28. Spieltag 1991/92: Berliner TC Borussia - FC Berlin 0:1

Rambow in den Winkel / TeBe muß Aufstiegshoffnung begraben
Eine totale Blamage für TeBe. Sicherlich kann man gegen ein starkes Team wie den FC Berlin verlieren - aber nicht so! Wer derart hohe sportliche Ansprüche stellt, wer solch gewaltigen finanziellen Aufwand betreibt, der darf sich von einem Mitkonkurrenten nicht einfach so sang- und klanglos abbürsten lassen. Nicht nur, daß die Borussen in den Bereichen Schnelligkeit Zweikampfstärke, Harmonie und Spielwitz rettungslos unterlegen waren. Manchmal schien es gar, sie würden gar nicht wollen. Ein Armutszeugnis für die gutbezahlten Spieler, die mit ihrer peinlichen Vorstellung die voraussichtlich letzte Meisterschaftschance verspielten und womöglich ihren Trainer Bohla vorzeitig abgeschossen haben. Aber sind die Fehler wirklich nur bei der Mannschaft zu suchen?

Hat nicht das Präsidium mitten in der Saison vier neue Spieler geholt und damit Unruhe und Verunsicherung bei den Akteuren ausgelöst? War es wirklich sinnvoll, bereits jetzt die Verpflichtung des neuen Trainers Willibert Kremer für den glücklosen Fritz Bohla bekanntzugeben? Uns dünkt, in diesen Fällen sollte krampfhaft das Interesse der Öffentlichkeit geweckt und Eigendarstellung betrieben werden, was freilich auf Kosten kontinuierlicher, solider Arbeit ging. Nun ist das Gejammer groß. Alles, was Wackelkandidat Bohla am Sonnabend vor beachtlicher Kulisse versuchte, brachte nicht den gewünschten Effekt. Neuzugang Theiss ließ er wegen mangelnder Fitneß auf der Bank, dafür spielte Fistler wieder Libero - in der Defensive ordentlich, nach vorn mit haarsträubenden Pässen.

Henklein nahm der Coach bereits nach 20 Minuten vom Feld, weil er mit dem tänzerisch-leichtfüßigen, ballgewandten Tolkmitt überhaupt nicht zurechtkam und zudem schlecht abspielte - Nachfolger Niederhübner machte es immerhin etwas besser. Arayici, von Bohla auf die einzige FCB-Spitze Pronischew angesetzt, blieb auch nicht lange bei dieser Aufgabe, bald deckte Civa den Russen. Und um alle Umstellungen im breitgefächerten Mittelfeld aufzuzählen, müßte man ein Taschenbuch schreiben. Tatsache jedenfalls war, daß Verschiedene Borussen den, immer lebendiger werdenden Rehbein nicht in den Griff bekamen, daß Januschewski auf seiner linken Seite den kantigen Backasch viel zu häufig gefährlich vorpreschen ließ, daß der überragende Rambow das anfängliche Duell mit Civa haushoch gewann und daß auch später niemand die Kreise des Torschützen richtig einengen konnte.

Die TeBe-Misere vervollständigten ein erschreckend schwacher Kurt, von Fügner gänzlich beherrscht, sowie ein Borkowski, der zwar einige Male wuchtig auf's Tor schoß, aber nach seinem verlorenen Laufduell vor dem 0:1 ebenfalls von der Rolle geriet. Angesichts der zahllosen verlorenen Zweikämpfe und Ballverluste im Mittelfeld verwunderte es nicht, daß auch die Spitzen der "Veilchen" nicht lilaweiß blühten, sondern leichenblaß blieben. Was sollten sie allerdings auch anfangen mit den vielen unüberlegten, ungenau in die Landschaft gebolzten "Vorlagen"? Bei Hirsch war ab und an wenigstens das Bemühen zu erkennen, Friz aber brachte gar nichts, verpaßte vielmehr die beste TeBe-Chance, als er eine Flanke von Hirsch freistehend und kläglich über den Scheitel rutschen ließ (76.). Ansonsten bekam TeBe ein paar Freistöße, die allesamt dilettantisch vergeben wurden - für ein sogenanntes Spitzenteam unfaßbar.

Beim insgesamt überzeugenden FC Berlin waren zwei Dinge zu bemängeln. Erstens: Die schwache Chancenverwertung. Ob Rehbein nach schwachem Rückpaß Civas (23.), ob Backasch mit Außennetz-Schuß (33.), ob Tolkmitt per Knallbonbon (55.) oder Pronischew aus spitzem Winkel (57.), ob Backs mit Kopfball (64.) oder erneut der von Foulspiel gebeutelte Pronischew mit über den Senkel gerutschtem "Riesen" aus zwei Metern (82.), sie alle hätten vorzeitig alles klar machen können - von stärkeren Gegner werden derlei Nachlässigkeiten meist bestraft. Und zweitens bemängelte Trainer Bogs, seine Elf habe sich nach Halbzeit streckenweise zu inaktiv verhalten und den Gegner damit aufgebaut. Richtig. Nur - welches Team der Welt kann schon 90 Minuten Dampf entfachen? Perfektion ist auch im Fußball sehr selten.

Berliner TC Borussia:
Rudwaleit; Fistler; Arayici Henklein (21. Niederhübner), Borkowski, Clarke (61. Wielga), Kurt, Civa, Januschewski; Friz, Hirsch
FC Berlin:
Nofz; Brestrich; Lenz, Reckmann; Backasch, Rehbein (86. Jesse), Rambow, Tolkmitt, Fügner, Backs (78. Zöphel); Pronischew (86. Possling)

0:1 Rambow             (30.)

Schiedsrichter:        Heynemann (Magdeburg)
Zuschauer:             3.000

Raimund Wilheim, Fußballwoche, 06.04.1992