09. Spieltag 1963/64: BSG Chemie Leipzig - SC Dynamo Berlin 4:0

SC Dynamo war ohne jede Siegeschance / Bauchspieß jederzeit der überragende Spielers
Blumen gab es diesmal vor dem Spiel, Sie wurden von Fußballbuben der BSG Chemie Leipzig Ihren Oberliga-Spielern mit herzlichen Worten des Glückwunsches zum Tag der Chemiearbeiter, den der stellvertretende Vorsitzende der IG Chemie, Schmiechel, allen Chemikern aussprach, überreicht. In schöner sportlicher Geste gaben die Leipziger Spieler diese Blumen an die Berliner Volkspolizisten weiter, so daß bereits dieser Beginn dem jederzeit fairen Spiel den Stempel aufdrückte. Die Dynamo-Elf wußte um die Heimstärke der Chemiker, und dennoch - das ließ dieses Spiel so wertvoll werden - suchte sie stets in der Offensive die Entscheidung herbeizuführen. Daß man beim Schlußpfiff dann doch geschlagen Glas Feld verließ, hat jedoch nicht allein seine Ursachen in dem drangvollen Leipziger Spiel, sondern nicht zuletzt in den Schußschwächen der Gäste, die allerdings im Mittelfeld durch ihr genaues und schnelles Abspiel klare Vorteile hatten.

Doch, wie so oft, erwies sich auch diesmal, daß ein technisch schönes Spiel die eine Seite ist, daß aber die erzielten Treffer den Ausschlag geben. Und die Tore fielen für die Gastgeber, wobei Stopper Heine bei einem Mißverständnis mit Torhüter Bräunlich nach einer Flanke von Bauchspieß in der dreizehnten Spielminute durch ein Selbsttor die Gastgeber in Führung schoß. Zwar schien man auf der Berliner Seite zunächst etwas schockiert, doch erst nach dem Aufsetzer von Bauchspieß, der seinen Sololauf in der 28. Minute durch einen 16-Meter-Schuß krönte, der für den Berliner Torhüter unhaltbar ins rechte Eck einschlug, zeigten sich erste Wirkungen. Nach dem Seitenwechsel bäumten sich die Gäste allerdings noch einmal gegen die drohende Niederlage auf, ohne jedoch eine Wendung herbeiführen zu können. Das bis dahin äußerst schnell geführte Spiel verlor zwar gerade während dieser Druckperiode der Dynamo-Elf an Linie und Gefährlichkeit.

Als aber Bauchspieß nach Flankenball von Pacholski aus 30 Meter mit einem Schuß ins obere rechte Eck das 3:0 erzielte (Bräunlich blieb ohne jede Abwehrreaktion), war die Entscheidung endgültig gefallen. Wenn man auch das Spiel noch offen gestaltete, so war zumeist bei der prächtig eingestellten Leipziger Deckungsreihe (hervorragend der konsequente Walter) "Feierabend", denn nach dem Wiederanpfiff hatte auch Ohm sich zu einer Leistung steigern können, mit der er seinen Nebenleuten um nichts nachstand. Der große Regisseur jedoch war wieder einmal Bauchspieß, der nicht nur zwei Treffer erzielte, sondern vorn und hinten, stets im Brennpunkt des Spielgeschehens stehend, eine großartige Leistung bot. Wie er den Ball klug weiterleitete, seine Gegenspieler narrte, von Tatendrang förmlich sprühte, das machte ihn zu der herausragenden Spielerpersönlichkeit. Das ließ im Verein mit den drangvollen Scherbarth, Behla und Pacholski selbst eine so starke Hintermannschaft, wie sie Dorner, Heine und Skaba darstellten, wanken!

BSG Chemie Leipzig:
Günther; Herzog; Walther, Ohm, Krause; Slaby, Pacholski, Richter; Scherbarth, Bauchspieß, Behla
SC Dynamo Berlin:
Bräunlich; Dorner; Heine, Skaba, Nebeling; Hofmann, Wolff, Bley; Hall, Mühlbächer, Geserich

1:0 Heine              (13., Eigentor)
2:0 Bauchspieß         (28.)
3:0 Bauchspieß         (59.)
4:0 Scherbarth         (85.)

Schiedsrichter:        Haack (Karl-Marx-Stadt)
Zuschauer:             20.000

Günter John, Neue Fußballwoche, 12.11.1963