15. Spieltag 1987/88: BFC Dynamo - 1. FC Union Berlin 2:1

Knapp, aber der Schein trog
Tatsächlich, vom Ergebnis her war's knapp, hauchdünn. Mit dem letzten Angriff buchte der Favorit beide Punkte durch seinen Kapitän. Frank Rohde hatte in der 9. Minute die torgefährlichen Situationen nach einer Freistoßflanke mit einem Kopfball an den Innenpfosten eröffnet, er schloß sie in der Schlußminute erfolgreicher ab, als er sich in die Spitze schob und eine Eingabe von Backs ins lange Eck drückte. Für den BFC-Libero gab es in keiner Phase des Spiels den Gedanken, daß es gegen die Wuhlheider schon irgendwie reichen würde. Nicht frei von Fehlern im Spielaufbau und im Zuspiel - ebenso Vorstopper Reich -, war es das kämpferische Engagement, das ihm eine Note "über dem Schnitt" einbrachte. Der Schein, wonach Union vielleicht ein gleichwertiger Widerpart in diesem 28. Lokalderby gewesen sei, trog.

Das Spiel machte der Tabellenführer, aber er tat das mühevoll, weil er die von Union errichtete Abwehrwand zwar abklopfte, aber nicht die Tür zum klaren Sieg fand. Trainer Jürgen Bogs sah das so: "Wir spielten uns nicht scharf genug in die Deckung des Gegners hinein und gaben ihm damit Gelegenheit, sich immer wieder zu formieren. Wir hatten dennoch unsere Chancen. Der engen Manndeckung vermochten sich unsere Angreifer aber kaum zu entziehen." Während im Umfeld der Union-Elf vorher viel Skepsis und bescheidene Hoffnung zu hören waren ("Hauptsache, es wird nicht so hoch ... möglichst nicht acht Stück... "), handelten die Spieler wie wahre Optimisten, die nicht überzeugt davon waren, daß alles gutgehen, aber davon, daß auch nicht alles schief gehen wird. Sie wehrten sich und gingen, so Trainer Karsten Heine, "für unsere Verhältnisse bis an die Leistungsgrenze heran".

Als die beiden einzigen Chancen in der 75. Minute (erster Schuß, bei dem Rudwaleit aufpassen mußte in der 56. Minute) zum 1 : 1 führten, Enge einen der seltenen Konterausbrüche zum Eckstoß führte, Hirsch knallhart und präzise, wie einst sein berühmter Handballvater Rudi, aus Nahdistanz traf, wähnte man sich nahe einem sensationellen Punkt. Er wäre das Resultat ehrgeizigen Kampfes, nicht jedoch spielerischer Ausstrahlung gewesen. Bitter war es, kurz vor Ultimo das zweite Tor kassieren zu müssen. Ernst, den zuverlässigen Matthies (eine unnötige Faustabwehr) zu Paraden zwingend, einmal rettete Reinhold vor der Linie, wie gesagt Rohde (Seitfallzieher/43., knapp vorbei) waren die Auffälligsten auf dem Feld. Thom mit Ansätzen ist noch nicht in Hochform, was man freilich von der gesamten Elf noch nicht behaupten kann. In der 70. Minute konnte Backs aus spitzem Winkel vor dem leeren Tor alles klarmachen - und traf das Außennetz. Es gab schon niveauvollere Hauptstadt-Derbys!

BFC Dynamo:
Rudwaleit; Rohde; Ksienzyk, Reich, Köller; M. Schulz, Ernst, Küttner (65. Backs); Doll, Pastor (75. B. Schulz), Thom
1. FC Union Berlin:
Matthies; Trieloff; Reinhold, Placzek, Morack; Enge (69. Roßdeutscher), Hirsch, Adamezewski, Seier, Schoknecht, Probst

1:0 Ernst            (63.)
1:1 Hirsch           (75.)
2:1 Rohde            (90.)

Schiedsrichter:      Prokop (Erfurt)
Zuschauer:           12.000

Joachim Pfitzner, Neue Fußballwoche, 08.03.1988