30. Spieltag 1991/92: FC Stahl Hennigsdorf - FC Berlin 2:5

Thom-Verschnitt Tolkmitt! / Toller FCB-Angriffswirbel zermürbt Stahl
Der kurze Blick hinüber zur FCB-Trainerbank nach der schnellen Hennigsdorfer Führung ließ keinerlei Unruhe oder gar Verärgerung erkennen. Der Spitzenreiter war sich seiner Sache absolut sicher und fühlte sich jetzt erst recht aufgemuntert zu eindrucksvollem Offensivspiel. Demonstration und Lehrstunde zugleich! Sehenswerte Kombinationen am Fließband mit dem taktischen Verständnis dafür, das Spiel immer wieder über die Flügel zu öffnen. Es half Stahl wenig, die Räume verengen zu wollen, weil sich die Berliner rechts (Backasch, Rambow) und links (Tolkmitt, Backs) so geschickt und dabei mit unwahrscheinlich hohem Laufaufwand in Szene zu setzen verstanden, daß sich zwangsläufig Anspielpunkte boten. Und hier wie auch im weiteren Verlauf des zumeist eindeutig im Zeichen der Berliner stehenden Geschehens zeigte sich, wie wichtig und wertvoll zugleich individuelle Ballsicherheit ist.

Dafür lieferten Tolkmitt, Rehbein, Rambow und andere im Wechsel zwischen Doppelpässen und weiten, spielverlagernden Aktionen ein Musterbeispiel nach dem anderen. Ratlosigkeit darüber, wie dieser homogene Kontrahent denn überhaupt zu stoppen sei, ging jedoch erfreulicherweise nicht mit vorzeitig erlahmender Widerstandskraft einher. Stahl stellte sich, obgleich in der Spritzigkeit, Wendigkeit und spielverständigen Auffassung klar unterlegen, bis zum Schluß mit aufopferungsvollem Einsatz. Wohl spürend, daß wirkungsvolle Entlastung über Lenz als einziger Spitze diesmal nur sporadische Züge trug. Aber immerhin: ein zweiter Treffer war Grund genug, später von einem doch noch versöhnlichen Resultat zu sprechen. Zu recht! Der Vorteil des Siegers stach durchgehend, auch wenn ein Temponachlaß Mitte der 2. Halbzeit offensichtlich und auch verständlich war: Niemals Bewegungsstillstand!

Und bei Ballbesitz mit sieben, acht Akteuren im Vorwärtsgang! Da mußten sich über die fünf Tore hinaus zwangsläufig weitere Chancen wie beispielsweise durch Thom-Verschnitt Tolkmitt (Innenpfosten sowie Latte) ergeben. Wenn überhaupt, bestand danach nur Grund zur Kritik an einigen Konzentrationsschwächen bei Brestrich und Reckmann. Aber sie resultierten wohl aus dem Gefühl heraus, daß in Hennigsdorf nichts anbrennen konnte. Jürgen Bogs (FC Berlin): "Unsere Angriffsleistung war nahezu fehlerfrei, trug modernen und damit eben auch erfolgreichen Zuschnitt. Auf die engere Abwehr mit Brestrich und Reckmann trifft das aus meiner Sicht allerdings nicht zu. Da lege ich schon jetzt mit der Orientierung auf die mögliche Qualifikationsrunde für die 2. Bundesliga knallharte Maßstäbe an, wenn wir bestehen wollen."

FC Stahl Hennigsdorf:
Bahra; Schwezow; Senger, Falkowski, Kibbieß; Wangerin, Woytella (53. Fanslau), Hennig, Gumtz, Schoknecht; Lenz
FC Berlin:
Nofz; Brestrich; Lenz, Reckmann; Backasch (57. Jesse), Rehbein, Rambow, Fügner, Tolkmitt, Backs; Pronischew (ab 67. Hennig)

1:0 Gumtz              ( 2.)
1:1 Rehbein            (13.)
1:2 Rehbein            (20.)
1:3 Pronischew         (43.)
1:4 Rambow             (58.)
2:4 Lenz               (72.)
2:5 Hennig             (80.)

Schiedsrichter:        Robel (Briesen)
Zuschauer:             750

Dieter Buchspieß, Fußballwoche, 21.04.1992