23. Spieltag 1968/69: FC Rot-Weiß Erfurt - BFC Dynamo 2:1

Schußgewaltiger Trölitzsch
Diese Begegnung doch noch für sich entschieden zu haben, verdankte der FC Rot-Weiß vor allem seinem Mittelfelddirigenten Rainer Trölitzsch. Zunächst ließen ihn die Nerven nicht im Stich, als er den Foulstrafstoß zum 1:1-Ausgleich verwandelte ("Obwohl er erst am vorletzten Sonnabend gegen Stahl Riesa an Torart Berge mit einem Strafstoß gescheitert war, blieb er diesmal eiskalt und beherrscht", erklärte Rot-Weiß-Cheftrainer Martin Schwendler dazu), und fünf Minuten später jagte er einen Eckball Meyers aus der Luft mit solcher Vehemenz in die Maschen, daß kaum jemand den Flug des Leders wahrnahm. Ein Tor, wie es von der technischen Ausführung her kaum vollendeter erzielt werden kann, ein sagenhafter Volleyschuß! "Ich freue mich riesig darüber", kommentierte Trölitzsch selbst, "da wir nach diesem Sieg kaum noch in Schwierigkeiten geraten können."

Das 2:1 bedeutete für die Gastgeber ganz sicher den Klassenerhalt, ihre Leistung war jedoch keinesfalls dazu angetan, Lobgesänge anzustimmen. Dafür operierte die Abwehr viel zu nervös (Wehner, Egel), mangelte es im Mittelfeld an konstruktiven Aktionen, und beließ es der Angriff zumeist nur bei sporadischen Andeutungen seiner Durchschlagkraft. Trölitzsch mißlang zunächst viel, Wolff kam lange Spielphasen überhaupt nicht an das Leder, Schuster erschöpfte sich in der konsequenten Beschattung Schützes und geriet dadurch selbst aus dem Rhythmus. Erst nach dem Ausgleich - Bräunlich hatte ebensowenig eine Abwehrchance wie vorher Weigang gegen Beckers Flachschuß - mühten sich Trölitzsch, Meyer und Albrecht mit größerem Fleiß, während Stieler auch jetzt noch langsam, schwerfällig und unbeweglich blieb.

Der gefürchtete Erfurter Tempofußball war nur mehr Erinnerung, die Harmlosigkeit ließ sich kaum noch überbieten. BFC-Cheftrainer Hans Geitel nannte mehrere Ursachen für die Niederlage: "Mangelnde Wettkampferfahrung, fehlende Cleverneß sowie der kräftemäßige Verschleiß führten ganz zwangsläufig zum Nachlassen unserer jungen Elf, für die die letzten drei schweren Spiele innerhalb von acht Tagen einfach eine zu große Beanspruchung mit sich brachten." Die Berliner besaßen im jungen Stopper Schneider, in Hall, Becker, Lyszczan und Aedtner ihre besten Kräfte, die sich auch in der Schlußphase noch intensiv um den Ausgleich bemühten. Weshalb sich jedoch hüben wie drüben die Unkorrektheiten häuften, fast jede Angriffsentwicklung durch Foulspiel unterbunden wurde, blieb schlechthin unerfindlich.

FC Rot-Weiß Erfurt:
Weigang; Weiß; Wehner, Egel, Nathow; Trölitzsch, Schuster; Albrecht, Wolff, Stieler, Meyer
BFC Dynamo:
Bräunlich; Stumpf; Trümpler, Schneider, Meynhardt; Becker, Hall, Schütze; Lyszczan, Aedtner, Hempel (63. Jakob)

0:1 Becker             (50., Foulstrafstoß)
1:1 Trölitzsch         (66., Foulstrafstoß)
2:1 Trölitzsch         (71.)

Schiedsrichter:        Schulz (Görlitz)
Zuschauer:             9.000


Klaus Schlegel, Neue Fußballwoche, 29.04.1969