02. Spieltag 1991/92: BFC Preussen - FC Berlin 1:3

Rehbein in glänzender Spiellaune
Alle Achtung, FC Berlin. Mit einer (über weite Strecken) spielerischen Glanzleistung, wie man sie in der Oberliga nicht alle Tage sieht, wurde der erste Saisonsieg unter Dach und Fach gebracht. Zeitweilig offenbarte sich gar ein Klassenunterschied zu den Preussen, die erst nach Halbzeit energischer zur Sache gingen, aber nie eine reelle Siegeschance besaßen. Weil aber der FCB mit seinen reihenweise fein herausgespielten Tormöglichkeiten ein wenig schludrig umging, brachte erst Selkes Mißgeschick zum 3:1 die endgültige Entscheidung. Aber keine Frage - in dieser Form zählt der ehemalige DDR-Serienmeister zu den Topfavoriten der NOFV-Oberliga Nord. Herzstück der Ostberliner war zweifellos die prächtig kombinierende, leichtfüßige Mittelfeldachse, wenn auch der als äußerst kritisch bekannte Trainer Bogs hinterher bemerkte, nach Halbzeit habe dort manchmal die Ordnung nicht mehr gestimmt.

Nun gut, mag Bogs die Meßlatte so hoch hängen wie er will - der häufige Beifall auf offener Szene bewies, was die Zuschauer vom Auftritt des BFC hielten. In Galaform präsentierte sich vor allem Rehbein, trickreich, wendig, mit gutem Auge für den aufreißenden Paß. Aber auch Routinier Backs spielte einen sauberen Part, ebenso Tolkmitt, den sein Fehler vor dem 0:1 offenbar so geärgert hatte, daß er nur eine Minute später mit Wut und Wucht zum 1:1 einköpfte. Alle Chancen des FC Berlin aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen. Beschränken wir uns auf Rehbeins Blitzauftakt, als er freistehend Selke anschoß (2.), auf Posslings vorbeigesetzten Ball, vorbereitet durch Rehbein nach einem Mißverständnis Skerka/Hönicke (19.), auf Tolkmitts zu hoch angelegten Versuch nach rasantem Doppelpaß mit Backs (31.).

Später zeigte sich Selke bei Rambows tollem Volley auf dem Posten (56.), verzog wieder Rambow nach glänzender Hackenablage des Russen Pronischew (69.), schmetterte Zöphel gegen den Pfosten nach einem Überzahlkonter, ausgelöst durch Dobrunz´ überflüssigen Ballverlust (78.). Man sieht - gegen den mitunter zauberhaften FCB-Wirbel standen die Lankwitzer ziemlich im Regen, durften mit dem 1:3 sogar noch zufrieden sein. Immerhin bewies Preussen gute Moral. Als der FCB lange Zeit vergeblich dem erlösenden dritten Treffer hinterherlief, witterten die Kreische-Schützlinge Morgenluft, begannen zu drängen. Klare Chancen freilich gab es nicht, sieht man von Ziemdorfs Freistoß ab, den der tauchende Nofz abfing (76.). Nach dem 1:3 vergaben noch Dobrunz und Ziemdorf weitere Gelegenheiten, vor der Halbzeit war lediglich Heinrichs Direktabnahme nach Vorlage Barths zu registrieren (13.).

Zu deutlich waren die Defizite in Technik und Spielwitz, Athletik und Schnelligkeit. Und in puncto Zweikampfhärte wird den Lankwitzern auch künftig kaum ein Schiedsrichter helfen. Diesmal war´s Herr Wendorf vom Landesverband Brandenburg, der manch ungestümen Einsatz tolerierte. Zu den besten Preussen zählte Hoffmann, der sich recht ordentlich gegen Pronischew hielt - Klasse aber, wie sich der Russe einmal fintenreich aus einer Drei-Mann-Sperre heraustrickste. Zufriedenstellendes lieferte auch Heinrich, häufiger Zweikampfsieger, Taufmann (gegen Possling) und Putzer Paulick. Enttäuscht allerdings wurde man von zwei potentiellen Leistungsträgern der Offensive: Ziemdorf lebte erst nach Halbzeit ein bißchen auf, Skerka fand überhaupt keinen Kontakt zum Geschehen. Schwacher Trost für Preussen, daß nicht alle Gegner so stark wie der FC Berlin sein werden.

BFC Preußen:
Selke; Paulick; Hoffmann, Taufmann; Gocht, Ziemdorf, Heinrich, Hönicke (68. Wobeser), Skerka (79. Tokan); Barth, Dobrunz
FC Berlin:
Nofz; Belka; Manke, Reckmann; Jesse, Rehbein, Rambow, Tolkmitt, Backs; Possling (63. Zöphel), Pronischew (79. Hennig)

1:0 Dobrunz            (22.)
1:1 Tolkmitt           (23.)
1:2 Rehbein            (41.)
1:3 Selke              (82., Eigentor)

Schiedsrichter:        Wendorf (Zehdenick)
Zuschauer:             350

Raimund Wilheim, Fußballwoche, 12.08.1991