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Rubrik: Schamanische Wege der Heilung

Maile Lama - Schamanin aus Nepal

Botschaften der Geister

Von Farah Lenser

Schamanische Heilung bedeutet immer die Öffnung für die geistige Welt. Auf dem Schamanismus-Kongreß "Wanderer zwischen den Welten" im Oktober 2000 begegnete unsere Autorin Maile Lama zum ersten Mal. Kurz vor ihrer geplanten Abreise luden sie drei Kollegen ein, bei einem Ritual mit der nepalesischen Schamanin Maile Lama dabei zu sein.

Wir warteten auf die mir bis dahin unbekannte Schamanin. Unsere Geduld wurde auf die Probe gestellt, denn es dauerte bestimmt eine Stunde, bis endlich Mohan Rai, selbst Schamane, Übersetzer und Leiter des "Shamanistic Studies and Research Centre" in Kathmandu, und Dr. Andreas Reimers, Psychotherapeut und Vorstand des Instituts für Etnomedizin, kamen, um die Möglichkeiten einer Filmaufnahme zu besprechen. Am Rande stehend wurde ich plötzlich zum Mittelpunkt des Geschehens, als Mohan Rai plötzlich auf mich zeigte und bestimmt sagte: "You are the sick!"

Andreas Reimers - etwas erstaunt - fragte mich, ob ich denn irgendein Leiden hätte, wie z.B. Kopfschmerzen. Mit einem Leiden könne ich schon dienen, erwiderte ich, gehörte ich doch seit mehr als 3 Jahren zu den Rückenleidenden und war in meinem Bewegungsradius stark eingeschränkt. Längere Reisen wie auch die nach Garmisch Partenkirchen konnte ich nur liegend im Nachtzug bewältigen; mein Gepäck reduziert auf das Nötigste zog ich auf Rollen hinter mir her, und jede Treppe oder Stufe konnte ich nur durch die Hilfe von anderen Menschen bewältigen. So warteten wir eine weitere Stunde, bis endlich die Schamanin Maile Lama in einem weißem Kostüm mit Pfauenfedern auf dem Kopf erschien. Ihr Lächeln zog mich gleich in ihren Bann, ich vertraute ihr sofort. Wir setzten uns unter einen großen Baum in dem Kurpark von Garmisch-Partenkirchen, ich zog meine Schuhe aus und setzte mich ihr gegenüber auf eine Decke. Ich wurde gebeten, einen kleinen Obulus in eine Schale mit Reis zu legen. Mohan Rai fragte mich nach meinem Namen, nach meinem Geburtsdatum und übersetzte dies für Maile. Sie berührte daraufhin die trockenen Reiskörner in der Schale; es sah aus, als male sie einige Symbole oder Zeichen, sie schüttete mir einige Körner über den Kopf, verbrannnte Weihrauch und zeichnete mir mit der Asche die Stirn. Währenddessen sang sie mit ihrer melodiösen Stimme, die mich in einen leichten Trancezustand fallen ließ. Meine filmenden Kollegen und auch die anderen Menschen, die drumherum standen, nahm ich nicht mehr wahr. Plötzlich war es vorbei, ich wurde aufgefordert, wieder aufzustehen. Maile und ich umarmten uns wie alte Freundinnen, es wurden Visitenkarten ausgetauscht, und ich nahm das Ganze als ein weiteres Erlebnis in der Begegnung mit anderen Kulturen. Erst in den folgenden zwei bis drei Wochen machte ich die erstaunliche Entdeckung, daß ich keine Rückenschmerzen mehr hatte, daß ich immer länger unterwegs sein konnte und zu meinem großem Erstaunen meine schweren Taschen wieder selbst tragen konnte.

Ich wollte von Maile selbst wissen, was sie mit mir gemacht hatte, und nahm eine Gelegenheit wahr, sie in Münster zu interviewen.

Maile Lama wächst in Nepal auf dem Lande auf und hütet als Achtjährige mit ihrem Vater das Vieh, als sie das erstemal von einem Waldgeist "ergriffen" wird und von diesem in eine Höhle gebracht wird, wo er sie bestimmte Mantren lehrt und in die Geheimnisse des "Heilens" einweiht. Anschließend findet sie sich an dem Ort wieder, wo er sie ergriffen hat, bei dem Vieh auf der Weide. Ihr Vater hat sich Sorgen um sie gemacht, ihr Onkel jedoch, ebenfalls ein Schamane, gleich vermutet, daß ein Geist sie geholt hat. Ihr Onkel und ihr Großvater - auch ein Schamane - nehmen sie in die Lehre und erklären ihr, wie die Mantren, die sie von dem Waldgeist bekommen hat, anzuwenden sind. So hat sie nach ca. zwei Jahren einige der grundlegenden Dinge des Schamanismus gelernt.

Mohan Rai ergänzt an dieser Stelle, wie wichtig es sei, einen Guru, einen Lehrer zu finden, der dem berufenen Schamanen hilft, tatsächlich ein Schamane zu werden. Denn der Geist suche zwar den Schamanen aus, aber er vermittele nur sehr schnell einige Mantren und andere Dinge; die Anwendung könne man nur unter der Anleitung eines erfahrenen Schamanen lernen. Eine wichtige Rolle spielten in diesem Zusammenhang auch die Träume, in denen der Schamane wichtige Botschaften erhalte.

Mit dreizehn Jahren beginnt Maile mit der Heilung von anderen Menschen: Sie schlägt die Trommel, sie schüttelt sich, sie geht in Trance und bekommt durch die Geister Botschaften übermittelt, wie sie andere Menschen heilen kann. Sie lebt weiterhin mit ihrer Familie und hütet das Vieh, arbeitet in den Reis- und Kornfeldern; sie führt das Leben eines Mädchens vom Lande. Sie wird jedoch in den Dörfern ringsherum bekannt als Schamanin, und wenn jemand ihre Hilfe braucht, wird sie geholt und sie veranstaltet dann ein Ritual.

Was passiert aber nun in dem Ritual, will ich genau wissen, was hat sie in Garmisch Partenkirchen mit mir gemacht?

Das "Pulsfühlen", werde ich aufgeklärt, ist erst einmal eine höfliche Kontaktaufnahme mit dem Rat suchenden Menschen. Die Schamanin Maile war in Trance, als sie Kontakt zu den Geistern aufnahm und sie befragte, was der "Lady" fehle. Was ich als "Singen" wahrgenommen habe, war in Wirklichkeit das Sprechen mit den Geistern. Es gibt derer 180; und über Befragung wie: "Kommst du aus dem Wald? Lebst Du an einem Fluß?" bekommt die Schamanin über die Hand der Ratsuchenden eine Antwort. Es sei wie ein elektrischer Stromschlag, den sie dann erhalte. Ein guter Geist gibt der Schamanin die Informationen über die Ursache des Problems. Es ist möglich ist, daß ein böser Geist die Irritationen ausgelöst hat. Diesen behandelt man mit Liebe und Mitgefühl, versuche ihn zu überzeugen, die Person zu verlassen, dafür biete man ein Opfer an, etwa ein Huhn, eine Kerze, Weihrauch oder eine Blume. Nicht nur böse Geister, auch gute Geister können Probleme verursachen, weil sie einen in eine bestimmte Richtung drängen wollen oder sich in Erinnerung bringen wollen, wenn sich ein Vater oder ein Bruder vernachlässigt fühlen. Auch mit diesen redet die Schamanin, sie vermittelt zwischen dem Ratsuchenden und den Geistern.

Ob sie denn keine Angst gehabt hätte, als sie von dem Waldgeist ergriffen wurde, frage ich Maile. Sie habe gezögert - antwortet sie - als sie anfing, sich zu schütteln und in Trance zu geraten. Warum soll ich das bloß machen, habe sie sich gefragt. Aber als Schamane berufen zu werden, ist ein besonderes Geschenk Gottes, das man nicht zurückweisen dürfe, sonst könne man verrückt werden. Die Person werde entweder von einem Geist ergriffen wie Maile, oder es könne auch sein, daß die Person einfach wie verrückt herumrenne. In diesem Falle machen erfahrene Schamanen einen Test mit der Person, ob sie ein Schamane oder eine Hexe sei, letztere benutzt die gleichen Mantren wie die Schamanin, aber mache alles verkehrt herum.

Heute ist Maile 52 Jahre alt und hat einen halbwüchsigen Sohn. Sie arbeitet seit über 15 Jahren mit Mohan Rai in dem Shamanistic Studies and Research Centre in Kathmandu.

Mohan Rai informiert und unterrichtet Menschen aus aller Welt über die Geschichte des Schamanismus und die Kosmologie des schamanischen Universums. Bisher habe er ca. 200 - 300 Personen aus westlichen Ländern in Kathmandu in Seminaren unterrichtet; darunter habe er vier Personen gefunden, die ebenfalls eine Berufung zum Schamanismus zeigten. Diese kommen regelmäßig für mehrere Monate nach Nepal und werden dort vorsichtig auf den inneren Weg des Schamanismus geführt.. Sie müssen dazu nicht Nepali lernen, wie ich erst vermute, denn die Geister und die Schamanen sprechen die Sprache des Herzens.

In dem "Shamanistic Studies and Research Centre" arbeiten acht Schamanen, jeder ist spezialisiert auf bestimmte Bereiche; so arbeitet der Schamane Indra Gurung mit den Knochen und Geistern der Toten, während die Schamanin Maile mit dem Waldgeist arbeitet. Mohan Rai selbst ist Übersetzer und Vermittler, der genau weiß, wie die anderen Schamanen arbeiten und ihre Arbeit koordiniert. Auch er selbst wurde schon in frühester Kindheit von Geistern ergriffen und hatte Erscheinungen, die ihn sehr erschreckten. Sein Vater beruhigte ihn und versicherte ihm, daß die Geister seine Freunde seien und er beten solle, wenn er Angst habe.

Meine Frage nach der Bedeutung des Schamanismus im heutigen Nepal bringt Mohan Rai ein wenig in Verlegenheit. Die Menschen in den großen Städten glauben heute nicht mehr daran. Sie haben kaum Kontakt zu den Menschen auf dem Lande, wo der Schamanismus noch sehr angesehen ist. Bis vor 80 Jahren waren die Schamanen die einzigen, die den Menschen helfen konnten, wenn sie krank waren. Sie besaßen auch das Wissen darüber, wie Kräuter als Arzneien zu verwenden sind. Heute gibt es auf dem Lande bestimmte Stellen, wo Medizin verteilt wird. Oft gibt es aber keine Ärzte, sondern nur Helfer mit rudimentärem ärztlichen Wissen, und die Menschen gehen trotzdem weiterhin zu den Schamanen, mit denen sie gute Erfahrungen gemacht haben. Seit Mohan Rai offiziell sein "Shamanistic Studies and Research Centre" in Kathmandu betreibt, hat er Kontakt zu offiziellen Regierungsvertretern. Diesen sagt er immer wieder, daß die Schamanen keine Götter sind, aber auch keine Ärzte mit einer Lizenz zum Heilen, sondern daß sie Vermittler zwischen den Geistern und den Menschen sind. Zwar können sie keine Knochenbrüche heilen, aber sie wissen, wie man Blutungen durch bestimmte Mantren stoppen könne. Leider gibt es Ärzte, die das Schamanentum als Aberglaube abtun, aber einige schicken auch ihre nächsten Angehörigen zur Behandlung zu den Schamanen. Und manchmal wird er auch ins Hospital gerufen, wenn diese bei einem Patienten nicht weiter wissen, besonders wenn es sich um psychische Probleme handele.

Da sich immer mehr Menschen auf der ganzen Welt für schamanistische Heilweisen interessieren, reisen Mohan Rai, Indra Gurung und Maile Lama viel, um ihre Arbeit vorzustellen. Zusammen mit Dr. Christian Rätsch, Ethnopharmakologe; Dr. Claudia Müller-Ebeling, Ethnologin und Kunsthistorikerin, und Dr. Andreas Reimers, Psychiater, geben sie ein Intensivseminar "Der schamananische Transformationsprozeß" vom 24.- 27.3.2002 in Hamburg. Informationen dazu bekommt man bei "Ethomed", Institut für Ethnomedizin, Melusinenstr. 2, D-81671 München, tel/fax 089-40 90 81 29

Email: ETHNOMEDIZIN@web.de, www.institut-ethnomed.de

Informationen über das Shamanistic Studies and Research Centre in Kathmandu / Nepal unter www.himalayanshamans.com

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