03. Spieltag 1965/66: ASK Vorwärts Berlin - SC Dynamo Berlin 0:3

Leistung vom Mittwoch überzeugend bestätigt / Eine Halbzeit hielt der Meister mit, dann bereitete ihm der SC Dynamo 45 peinliche Minuten
Die Voraussetzungen zu einem vielversprechenden Treffen der Lokalrivalen waren gegeben. Der SC Dynamo wollte sein imponierenden 5:0 vom Mittwoch über den SC Magdeburg (Trainer Karl Schäffner: "Der Leistungsanstieg muß untermauert werden") bestätigen. Der ASK hatte den festen Vorsatz, die Scharte des 1:2 in Aue (Trainer Günter Lammich: "Schließlich geht es für uns darum, in der oberen Tabeilenhälfte zu verbleiben") auszuwetzen. Zugleich hatten beide Vertretungen angesichts der für Berliner Verhältnisse großen Besucherkulisse die Gelegenheit, die Gunst der Zuschauer zu gewinnen. Der SC Dynamo tat das in so überzeugender Weise, wie es im Endresultat zum Ausdruck kommt. Eine Halbzeit lang hielt der ASK noch mit, hatte sogar den besseren Start und besaß zunächst nicht weniger gute Torchancen als der Widersacher.

Dann aber zog der SC Dynamo immer selbstbewußter seine Kreise und bereitete dem Titelverteidiger derart peinliche 45 Minuten, daß auch das Fehlen so starker Spieler wie Unger und Körner kein Entschuldigungsgrund für den Meister ist. Wie kam es zu dem Übergewicht des SC Dynamo? Ausgangspunkt war die gleichbleibend gute Mittelfeldarbeit von Mühlbächer, Unglaube und Wolff, die sich auf die Dauer immer mehr auswirkte, zumal Vorwärts mit Begerad-Sturm eine völlig undiskutable Läuferreihe hatte. In den Dynamo-Reihen gab es keinen Stillstand, alles war in Bewegung, dem Ballführenden boten sich stets mehrere Anspielpunkte, so daß die Vorstöße für die ASK-Deckung häufig einen unerwarteten Verlauf nahmen. Gegen diese Überraschungsmomente fanden selbst so erfahrene Spieler wie Kiupel und Krampe, von Fräßdorf ganz zu schweigen, oftmals keine Gegenmittel. Es bedurfte eines Klassemannes wie Weiß, daß sich die Dynamo-"Kanoniere" mit drei Torerfolgen begnügen mußten.

Besonders eindrucksvoll der dritte Treffer! Nach einer Ecke von Aedtner stieg Kochale hoch, trotz der eigenen recht günstigen Ausgangsposition zum Tor köpfte er den Ball überlegt zu dem wenige Meter entfernt stehenden Wolff, der keinen Augenblick zögerte und wuchtig aus etwa 12 Metern einschob. Diese Aktion war kennzeichnend für das Dynamo-Spiel: Übersicht, Vertrauen in das eigene Können und Mannschaftsgeist. Der ASK lebte im ersten Abschnitt von der noch festgefügten engeren Abwehr, den guten Pässen Nöldners sowie der ab und an aufflammenden Aktivität der Flügelstürmer. Später tauchte der Meister in Mittelmäßigkeit (und weniger) unter. Berlins Fußballfreunde erwarten keine Wunderdinge von ihrer Dynamo-Elf, aber kann man es ihnen verübeln, daß sie nach den jüngsten beiden Begegnungen voller Spannung dem Mittwoch-Treffen gegen den SC Karl-Marx-Stadt entgegensehen.

ASK Vorwärts Berlin:
Weiß; Fräßdorf, Kiupel, Krampe; Begerad, Sturm; Piepenburg, Nöldner, Voigt, Schütze, Großheim
SC Dynamo Berlin:
Bräunlich; Stumpf, Carow, Skaba; Mühlbächer, Unglaube; Aedtner, Wolff, Hall, Kochale, Bley

0:1 Aedtner            (50.)
0:2 Hall               (63.)
0:3 Wolff              (70.)

Schiedsrichter:        Kunze (Karl-Marx-Stadt)
Zuschauer:             12.000


Hans-Günter Burghause, Neue Fußballwoche, 24.08.1965