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Wie der Stealth-Fighter über Jugoslawien abgeschossen wurde

Eines der spektakulärsten und wohl auch unerwartetsten Ereignisse des 79tägigen Bombenkrieges der NATO gegen Jugoslawien war der Abschuß einer F-117A Nighthawk am dritten Kriegstag. Über Ursachen und Hintergründe des Verlusts ist bis heute relativ wenig bekannt, jedoch lassen sich die Vorgänge nach Berichten jugoslawischer und britischer Quellen rekonstruieren [s.a. Propaganda].

Darstellung aus: Flieger-Revue, Heft 12/1999, S. 47

Einen Abschuß verleugnete man bei der NATO bis zu dem Zeitpunkt, als das jugoslawische Fernsehen Aufnahmen des Wracks der F-117A sendete: Es wies deutliche Beschußspuren auf. Aus offiziellen NATO-Kreisen verlautete dazu lediglich, daß die auf der Holloman Air Base beheimatete F-117A der 8th Fightersquadron mit der Nummer 806 am Sonnabend, dem 27. März 1999, um 20.38 Uhr aus technischen Gründen rund 40 km westlich von Belgrad verlorenging. Der Pilot Captain Dale Zelco konnte sich mit dem Schleudersitz retten und wurde von einer amerikanischen Spezialeinheit sicher geborgen. Fest steht, daß die NATO bei der Durchführung der ersten Phase der Luftangriffe auf Jugoslawien einer im Golfkrieg bewahrten Strategie zur Vermeidung hoher Flugzeugverluste folgte. So wurden als schwerverteidigt eingestufte Objekte nur bei Nacht und mit Stealthflugzeugen (F-117A, B-2) angegriffen, da man annahm, daß diese Flugzeuge für jegliches Radar unsichtbar seien. Auch gegen Jugoslawien bewahrte sich dieses Vorgehen bis zu jenem 27. März 1999.

Was war geschehen?

Von Anfang an stand der Flug der F-117A mit der Nummer 806 unter keinem guten Stern. Ein für Rußland arbeitender französischer Offizier bei der NATO verriet Moskau den Flugplan und das Angriffsziel. Diese wichtigen Informationen wurden rechtzeitig von den Russen nach Belgrad übermittelt, so daß die Jugoslawen einen speziellen Abfangkomplex aufbauen konnten. Inwieweit sie dabei russische Hilfe erhielten, ist noch ungeklärt Der Abfangkomplex bestand aus drei P-12-Radarstationen sowjetischer Bauart, die für das Entdecken von Stealthflugzeugen speziell modifiziert wurden, aus Fla-Raketen und MiG-21-Jagdflugzeugen.

Zur Ortung der F-117 wurde der Umstand genutzt, daß die Stealthfähigkeit der F-117A nur zum Teil auf radarabsorbieren den Materialien beruht, ein großer Teil der auftreffenden Radarenergie jedoch in eine andere, der aussendenden Radarstation abgewandten Seite, reflektiert wird. Die Radaranlagen der Jugoslawen wurden so um das bekannte Angriffsziel der F-117A - das Militärtestzentrum in Nikinici - postiert, daß jede Station die vom Bomber reflektierten Radarwellen der anderen Stationen auffangen konnte.

Als sich die 806 am Abend des 27. März 1999 pünktlich ihrem Flugplan folgend dem Ziel näherte, wurde sie vom Radar erfaßt, und eine bereits im Raum Budjanovici kreisende MiG-21 erhielt den Befehl, sie abzufangen. Durch die Bodenkontrolle wurde die MiG so nah an die Nighthawk herangeführt, daß die F-117 visuell entdeckt und identifiziert werden konnte Hierbei scheinen die Dunstigen meteorologischen Bedingungen der Nacht (nach serbischen Quellen war eine gute Sicht bei fast Vollmond und geringer Bewölkung) eine große Hilfe gewesen zu sein. Nach erstem Augenschein wurde der F-117-Pilot vom Angriff der MiG-21 vollkommen überrascht. Die MiG konnte sich unbemerkt von hinten nähern und zwei Raketen abfeuern, wahrscheinlich R-60 (AA-8 Aphid), von denen eine das linke Triebwerk der F-117 traf. Danach attackierte die MiG ihr Ziel mit der Kanone. Die F-117 versuchte, dem Angriff mit einer steilen Sturzflugkurve zu entgehen, wurde dabei jedoch vom Feuerleitradar einer Fla-Raketen-Batterie erfaßt. Die Jugoslawen starteten daraufhin eine Rakete, die die F-117 vernichtete. Über den Typ der eingesetzten Boden-Luft-Rakete gibt es unterschiedliche Angaben. Es könnte sich um eine Kub/SA-6 Gainfull oder eine Newa/SA-3 Goa gehandelt haben.

Das Wrack des Nighthawk schlug rund 7 km von Nilinici entfernt, nahe des Städtchens Budjanovici auf, während sich der Pilot mit dem Schleudersitz retten konnte. In einer riskanten Aktion konnte er im Laufe der Nacht von einem amerikanischen Combat Rescue Team gerettet werden, wobei sich der hohe Leistungsstand dieser Spezialeinheit zeigte. Die Rettung des F-117-Piloten bewies, daß das System der NATO zur Rettung abgeschossener Piloten auch in schwerverteidigten Gebieten funktioniert.

Der Verlust der 806 am 27. März 1999 war der erste und einzige, den die F-117A-Verbande bisher im Kampf verzeichnen mußten. Er kam durch eine Verkettung mehrerer Faktoren zustande, zeigt aber auch, daß die F-117 nicht unverwundbar ist. Sobald sie von einem Jäger, selbst einer veralteten MiG-21, gestellt wird, hat sie kaum eine Überlebenschance.

Es sei auch noch darauf hingewiesen, daß die zum Abschuß der F-117 eingesetzten Waffen der Technologie der 60er und 70er Jahre entsprechen. Es stellt sich somit die Frage, wie sich die F-117 gegen wirklich moderne Radarsysteme und Waffen zu behaupten vermag.

Michael Normann

Dieser Artikel der Fliegerrevue traf nicht auf ungeteilte Zustimmung, wie ein Beitrag der "jungen welt" [externer Link] belegt.

Anmerkung:
Einer "Spionagetheorie" hätte es m.W. nicht bedurft, um den Abschuß zu erklären. Bereits in den 80er Jahren verfügten Staaten des Warschauer Vertrages über Radarstationen, welche die "Unsichtbaren" sichtbar machten. Hergestellt wurden diese in der damaligen Tschechoslowakei, was Anfang der 90er zu "Turbulenzen" mit den USA führte, da Tschechien - ganz marktwirtschaftlich - beabsichtigte, diese in "alle Welt" zu exportieren.
Es ist m.E. glaubhafter anzunehmen, daß die BR Jugoslawien in Besitz dieser Technologie ist, und wenn selbst einzelne MiG-21 die F-117 abschießen können...
Hinzu kommt, daß - nach griechischen Angaben - der Pilot nicht nicht von der ominösen Spezialeinheit der US-Streitkräfte befreit worden sei, sondern von der jugoslawischen Seite an die USA ausgeliefert wurde.
Der Abschuß läßt sich unproblematisch in eine Reihe einordnen, die einen ersten Höhepunkt beim Abschuß der ersten B-52 im Luftkampf mit einer MiG-21 durch Leutnant Nguen van Tuan der Vietnamesischen Volksarmee am 27. Dezember 1972 hatte.

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