05. Spieltag 1988/89: BFC Dynamo - 1. FC Magdeburg 1:1

Schach dem Meister
Damit hatten wohl selbst eingefleischte FCM-Fans kaum gerechnet: Nach acht Jahren (!) entführten die Magdeburger wieder einen Punkt vom zehnmaligen Meister. Und das ausgerechnet nach der imponierenden EC-Vorstellung der Berliner gegen den BRD-Titelträger Werder Bremen. Aber so ist das halt im Fußball - Züge aus der einen Partie sind nicht so ohne weiteres in der nächsten zu wiederholen. Zumal sich die Elbestädter den Glanzauftritt des BFC offensichtlich auch intensiv angeschaut und daraus ihre Schlüsse gezogen hatten. "Wir wollten die Räume verengen und aus einer sicheren Abwehr eigene Angriffe vortragen", umriß FCM-Trainer Joachim Streich das Vorhaben seiner Elf im Berliner Jahn-Sportpark. Und Libero Dirk Stahmann: "Natürlich sind wir nicht hergekommen, um zu verlieren."

Der Libero organisierte dann auch eine Abwehr - vor Stahmann agierte recht geschickt eine Viererkette an der sich die Gastgeber trotz vier aufgebotener Stürmer die Zähne ausbissen. "Wir spielten lange nicht schnell und zielstrebig genug", monierte BFC-Trainer Jürgen Bogs, der als Erklärung jedoch zuallererst eine alte Fußballweisheit bemühte: "Wer keine Tore schießt, kann nicht gewinnen." In der Tat besaßen die Hauptstädter neben der optischen Überlegenheit auch eine Reihe guter und bester Chancen (Ernst, Thom, Pastor). Doch dafür allein gibt es eben keine Punkte! Schach dem Meister boten so überraschenderweise bereits nach 20 Minuten die Gäste. Landrath zog aus gut 20 Metern plötzlich ab, und das Leder krachte hörbar an den Pfosten. Den zurückspringenden Ball beförderte Köhler per Kopf ins Gehäuse von Rudwaleit: 0:1! Dieses Tor gab den Magdeburgern doch eine Menge Sicherheit, auch Mut für weitere Vorstöße.

Vor allem die beiden kleinen Läufer im Mittelfeld, Bonan und Minkwitz, inszenierten verheißungsvolle Gegenzüge, bei denen mitunter (Stahmann/74., Bonan/82.) sogar das Matt für den Meister im Bereich des Möglichen lag. Noch öfter jedoch wären weitere Treffer des BFC möglich gewesen. Besonders nach Dolls Ausgleich - ausgerechnet der beste Magdeburger, Heyne, servierte den Ball - berannten die Weinroten permanent das FCM-Tor. Doch die zwei Türme, Stahmann und Heyne, standen! Der 30jährige Keeper ließ sich weder von Kopfbällen aus Nahdistanz (Pastor/17. und 51.) noch von Schüssen aus kürzerer Entfernung (Ernst/29., Rohde/83.) bezwingen. Der 30jährige Libero war Chef in der Luft und am Boden. Ohne Frage kam ihnen dabei das Spiel des Meisters mit vielen hohen Eingaben entgegen. Thom zog sich zudem oft weit zurück. So konnte der 1. FCM schließlich den einen Punkt kräftig feiern. Übrigens: Beim Schach gibt es für ein Remis nur einen halben. Ein Trost für den Meister?

BFC Dynamo:
Rudwaleit; Rohde; Herzog, Reich, Köller; Ernst, Thom, Köller; Pastor, Anders (72. Ksienzyk), Doll
1. FC Magdeburg:
Heyne; Stahmann; Schuster, Enge (86. Cebulla), Köhler, Schößler; Minkwitz, Bonan, Landrath; Wittiber (57. Dobritz), Brinkmann

0:1 Köhler           (20.)
1:1 Doll             (51.)

Schiedsrichter:      Supp (Meiningen)
Zuschauer:           7.000

Jens Mende, Neue Fußballwoche, 20.09.1988