Sonderseite zum 30-jährigen Jubiläum
Die Drei ??? im Spiegel der Presse
Das Jubiläum der Drei konnte natürlich auch von den Medien nicht übersehen werden.
Und so lege ich diesen in der Taz erschienen Artikel für Euch in mein Archiv:
Ein Mythos auf Tonband: "Die Drei ???"
Warum Leute über 20 plötzlich wieder Kinderhörspiele sammeln
Die Abenteuer der "Drei ???" feiern zweifaches Jubiläum: 30 Jahre als Buch, 20 Jahre als Hörspiel!
Wenn es früher auf meinen Geburtstag zuging, saß ich mit Tintenkiller und Pelikan-Füller bewaffnet an meinem vollgekrakelten Kinder-Schreibtisch und schrieb fein säuberlich auf meine Wunschliste, was ich noch brauchte: "Nr. 10 - die flüsternde Mumie, Nr. 6 - der sprechende Totenkopf, Nr. 15 - der rasende Löwe...." Damals war ich zehn oder elf oder so. Heute bin ich 26 und gestehe ohne rot zu werden: Ich hab' sie alle! Alle sechundsiebzig Stück! Und gut die Hälfte davon hab ich erst vergangenes Jahr gekauft. Mit 25 Jahren, eigener Wohnung und fast abgeschlossenem Studium. Und peinlich ist mir das gar nicht! Im Gegenteil! Der Drei ???-Hör-Kult lebt! Die Auflage jeder Kassette geht in die Hundertausende und übertrifft die der Bücher bei weitem. Und eine aktuelle Hörer-Analyse belegt: gut 50% der Käufer sind über 23! Es ist unfassbar! Heikedine Körting, Produzentin und seit Folge Eins die Regisseurin aller Folgen, lacht: "Die 23jährigen kaufen die Kassetten aber nicht nur, die hören sie auch!! Ehrlich! Kein Witz!" Tja, Gott, mich wundet das nicht. Wenn ich auf Studentenpartys dieser Tage das Thema "Drei ???" anschneide, ernte ich allumfassend leuchtende Augen. Plötzlich wollen alle mit mir über "Justus Jonas" reden. Und über Peter, "diesen sportlichen Hosenscheißer!" Und darüber, wie man sich mit zwölf Jahren noch gruseln konnte, wenn der "schreiende Wecker" dieses leiernde "Aaahaaaahaaaahaaaa-haaagnrz" aus dem Kinder-Kassettenrekorder krächzte. Das waren noch Zeiten! Heute haben die damals Zehnjährigen ihre drei Lieblinge aus Rocky Beach wieder ausgegraben. Und die Beziehung ist wieder genau so innig, wie vor rund 15 Jahren. Ein Studienkommilitone (BWL!) gesteht: "Also, ohne Justus Jonas (1. Detektiv), Peter Shaw (2. Detektiv) und Bob Andrews (Und jetzt alle: "VERANT-WORTLICH FÜR RECHERCHEN UND ARCHIV!" Jawohl!) kann ich manchmal gar nicht mehr einschlafen..."
Auch die "TKKG"-Reihe erfreut sich bei immer älteren Hörern immer größerer Beliebtheit. Was macht das Geheimnis dieser Serien aus? Wieso finden wir nicht kindisch, wessen wir doch schon lange entwachsen sein sollten? Heutige Teeanger lächeln schließlich nur noch müde über solche Hör-Geschichten. Sie werfen lieber "Tic Tac Toe" oder "Michael Jackson" in den Kassettenrecorder, und nur wenige packt noch die wahre Sammelleidenschaft bei "Tim, Karl, Klößchen und Gabi" (TKKG). "Hanni und Nanni" sind längst eingestellt, "Hui Buh", "Trixi Belden" oder "Burg Schreckentein" schon lange nur noch auf Flohmärkten zu ergattern. Erst wenn man der Sache längst entwachsen sein sollte, entdeckt man heute, was man als Kind alles verpasst hat: Meine Generation dagegen wurde von den jugendlichen Helden auf Tonband noch wirklich geprägt! Vor allem von Peter, Justus und Bob!
Wenn man sich mit dem Mythos "Drei ???" auseinandersetzt, stößt man auf so manche einleuchtende Erklärung: Fragen Sie zum Beispiel mal einen deutschen Mitt-Zwanziger, was eine "Telefonlawine" ist. Er wird es wissen! Und haben die drei Detektive nicht einer ganzen Generation beigebracht, was "errare human est" bedeutet, und daß bei Babys die Augenfarbe zwar von blau nach braun aber nie umgekehrt wechseln kann? Die drei Schüler aus "Rocky Beach" haben Begriffe geprägt und Fakten vermittelt, die für immer untrennbar mit ihren Personen verbunden bleiben werden. Außerdem war es doch Alfred Hitchcock, persönlich, der all ihren Abenteuern seinen Gütestempel aufdrückte. Und ist nicht zu Recht alles Kult, wo Altmeister Hitchcock seine Finger drin hatte? Wenn viele Fans es auch gar nicht wahr haben wollten: Das immer noch vorhandene Hitchcock-Konterfei auf Buchrücken und Kassettenhüllen ist mitnichten nur ein guter Werbegag! Der Mann hat seinerzeit tatsächlich all das erfunden, was wir heute noch über Kopfhörer anhimmeln [Anmerkung: Hier hat sich der Schreiber leider geirrt. Hitchcock hat nie auch nur ein Wort zu den drei ??? Geschichten beigetragen. Der Erfinder der Drei ist Robert Arthur]: Die resolute Tante Mathilda, die versteckte Zentrale auf dem Schrottplatz, die Arschgeige Skinny Norris, den fetten Klugschwätzer Justus Jonas ("Er knetete seine Unterlippe. Ein sicheres Zeichen dafür, daß der erste Detektiv nachdachte.") Den belesenen Bob ("Ich muß nachher nochmal eben kurz in der Bibliothek vorbei.") und den durchtrainierten, aber ewig ängstlichen Peter ("Aber Just! Du willst doch nicht im Ernst da rein geh'n?! Mann, die werden uns umbringen!"). Hitchcocks deutschen Erzählerpart hatte bis Folge 64 ("Geisterstadt") eisern Peter Pasetti inne. Und auf welcher Hörspielkassette hat dieser Mann schließlich nicht erzählt?! Dann starb der Altmeister leider. Regisseurin Heikedine Körting wird melancholisch, wenn sie an den Kollegen zurück denkt: "Er hat das wirklich mit Herz und Seele gesprochen! Er konnte sich einfach nicht vorstellen, bei einem Abenteuer einmal nicht mehr dabei zu sein!" Als Pasetti zu schwach wurde, fuhr Körting mit dem Aufnahmegerät zu ihm nach Hause. Seinen letzten Hitchcock-Part sprach er drei Tage vor seinem Tod. Ein letzter Dienst für Millionen begeisterte Hörspiel-Fans.
Wer früher auch die Bücher las, (pro Jahr kommen im "Franckh-Kosmos"-Verlag drei neue auf den Markt) wird sich zurückerinnern, daß auf den 1982/83 erschienenen Ausgaben der Name Hitchcock in der Autorenzeile fehlte. Stattdessen wurden "Justus, Bob und Peter" selbst als Verfasser angegeben. Ein Mythos drohte zu zerbrechen, ausgelöst durch Lizensstreitigkeiten nach dem Tode des berühmten Regisseurs. Heute ist sein Name wieder auf allen Büchern und Kassetten, als sei nie etwas gewesen. Hitchcocks Erbengemeinschaft hatte ein Einsehen.
Nicht so glimpflich verlief der Rechtsstreit zwischen dem Hörspielstudio "Körting" (der Vertrieb läuft unter dem "Europa"-Label) und den Komponisten der berühmten Drei ???-Zwichenmelodien. Körting dazu: "Früher hatten wir eine Band für unsere Musik. Aber dann gab es da leider viel Ärger, wegen Kompositions-Streitigkeiten. Jetzt läuft seit zehn Jahren ein Prozeß, weil da wohl manche Leute zu viel Geld rausschlagen wollten..." Seit einiger Zeit gibt es neue Melodien von neuen Musikern. Zwar laufen die alten Fans auf den verschiedensten Hörspiel-Internet-Homepages Strurm gegen den Bruch mit der Nostalgie, aber auch die neuen Melodien sind gut. Regisseurin Körting weiß was sie will, um die richtige Atmosphäre zu erzeugen: "Unsere Musik muß groß sein und reich! Nicht so'n Synthesiser -Piesel-Kram!"
In Ihrem Studio in Hamburg bastelt die Körting nicht nur Peter, Bob und Justus-Geschichten. Auch die TKKG.Serie, die "Fünf Freunde" oder "Hanni und Nanni" tragen und trugen ihre Handschrift. Zwischen neun und elf Mark kostet eine "Europa"-Kassette heute. Dafür hat der Fan dann aber auch oft über 60 Minuten Hörspaß. Oft sogar mit Schauspielergrößen wie Günther Pfitzmann, Wolfgang Völz, Judy Winter oder Uwe Friedrichsen. "Irgendwann krieg ich sie alle an's Mirkro" lacht Körting. Daß sie nach so vielen Jahren Drei ???-Geschichte noch immer regelmäßig die original Kult-Stimmen von Peter (Jens Wawrczeck), Bob (Andreas Fröhlich) und Justus (Oliver Rohrbeck. Ja, genau der, der auch den "Julian" von den "Fünf Freunden gesprochen hat!) auf Band bannen kann, grenzt schon an das Wunder der ewigen Jugend: " Die kommen alle drei immer noch wunderbar jung rüber. Und es wäre ja auch furchtbar, wenn einer von den drei Detektiven plötzlich von einem anderen Sprecher gesprochen würde!" Allerdings wäre das furchtbar! Das wäre nachgerade un-ver-zeih-lich!! Nur Jens Wawrczeck lacht so wie Peter! Nur Andreas Fröhlich ruft so schön "Pass doch auf, Peter!" Und nur Oliver Rohrbeck kann sich so schön umständlich ausdrücken, wie Justus.
Im normalen Leben spielen die "drei Detektive" übrigens Theater in Berlin, Hamburg und London, sind Ende zwanzig bis Mitte dreißg und kriegen so langsam lichtes Haar. Aber das muß ja keiner wissen! Uns Alt-Fans kann es ohnehin nur recht sein, wenn wir wissen, daß unsere Helden mit uns altern! Das baut noch mehr Nähe auf! Trotzdem gelten einige der neueren Folgen bei den Liebhabern als geradezu ekelhaft unkultig. "Die Fußballganster" (63) etwa, oder "Die Computerviren" (56). Das mag zum einen an den völlig untypischen Handlungen liegen, zum andern aber bestimmt auch an den plötzlich aufgetauchten Freundinnen Kelly und Lys! Wer will die?! Wer braucht die?! Da jault der kleine Junge in mir auf und ruft störrisch: "Frauen sind doof und sprengen die Gruppe! Die sollen uns Jungs alleine lassen!" Aber der echte Fan hört sich auch durch solche Folgen durch. Es könnte ja mal wieder einer dieser Kultsätze darin versteckt sein, wie "Er ist tot! - Dr. Birkenstin ist tot!" aus dem "Bergmonster" (14). Oder "Ich bin De Groot! Und Ihr seid alle Lüchner! Lüüüchner!!!" aus den "Rätselhaften Bildern" (9). Heikedine Körting versteht den Unmut der Fans nur zu gut. "Zwischen den Folgen 40 und 70 gab es tatsächlich einen Qualitätseinbruch" gibt sie zu. "Das lag aber an den Büchern". Die Bücher werden schon seit langem von verschiedenen Autoren geschrieben. Da macht natürlich jeder was er will. (die beiden Freundinnen von Peter und Bob wurden beispielsweise von einer AutorIN eingeführt. Ha! War ja klar, daß da eine Frau die Finger drin hatte! Typisch!) Zudem ist die Serie - man glaubt es kaum - in den USA längst eingestellt. Die heutigen Autoren sind Deutsche, und gerade in den letzten Monaten rückt da eine sehr junge Schreiber-Riege in den Vordergrund: "Hörspielfans der ersten Stunde sind das!", freut sich Heikedine Körting, "Wahre Fans, die mit neun Jahren ihre erste "Die Drei und der Superpapagei" gehört haben!" Demzufolge werden die neuen Folgen wieder mehr "back to the roots" gehen, verspricht die Regisseurin. "Die ermitteln bald wieder männlich homogen!" Und es soll "lang ersehnte Wiedersehen" geben. Der Fan spitze die Ohren: Morton und der Rolls-Royce werden wieder regelmäßig auftauchen. Skinny Norris wird wieder intrigieren. Und selbst Kommissar Reynolds soll wiederkommen. Demjenigen übrigens, dem es vielleicht tatsächlich noch peinlich ist, sich mit Mitte Zwanzig noch als "Kinderkassettenfan" zu outen, dem sei gesagt, daß er sich in durchaus berühmter Gesellschaft befindet: Die Rap-Gruppe "Fettes Brot" beispielsweise gesteht: "Wir lieben Peter, Bob und Just!". Auf Folge 79 ("Im Banne des Voodoo"; erscheint im Frühjahr) wird man die Popstars sogar hören können: Mit einem "Drei ???-Rap"! Vielleicht zieht das dann auch wieder die heutigen Jungs und Mädels? Die Helden unserer Kindertage ermitteln jedenfalls weiter. Das Geschäft mit dem Kult boomt! Cassettenhüllen-Fehldrucke, auf deren Innenseite der Name des Peter-Sprechers "Jens Wawrczeck" falsch geschrieben wurde, erzielen Höchstpreise auf Sammlerbörsen. In Universitätsseminaren werden erste Diplomarbeiten zu Justus, Bob und Peter erstellt. Erwachsene Menschen stürmen die Dachböden ihrer Eltern und durchwühlen alte Kisten nach "Folge 13, Der lachende Schatten" , und finden dabei zerfledderte Notizblöcke, in denen sie die Analen ihrer eigenen "selbst gegründeten Detektivclubs" nachlesen können. Und irgendwo findet sich bestimmt auch noch der Entwurf für die erste eigene Visitenkarte: "...dritter Detektiv Frank Ziegler. - Wir übernehmen jeden Fall". Oh Gott! - Peinlich? Nein! Da stehen wir Fans zu. Tief in unserem Inneren haben wir schließlich alle ein bißchen was von unserem selbstbewussten Justus Jonas. Und das geben wir so schnell auch nicht her!
FRANK M. ZIEGLER
Ich kann dazu nur eins sagen. Frank Du sprichst mir aus der Seele.
Wer übrigens mit Frank Ziegler Kontakt aufnehmen möchte, der kann ihm (hier) eine E-Mail schicken.
Quelle: Taz