32. Spieltag 1991/92: Eisenhüttenstädter FC Stahl - FC Berlin 1:1

Reckmanns Riecher / Nur beide FCB-Manndecker und Nofz stark
Souveränität strahlte der Spitzenreiter mit dieser Leistung im dritten Spiel innerhalb einer Woche nicht aus. Das bewog FCB-Trainer Jürgen Bogs in seiner ersten kritischen Wertung denn auch, von der schwächsten Saison-Auswärtspartie zu sprechen. Aber sollte man dabei nicht auch in Rechnung stellen, daß die Mannschaft auf einen kompakten Gegner traf, der das siebente Treffen in Folge bei nunmehr 18:6 Toren und 13:3-Punkten unbeschadet überstand? Von Beginn an sofort unter Druck gesetzt, mußten die Berliner wie wohl selten zuvor in einer Meisterschaftspartie mühsam um den spielerischen Zusammenhang ringen. Stahls Trümpfe in der über das Führungstor hinausgehenden Phase leichten Übergewichts stachen: Konsequent stören, aus gewonnenen Zweikämpfen mit zahlreichen einsatzstarken und erfreulich sauber geführten Tacklings zu einem technisch ansehenswerten Stil finden.

Und da sich Kampf und Spielgedanke in einer vernünftigen Relation bewegten, der Gastgeber bei Ballbesitz seine Kräfte in der Offensive geschickt freizumachen verstand, hatten die Berliner spürbar mit Problemen zu ringen. Weniger Lenz und Reckmann als kompromißlose Manndecker, erheblich mehr jedoch die Akteure der zweiten Reihe, die individuelle Stärken (Tolkmitt) bestenfalls nur andeuten konnten. Und für den in der Spitze pendelnden Hennig bestand schon überhaupt keine Chance, einem seiner ständigen Bewacher (Hirsch oder J. Bartz) zu entwischen. Wie Kapitän Backs später freimütig zugestand, sei es der Mannschaft trotz aller guten Vorsätze nicht gelungen, sich nach dem jüngsten vorentscheidenden 2:0 über Bergmann Borsig mental wiederum in Hochstimmung zu bringen. Harmonie, Spielbefähigung blieben unter dem Niveau zurückliegender Spiele, aus Tempovorteilen wurde auch später kein erwähnenswerter Nutzen gezogen.

Und darüber hinaus ist Trainer Bogs sicherlich genau so schlau wie vor dieser Partie, die wegen verspäteter Anreise der Berliner mit 30minütiger Verzögerung begann: Wer soll den inzwischen am Kreuzband operierten Pronischew ersetzen? Hennig, Zöphel oder Possling - da sind die Positionskämpfe noch in vollem Gang. Auch wenn bei Stahl der klare Zuschnitt in den Aktionen mit fortschreitender Zeit etwas verloren ging - mithalten konnte die Elf bei leichten Chancenvorteilen (zweimal stand Schwöbel vor der erneuten Führung) jederzeit. Wobei bemerkenswert war, wie Weber mit staksigen Schritten nicht nur kam, um Dribblings zu unterbinden, sondern damit auch im Vorwärtsgang ungemein aktiv und belebend wirkte. Demgegenüber blieb Brestrich, freier Mann der Berliner, in manch heikler Situation nicht kühl genug, um sie konsequent zu klären. Der Tabellenführer will dieses Problem überdenken. Von selbstbewußt-strategischem Verhalten war auf diesem wichtigen, ja entscheidenden Posten diesmal jedenfalls wenig zu sehen. Zum Glück gab es keine Krawalle auf den Rängen.

Eisenhüttenstädter FC Stahl:
Wehner; Weber; Hirsch, J. Bartz (71. Ott); Reinke, Mujakovic, Culafic, Wiemer, F. Bartz; Schulz, Wittke (46. Schwöbel)
FC Berlin:
Nofz; Brestrich; Lenz, Reckmann; Jesse, Rehbein (64. Zöphel), Rambow, Fügner, Backs, Tolkmitt; Hennig (67. Possling)

1:0 Schulz             (26.)
1:1 Reckmann           (54.)

Schiedsrichter:        Bierl (Magdeburg)
Zuschauer:             1.225

Dieter Buchspieß, Fußballwoche, 04.05.1992