17. Spieltag 1963/64: SC Dynamo Berlin - BSG Lok Stendal 2:0

Zwei herrliche Treffer von Bley und Wolff / Ansonsten nur wenig befriedigende Partie
Der Einsatz beider Mannschaften war gleichermaßen hoch: Der drohenden Abstiegsgefahr, der sich sowohl der SC Dynamo als auch die Stendaler Lok-Elf ausgesetzt sahen, konnte nur mit einem vollen Erfolg beiderseits begegnet werden, wenngleich die Gäste offensichtlich schon mit einer Punkteteilung zufrieden gewesen wären. Ihre Spielanlage ließ von vornherein jedenfalls keinen anderen Schluß zu. Sie war im wesentlichen sicher bedingt durch den Ausfall von Mittelstürmer Backhaus, der wegen eines Kniebänderanrisses voraussichtlich für mehrere Wochen zum Pausieren gezwungen sein wird. Der Neuling sah sich dadurch gezwungen, einer betont defensiven Spielweise den Vorzug zu geben, mit einer maskierten Abwehr zu versuchen, über die Zeit zu kommen. Diesem Aspekt entsprang auch die Maßnahme Trainer Martin Schwendlers, von Beginn an Halbstürmer Pollaene zurückzuziehen und ihn als Sonderbewacher Mühlbächer gegenüberzustellen.

Da sich zudem auch Liebrecht und Küchler stets in der eigenen Spielhälfte aufhielten, sich auf den eigenen Strafraum orientierten, um dem pausenlosen Angriffsdruck der Berliner zu begegnen, ergab sich vor dem von Ißleb bravourös bewachten Stendaler Gehäuse eine ständige zahlenmäßige Überlegenheit an Stendaler Abwehrspielern, die es dem Dynamo-Angriff sichtlich schwer machten, zum erfolgreichen Torabschluß zu kommen. Dabei erschwerten die Berliner ihr Vorhaben allerdings insofern, daß nur selten mit raumgreifenden, direkten Aktionen über die Flügel der massierte Sperriegel der Lok-Elf aufzubrechen versucht wurde. Mühlbächer sah sich bis weit in die zweite Spielhälfte hinein dem unerbittlichen Zugriff von Pollaene ausgesetzt, Trümpler und Wolff verschleppten das Spiel durch zu langes Ballhalten, produzierten sich dabei noch in unproduktiven Kurzpässen, die entweder leicht zu stören oder gar gänzlich zu unterbinden waren.

Schwache Schußleistungen von Geserich (in der 15. Minute knallte er das Leder nach einer scharfen Eingabe Mühlbächers primitiv hoch über das Tor), Hall und Unglaube taten ein übriges, um die Entscheidung lange hinauszuzögern. Erst mit dem Wechsel von Rechtsaußen Hall in die Mittelstürmerposition - nach der 50. Minute - erfuhr das Sturmspiel des SC Dynamo eine wesentliche Belebung, haftete ihm größere Entschlußkraft und Torgefährlichkeit an. Dennoch führten zwei ausgesprochene "Sonntagsschüsse" - mit Fug und Recht darf man sich dieser Auslegung in diesem Falle bedienen! - erst die Wendung des Spiels herbei. Am rechten Flügel, kurz vor der Seitenlinie, entschloß sich zunächst Bley zu einem Torschuß. Unerhört scharf, unhaltbar für Ißleb, schlug der Ball hoch im langen Eck ein. Förmlich eine Duplizität der Ereignisse dann der zweite Treffer.

Sich kämpferisch stark in Szene setzend, erreichte Wolff im Mittelfeld den Ball, lief noch einige Schritte und knallte urplötzlich vor dem Strafraum ab. Erneut unerreichbar für den Lok-Torsteher, landete das Leder dort, wo sich bereits zehn Minuten vorher die Niederlage der Stendaler abzuzeichnen begann. Wir wollen nicht negieren, daß Liebrecht, Karow und Strohmeyer unermüdlich um den Anschlußtreffer rangen, alle kämpferischen Energien aufboten, um die einen keineswegs geschlossenen Eindruck hinterlassende Dynamo-Abwehr auszumanövrieren. Vergeblich allerdings, weil einmal die spielkulturellen Mittel dazu ebenso bescheiden blieben, wie das auf Seiten der Berliner der Fall war, um auch nur annähernd hochgesteckten Erwartungen zu entsprechen.

SC Dynamo Berlin:
Marquardt; Dorner, Heine, Skaba; Bley, Unglaube; Hall, Mühlbächer, Trümpler; Wolff, Geserich
BSG Lok Stendal:
Ißleb; Felke, Lindner, Prebusch; Weißkopf, Liebrecht, Strohmeyer, Pollaene; Karow, Küchler, Weiser

1:0 Bley               (59.)
2:0 Wolff              (69.)

Schiedsrichter:        Schilde (Bautzen)
Zuschauer:             1.500

Günter Simon, Neue Fußballwoche, 11.02.1964