einen Zähler zu freuen. Beide hatten ihre überraschenden Auftaktsiege - SSV in Nordhausen, FC Berlin gegen Dresden - bestätigt.

Beide hatten sich einen packenden Kampf geliefert, in dem die Stürmer über die Verteidiger dominierten. Eidtner und Lesch setzten sich an die Spitze der Torschützenliste der Liga (je drei Tore). Der SSV drohte in der tollen ersten Hälfte der Hohenschönhauser regelrecht unterzugehen. Manndecker Schmelzer hatte mit Lesch ebensoviel Mühe wie Kollege Chaabo mit Pronischew. Die Achillesferse der Spandauer war jedoch die rechte Seite. Dort ließ sich der routinierte Maier vom sensationell beginnenden Müller immer wieder vorführen. Da fehlte Maier jegliche Unterstützung des zu langsamen Liberos Fabia und des zu offensiv spielenden Küttner. Alle Verteidiger standen regelmäßig zu weit weg von den Stürmern. Außerdem gingen viel zu viele Zweikämpfe verloren. Düwiger kriegte sich an der Seitenlinie kaum mehr ein. "Wie ein Altweiberhaufen" agierten seine Defensivakteure, schrie er von draußen herein.

Glück für die Spandauer, daß der FCB nur mit 2:1 in die Kabinen ging. Die zahlreichen Gästeanhänger hatten in der 45. Minute einen tollen Direktschuß von Pronischew (nach einer Flanke über die starke linke Seite natürlich) schon im Tor gesehen. In der Pause stellte Düwiger um. Zimmer kam für Maier und Tausendsassa Müller tauchte bald unter. Jagatic verstärkte für den zurückhaltenden Nied die Offensive. Ein Schachzug, der sich auszahlte. Mit Wiederanpfiff übernahmen die Platzherren das Kommando. Angetrieben vom starken Kremser, der sein wohl bestes Spiel im SSV-Dreß absolvierte, deckte vor allem der Star-Sturm Jopek/Eidtner die Defensivschwächen des häufig hart einsteigenden FCB auf. Da der erlösende Ausgleich trotz bester Chancen jedoch lange auf sich warten ließ, ahnten die Spandauer Fans Schlimmes.

Anders die Spieler: Ausgerüstet mit einem gerüttelt Maß Glaube an die eigene Stärke behielten sie die Nerven. Hochverdient dann der Ausgleich durch Eidtner, der zuvor minutenlang wegen einer Kopfplatzwunde an der Außenlinie behandelt werden mußte. Mit zunehmender Spielzeit setzte sich die Abgeklärtheit der Zimmer und Küttner gegen jugendliches Ungestüm durch. FCB-Coach Müller zeigte sich vom fulminanten Start seiner Elf selbst überrascht, registrierte aber eine Zitterpartie nach der Pause. Fazit: "Ich bin nicht ganz unzufrieden mit dem Ergebnis." Sein Gegenüber Düwiger sagte: "Wir waren im Grunde schon tot. Zum Glück haben wir uns erheblich gesteigert. Wir haben so viel Druck gemacht, daß das Tor irgendwann fallen mußte."

Spandauer SV 1894:
Dittrich; Fabian; Schmelzer, Chaabo; Maier (46. Jagatic), Küttner, Niederhübner, Nied (46. Nied), Kremser; Jopek, Eidtner
FC Berlin:
Oette; Brestrich; Maek, Kallnik; Göllnitz (85. Lau), Höppner, Reckmann (80. Lätzsch), S. Müller (80. Jonelat), Dahlke; Pronischew, Lesch

0:1 Lesch              (5.)
1:1 Jopek              (33.)
1:2 Pronischew         (40.)
2:2 Eidtner            (84.)

Schiedsrichter:
Zuschauer:             500

Elmar Schütze, Berliner Zeitung, 12.08.1996