NVwZ 1993, 629
Ministerialrat Dr. Rainer Scholz, Bonn

Rechtsfragen bei der wirtschaftlichen Betätigung von "neuen Jugendreligionen"

Rechtsprobleme bei Gründung von Wirtschaftsbetrieben durch Jugendsekten sind im Gewerberecht und mit speziellem Schwerpunkt im Gaststättenrecht aufgetreten. Bei der Auübung wirtschaftlicher Betätigung, häufig aber auch bei der nichtkommerziellen Werbung neuer Mitglieder nur für die eigene religiöse oder weltanschauliche Überzeugung sowie im Übergangsbereich des sowohl kommerziell als auch ideell akzentuierbaren Schriftenverkaufs spielt das Straßen- und Wegerecht der Länder, insbesondere die Frage der Abgrenzung zwischen Gemeingebrauch und Sindernutzung eine große Rolle.

1. Allgemeines

  Aus verständlichen Gründen muß die Rechtsprechung bemüht sein und wird dieser Zielsetzung auch gerecht, bei der Behandlung von Rechtsfragen der vorgenannten Art einer Umschreibung und Bewertung der religiösen bzw. weltanschaulischen Zielsetzungen mit dem jeweiligen Selbstverständnis der Jugendsekte in bezug auf diese Fragenkreise aus dem Wege zu gehen. Statt dessen gilt es bei wirtschaftlichen Betätigungen von Sekten bzw. Sektenmitgliedern soweit wie müglich eine Behandlung gewerbe- und straßenrechtlicher Fragen nach allgemeinen Grundsätzen, also unabhängig von den hier in der Regel nicht einschlägigen Auswirkungen der Religions- und Weltanschauungsfreiheit nach Art. 4 GG zu finden. Soweit die wirtschaftliche Betätigung mit der Ausübung der Religions- bzw. Weltanschauungsfreiheit allerdings irgendwie im Zusammenhang steht, z.B. also eine wirtschaftliche Betätigung von einem nicht wie eine Jugendsekte bekenntnismäßig gebundenen Unternehmer so nicht ausgeübt werden würde, muß gleichwohl überprüft werden, ob und gegebenenfalls inwieweit im Einzelfall Gesichtspunkte der Religions- und Weltanschauungsfreiheit mit einzubeziehen sind. Selbst dann, wenn gewerbliche Betätigung ausnahmsweise einen weltanschauungsbezogenen Einschlag hat, ist als Auswirkung der bei Art. 4 GG zu beachtenden immanenten Grundrechtsschranken strikt davon auszugehen, daß die gewerberechtlichen bzw. straßenrechtlichen Vorschriften zu beachten sind und eine Freistellung hiervon im Hinblick auf Art. 4 des Grundgesetzes nicht in Betracht kommt [1]. Tragender Grundsatz gewerbe- und straßenrechtlicher Entscheidungen, von denen Jugendsekten oder ihre Mitglieder betroffen sind, muß es sein, die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften durchzusetzen mit dem Ziel, die Betroffenen weder zu diskriminieren noch zu begünstigen. Die Gleichbehandlung der Betroffenen bedeutet, daß auch die Jugendsekten untereinander gewerbe- und straßenrechtlich gleichzubehandeln sind, was durchaus bedeuten kann, daß zwischen den einzelnen Organisationen bestehende Unterschiede in den Strategien und Vorgehensweisen auch unterschiedlich zu bewerten sein können mit der möglichen Folge unterschiedlicher Entscheidungen. Im Ergebnis bedeutet dies zusammenfassend, daß bestimmte Anforderungen an eine wirtschaftliche Betätigung oder z.B. an eine gaststättenrechtliche Genemigung von allen denkbaren Antragstellern gleichermaßen erfüllt werden müssen, also von Gewerbetreibenden, Jugendsekten oder anderen Verbänden oder von der öffentlichen Hand selbst. Damit können Jugendsekten andererseits, ohne von den Behörden hierbei diskriminiert oder sonst schlechter behandelt werden zu dürfen, auch ihrerseits am Wirtschaftsverkehr teilnehmen. Auch in dem unter IV behandelten Straßen- und Wegerecht gelten die Grundsätze des gleichen Zugangs zum Gemeingebrauch und der gleichen Maßstäbe für Sondernutzungserlaubnisse z.B. für Verkaufs- oder Werbeveranstaltungen auf Straßen, Wegen oder Plätzen. Derartige Sondernutzungserlaubnisse dürfen grundsätzlich, also soweit Landesrecht nicht Weitergehendes bestimmt, nur aus mit der Straßennutzung zusammenhängenden oder sonstigen verkehrsbezogenen Gründen versagt werden. Eine negative Beurteilung der weltanschaulichen Überzeugungen und daraus abgeleiteten Betätigungen von Jugendsekten bleibt somit für derartige Erlaubnisse außer Betracht.

II. Gewerberecht

  Gewerberechtliche Streitigkeiten können mit Jugendsekten als Betroffene in erster Linie dann entstehen, wenn die zur Eröffnung eines Gewerbes gem § 14 GewO erforderliche Anzeige nicht geleistet wird, weil die Organisation bzw. Gliederung eine Eintragung als Idealverein gem. § 21 BGB anstrebt oder entgegen ihren Bemmühungen als wirtschaftlicher Verein (§ 22 BGB) nicht rechtskräftig geworden ist. Gleichermaßen kann es gegen eine Sektengliederung zu einer Gewerbeuntersagung gem. § 35 GewO kommen, wenn die Voraussetzungen für das Betreiben eines Gewerbes nicht gegeben sind. Dies soll nachfolgend anhand weniger einschlägiger, d.h. Jugendsekten unmittelbar betreffender Entscheidungen näher dargestellt werden.

  Nachdem einer örtlichen Scientology-Gliederung vom OLG Düsseldorf [2] die Rechtsnatur eines wirtschaftlichen Vereins attestiert worden und somit eine Eintragung als Idealverein in das Vereinsregister entgegen der Zielsetzung des Betroffenen unterblieben war, bestand die zuständige Gewerbebehörde nunmehr auf der Gewerbeanmeldung gem. § 14 GewO. Die vom Verein hiergegen eingereichte Klage hatte vor dem VG Düsseldorf [3] keinen Erfolg. Dieses sah bei der Vereinigung eine nachhaltige Absicht der Gewinnerzielung als gegeben an und stufte die Tätigkeit der Vereinigung somit als gewerblich ein.

  Mit einer Gewerbeuntersagung hatte sich der VGH München [4] zu befassen, allerdings nur in bezug auf die Frage der von der Behörde angeordneten sofortigen Vollziehung der Betriebsschließung. Der VGH München bewertete den Verfahrensausgang als ungewiß und stellte deswegen die aufschiebende Wirkung der vor dem VG anhängigen Klage wieder her.

  Die - neben arbeitsschutzrechtlichen Aspekten - ebenfalls dem Gewerberecht zuzuordnenden Vorschriften des Ladenschlußgesetzes betreffen eine rein wirtschaftliche Tätigkeit, im konkreten Fall den Verkauf von Informationsmaterial durch die Bhagwan-Sekte. Das VG Berlin [5] hat daher entschieden, daß diese Tätigkeit, selbst wenn man die frühere Bhagwan- und jetzige Osho-Bewegung als Religionsgemeinschaft ansieht, nicht vom Schutzbereich des Art. 4 I und II GG erfaßt wird. Diese Grundrechtsgarantien können daher nicht zu einer Ausnahmegenehmigung von den Vorschriften des Ladenschlußgesetzes führen; in Betracht kommt allenfalls der Gleichheitssatz nach Art. 3 I GG, soweit die Verwaltung auch anderen, nicht religiös ausgerichteten gewerblichen Tätigen Ausnahmegenehmigungen erteilt.

  Soweit es in Ordnungswidrigkeitenverfahren auf die Eigenschaft als Gewerbetreibender i.S. des § 55 GewO ankommt, trifft diese Eigenschaft auf denjenigen zu, dessen Tätigkeit planmäßig auf Gewinnerzielung gerichtet ist und selbständig, d.h. auf eigene Rechnung und unter eigener Verantwortung ausgeübt wird. Im Falle des Verkaufs von Büchern durch Mitglieder der Hare-Krishna-Sekte auf einem Marktplatz ist Gewerbetreibender die Sekte, nicht aber das einzelne beim Verkauf tätige Mitglied [6].

  Wie aus einer Entscheidung des OLG Köln [7] hervorgeht, ist es einer wettbewerbsrechtlichen Beurteilung nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb nicht zugänglich, wenn in dem Organ eines gewerblichen Verbandes ein Artikel mit klar erkennbarer gesellschaftspolitischer Tendenz veröffentlicht wird, in dem Kritik an der gewerblichen Betätigung einer Jugendsekte geübt wird.

III. Gaststättenrecht

  Mit größerer Intensität als mit allgemeinen gewerberechtlichen Fragen hatte sich die Rechtsprechung mit dem Gaststättenrecht in bezug auf Jugendsekten zu befassen, wo Genehmigungen einschließlich vorläufiger Genehmigungen für den Betrieb von Gaststätten im Vordergrund standen. In allen entschiedenen Fällen waren Antragsteller Organisationen der früheren Bhagwan-, also der heutigen Osho-Bewegung, die Diskotheken oder vegetarische Restaurants eröffnen wollten. Die Verfahren liefen der Tendenz nach auf eine Verpflichtung der zuständigen Behörden zur Erteilung der gaststättenrechtlichen Genehmigungen hinaus; die Behörden konnten sich mit der Annahme der Unzuverlässigkeit des Geschäftsführers oder der unangemessenen Beeinflussung der Gäste jeweils nicht durchsetzen.

  Der VGH Kassel [8] hat in einem Verfahren auf Erlaß einer Einstweiligen Anordnung die Stadt Wiesbaden verpflichtet, einer Gliederung der Bhagwan-Bewegung die beantragte vorläufige Erlaubnis zum Betrieb einer von dieser übernommenen Diskothek gem. § 11 GaststG zu erteilen. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, daß Tatsachen, auf welche die Versagung der endgültigen Erlaubnis gem. § 2 GaststR mit Erfolg gestützt werden könnte, von der Stadt Wiesbaden nicht hatte festgestellt werden können, und daß es außerordentlich zweifelhaft erscheine, on in Zukunft solche Tatsachen ermittelt werden könnten. Hinsichtlich der drei Gesellschafter und Geschäftsführer der Bhagwan-Gliederung sei Nachteiliges nicht bekannt geworden, insbesondere seien diese gemäß den vorliegenden Strafregisterauszügen nicht vorbestraft. Dafür, daß die Bhagwan-Gliederung in unerlaubter Weise eine religiös ausgerichtete Einflußnahme auf die Diskothekenbesucher vornehmen werde, sei nicht ersichtlich [9]. In einer gleichgerichteten Entscheidung des OVG Münster [10] wurde hervorgehoben, daß eine Gaststättenerlaubnis nicht allein deshalb verweigert oder unter Einschränkung erteilt werden kann, weil die Gaststätte von Angehörigen der Bhagwan-Bewegung betrieben wird.

  In einem Verfahren zur Erteilung einer Gaststättenerlaubnis für ein vegetarisches Restaurant, das von einer der Bhagwan-Bewegung nahestehenden Gesellschaft geführt werden sollte, führte das VGH München [11] folgendes aus: Diskotheken und sonstige Gaststätten, die von Mitgliederni der Bhagwan-Bewegung unmittelbar oder durch Betriebsgesellschaften geführt werden, verfügen gemäß einer Umfrage im Bundesgebiet über eine gewerberechtlich ordnungsgemäße Betriebsführung. Daß ein Gaststättenbetreiber seine Gaststätte auch als Ort der Selbstdarstellung hält, stellt weder einen Mißbrauch einer rechtlichen Gestaltungsform noch einen sonstigen Ordnungsverstoß dar, der gaststättenrechtlich relevant wäre. Tatsachen oder Anhaltspunkte für Unzuverlässigkeit oder verbotene Verhaltensweisen lassen sich daraus nicht ableiten.

  In einem Verfahren über eine vom VG Wiesbaden zunächst abgelehnte vorläufige Gaststättengenehmigung nach § 11 GaststG verpflichtete der VGH Kassel [12] die zuständige Behörde zu deren Erteilung. Die Ermittlungen hätten nichts ergeben, was einer späteren endgültigen Genehmigung im Wege stände. Unter diesen Umständen sei das Interesse der Antragsteller an der sofortigen Weiterführung der Gaststätte vorrangig.

  Auch im juristischen Fachschriftentum [13] findet sich die generelle Aussage, daß sich die Versagung von Gaststättenerlaubnissen gegenüber der betroffenen Bhagwan (Osho)-Bewegung in der Regel weder auf § 4 GaststR noch auf eingeschriebene Ablehnungsgründe stützen läßt. Allenfalls Feststellungen, wonach Strohmänner als Antragsteller tätig werden, hinter denen in Wahrheit die Bhagwan-Bewegung steht, könnten eine Versagung rechtfertigen.

IV. Straßen- und Wegerecht

  Das Straßen- und Wegerecht spielt in der Rechtsprechung zu den Jugendsekten eine große Rolle, da es zu deren Gepflogenheiten gehört, vorzugsweise auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen mit lebhaftem Publikumsverkehr Passanten in Gespräche über die Botschaft ihrer Vereinigung zu ziehen, für den Erwerb der Mitgliedschaft zu werben oder Schriften anzupreisen und zu verkaufen und dafür gegebenenfalls auf öffentlichen Verkehrsflächen Stände einzurichten.

  Konkret geht es dabei jeweils um die Frage, ob die jeweiligen Betätigungen von Sektenmitgliedern auf der Straße noch im Rahmen des Gemeingebrauchs des öffentlichen Straßengrundes liegen oder als Sondernutzung einer Erlaubnis der zuständigen Behörde bedürfen.

  Von praktischer Bedeutung ist daneben auch, ohne daß insoweit die Problematik von den Gerichten immer gesehen oder gar systematisch aufgearbeitet wird, ob die Ausübung des Ermessens bei der Entscheidung über die Sondernutzungserlaubnis stets nur den gleichen Gesichtspunkten folgen darf wie bei einem Antragsteller ohne jeden religiösen Anspruch, also etwa einem Antragsteller mit rein kommerziellem Ziel oder einem publizistischen Anliegen, oder ob einerseits - privilegierend - Gesichtspunkte aus dem Grundrecht der Glaubens- und Weltanschauungsfreiheit nach Art. 4 GG oder andererseits - nachteilig - Gesichtspunkte einer Gefährdung oder Belästigung des Publikums mit in die Abwägung einzubeziehen sind.

  Letzterer Gesichtspunkt hat in der Praxis allenfalls im Vorfeld verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen beim Versuch der Verwaltungsbehörden eine Rolle gespielt, Anträge auf Sondernutzungserlaubnisse abzulehnen. Demgegenüber wird in Richtung einer Privilegierung zwar durchweg gesehen, daß das Grundrecht nach Art. 4 GG vermittels seiner immanenten Schranken zwar in keinem Falle von der Einholung einer Sondernutzungserlaubnis für über den Gemeingebrauch hinausgehende Betätigungen entbindet. Doch hat das VG Köln [14] entschieden, daß eine Ermessensentscheidung, die zur Ablehnung der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für die Errichtung eines Informationsstandes in der Kölner Innenstadt zur Verteilung von Flugblättern und zum Verkauf von Büchern durch die Mun-Sekte kommt, rechtswidrig ist, wenn bei der Abwägung nicht hinreichend beachtet wurde, daß durch die Versagung dieser Erlaubnis in verfassungsrechtlich geschätzte Rechte dieser Jugendsekte nach Art. 4 GG eingegriffen wird. Die Religions- und Weltanschauungsfreiheit erfasse nicht nur kultische Handlungen, sondern erstrecke sich auch auf andere Äußerungen des religiösen Lebens, so auch auf missionarische Tätigkeiten, die der Werbung für den eigenen Glauben dienten.

  Demgegenüber geht das 0VG Hamburg [15], das das Ansprechen von Passanten durch Werber der Scientology-Church auf öffentlichen Wegen nicht mehr als Gemeingebrauch, sondern als erlaubnisbedürftige Sondernutzung angesehen hat, von einem anderen Ansatz aus: Nach seiner Auffassung darf die Ermessensentscheidung über die Erteilung dieser Erlaubnis nach den gleichen Maßstäben getroffen werden, die für die Wirtschaftswerbung auf öffentlichen Wegen gelten. Nach diesen Maßstäben erachtete das Gericht die Versagung der Sondernutzungserlaubnis und die Anordnung der sofortigen Vollziehung für rechtmäßig. Nach den Ausführungen des OVG Hamburg in diesem Fall ist es gleichgültig, ob das Verhalten der Sektenmitarbeiter auch der Religionsausübung dient, da die Untersagungsverfügung nicht in die inneren Angelegenheiten der Scientology-Church eingreife, sondern nur die Gleichbehandlung aller potentiellen Antragsteller für eine Sondernutzung sicherstelle.

  Die gleiche Gliederung der Scientology--Organisation konnte sich mit dem Antrag auf eine Sondernutzungserlaubnis bei der zuständigen Hamburger Behörde nicht durchsetzen, dem folgender Sachverhalt zugrunde lag: Passanten wurden auf der Straße daraufhin angesprochen und an einer engen Stelle immer wieder bedrängt, sich in die Räumlichkeiten der Sekte zu begeben, um dort Persönlichkeitstests durchführen zu lassen und anschließend mit dem Angebot von Kursen, Zeitschriften und Büchern konfrontiert zu werden. Diese Sondernutzung hielt auch das VG Hamburg nicht für genehmigungsfähig und wies die Klage der Sekte ab [16]. Wegen des massiven Drucks wurden hier die Grundrechte der Passanten als vorrangig angesehen.

  In einer Bußgeldsache mit vergleichbarem Sachverhalt verurteilte das OLG Hamburg [17] Mitglieder der Scientology-Church wegen einer Ordnungswidrigkeit gegen das Hamburgische Wegegesetz. Der wirtschaftliche Vorgang des Anbietens von Büchern und Leistungen wurde nicht als durch Art. 4 GG privilegiert angesehen. In einer Angelegenheit mit vergleichbarem Sachverhalt sprach wiederum das VG Frankfurt der "Scientology-Mission" einen Rechtsanspruch auf eine Sondererlaubnis zu [18].

  Obwohl nach den straßenrechtlichen Vorschriften aller Länder über Sondernutzungserlaubnisse ausschließlich unter Gesichtspunkten der Straßennutzung zu entscheiden ist [19], wird in gerichtlichen Entscheidungen zwar eher vereinzelt, aber doch in mehreren Entscheidungen Art. 4 GG eingeführt und damit letztlich eine jedenfalls graduelle Privilegierung der Jugendsekten begründet.

  Zusammenfassend ist zu bemerken, daß bei der Frage der Ermessensentscheidung über die Erteilung von Sondernutzungsgenehmigungen nach den Straßen- und Wegegesetzen der Länder zwar durchaus im Sachverhalt liegende Unterschiede dazu führen können, einer Jugendsekte in einem Fall eine Sondernutzung einer öffentlichen Verkehrsfläche zu gestatten, einer anderen dagegen nicht. Die Entscheidungspraxis der Verwaltungsgerichte hat jedoch noch nicht die an sich wünschenswerte Geschlossenheit gefunden, sich nur nach straßenrechtlichen und straßennutzerischen Gesichtspunkten zu orientieren. Eine gelegentliche Einführung von Art. 4 GG durch einzelne Gerichte, die in den Konsequenzen aber nicht hinreichend transparent ist, beeinflußt immer noch gelegentlich die Entscheidungsfindung.


Fußnoten:

[1] Vgl. hierzu im einzelne Scholz, NVwZ 1992, 1152.
[2] NJW 1983, 2574.
[3] GewArch 1988, 16.
[4] GewArch 1985, 336.
[5] GewArch 1986, 171.
[6] OLG Düsseldorf, NJW 1979, 68.
[7] AfP 1984, 233.
[8] GewArch 1984, 68.
[9] Mit gleichem Ergebnis wurde in ähnlichen Fällen vom VG München, GewArch 1984, 388, sowie vom VG Düsseldorf, GewArch 1984, 389 entschieden.
[10] NVwZ 1987, 335 = GewArch 1986, 389.
[11] GewArch 1987, 130 = BayVBl 1984, 275.
[12] GewArch 1984, 68.
[13] Vgl. Meier, GewArch 1984, 115.
[14] KirchE 24, 81.
[15] NJW 1986, 209 = GewArch 1985, 279.
[16] VG Hamburg, Urt. v. 14.10.1985 - 21 VG 1663/85.
[17] NJW 1986, 2841.
[18] NVwZ 1991, 195.
[19] Berlin, wo zusätzlich "andere öffentliche Interessen" einfließen dürfen.