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Die "Baumfrau" Julia Butterfly Hill

Das Leben nach Luna

Interview von Claudia Hötzendorfer

Gleich bei der ersten Begegnung mit den mehr aus tausend Jahre alten Redwood-Bäumen (bei uns heißen sie Mammutbäume) war Julia "Butterfly" Hill tief berührt von Schönheit und Ausstrahlung dieser Riesen.

Als sie hörte, daß die größten lebenden Baumbestände der Erde gefällt werden sollten, engagierte sie sich kurzentschlossen für die Erhaltung und den Schutz der Redwoods. Sie unterstützte die Aktivisten der Umweltorganisation "Earth First!", die durch Baumbesetzungen, die Holzindustrie - allen voran die Firma "Maaxam" - unter Druck setzten. In schwindelerregender Höhe werden Plattformen in den Redwoods angebracht. Die Aktivisten harren dort oben rund um die Uhr aus. Kein Holzfäller sägt einen Baum ab, in dem ein Mensch sitzt. Julia wollte sich an der Besetzung eines Baumes namens "Luna" beteiligen. Zunächst für zwei bis drei Tage. Die Ausrüstung war dürftig und die Lebensbedingungen kaum akzeptabel. Aus diesen zwei Tagen sind 738 geworden. Rund zwei Jahre war sie dem ständigen Terror der Holzfäller ausgesetzt. Im Dezember 1999 verließ Julia den Wipfel der Rotholz-Kiefer. Sie hatte es geschafft: "Luna" und um sie herum eine Pufferzone waren gerettet. Niemand würde und wird die Nachbarbäume mehr anrühren. Sie schrieb ein Buch über ihre Zeit in Luna, hält Vorträge und Seminare und unterstützt besonders kleine Umweltorganisationen.

Im November 2000 dann die schockierende Nachricht: Ein Unbekannter hat Lunas Stamm angesägt. So tief, daß Luna zwar noch stehen blieb, jederzeit aber ein Sturmopfer werden kann.

Frage: Was ist seit Dezember 1999 passiert, nachdem Sie Luna verlassen haben?

Julia Hill: Ich habe zahlreiche Vorträge an Colleges gehalten, mit Regierungsvertretern diskutiert, bin auf Open Air Veranstaltungen und Festivals aufgetreten, habe mich mit Indianern zusammengesetzt und vieles mehr. Seitdem ich vom Baum gestiegen bin, arbeite ich praktisch rund um die Uhr.

Frage: Hat Pacific Lumber die Rodungsrechte für das Gebiet, in dem Luna steht, noch einmal verlängert? Sie haben in Ihrem Buch geschrieben, die seien zum September 2000 ausgelaufen.

J.H.: Wir haben es geschafft, das Areal um Luna für immer unter Naturschutz zu stellen. Es wird niemandem mehr erlaubt, in diesem Gebiet zu roden.

Frage: Haben Sie nach Ihrem Weggang Luna mal wieder besucht?

J.H.: Oh ja - Sie ist immer noch so beeindruckend und wunderschön, wie ich sie in Erinnerung hatte. Pacific Lumber hat einige Bäume um sie herum gefällt. Inzwischen hat jedoch der Selbstheilungsprozeß der Natur wieder eingesetzt, und langsam regeneriert sich das Gebiet wieder. Kleine Baumsprößlinge wachsen schon nach. Allerdings muß ich sagen, so froh ich darüber bin, daß wir diesen Teil des Waldes schützen konnten, es ist immer noch eine Menge zu tun, um das gesamte Waldgebiet unter Naturschutz stellen zu können.

Frage: Sie haben eine sehr enge Beziehung zu Luna aufgebaut in diesen gut zwei Jahren, die Sie auf ihr lebten. Vermissen Sie Luna manchmal?

J.H.: In manchen Momenten denke ich schon etwas wehmütig an die Zeit im Baum zurück. Es gab wunderbare Augenblicke dort oben. Allerdings vermisse ich keine Minute lang, bis auf die Haut naß zu werden, zu frieren und auch nicht, daß ich immer gefährlich nahe am Abgrund schlafen mußte. Ich kämpfte immer mit der Angst, im Schlaf vom Baum zu fallen. Aus der Höhe wäre das in jedem Fall tödlich ausgegangen. Allerdings ist es auch nicht so, daß ich etwas zurückgelassen hätte, denn Luna und mein Leben mit ihr habe ich in meinem Herzen ständig bei mir.

Frage: Am Ende Ihres Buches schreiben Sie, daß Luna Ihnen eine Botschaft mit auf den Weg gegeben hat, wie Sie weitermachen sollen. Haben Sie eine Verbindung zu ihr, auch wenn Sie inzwischen weit entfernt leben und arbeiten?

Frage: Meine Verbindung zu ihr ist vergleichbar mit einer Narbe, die man nach einer Verletzung zurückbehält. Und diese Narbe trage ich immer mit mir herum und werde so auch immer an die Ereignisse und Erfahrungen erinnert. Ich fühle mich sehr stark mit ihr verbunden, und das, was ich durch sie gelernt habe, trage ich für immer in mir, egal wo ich mich auf dieser Welt befinde.


Fortsetzung in der Printversion der Weiblichen Stimme.

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