26. Spieltag 1991/92: FSV PCK Schwedt - FC Berlin 3:2

Günther nicht zu stoppen
Nach der 8:0-Toreflut gegen Parchim in der Vorwoche wurde der Spitzenreiter nun in Schwedt ganz schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. "Schuld" daran vor allem ein Mann, ohne die großartige kämpferische Leistung der gesamten PSV-Elf schmälern zu wollen: der 27jährige Mittelfeldmotor Kai Günther. "Heute habe ich mir mit meinen drei Treffern so richtig den Frust vom Leibe geschossen - in der Saisonvorbereitung lief es prächtig bei mir, was das Tore schießen anbelangt. Dann folgte doch eine Saure-Gurken-Zeit. Natürlich ist man gegen den Tabellenführer besonders motiviert. Aber das es gleich ein lupenreiner Hat-trick wird, der zum Sieg reicht, das hätte ich mir nie träumen lassen." Schwedt kämpfte sich förmlich zum Doppelpunktgewinn. Man ließ in der Anfangsphase den FCB kommen, merkte sofort, daß vor allem Tolkmitt, Hennig, Rambow, auch Rehbein wenig "härteverträglich" waren.

Das Bollwerk, die Abwehr um Libero Woyde, stand den Berlinern förmlich auf den Füßen. Da war kein Durchkommen, wenn man auch bei Halbzeit mit 8:1 Eckbällen im Vorteil war. Stabrey machte gegen "Gorbi" Pronischew das beste Spiel der Saison, blieb im Zweikampf stets fair, hatte sofort den Blick für die spielaufbauende Situation. Dem kleinen Wirbelwind im FCB-Dreß fehlt allerdings noch viel zum Klassestürmer. Zu schwach seine Ballkontrolle, zu spät der Blick für das Abspiel zum Nebenmann, dazu unkontrolliertes Foulspiel, sicherlich oftmals im Eifer des Gefechts. Aus dem Mittelfeld der Berliner kam ungenügende Unterstützung für den Ein-Mann-Sturm. Backs allein konnte das Spiel nach vorn auch nicht forcieren. Rehbein war zwar fleißig, seine Pässe jedoch landeten allzuoft in des Gegners Beinen. Fügner und Lenz hatten mit Weißkopf und Tetzner ihre liebe Not. Und schon nach 20 Minuten monierte Trainer Backs die Unbeweglichkeit in allen Mannschaftsteilen.

So blieb es trotz aller Mühen bei einer echten Torchance für den FCB vor der Pause. Die allerdings war "hundertprozentig": Urplötzlich stand Tolkmitt drei Meter vor dem Tor allein vor Jaschob, doch der nahm ihm instinktiv den Ball vom Fuß. Nach dem Wechsel legten die Schwedter auch den letzten Respekt ab. Günthers 20-Meter-Knaller (50.), knapp am Nofz-Tor vorbei, war der erste Warnschuß. Doch als der große Regen einsetzte, nutzte Tolkmitt einen Konter zum 0:1. PCK jedoch blieb davon unbeeindruckt, nutzte clever seine Ausgleichschance, und nach dem 2:1 sah man schon wie der sichere Sieger aus, als Einwechsler Zöphel genau in dem Moment traf, wo sich noch keiner so recht für ihn zuständig fühlte. Wie die Männer von Trainer Großheim auch diesen Schlag wegsteckten, zeigte, aus welchem Holz die Elf geschnitzt ist. Kein Wunder, daß sich bei Schwedt einer besonders freute: Co-Trainer Erhard Bogs, der mit dem PCK-Sieg nach der 0:1-Niederlage im Hinspiel in Berlin den Ausgleich im Familienduell schaffte. FCB-Trainer Jürgen Bogs ist nämlich sein Bruder.

FSV PCK Schwedt:
Jaschob; Woyde; Rieh, Stabrey, Roth; Duckert, Merkel, Günther, Natter; Weißkopf (85. Schatz), Tetzner
FC Berlin:
Nofz; Brestrich; Lenz, Fügner; Backasch, Rehbein, Rambow, Backs, Hennig, Tolkmitt (80. Possling); Pronischew (77. Zöphel)

0:1 Tolkmitt           (55.)
1:1 Günther            (60.)
2:1 Günther            (73.)
2:2 Zöphel             (78.)
3:2 Günther            (90.)

Schiedsrichter:        Dr. Kiefer (Neubrandenburg)
Zuschauer:             1.072

Bärbel Gehri, Fußballwoche, 23.03.1992