03. Spieltag 1963/64: SC Dynamo Berlin - BSG Wismut Aue 5:1

War das die Wende zum Guten? / Das erste gute Spiel, der erste volle Erfolg der Berliner Dynamo-Elf
Es wurde Zeit, daß die Dynamo-Fußballer ihren Anhang endlich einmal mit einer zwar noch nicht fehlerlosen, aber doch guten Partie aussöhnten. Fünf Prachttore, oder besser sechs. denn auch Wismuts Führungstreffer war sehenswert, können den Eindruck der vielen schwachen Vorstellungen der letzten Monate verwischen und die Erwartungen der treuen Anhänger mit optimistischen Farbtönen aufhellen. Das Spiel der Berliner lieferte zudem den erneuten Beweis für die sattsam bekannte These, daß eben Tore zur rechten Zeit die besten Korsettstangen für ein angeschlagenes Selbstbewußtsein sind. Denn, und das sei nicht verschwiegen, Dynamos Spiel vor der Pause unterschied sich von den bisherigen nicht wesentlich und höchstens durch den offenkundigen Einsatzwillen der Mannschaft, durch das unbedingte Wollen. Das allein aber hätte die Partie gegen die Elf um Manni Kaiser nicht so eindeutig entschieden. Ja, die Volkspolizisten hatten ehrliche Mühe mit dem torgefährlichen Sturmspiel der Gäste.

Sie gerieten sogar in arge Schwierigkeiten, wenn der agile Eberlein und der drangvolle Wachtel von klugen Pässen Kaisers geschickt, die Deckung attackierten. Hinzu kann. daß der Angriff der Berliner in den ersten 45 Minuten mit zu durchsichtigen Zügen die Wismut-Abwehr nur selten vor unlösbare Artgaben stellte. Klingbiel, schon vor der Pause bester Stürmer der Berliner, sah sich zudem dem stärkster Verteidiger, Wagner, gegenüber. Die Zweikämpfe dieser beiden waren neben den Toren die Höhepunkte des Kampfes, weil beide beste fußballerische Fertigkeiten demonstrierten und jeder auf seine Art produktiv und erfolgreich war. Eines aber muhte die Zuschauer an der Konzeption der Dynamo-Elf verwundern. Obwohl die Hintermannschaft durch den hängend operierenden Killermann und den angeschlagenen Kleber (er ging unverständlicherweise schon verletzt ins Spiel) nur selten beschäftigt wurde, mindestens ein Mann fast ständig von strengen Deckungsaufgaben befreit war, entschloß man sich erst spät zur direkten Unterstützung, der Vorderreihe. So waren zahlreiche, wohlgemeinte Schüsse, die Thiele bravourös meisterte, und ein Kopfball, der den Pfosten traf, die einzige Ausbeute.

Und so war auch die Führung der Gäste wohlverdient. Nach der Pause gegen den Wind spielend, machte Dynamo die Fehler der ersten Halbzeit nicht mehr. Bley hatte unmittelbar nach dem Wiederanpfiff eine schöne Kombination mit einem ebenso schönen Torschuß abgeschlossen und seinen Mannschaftskameraden einen Teil des Druckes von den Schultern genommen. Dann sorgte ein angeschnittener Hinterhaltschuß Hofmanns für das 2:1. Damit schien sich die Verkrampfung der Berliner endgültig gelöst zu haben. Endlich flossen die Kombinationen, endlich gab es Sturmläufe Geserichs. Und endlich fielen auch Tore, eines schöner als das andere, als Produkt dieser zielstrebigen Aktionen. In dieser Zeit bewies die Elf, wessen sie fähig ist. Schade, daß die Gäste durch  Klebers Verletzung und durch die Verletzung Einsiedels gehandikapt waren. Beide wirkten bald nur noch als Statisten und schieden schließlich ganz aus. Eine vollständige Wismut-Elf hätte den Berlinern sicher mehr abverlangt, aber den Sieg an diesem Sonntag nicht vereitelt.

SC Dynamo Berlin:
Bräunlich; Stumpf; Heine, Skaba, Mühlbächer; Nebeling, Klingbiel, Bley; Hall, Hofmann, Geserich
BSG Wismut Aue:
Thiele; Pohl; Müller, Wagner, Schmiedel; Kaiser, Einsiedel, Kleber; Killermann, Eberlein, Wachtel

0:1 Pohl               ( 8.)
1:1 Bley               (46.)
2:1 Hofmann            (53.)
3:1 Klingbiel          (56.)
4:1 Bley               (71.)
5:1 Hofmann            (74.)

Schiedsrichter:        Anton (Forst)
Zuschauer:             3.000

Willi Conrad, Neue Fußballwoche, 27.08.1963