Jn der riesigen Halle, die auch als Konzertsaal dient, erhellen Scheinwerfer das imposante Deckengemälde über der schönen barocken Balustrade.
An diesem Tag ist gerade ein Femseh-Team da und will die Schloßhern'n für die Sendereihe >Bitte umblät tern < portraitieren
EineTüröffnetsich; DieMär chenkönigin eilt auf mich zu, modisch gekleidet: wei ter knallroter Rock, rote fla ~e Stiefel, gelbes T-Shirt,
Ärmel aufgekrempelt, das blonde, halbiange Haar hochgesteckt.
Heikedine K. lädt mich in ihren Empfangssalon. Ich schaue mich um; kostbare Antiquitäten, Bilder und Teppiche, rosatarbene Mö beI, ein Kristallspiegel mit altem Schliff und schwerem Goldrahmen. In der Ecke ein Kamin, auf dem Sofa- tisch Kaffee und Tee.
Wir kommen schnell ins Ge spräch. Heikedine berichtet mir von ihrer Kindheit; »Mutter war mit meinen Brü dern auf der Flucht aus Schlesien, als sie mich im
Sommer 1945 zur Welt brachte. Es geschah in ei nem Stall. Ich lag in einer
- rippe - das ist kein Mär nen!.
In Lübeck findet die Familie eine neue Heimat, der Va ter, Diplom-lngenieur, eine neue Existenz. Aber die Kindheit der >Prinzessin <ist von einer quälenden Krank heit überschattet. Heikedi ne leidet an Rachitis, muß jahrelang Metallschienen an den gekrümmten Beinen tragen. »Das war eine fürch terliche Tortur«, erinnert sie sich, »aber ich habe durch gehalten - mit eiserner Dis ziplin.« Und der Liebe des Vaters.
Ihn beschreibt sie so; »Er war so klug und gebildet wie heute selten ein Mensch. Ich konnte ihn alles fragen. egal was. Das Wort >Das kann ich nicht< war in mei nem Elternhaus verpönt. Daß ich dann wirklich durchhielt, dabei hat mein Vater sehr mitgeholfen. Wie eine feste Burg war er.»
Der zweite Mann, der ihr Le ben bestimmt. ist Andreas Beurmann, so eine Art Mu sik-Ingenieur, 13 Jahre älter als sie. Mit ihm hat sie einen Menschen geheiratet, der ihrem Vater, sagt sie, sehr ähnlich ist; »Auch er hat von Anfang an totales Vertrauen in mich gesetzt - das ist mei ne zweite Energiequelle'.<> Und gleich muß sie mir er- zählen, wie sie ihn kennen gelernt hat; >Wir sind uns auf einem Hamburger Fa schingsfest begegnet, da maIs war ich 18, Andreas 31, ich war als Clown verkleidet, sah völlig albern aus, aber er hat sich doch meine Tele fonnummer aufgeschrie ben, vielleicht, weil ich ihm in der Nacht so viele Mär chen erzählt habe... «
Andreas Beurmann, Mitin haber der Plattenfirma, die heute die Körting-Hörspiele vertreibt, hatte die richtige Nummer gewählt. Denn bald wurde die phantasie- volle Heikedine seine er folgreichste Hörspielprodu zentin.
Während unseres Gesprä ches. ich merke es kaum, wird wie von Zauberhand ein >Tlschlein-Deck-Dich> zelebriert, mit Kuchenber gen und belegten Brötchen, schlaraffenlandartig füllen sich wieder Tee- und Kaf feekanne.
Ich spinne den Faden weiter und frage; »Sie verdienen viel mit Kinder-Hörspielen. Aber jeder weiß, daß eine Märchenfee auch Gutes tut.
Wie ist das denn bei Ihnen?« Sie lacht; »Täglich schrei ben mir etwa 40 Kinder. Je den Brief beantworte ich persönlich, die schönsten sammel ich. Und zu Weih nachten kriegt jedes Kind einen Kalender zuge schickt. «
Aber die reiche Königin greift auch großzügig in ihre
reichgefüllte Schatztruhe, spendet verschiedenen Km derhilfswerken »eine Men ge Geld«.
Sie betont, daß sie Mitglied der Kirche ist; »viele treten aus und sagen, wir zahlen lieber irgendwas freiwillig. Ich aber weiß von mir, daß ich freiwillig nie eine so ho he Summe geben würde.«
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Genaue Zahlen will sie nicht nennen. Das wäre wohl auch zu nüchtern für eine richtige Märchenfee. Ihre Ehe ist noch kinderlos. Ich erfahre, daß sie vor Jah ren schwanger war und nach einem schweren Se gelunglück eine Fehlgeburt hatte. »Damals war ich sehr unglücklich und dachte, ein Kind zu haben, das sei der größte Wunsch meines L~ bens. Als ich gesund war. hatte ich auch das wieder vergessen. So ist die Natur - unheimlich tückisch. »
Natürlich wünscht sie sich wieder ein Kind; «Mein Mann
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und ich haben eine Menge aufgebaut und merken im mer mehr, daß wir lieber für eine eigene Familie arbei ten. Wenn jetzt ein paar ei gene Kinder hier im Haus rumfutzen würden. Meine Ärztin sagt auch; >In Ihrem Alter - nun mal hoppla<..«
So deftig und lebendig redet Heikedine Körting auch, als sie meine Frage beantwor tet. woher sie ihren roten Rock hat. »Den hat mir mei ne Mutter aus Italien mitg~ bracht, wie viele meiner Sa chen. Ich selber hasse es, durch die Läden zu ziehen. Am liebsten nähe ich meine Kleider selber mit der Ma schine. Da lege ich einfach den Stoff unter die Nadel, und dann zackzack...
Mit 13 hatte sie ihre erste Nähmaschine, suchte sich ihre Wunschmodelle aus Frauenzeitschriften und ko pierte sie. »Meine Eltern be saßen nicht so viel Geld«, erzählt sie, »daß ich mir ständig was Neues kaufen konnte. Trotzdem wollte ich immer hübsch aussehen.» Jetzt sitzt sie mir mit wachen blaugrauen Augen gegen über, das feine, klare G~ sicht ungeschminkt. Ist sie so uneitel? Keineswegs. Das hat eher praktische Gründe; »Wenn ich mich morgens schminke, muß ich es abends wieder abwa schen. Und weil ich dazu keine Zeit habe, lasse ich's eben. «
Nicht mal Zeit fürs Schmin ken, jeden Tag arbeitet sie