07. Spieltag 1963/64: SC Empor Rostock - SC Dynamo Berlin 1:0

Faden riß nach 60 Minuten / Bis dahin bestimmte Dynamo Spiel und Tempo
Man kann ohne Zweifel feststellen, daß die Gastgeber im Ostseestadion lange nicht so schlecht gegen den SC Dynamo ausgesehen haben wie an diesem Tage - zumindest 60 Minuten lang. Sehr begreiflich deshalb der Jubel, als Sackritz´ 40-Meter-Freistoß über den auf dem glatten Rasen ausrutschenden Bräunlich hinweg im Tor einschlug. Was Empor bis zu dieser 60. Minute nicht mit seinen Angriffszügen geschafft hatte, mußte nun ein solches "Kuckucksei" erzwingen. Ja, man muß es noch drastischer sagen: Bis zu diesem Augenblick hatte Empor nicht eine hundertprozentige Torchance herausgespielt! Der Sieg wurde tatsächlich erst in der letzten halben Stunde nach dem 1:0 durch ein raumgewinnendes Angriffsspiel gerechtfertigt. Bis dahin sah man von den Angriffswellen des SC Empor kaum etwas! Die Berliner, sehr konzentriert, sehr entschlossen ins Spiel gehend, machten sich diese Tatsache zunutze.

Bei der Abwehr, vor allem dem konsequenten, energischen Skaba und Dorner, durften sich die Rostocker Außenstürmer bald „wie geborgen" fühlen. Mühlbächer hatte genügend Gelegenheit, nach vorn zu marschieren und geschickt und überlegt seine agilen und tatendurstigen Angriffsspitzen Klingbiel (famoser Start), Hall und Geserich anzuspielen. Und die entfachten vor dem Rostocker Tor einen Wirbel, daß Sackritz, Zapf und Hergesell höllisch auf der Hut sein mußten. In diesen ersten 45 Minuten ließ Dynamo den Gastgeber nicht ins Spiel kommen. Die große Chance aber hatteHeine miteinem 35-Meter-Freistoß, der gegen die Latte knallte (41.). Leider aber gab es in dieser mit aller Leidenschaft ausgetragenen Begegnung einige Verletzungen, die das Spiel nicht unwesentlich beeinträchtigten. Haack schied erstmals in der 20. Minute für eine Viertelstunde verletzt aus, ehe er in der 73. Minute ganz abtrat, und Klingbiel in der 38., um danach praktisch nur mehr eine Statistenrolle auszufüllen.

Auch nach der Pause wechselte die Szenerie nicht. Den Riß im Spiel der Berliner gab es erst in der 60. Minute nach dem 0:1. Danach konnten sich die Gäste nicht mehr aufrichten. Der SC Empor war mit allen Mitteln bemüht, nach seiner ersten Niederlage (in Halle 0:2) wieder seine innere Stabilität, sein Selbstvertrauen zurückzugewinnen. Darunter litt in nicht unbeträchtlichem Maße das Angriffsspiel. Zudem fühlte sich D. Wruck auf ungewohnter Läuferposition nicht sehr wohl. Von beiden Läufern sah man lange Zeit kein konstruktives, den Angriff unterstützendes Spiel. Kleiminger fand außerdem nicht den Spielfaden. Daran änderten auch einige hübsche Szenen in den Schlußminuten nichts. Das Spiel des SC Empor kam im Grunde genommen erst in der letzten halben Stunde zum Tragen.

SC Empor Rostock:
Heinsch; Sackritz; Zapf, Hergesell, D. Wruck; Seehaus, Barthels, Kleiminger; Haak (73. verletzt ausgeschieden), Habermann, Drews
SC Dynamo Berlin:
Bräunlich; Dorner; Heine, Skaba, Nebeling; Hofmann, Klingbiel, Bley; Hall, Mühlbächer, Geserich

1:0 Sackritz           (60.)

Schiedsrichter:        Trautvetter (Immelborn)
Zuschauer:             16.000


Wolf Hempel, Neue Fußballwoche, 15.10.1963