09. Spieltag 1991/92: FC Berlin - Berliner TC Borussia 1:0

Rambows "Pfund"
Wir wissen nicht, mit welcher Order Fritz Bohla die Borussen aufs Feld geschickt hat. Fest steht freilich, daß sie viel zu viel Respekt vor dem Gegner hatten. Nimmt man eine General-Kritik vorweg, gilt dieses für eine durchaus vermeidbare 0:1-Niederlage: TeBe verschlief den durchaus möglichen Erfolg schon vor der Halbzeit! Nachher sollte es dann mit der Brechstange noch klappen. Da verdiente sich der vorjährige Berliner Meister aber nur noch das Prädikat eines mindestens ebenbürtigen, in der Endphase glücklosen Verlierers. So, als Freikowski (71.), vom endlich aufgetauten Kurt fein angespielt, aus spitzem Winkel übers Tor schoß. Oder der insgesamt blasse Hirsch, diesmal von Henklein (auch er kam viel zu spät in Fahrt) in Szene gesetzt (81.), den Ball nicht richtig traf.

Schon lange vorher hatte sich eine Situation entwickelt (29.), von der Bohla nachher vor der Presse sprach, daß er des Schiedsrichters Entscheidung hier nicht verstanden habe. Das war passiert: Hirsch brachte die Kugel mit dem Kopf links im Tor unter, nach einem hohen Querpaß von rechts. Fröhlich aber pfiff gegen den Borussen. Bohla: "Abseits oder Ellenbogen-Foul? Ich hab´ nichts davon gesehen." Daß Tennis Borussia hier als ein unglücklicher Verlierer vom Platz ging, ergibt sich allein schon aus der Gegenüberstellung der Torchancen - mit 3:1 für Lila-weiß. Wobei man den prächtigen 1:0-Siegschuß von Rambow schon seiner selbst Willen als (einzige!) reelle Chance werten muß, so sehr solche Fernschüsse sonst oft in die Wolken fliegen.

Das 1:1 lag erstmals in der Luft, als Wielga einen Freistoß geschickt für Hirsch in den Lauf gab, der Stürmer aber zu lange zögerte (34.). Nach Halbzeit kamen noch die weiter oben beschriebenen Gelegenheiten (71./81.) für TeBe hinzu. Der FC aber hatte keine höherkarätige Chance mehr! So sehr das Alles-oder-Nichts-Offensivspiel der Westberliner in der letzten Phase dazu auch eingeladen hat. Indessen darf bei umfassender Beurteilung der Lage auch von einem verdienten Erfolg der Weißroten gesprochen werden. Dazu berechtigt schon die Tatsache, daß Tormann Nofz nunmehr schon seit dem 3:1-Sieg bei Preussen (am 11. August) in nunmehr acht (!) Spielen nicht mehr bezwungen wurde.

Auch dies allein spricht schon für ein funktionierendes Abwehrsystem vor dem sicheren Nofz, als dessen beste Helfer diesmal wohl Belka und die Manndecker Buder und Reckmann zu bezeichnen waren. Im Angriff dagegen sah es weniger gut aus um Pronischew und Tolkmitt, deren Bewacher Arayici und Henklein gewesen sind. Daß es im Vorwärtsgang des neuen Spitzenreiters verhältnismäßig trübe aussah, lag natürlich auch an der insgesamt defensiveren Haltung der Mittelreihe. Sie ließ ihre "Spitzen" sozusagen verhungern. Insgesamt ein Spiel der besseren Oberliga-Qualität, wenngleich die schläfrigen (TeBe-)Längen vor Halbzeit und der schwache Vorwärtstrieb der Ostberliner mindernd anzumerken sind.

FC Berlin:
Nofz; Belka; Buder, Reckmann; Jesse, Rehbein, Rambow, Backasch, Backs (52. Possling); Pronischew (92. Lenz), Tolkmitt
Berliner TC Borussia:
Rudwaleit; Fistler; Niederhübner, Arayici; Henklein, Clarke (68. Schickgram), Kurt, Wielga; Freikowski (83. Ivetic), Hirsch, Sandstoe

1:0 Rambow             ( 3.)

Schiedsrichter:        Fröhlich (Berlin)
Zuschauer:             1.379

Lutz Rosenzweig, Fußballwoche, 23.09.1991