06. Spieltag Aufstiegsrunde 1992: VfL Wolfsburg - FC Berlin 2:1

Nofz verhinderte ein Debakel / VfL Wolfsburg nach 15 Jahren wieder in der 2. Bundesliga
"Bundesliga 2, Wolfsburg ist dabei". Der Anhang wußte es schon vor der Partie des VfL gegen den FC Berlin, sang sich frühzeitig in Stimmung. Das Spiel trug mit dazu bei, daß sich daran bis nach dem Schlußpfiff nichts änderte. Die Wolfsburger legten wie entfesselt los, schnürten die Gäste Mitte der ersten Halbzeit förmlich ein. Folgerichtig das 1:0 (18.) durch Reich, der damit seinen 9. Aufstiegsrundentreffer erzielte. Wäre da nicht Berlins überragender Schlußmann Nofz gewesen, die Gäste wären in ein Debakel geschlittert. Nofz klärte gegen Geiger (28.) und Frackiewicz (33.) prächtig, dann stand ihm das Glück zur Seite, als Reich (44.) nur den Pfosten traf. Die Vorentscheidung fiel gleich nach Wiederbeginn. Libero Brestrich saß noch seine Zeitstrafe ab, Frackiewicz (47.) markierte das 2:0. Weitere Wolfsburger Großchancen, darunter ein schwachgeschossener Foulelfmeter von Plagge (79. Tolkmitt an Kohn) vereitelte Nofz.

Und Reich (74.) visierte noch einmal den Pfosten an. Nach 15 Jahren Abstinenz und drei vergeblichen Anläufen ist der VfL wieder in der 2. Liga, muß aber eine neue Mannschaft bauen. Spielmacher Jacek Frackiewicz geht zu Eintracht Braunschweig, die VfL-Routiniers Frank Plagge, Uwe Otto, Olaf Ansorge und Heiner Pahl machen Schluß mit Leistungsfußball. Immerhin, beim abendlichen Empfang durch die Stadt, kündigte VW-Markenvorstand Daniel Gousdevert ein verstärktes Engagement des Werks an, womit sich der auf 3 Millionen kalkulierte Etat erhöhen dürfte. Die VfLer sollen in der 2. Liga Halbprofis bleiben. Der Kader ist im wesentlichen komplett. Wichtige Neue: Stefan Holze (Braunschweig), Frank Ockert (Weinheim/Ex-Profi in Homburg und Mannheim), Ralf Ewen (Leverkusen - Jugendnationalspieler), Holger Ballwanz (HSV), Andi Winkler (Blau-Weiß 90).

Bemerkenswert, daß die Berliner, für die es um nichts mehr ging, sich mit sportlichem Anstand aus der Saison verabschiedeten. Auch sie hatten ihre Chancen. Durch Rambow, der nach seinem 1:2-Anschlußtreffer (70.) noch die Latte anvisierte (85.), durch Micol (79.), der beinahe den zu weit vor seinem Tor postierten VfL-Keeper Kick überrascht hätte und durch Reckmann (62.), der Zöphels Ecke haarscharf am Torwinkel vorbeiköpfte. "Aufgrund der Tatsache, daß so viele Spieler gehen, wäre ein Unentschieden ein Riesenerfolg für uns", meinte FCB-Präsident Dr. Wolfgang Hösrich vor dem Spiel. War auch hernach ganz angetan von dem, was seine Truppe geboten hatte. Aus dem aktuellen Stamm-Aufgebot scheinen nur Brestrich, Rehbein, Rambow, Reckmann und Jesse zu bleiben. Mittelfeldspieler Backasch dürfte am Dienstag zum Training beim VfL Wolfsburg auflaufen.

Er ist sich mit dem Aufstiegsrundenkontrahenten einig. Beim FCB heißt die Devise nun "Es geht weiter". So zumindest formulierte es der Präsident. Jopek (Bergmann Borsig), Richard (Eberswalde), Steinfurth (Greifswald) sowie Henryk Lihsa als Torwart (Union) werden als Neuzugänge gehandelt. "Dann haben wir eben wieder eine fast völlig neue Mannschaft", so Dr. Hösrich. “Das war im letzten Jahr nicht anders, dann sind wir doch überraschend Meister geworden", sei das neue Ziel kein anderes. Erneut wolle man rund 300.000 Mark in den Nachwuchs investieren ("Welcher Verein tut das schon in dieser Größenordnung?"). Wobei, da ist der Präsident dann nachdenklich: "Viele Nachwuchsspieler sehen wir nicht mehr in der Ersten, da sie inzwischen schon als Junioren anderswo Verträge unterschreiben."

VfL Wolfsburg:
Kick; Pahl; Otto, Geiger (86. Koschinat); Kleeschätzky, Frackiewicz, Ansorge, Akrapovic, Kohn; Reich (82. Vuia), Plagge
FC Berlin:
Nofz; Brestrich; Manke (64. Starp), Lenz; Backasch, Fügner (60. Micol), Reckmann, Rambow, Jesse; Tolkmitt, Zöphel

1:0 Reich              (18.)
2:0 Frackiewicz        (47.)
2:1 Rambow             (81.)

Schiedsrichter:        Kiefer (Vellmar)
Zuschauer:             8.000

Jürgen Braun, Fußballwoche, 15.06.1992