08. Spieltag 1970/71: 1. FC Lok Leipzig - BFC Dynamo 1:0

Bis zum Schlußpfiff gebangt
Zweimal sah ich den BFC Dynamo innerhalb von vier Wochen. In Zwickau (0:1) wie in Leipzig (0:1) war die Duplizität der Ereignisse frappierend. In beiden Auswärtstreffen "machte" er das Spiel, stellte er die homogenere, spielkulturell bessere Elf - und unterlag dennoch. Die Ursachen? In der cleveren Abwehrarbeit, im beeindruckenden Freispielen aus der Deckung - auch in stärkster Bedrängnis - haben die Berliner den ersten Schritt zur Klasse getan. Der zweite aber steht noch aus. "Nach der geschickten Raumöffnung fehlt das Umsetzen der in der Abwehr und im Mittelfeld gesetzten Akzente im Angriffsspiel", analysierte Cheftrainer Hans Geitel. Eine Stunde lieferten die Gäste den Nachweis dafür, diesen konzeptionellen Gedanken realisieren zu können, dann zerbrach Fleischers Verletzungsausfall ihren torgefährlichen Angriffsrhythmus.

"Ein spielentscheidendes Handicap", resümierte Mannschaftsleiter Conrad Dorner, "da uns der wirkungsvollste Angriffsspieler genommen war." Lok-Cheftrainer Kurt Holke vermißte "Lockerheit, kluge Laufarbeit, konstruktives Mittelfeldspiel". Sein Assistent Manfred Pfeifer machte keinen Hehl daraus, daß "die risikolose BFC-Abwehr das Siegen äußerst erschwerte." Drei Verhaltensweisen Frenzels wiesen Mängel des Lok-Spiels aus, das der einstige Rechtsaußen Engelhardt als das "harmloseste dieser Saison im Bruno-Plache-Stadion" charakterisierte. Zunächst suchte Frenzel, von Trümpler hart, konsequent attackiert, die Flucht ins Mittelfeld, um sich auf kurzem Weg anspielen zu lassen.

Als Trümpler mitging, versuchte es der Leipziger Center mit direktem Ballprallenlassen, freilich auch ohne Erfolg, weil keiner seinen Vorstellungen folgte. Und schließlich rettete er sogar vor dem eigenen Strafraum gegen den aggressiven Hall. Torgefährlichkeit durch Frenzel? Fehlanzeige, weil "der präzise Paß stets zu spät in seinen Lauf kam" (Holke), das Spielverständnis insgesamt Wünsche offen ließ, zumal Löwe keine nennenswerte Aktivität am rechten Flügel zu erkennen gab. Einzig die Vorarbeit zum entscheidenden Treffer durch einen genauen Flankenball ("Damit kann ich in jedem Spiel rechnen, um eine Kopfballchance wahrzunehmen", freute sich Geisler) verdiente bei ihm Erwähnung.

Zum Schiedsrichterkollektiv: Bis zur Verwarnung an Weber (BFC) wegen Foulspiels hatte es den Anschein, als wäre Zülow nicht im Besitz einer gelben Karte. Da trat Kupfer gegen Schulenberg nach (35.), fing Hübner das Leder mit der Hand weg (48.), revanchierte sich Geisler am Boden gegen Weber (63.) - von Verwarnungen keine Spur! Der Rostocker muß unbedingt weniger reden, gestikulieren und rempeln (gegen Geisler!).


1. FC Lok Leipzig:
Friese; Sekora, Gröbner, Gießner, Fritsche (32. Faber); Zerbe, Naumann (65. Köditz), Geisler; Löwe, Frenzel, Kupfer
BFC Dynamo:
Lihsa (37. Bräunlich); Stumpf, Trümpler, Carow, Hübner; Becker, Hall, P. Rohde; Schulenberg, Fleischer (56. Weber), Lysczan

1:0 Geisler            (86.)

Schiedsrichter:        Zülow (Rostock)
Zuschauer:             11.000


Günter Simon, Neue Fußballwoche, 13.10.1970