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Lilith erwacht

Von Sabine Lichtenfels

"Wenn wir Lilith wieder befreien, haben wir den Schlüssel für die Beendigung von Kriegen in der Hand." Lilith - dieser biblische Name steht für die wilde Frau und ihr sexuelles Friedenswissen, für den weiblichen Aspekt Gottes, der so lange unterdrückt wurde.

Was ist der tiefste Grund des Krieges im Mittleren Osten? Und was wäre eine Quelle für eine wirksame Friedenskraft? Mit diesen Fragen erlebte ich vor einigen Tagen in einer Trance Folgendes: Ich spüre eine starke Licht-Energie, dann sehe ich eine Felswand vor mir, in die ein Davidsstern eingeritzt ist. Während ich dieses Symbol zu entschlüsseln versuche, wird das Licht immer heller, bis sich in mir plötzlich alles zusammenschnürt und ich einen riesigen Schmerz spüre. Es kommt das Wort "Jahwe" und eine dröhnende, göttliche Stimme, die sehr zornig und bedrohlich klingt. Vor mir sehe ich die Kriegssituation von Palästina und Israel. Ich fliege hindurch, es ist unangenehm, aber ich merke, daß ich mit einer starken Lebensquelle in Verbindung stehe. Ich tauche in diesen Stern ein, alles wechselt, alles breitet sich auf einmal aus. Es ist ein Gefühl von Ankommen, von Heimat, von Erde, von Leib, von Sinnlichkeit, von sexueller Freude und von Wachstum. Hinter dem Stern komme ich in eine Höhle und sehe eine Frau vor mir sitzen, zusammengekauert mit wildem Haar. Es ist, als würde sie dort seit Jahrtausenden eingekerkert auf ihre Befreiung warten. Ich höre: "Wenn ihr diese Frau wieder befreit und zum Leben bringt, dann habt ihr den Schlüssel zur Beendigung des Krieges in der Hand." Es fühlt sich an wie eine umfassende Versöhnung mit dem weiblichen Aspekt Jahwes.

Aus dem Lexikon erfuhr ich später, daß der Davidsstern im asiatischen Raum ursprünglich das Symbol für die sexuelle Vereinigung zwischen Mann und Frau war. Man glaubte, daß die permanente sexuelle Vereinigung zwischen Mann und Frau das ganze Leben des Universums schützt und aufrecht erhält. Die Kabbalisten sprechen später davon, daß es die gewünschte Wiedervereinigung zwischen Gott und seiner Gemahlin, der Sheshina, darstelle.

Ich war erstaunt, im Judentum auf diese tief sexuellen mythologischen Bilder zu treffen. Für mich liegt hier der Kern des weiblichen Friedenswissens. Es ist ein zutiefst sinnliches Wissen und wird erst durch die volle Bejahung unserer leiblichen und sexuellen Wirklichkeit frei werden können. Ein wesentlicher Beitrag von uns Frauen zum Frieden liegt, symbolisch gesprochen, darin, diese ursprüngliche, elementare, weibliche, leibliche und sinnliche göttliche Quelle wieder zu befreien - in uns selbst und überall auf der Erde. Sie ist zutiefst persönlich und individuell, und sie ist gleichzeitig gesellschaftlich und universell. Eine Kultur des Friedens kommt an einer Rückbesinnung auf die matriarchalen Quellen nicht vorbei. Hier liegt der Kern unserer Friedensarbeit und - bildlich gesehen - die Versöhnung Jahwes mit seinem weiblichen Teil und damit die Beendigung des Krieges.

Ich greife noch mal das Bild der Frau auf, die Jahrhunderte lang in der dunklen Höhle eingesperrt war. Für mich ist sie Lilith - der unterdrückte weibliche Aspekt Gottes. Zunächst ist sie wild und zornig und schüttelt sich, der ganze Planet beginnt zu beben, wenn sie sich rührt. Deshalb fürchten sich die Menschen vor ihr und laufen davon. Sie sagen, sie sei die Natur und diese sei wild und unberechenbar, zerstörerisch und böse. Sie sehen nicht, daß diese Wildheit und Unberechenbarkeit nur eine Folge ihrer langen Gefangenschaft ist. Wenn wir - Frauen wie Männer - aber den Kontakt zu ihr wiedergefunden haben, wenn sie wieder eine Daseinsberechtigung in uns erhält, schützt, hütet und bewahrt sie alles Lebendige und begleitet uns bis in den Tod; denn auch er ist nur ein Teil des Lebens.

Sie ist Quell und Hüterin allen Lebens, sie ist unerschöpflich. Sie spricht in jeder und jedem von uns durch die archetypische Kraft einer Mutter, die ihr Kind liebt und deshalb schützt. Und sie wird uns die ganze Erde als Kind in unsere Hände übergeben. Durch das Erwachen der weiblichen Quelle wird sich aus dem langen Schlaf der Unterdrückung die politische weibliche Stimme in uns wieder erheben - für das Leben.

Unsere neue revolutionäre Entschlossenheit bleibt niemals stehen beim Haß. Sie kennt die weibliche Macht und hütet die Ereignisse des Lebens mit großer Toleranz, aber auch mit eindeutiger Klarheit. Sie sucht unbeirrbar nach neuen Perspektiven für ein ungetrübtes Leben. Sie sucht mit sicherem Instinkt die Orte auf, an denen dieses Leben keimen, sich entfalten und vermehren kann.

Es gibt keinen Menschen, der nicht aus Sexualität entstanden ist. Mann und Frau begegnen sich sexuell, und aus dieser Quelle entsteht neues irdisches Leben. Wir finden überall in der Mythologie - egal in welcher Kultur - immer ein sexuelles Kernereignis. Wir sind durch und durch sexuelle Wesen, denn sobald zwischen Mann und Frau auch nur ein Blick ausgetauscht wird, ist immer auch ein Stück Eros dabei. Sexualität ist eine Brücke zwischen geistiger und mentaler Welt und zwischen elementarer und sinnlicher Welt. So wahr ich einen Leib habe, fühle ich sinnlich und sexuell.

Zeus verführte Hera und zwang ihr die Ehe auf. Wieso haben sich Frauen, die in so starker Sinnlichkeit in der Welt standen, das Ehesystem aufzwingen lassen? Warum haben sie sich einem System der Liebe unterworfen, welches die elementar sinnliche Welt nur noch in einem winzig-kleinen Gebäude erlaubt? Seit der Einführung der Ehe durfte nur noch ein kleines Rinnsal dieser Urgewalt fließen, über alles andere wurde nicht mehr gesprochen. Wer spricht schon darüber, was nachts in unseren Träumen geschieht? Wer spricht über das Verlangen, das einen berührt, wenn man plötzlich verliebt ist? Wir haben uns angewöhnt, in diesem Bereich zu schweigen und zu lügen. Hier ist die innere Staumauer fest und stabil, aber das Wasser steigt und steigt. Irgendwann bekommt der Staudamm einen Riß, und die ganze riesige Gewaltigkeit bricht hervor.

Jeder weiß, daß in Kriegen die Männer - oder jetzt auch die Frauen - nicht nur für das Vaterland kämpfen, sondern daß jeder Krieg immer auch von sexuellen Greueltaten begleitet ist. Das liegt nicht daran, daß die Sexualität schlecht und grausam wäre, sondern es liegt an ihrer Stauung. Eine Kraft, die so lange gestaut wurde, wird gewalttätig. Die Zeitungen sind voll davon.

Wir haben uns alle an ein soziales System der Liebe gewöhnt, das in sich krank ist. Wo es nicht zu Gewalttätigkeit führt, führt es oft zu körperlicher Krankheit oder Resignation. Wenn man den Hexenhammer gelesen hat, wenn man weiß, wie Frauen verfolgt und gefoltert wurden, dann weiß man, warum eine Urangst in uns auftaucht, wenn wir heute offen über Sexualität sprechen.

Tertullian, ein früherer Kirchenvater, sagte zu den Frauen: "....also muß deine Schuld fortleben. Du bist es, die dem Bösen Eingang verschaffen hat. Du hast zuerst das göttliche Gesetz außer Acht gelassen, du bist es auch, die den betört hat, dem der Teufel nicht zu nahen vermochte. So leicht hast du den Mann, das Ebenbild Gottes, zu Boden geworfen. Wegen deiner Schuld, d.h. um des Todes willen, mußte auch der Sohn Gottes sterben."

Diese Schuld liegt wie ein dunkles Schwert über allen Frauen, und selbst wenn wir atheistisch aufgewachsen sind, ist dieses Gedankengut noch in uns: Wir sind sexuell, deshalb sind wir böse, und daran sind wir schuld.

Gleichzeitig wurden die Grundtatsachen des Lebens verdreht. Noch heute singt man in der Kirche: "Er kam aus seines Vaters Schoß." Die alten Schöpfungsmythologien, die immer einen ganz tiefen sexuellen und sakralen Kern hatten, wurden systematisch ausgelöscht.

Auf meiner Forschungsreise in den Tempeln von Malta begegnete ich überraschenderweise dem Mythos von Lilith. Lilith, nicht Eva, war die erste Frau Adams. Sie war die Frau, die sich nicht unterwerfen wollte. Während der sexuellen Vereinigung soll sie gesagt haben: "Ich unterwerfe mich nicht dem Mann. Mein Sex ist wild und unberechenbar. Ich lasse mich nicht einzäunen."

Eine mittelalterliche Legende erzählt von Lilith, wie sie nachts die Männer in ihren Träumen besucht, um mit ihnen das Fest der anonymen Begegnung zu feiern. Wie hatten die eifersüchtigen Ehefrauen darüber gewacht, daß ihr Mann nicht von Lilith aufgesucht würde, weil sie ahnten, daß durch Lilith die Sehnsucht des Mannes auf eine Weise geweckt würde, die ihn fortreißen würde zu anderen Frauen. Hervorgerufen durch das Erscheinen der Lilith würde der Mann von rastlosem Verlangen getrieben, seine Sehnsucht würde ihn immer wieder in die Ferne treiben, hin in die Welt, hin zu fremden Frauen. Die Ehefrauen ahnten, daß ihr eigenes Verlangen nun, wo sie mit ihrem ersehnten Prinzen in einem goldenen Käfig lebten, nicht zu befrieden war. Obwohl sie sich unter strahlendem Himmel im Rausch des ersten Liebesglückes ewige Liebe und Treue geschworen hatten, obwohl sie geglaubt hatten, am Ziel ihrer größten Wünsche und ihres ersehnten Verlangens zu sein, war nun doch alles sehr anders geworden. Das ungestillte Verlangen und die Sorge brachten ihr manche unruhige Nacht. Jedes verführerische Lächeln einer schönen Frau, jeder pralle Hintern oder volle Busen wurde zu einer Bedrohung. Der Stachel des Neids und der Mißgunst vergiftete auf einmal ihr ursprünglich reines, liebendes Herz. Das hatte auch die besten Freundinnen vertrieben, und sie fand sich in isolierter Einsamkeit mit ihrem ehemals so begehrten Gatten wieder, der ihr inzwischen oft fremd erschien. Sie fühlte, daß ihr eigener Leib hungrig zurück bleiben würde. Die Liebesnächte fanden nicht mehr die ersehnte Erfüllung. Die ursprünglich berauschenden Umarmungen einer tiefen sinnlichen Fülle waren flach und alltäglich geworden. Die ersten Züge von Frustration und Enttäuschung waren in ihrem Gesicht zu lesen. Und so wandelte sich im Laufe der Jahre ihre ursprüngliche Wildheit und Schönheit nach und nach in die Züge eines frustrierten Hausmonsters.

Und so, wie sie eifersüchtig über ihren Gatten wachte, so wachte er über sie. Zwar suchte er durchaus des öfteren die Spur der Lilith in der Ferne, in den Bars, auf Geschäftsreisen, im trüben Licht der Bordelle für viel Geld. Aber dies tat er heimlich und im Verborgenen. Dieses Leben durfte nicht ans Tageslicht seines alltäglichen Lebens kommen. Dort war er der gut funktionierende Ehemann, der über seine Frau wachte. Sie war seine Sicherheit, seine erkaufte Mama geworden. Er war froh über ihre Eifersucht, denn die gab ihm die Gewißheit, daß er über sie herrschen konnte. Ab und zu taten sie noch die eheliche Pflicht, ansonsten ging es um Autos, Fernsehen, Geld, Reisen, Kinder, gutes Essen. Sie pflasterten ihr Leben zu, um nicht an den Schmerz ihrer uneingelösten Liebe erinnert zu werden und an das große Versprechen, das sie sich einmal gegeben hatten.

Und während dies geschah, besuchte Lilith weiterhin die Millionen Schlafzimmer. Millionen und Abermillionen Liebespaaren widerfuhr das gleiche Schicksal in der Liebe. Sie hielten ihr Unglück für ihr ganz persönliches, privates Elend und ahnten nicht, daß sich hinter all den Nachbarwänden das gleiche Drama abspielte. Alle legten den Schleier der Verschwiegenheit über ihr dunkles Schicksal. Und während sie vor dem Fernseher saßen oder ihr alltägliches Leben regelten, ihre Frustration mit Konsum übertünchten, träumten sie heimlich von einer anderen, größeren und erfüllenderen Liebe. Sie merkten nicht mehr, daß draußen eine Welt zugrunde ging und ihr Schweigen, ihre Dumpfheit und der steigende Ersatzrausch nach Konsum und Geld ein wesentlicher Beitrag dazu war. Sie hatten sich abgeschottet gegenüber der Welt und ihren Themen. Ihre Ehe wurde zu dem kläglichen Versuch, zu zweit Probleme zu lösen, die sie alleine niemals gehabt hätten.

Welches ist die Sehnsucht in uns, die wirklich nach Erfüllung ruft? Ich halte die Sehnsucht nach ewiger Partnerschaft, die uns am Anfang einer großen Liebe berührt, für berechtigt. Sehnsucht kann ein Wegweiser sein. Es ist der Urgrund der Göttin selbst, der uns in der großen intimen Liebe berührt, genauso wie in dem flüchtigen Blick einer fremden Frau oder eines fremden Mannes. Es ist die Sehnsucht nach einer ewigen Präsenz der Göttin hier auf Erden, nach Heimat in der Göttin und nach wildem Leben in der Göttin. Es ist die Sehnsucht nach Wiedervereinigung von elementaren männlichen und weiblichen Kräften. Dieses polare Spiel möchte gelebt werden. Nicht zuletzt dafür ist diese Erde geschaffen.

In den Frühkulturen war es selbstverständlich, daß die Menschen den freien Eros in das Leben integrierten. Sie feierten den Eros. Frauen waren nicht nur Pol für einen Mann und ihre Kinder, sondern für einen viel größeren sozialen Zusammenhang, für den gesamten Stamm. Und Sexualität war nicht gebunden an die Begegnung mit dem Liebhaber, sondern war ein Fest der Vereinigung von Himmel und Erde. Frauen und Männer feierten Rituale, wo sie sich sinnlich zeigen durften, Fruchtbarkeitsrituale, wo es gerne gesehen wurde, wenn sich der Phallus eines Mannes erhob und die Brüste der Frauen wippten. Jeder konnte zuschauen, jede - ob dick oder dünn - war stolz auf ihren Leib und hat ihn gefeiert. Es war dann manchmal nicht so wichtig, wer mit wem ging. Man wußte, daß man jetzt die kosmische Energie auf diese Erde holen würde. Man feierte sie durch die sinnliche Feier aneinander und miteinander.

Diese elementare, einfache sexuelle Begegnung zwischen Mann und Frau wurde in unserer Kultur vollkommen zurückgedrängt. Die nicht verstandene Gewaltigkeit des Eros selbst führte zur Unterdrückung der Frau und damit zur Gewalttätigkeit. Liebe und Sexualität wurden gespalten, das Heilige wurde vom Sexuellen getrennt. So entstanden der Minnesänger, der Verehrer der Frau, und die heilige Jungfrau, die nie sexuell berührt wurde.

In früheren Kulturen waren es die Tempelhuren, die als "Heilige Jungfrauen" bezeichnet wurden. Das Symbol weiblicher Unschuld in unserer heutigen Kultur ist eine Frau, die noch nicht sexuell ist. In alten Kulturen bedeutete Unschuld etwas ganz anders: Frei sein von Schuld; denn Sexualität hatte nicht mit Schuld zu tun, sondern war die heilige Quelle des Lebens. Dann wurde das Heilige vom Sexuellen getrennt. Auf der einen Seite die Nossa Senhora, die heilige Jungfrau, die Lichtseite, die Transformationsseite, und auf der anderen Seite die Hure, die in den Abschaum der Gasse gedrängt wurde. Huren hatten aber ursprünglich heilige und heilende Aufgaben, denn sie hielten das Gleichgewicht ihres Stammes aufrecht. Die Trennung des heiligen und des wollüstigen Aspektes des Lebens führte im sexuellen Bereich zu Formen von Sadismus und Masochismus, die sich in den scheußlichsten Bluttaten äußerten und sich als unsagbare Gewalt durch die ganze patriarchale Geschichte zogen.

Unsere Kultur hat den Eros auf den persönlichen Bereich zweier Menschen festgelegt. Dadurch hat sie die tieferen Zonen der erotischen Magie auszuklammern versucht. Sie lassen sich aber nicht ausklammern, so wahr wir Menschen sind. Sie leben unterirdisch weiter, in heimlichen Phantasien, sie dienen der Werbung als Verführer, sie rumoren in den Leibern, sie füllen die Träume und die Literatur, und sie brechen sich in sexuellen Exzessen gewaltsam Bahn. Die Gesellschaft hat die Sprengkraft des Eros in die Bereiche von Pornographie und Kriminalität verwiesen.

Wie würde Lilith heute zu uns sprechen? Ich habe in meinem (noch unveröffentlichten) Buch "Tempel der Liebe" sehr viel dazu geschrieben. Ich sah eine Frau vor mir, die lange geschunden und gejagt wurde, die sich nie bezähmen ließ. Ich glaube, daß Liliths Kraft heute wieder ganz neu aufersteht. Sie hat die Rache kennengelernt, sie hat den Haß kennengelernt, und sie steigt jetzt auf einer höheren und humaneren Ebene wieder auf. Sie wird sich dafür einsetzen, daß die wilden Aspekte des Lebens gelebt werden dürfen und daß Strukturen des Zusammenlebens entstehen, wo das dafür nötige Grundvertrauen wachsen kann.

Was würde in einer Frauenbewegung geschehen, wenn sie dieses Wissen wieder ganz zu sich holen würde? Durch das Liebesbild der Ehe ist es gelungen, uns Frauen genau dort, wo wir uns so dringend brauchen, zu Konkurrentinnen zu machen. Stellt euch vor, wir könnten reinen Herzens und voller Freude sagen: Wir lieben und begehren denselben Mann. Stellt euch vor, wir könnten aus politischen Gründen sagen: Brauchst du meinen Liebhaber als Tankstelle? Ich frage ihn für dich! Was für ein Wahnsinn, daß wir uns da bekriegen. Genau an diesem Thema scheiterte bis jetzt ein großer Teil der Frauenbewegung.

Wir waren gestern mit einer Gruppe an einem Flußbiotop im Alqueva-Gebiet, das überschwemmt werden soll. Alle - Männer und Frauen - stiegen ins Wasser, um Kontakt zu den Wesen des Flusses aufzunehmen. Der Platz, der Fluß, die Menschen - es war ein Bild von sinnlicher Urkraft. Man sieht plötzlich, wie Leben gemeint ist, man sieht die Sinnlichkeit von Männern und Frauen, während sie den Fluß sprechen hören. Die Erde ist sinnlich. Ich bin sicher, daß wir die Sprache der Pflanzen, der Tiere, der Flüsse und der Berge erst ganz verstehen werden, wenn wir im sexuellen Bereich nicht mehr zu Verstellung und Lüge gezwungen sind, wenn wir diese elementare, sinnliche Liebe der Göttin verstehen und dafür Formen des Zusammenlebens schaffen.


Sabine Lichtenfels ist außerkirchliche Theologin, Autorin und Gründerin des "Heilungsbiotops 1 Tamera" in Portugal, einem Kulturmodell für sinnlichen Frieden. Diesen Vortrag hielt sie auf der Sommeruniversität "Weibliches Friedenswissen und das Projekt der Heilungsbiotope". Mehr Informationen über Tamera: www.tamera.org


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