22. Spieltag 1987/88: BFC Dynamo - HFC Chemie 1:2

Aprillaune - Titel ade?
In der Serie der nunmehr 49 Vergleiche beider Klubs seit 1963 finden Statistiker reichlich Stoff. Den letzten Sieg der Hallenser in Berlin beim BFC haben sie vor 19 Jahren (am 13.9.69) ausgemacht. Auch Bernd Donau, Assistenztrainer heute und lange Jahre Stammspieler an der Saale, kramte inmitten jubelnder Spieler in seinem Gedächtnis und nannte uns als seinen "Höhepunkt" einen "Doppelsieg" von 1967. "Binnen 14 Tagen gewannen wir im Pokal und um Punkte." Nun also hat der Neuling, dem zuletzt in fünf sieglosen Spielen etwas die Puste auszugehen schien, die lange Durststrecke beendet. Er sorgte nicht schlechthin für einen spektakulären Auftritt beim Titelverteidiger, in gerade glänzender Position aus Jena zurückgekehrt, sondern für ein Resultat, das in Leipzig und Dresden spezielle Ambitionen mit dem Blick auf den Titel verstärken dürfte.

Das 1:2 traf den BFC unverhofft, und es kam auch für den HFC selbst überraschend. "Wir rechnen uns nicht viel aus, wollen aber keinesfalls einbrechen", hielt sich Klubvorsitzender Bernd Bransch vorsichtig und bescheiden zurück. Nicht so die Mannschaft. Geradezu despektierlich forderte sie den Hausherren heraus, mit quicklebendigen Kontern aus nur leicht verdichteter Abwehr. Und bei den ersten Ausflügen der flinken Machold und Schülbe, zu denen sich auffällig der 18 Jahre junge Karl, gerade den Junioren entwachsen, gesellte, verriet die Abwehr des Meisters schon Abstimmungsprobleme und Schnelligkeitsnachteile. Aber dies wurde im Vorwärtsgang überspielt - vorerst. Ernst und Thom "zogen", gut unterstützt von den quirligen Fügner und Fochler, mehrfach auch von Ksienzyk.

"An Chancen, das 1:0 aufzustocken, fehlte es wahrlich nicht", fand Jürgen Bogs später kaum Worte, und durchaus nicht schlecht (Thom, Ernst), Halles Schlußmann Härtel, wohl eine Entdeckung dieser Saison, fischte alles von der Linie. "Der Meister hatte seine Spiellaune offenbar dem Aprilwetter angepaßt, Klassemomente und "eklatante Patzer" (so Jürgen Bogs) folgten im flotten Wechsel. Ein Luftloch, wie es Libero Rohde vor dem Ausgleich schlug, so Karl den Torweg ebnend, kann auf solch holprigem Platz vielleicht noch erklärbar sein, die halbherzige Haltung von Herzog und dann von Reich, als Wosz´ Paß für Scholle, nicht restlos abgefangen wurde, ist es kaum.

BFC Dynamo:
Rudwaleit; Rohde; Reich, Köller, Ksienzyk (68. Herzog); Fügner, B. Schulz, Fochler, Ernst; Thom, Doll (74. Pastor)
HFC Chemie:
Härtel; Wagenhaus; Brauer, Radtke, Rziha (21. Häußler); Wosz, Karl, Lorenz; Machold, Schülbe, Trocha (68. Schütze)

1:0 Thom             (23.)
1:1 Karl             (61.)
1:2 Schülbe          (87.)

Schiedsrichter:      Habermann (Sömmerda)
Zuschauer:           5.500

Horst Friedemann, Neue Fußballwoche, 26.04.1988