20. Spieltag 1987/88: BFC Dynamo - SG Dynamo Dresden 1:0

Nichts für Chorknaben
Dieser Schlager, in dem beide Dynamos ihre kämpferischen und moralischen Möglichkeiten bis auf den Grund leerten, war keiner für Chorknaben. Er verlangte widerstandsfähige, robuste und zu allem entschlossene Typen, von denen der Meister letzten Endes wohl mehr in die Waagschale zu werfen hatte. Die Berliner, durch das 0:2 gegen Lok ein "gebranntes Kind", ließen sich diesmal auf nichts ein, ließen nichts "anbrennen". Der Kreativität und ausgeprägten Ballsicherheit der Gäste setzten sie Kompromißlosigkeit, Zweikampfschärfe und taktische Konsequenz entgegen. Und damit rissen sie mit Fortdauer der 90 Minuten, in denen unkontrollierte Handlungen gegenüber den spielerischen leider dominierten, das Kombinationsgewebe der Gäste mehr und mehr auseinander. Ausgehend von den eigenen, erneut unübersehbaren Mittelfeldproblemen, setzten sie hier auf unermüdliche Störarbeit (B. Schulz, Ernst) und auf eine festgefügte, sich kaum Blößen gebende Deckungsreihe. Ksienzyk und Köller stutzten beide Dresdner Flügel (Gütschow, Kirsten).

Reich gestattete Minge, der enorme Arbeit verrichtete, im Strafraum keine Toraktion. Und Rohde war Organisator und Mobilisator in einer Person. Im Angriff wurde wieder einmal, sein Tor bewies es, auf Thom gebaut. Er strahlte die größte Gefahr für den überzeugenden Teuber aus (glänzend seine Reaktion gegen den Direktschuß von B. Schulz/21.), er verbrauchte aber auch hinten zu viele "Körner", die ihm vorn schließlich fehlten. Für die Elbestädter, voll auf Sieg eingestellt und nach dem 0:1 auch das ganze Risiko suchend, erwiesen sich letztlich Feldvorteile (klare in den letzten 30 Minuten), Ecken- und Chancenführung als Muster ohne Wert. Ihr Hauptproblem: Stübner und Pilz operierten zwar unermüdlich, aber fast im toten Raum, da kaum mit Wirkung nach vorn.

Die ging eigentlich nur von Sammer aus, der mit Dribblings, energischen Antritten mehrfach große Szenen hatte. Nach Kirstens Kopfballchance (13.) legte er nach Solo geschickt für Minge vor (36.), dessen Schuß von Reich abgeblockt wurde. Glück für den sicheren Rudwaleit, als Sammers Knaller vom Innenpfosten wieder ins Feld sprang (79.)! Der Anfang vom Dresdner Ende, das nach 15 ungeschlagenen Spielen in Folge in die erste Niederlage mündete. Die Gäste versuchten es mit hohen Eingaben, was den kopfballstarken Reich, B. Schulz, Rohde oder dem aushelfenden Ernst nur ein müdes Lächeln abforderte. Damit passierte genau das, was der Meister bezweckte. Die Gäste "verleugneten" ihren Stil und verloren. Mehr vorerst noch nicht!

BFC Dynamo:
Rudwaleit; Rohde; Ksienzyk, Reich, Köller; M. Schulz (67. Anders), Fügner (41. Fochler), B. Schulz; Thom, Ernst, Grether
SG Dynamo Dresden:
Teuber; Lieberam; Büttner, Trautmann, Diebitz; Stübner, Sammer, Pilz; Gütschow (60. Gütschow), Minge, Kirsten

1:0 Thom             (32.)

Schiedsrichter:      Gläser (Breitungen)
Zuschauer:           24.000

Klaus Thiemann, Neue Fußballwoche, 12.04.1988