Die japanischen Regeln

[Die nachstehende Neufassung der vollständigen japanischen Go-Regeln vom 10. April 1989 tritt am 15. Mai 1989 in Kraft.]

Der Nihon Ki-in und Kansai Ki-in fassen hiermit die vom Nihon Ki-in im Oktober 1949 formulierten Go-Regeln neu und setzen die japanischen Go-Regeln fest. Diese Regeln müssen in gutem Geiste und in gegenseitigem Vertrauen zwischen den Spielern angewandt werden.

Artikel 1 (ein Go-Spiel)

Go ist ein Spiel, in dem zwei Spieler auf einem Brett vom Beginn des Spiels bis zum Stoppen des Spiels gemäß Artikel 9 im Wettbewerb ihres Spielvermögens stehen, um zu ermitteln, wer mehr Gebiet nehmen kann. Ein Spiel bezieht sich auf die Züge, die bis zum Ende des Spiels gespielt werden.

Artikel 2 (Zug)

Die Spieler können abwechselnd je einen Zug spielen, wobei ein Spieler die schwarzen, sein Gegner die weißen Steine führt.

Artikel 3 (Spielpunkt)

Das Brett ist ein Gitter aus 19 horizontalen und 19 vertikalen Linien, die 361 Schnittpunkte bilden. Ein Stein kann auf jeden unbesetzten Schnittpunkt (genannt: leerer Punkt) gespielt werden, auf dem Artikel 4 es ihm erlaubt zu existieren. Der Punkt, auf dem ein Stein gespielt ist, wird Spielpunkt genannt.

Artikel 4 (Steine, die auf dem Brett existieren dürfen)

Nach Beendigung eines Zuges existiert eine Gruppe von einem oder mehreren Steinen eines Spielers auf ihren Spielpunkten auf dem Brett, solange sie einen horizontal oder vertikal benachbarten leeren Punkt (genannt: Freiheit) hat. Keine Gruppe von Steinen ohne Freiheit kann auf dem Brett existieren.

Artikel 5 (Schlagen)

Wenn durch einen Zug eines Spielers ein oder mehrere gegnerische Steine entsprechend dem vorhergehenden Artikel nicht mehr auf dem Brett existieren können, muß der Spieler alle diese gegnerischen Steine entfernen. Diese Steine werden Gefangene genannt. In diesem Fall ist der Zug beendet, wenn die Steine entfernt worden sind.

Artikel 6 (Ko)

Eine Form, in der die Spieler abwechselnd einen gegnerischen Stein schlagen und zurückschlagen können, wird Ko genannt. Ein Spieler, dessen Stein in einem Ko geschlagen worden ist, kann im nächsten Zug nicht in dem Ko zurückschlagen.

Artikel 7 (Leben und Tod)

1. Steine werden als lebend bezeichnet, wenn sie vom Gegner nicht geschlagen werden können, oder wenn ihr Schlagen das Spielen eines neuen Steines ermöglichte, den der Gegner nicht schlagen könnte. Nicht lebende Steine werden als tot bezeichnet.

2. Während der Bestätigung von Leben und Tod nach dem Stoppen des Spiels gemäß Artikel 9 ist das Zurückschlagen in demselben Ko verboten. Ein Spieler, dessen Stein in einem Ko geschlagen worden ist, kann jedoch in diesem Ko zurückschlagen nach einem Passen für das spezielle Schlagen im Ko.

Artikel 8 (Gebiet)

Leere Punkte, die von den lebenden Steinen genau eines Spielers umschlossen sind, werden Augenpunkte genannt. Andere leere Punkte werden Dame genannt. Lebende Steine, die Dame besitzen, werden als in Seki befindlich bezeichnet. Augenpunkte, die von lebenden, nicht in Seki befindlichen Steinen umschlossen sind, werden als Gebiet bezeichnet. Dabei zählt jeder Augenpunkt als ein Punkt Gebiet.

Artikel 9 (Ende des Spiels)

1. Das Spiel stoppt, wenn ein Spieler und sein Gegner aufeinander folgend passen.

2. Nach dem Stoppen endet das Spiel durch Bestätigung und Übereinkunft beider Spieler über das Leben und den Tod von Steinen und über Gebiet. Dies wird als Ende des Spiels bezeichnet.

3. Falls ein Spieler die Wiederaufnahme eines gestoppten Spiels verlangt, so muß sein Gegner einwilligen und hat das Recht, zuerst zu spielen.

Artikel 10 (Bestimmen des Ergebnisses)

1. Nach der Übereinkunft, daß das Spiel beendet ist, entfernt jeder Spieler alle gegnerischen toten Steine aus seinem Gebiet, so wie es ist, und fügt sie seinen Gefangenen hinzu.

2. Gefangene werden dann in das gegnerische Gebiet gefüllt und die Punkte des Gebiets werden gezählt und verglichen. Der Spieler mit mehr Gebiet gewinnt. Wenn beide Spieler den gleichen Betrag haben, so ist das Spiel unentschieden, was Jigo genannt wird.

3. Falls ein Spieler einen Einspruch gegen das Ergebnis erhebt, müssen beide Spieler das Ergebnis erneut ermitteln, indem sie beispielsweise das Spiel nachspielen.

4. Nachdem beide Spieler das Ergebnis bestätigt haben, kann das Ergebnis unter keinen Umständen geändert werden.

Artikel 11 (Aufgabe)

Während eines Spiels kann ein Spieler das Spiel beenden, indem er die Niederlage eingesteht. Dies wird Aufgabe genannt. Man sagt, der Gegner hat durch Aufgabe gewonnen.

Artikel 12 (kein Ergebnis)

Wenn dieselbe Ganzbrett-Position während eines Spiels wiederholt wird, so endet das Spiel ohne Ergebnis, wenn beide Spieler zustimmen.

Artikel 13 (beide Spieler verlieren)

1. Wenn nach dem Stoppen des Spiels gemäß Artikel 9 die Spieler einen wirksamen Zug finden, der das Ergebnis des Spiels beeinflußte, und sie daher nicht übereinkommen können, das Spiel zu beenden, so verlieren beide Spieler.

2. Wenn ein Stein auf dem Brett während des Spiels verschoben wurde und das Spiel fortgesetzt wurde, so geht das Spiel mit auf den urprünglichen Spielpunkt zurückgeführtem Stein weiter. Wenn sich die Spieler nicht einigen können, verlieren beide Spieler.

Artikel 14 (Verlust durch Regelverletzung)

Eine Verletzung der obigen Regeln bewirkt den sofortigen Verlust des Spiels, vorausgesetzt das Ergebnis ist noch nicht von beiden Spielern bestätigt worden.

[Anmerkung: Ausführliche Kommentare zu diesen Regeln enthält das Buch von Bozulich (The Go Player's Almanac). Siehe auch die englische Vorlage und den offiziellen Kommentar und einen weiteren Kommentar.]