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Die mit [xxx] markierten Stellen sind in der Kopie des Urteils durch einen schwarzen Edding unkenntlich gemacht. Nicht alle der so überzeichneten Passagen sind in dieser Fassung beibehalten: Schlüsselbegriffe wie Scientology Church oder CDU ließen sich ohne größere Schwierigkeiten rekonstruieren. Warum allerdings auch Namen wie die von Gründer Hubbard oder der Frontgruppe Narconon unkenntlich gemacht wurden, bleibt bis zur einer Antwort des Gericht unverstanden. Das gleiche gilt auch für das Ausstreichen der Aktenzeichen der in Sache vorhergegangenen Entscheidungen.
Da mir (Lars Bähren) inzwischen eine weitaus vollständigere Fassung des Verkündungsprotokolls zugesandt wurde, ist es möglich gewesen, die meisten der vormals unkenntlich gemachten Stellen einzufügen, was auch den Umfang der - teilweise vollkommen unverständlichen - Ausstreichungen in der mir vom Gericht zugesandten Fassung verdeutlicht. Zur besseren Transparenz sind die rekonstruierten Stellen und vormalig unkenntlich gemachten Stellen rot eingefärbt.
[ Schriftwechsel zwischen Lars Bähren und dem LG Bonn ]
7 O 55/97 | Anlage zum Verkündungsprotokoll vom 09. Juli 1997 Verkündet am 09. Juli 1997 Hau, Justizsekretär z.A. als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle |
In dem Rechtsstreit
des Herrn Paul A[xxx], Mechernich, Klägers zu 1),
des Herrn Dr. Thomas R[xxx], Wetzlar, Klägers zu 2),
der Frau Dagmarr R[xxx], Wetzlar, Klägerin zu 3),
- Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Lewalder und Partner
in Bonn -
g e g e n
die Christlich Demokratische Union Deutschlands, vertreten durch den Prateivorsitzenden Dr. Helmut Kohhl, [xxx], Bonn, Beklagte
hat die 7. Zivilkammer der Landgerichts Bonn auf die mündliche
Verhandlung vom 27.05.1997
durch
die Richterin am Landgericht Strötgen als Vorsitzende,
den Richter am Landgericht Pilger und
die Richterin Dörrstock
für Recht erkannt:
Der Kläger zu 1) war seit 1977 Mitglied der Beklagten. Er trat einige
Jahre später der "Scientology-Church" bei, in
der er 1991 den Vollkommenheitsgrad "clear" erreichte (die ursprünglich
höchste Scientology Vollkommenheitsstufe) und
später mindestens "OT 5" (Operierender Thetan, eine Art unsterbliche
Geistseele), wobei OT 8 derzeit der höchste erreichbare Grad ist (Bl. 73
ff). Er plante in seiner Heimatgemeinde den Bau eines Gebäudekomplexes mit
Wohnungen, einem Ärztehaus und einem Hotel. Diesbezüglich schrieb er
im September 1993 an die Leiterin eines Centers der "Scientology-Church" u.a.:
"Du siehst, wir haben eine Chance. Und eine Chance für die Regierung
wäre eben die Einsicht in das Erfordernis der Toleranz gegen alle anderen
Glaubensgemeinschaften, also nicht nur für die Christen, Juden, orthodoxe
Christen und Moslems, sondern auch für Scientology, der ethischsten Gruppe auf diesem Planeten.
Meine Absicht ist ausgerichtet auf volle Anerkennung durch die Regierung und
hundertprozentige, uneingeschränkte Hilfestellung finanzieller und
moralischer Arten für Narconon, um den
vielen hilfsbedürftigen Wesen zu helfen."
Da in der Bevölkerung der Eindruck entstand, der Kläger wolle den von ihm geplanten Gebäudekomplex als ein Narconon-Zentrum, ein Drogenhabilitationszentrum der Scientology-Church, nutzen, entstand hiergegen eine Bürgerinitiative. Es kam zu einer Pressekampagne, in der auch die Stellung des Klägers zu 1) als Scientologe und zugleich als Mitglieder der CDU erörtert wurde. Nachdem der Kläger zu 1) mitteilte, daß er Scientologe und dies seine persönliche Angelegenheit, er aber gerne zur Aufklärung von Mißverständnissen über Scientologen bereit sei, wurde ein Parteiausschlußverfahren eingeleitet. Am 02.12.1994 beschloß das Kreisparteigericht Euskirchen den Ausschluß des Klägers zu 1) aus der Beklagten. Diese Entscheidung wurde durch das Landes- und Bundesparteigericht der Beklagten bestätigt. In der Entscheidung mit dem Aktenzeichen CDU BPG 3/95 führte das Bundesparteigericht am 24.09.1996 im wesentlichen aus, daß eine Partei zur Wahrung ihres Meinungsprofils befugt sein muß, Gruppierungen mit fundamental anderen Auffassungen auszugrenzen. Die der Programmatik der Beklagten entgegenstehenden Grundüberzeugungen der Scientologen seien bereits in anderen Gerichtsentscheidungen und in Regierungsverlautbarungen festgestellt worden.
Die Kläger zu 2) und 3) sind ebenfalls Mitglieder der Scientology-Church. Sie sind sog. Patrons. Das sind Personen, die der Scientology Church jeweils mehr als 40.000,00 US-Dollar gespendet haben (Bl. 75 d.A.). Der Kläger zu 2) wirbt auch öffentlich für die Scientology Church (Bl. 75 d.A.). Die Kläger zu 2) und 3) waren bis zum Parteiausschuß Mitglieder der Beklagten im CDU-Stadtverband Wetzlar-Mitte. Darüber hinaus war die Klägerin zu 3) Beisitzerin im Vorstand der Frauenvereinigung der Beklagten. Der Kläger zu 2) war seit 1991 Vorsitzender des siebenköpfigen Vorstandes des CDU-Ortsverbandes Wetzlar-Mitte. Im Zuge einer Auseinandersetzung um die Mitgliedschaft des Kläger zu 2) zur Scientology Church traten fünf Vorstandsmitglieder zurück (Bl. 79 d.A.). Da die Kläger zu 2) und 3) nicht auf ihre Mitgliedschaft in der Scientology Church verzichten wollten, schloß das Kreisparteigericht sie mit Beschluß vom 16.07.1994, gestützt auf den Unvereinbarkeitsbeschluß des Bundesparteitages C 47, aus der Partei der Beklagten aus. Diese Entscheidung wurde vom Landes- und Bundesparteigericht bestätigt. Seine Entscheidung vom 24.09.1996 (Az.: CDU-BPG 1/96) begründete das Bundesparteigericht der Beklagten im wesentlichen wie die taggleiche Entscheidung zu dem Parteiausschluß des Klägers zu 1).
Die Kläger sind der Auffassung, daß die Zivilgerichte wegen der Bedeutung politischer Parteien bei der Verwirklichung der grundgesetzlich garantierten staatsbürgerlichen Teilhaberrechte eine Parteiausschlußentscheidung nicht lediglich anhand der Kriterien der "offenbaren Unrichtigkeit" oder "Willkür" überprüfen dürfen. Vielmehr müsse eine Parteiausschließung auf ihre sachliche Rechtfertigung hin kontrolliert werden. Wegen ihrer Verpflichtung zur Binnendemokratie nach Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG müsse sich ein Parteiausschluß überdies an den Grundrechten der Betroffenen als Konstitutionsprinzipien der "freiheitlich demokratischen Grundordnung" messen lassen (Bl. 15, 87 ff d.A.).
Die Kläger sind der Ansicht, ihr Parteiausschluß sei unwirksam.
Der Unvereinbarkeitsbeschluß C 47 konkretisiere keinen Parteigrundsatz
der Beklagten im Sinne der Ausschließungsregelung des § 10 Abs. 4
ParteiG i.V.m. § 11 der Statuten der Beklagten.
Unvereinbarkeitsbeschlüsse dürften nur zur Abgrenzung zum politischen
Gegner im Außenverhältnis gefaßt werden, nicht jedoch um
innerparteiliche Opposition auszuschließen. Letzteres verbiete der
Grundsatz der Binnendemokratie nach Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG. Daher
verstoße der Unvereinbarkeitsbeschluß C 47 gegen die Grundrechte
der Kläger, vorrangig der Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 GG und der
Meinungsäußerungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG und sei daher
nichtig. Die Verletzung der Religionsfreiheit ergebe sich daraus, daß
allein aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Scientology
Church eine Mitgliedschaft im Verband der Beklagten ausgeschlossen sei.
Auch würden die Mitglieder der Scientology
Church keine innerparteiliche Opposition darstellen, da keine den
Grundüberzeugungen der Beklagten entgegenstehenden Auffassungen vertreten
würden. Wenn aufgrund der von der Beklagten zitierten
Äußerungen des Gründers Hubbard und
anderer Scientology-Vertreter dieser Eindruck
entstehen sollte, so sei dieser unzutreffend. Zum einen hätte die
Beklagte zur Stützung ihrer Argumentation erklärte Scientology-Gegner zitiert. Überdies seien die
Zitate aus dem Zusammenhang gerissen. Die Texte der Scientology Church seien wie die Lehren anderer Kirchen
auch aufgrund der bilderhaften Sprache auslegungsbedürftig. Nach Auslegung
der von der Beklagten zitierten Texte im Sinne der Scientology Church bestehe kein Widerspruch in den
Grundüberzeugungen dieser Lehre und dem Programm der Beklagten (Bl. 89
ff., 93 ff. d.A.).
Überdies könne die Zugehörigkeit zur Scientology Church allein keinen für den Parteiausschluß erheblichen Verstoß gegen Grundsätze der Partei begründen. Ein solcher Verstoß setze Handeln und Auftreten gegen die Partei voraus. Sie, die Kläger, seien jedoch bis zu den Ausschließungsverfahren innerhalb der Partei der Beklagten nicht als Scientologen aufgetreten und hätten auch keine öffentliche Diskussion zu diesem Thema veranlaßt. Auch habe die Beklagte nicht dargelegt, daß die individuelle Geisteshaltung der Kläger gegen die Grundüberzeugung der Partei verstoße. Nicht allein aufgrund der Publikationen und offiziellen Äußerungen der Scientology Church könne auf individuelle Auffassungen der Kläger nicht geschloßen werden. Da die Kläger auch keine hohen Representanten der Scientology Church seien, lägen für eine solche Zurechnung keine Anhaltspunkte vor.
Auch sei der Beklagten durch die Mitgliedschaft der Kläger in der Scientology Church kein schwerer Schaden im Sinne des § 10 Abs. 4 ParteiG entstanden. Die intolerante Reaktion andere Parteimitglieder und der Öffentlichkeit auf das Bekanntwerden der Zugehöhrigkeit der Kläger zur Scientology Church könne nicht zur Begründung eines Schadens herangezogen werden. Da sie, die Kläger, diese Reaktion nicht herausgefordert hätten, könne ihnen das Verhalten Dritter nicht als parteischädigend zugerechnet werden (Bl. 30 d.A.).
Der Parteiauschluß aufgrund der Zugehörigkeit der Kläger zur Scientology Church sei auch unverhältnismäßig. Als mildere Maßnahme wäre die Diskussion in der Partei selbst in Betracht zu ziehen gewesen, unter Umständen verbunden mit dem Hinweis, daß die Kläger aufgrund ihrer Grundrechtsposition nicht aus dem Verband der Beklagten ausgeschlossen werden können (Bl. 31 d.A.).
Die Kläger beantragen feststellen,
- daß das Mitgliedschaftsverhältnis zwischen dem Kläger zu 1) und der Beklagten durch den Parteiausschlußbeschluß vom 02.12.1994 des Kreisparteigerichts Euskirchen nicht beendet wurde,
- daß das Mitgliedschaftsverhältnis zwischen den Klägern zu 2) und 3) und der Beklagten durch den Parteiausschlußbeschluß vom 16.07.1994 des Kreisparteigerichts Lahn-Dill nicht beendet wurde.
Die Beklagte beantragte,
die Klagen abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, ihre Parteiausschlußentscheidung dürfe zwar von den Gerichten überprüft werdem, aber nur unter Anerkennung der durch die Vereinsautonomie gezogenen Grenzen (Bl. 49 f. d.A.). Das Gericht dürfe in der Sache selbst nur überprüfen, ob die Beklagte in willkürlicher Weise auf der Basis der von ihr ermittelten Tatsachen das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Parteiausschluß nach § 10 Abs. 4 ParteiG angenommen habe. Diese geringe Kontrolldichte gelte auch bezüglich der im Unvereinbarkeitsbeschluß C 47 zum zum Ausdruck kommenden Einschätzung der Beklagten, daß in wesentlichen Teilbereichen Grundauffassung der Scientology Church und das Programm der Beklagten grundsätzlich verschieden seien. In diesem Kernbereich politisch-programmatischer Fragen bestehe zugunsten der Beklagten ein sehr weitgehender, gerichtlich nicht überprüfbarer Beurteilungsspielraum.
Die Beklagte ist der Meinung, der Unvereinbarkeitsbeschluß C 47 sei wirksam. Zum einen sei die Scientology Church eine politische Organisation, von der sich die Beklagte in der formgenommenen Form abgrenzen dürfe. Die politische Ausrichtung der Scientology Church ergebe sich aus derem erklärten Ziel, eine Gesellschaft nach ihrem Weltbild formen zu wollen. Zu diesem Zwecke wolle man bestehende Einrichtungen instrumentalisieren. Dies ergebe sich z.B. aus der Unterwanderungsanweisung des Gründers Hubbard (Bl 69 d.A.), deren Existenz sowie die der nachfolgenden Zitate (abgesehen von einzelnen abweichenden Übersetzungen des englischsprachigen Textes) zwischen den Parteien unstreitig ist:
"Noch ein weiteres Beispiel: Eine Nation oder ein Staat funktioniert aufgrund
der Fähigkeit seiner Minister, Gouverneure oder irgendwelcher anderer
Führungspersonen. Es ist leicht, in so einem Bereich Posten zu erhalten,
es sei denn, man leidet an Größenwahn oder fürchtet sich vor
einem solchen Posten. Machen sie sich nicht die Mühe, gewählt zu
werden. Verschaffen sie sich einen Posten als Mitarbeiter des Sekretariats oder
als Leibwächter: Nutzen sie jegliche Ihnen zur Verfügung stehenden
Talente, um eine Stellung in der Nähe solcher Personen zu bekommen, machen
sie sich daran, an der betreffenden Umgebung zu arbeiten und sie deshalb zum
Funktionieren zu bringen. ... Wir besitzen bereits einen gewichtigen
Einfluß in der Gesellschaft." (HCO-Bulletin
vom 23.06. AD 10, Spezialbereichsplan "Die Rolle der Scientologen im Leben", abgedruckt in Renate Hartwig, "Scientology Ich klage an!", S. 117).
"...Erobern Sie, egal wie, die Schlüsselpositionen, die Position als
Vorsitzende des Frauenverbandes, als Personalchef einer Firma, als Leiter
eines guten Orchesters, als Sekretärin eines Direktors, als Berater der
Gewerkschaft - irgendeine Schlüsselposition." (Hubbard
Kommunikationsbüro, HCO-Bulletin vom 10.06.1960,
wiederherausgegeben am 12.04.1983, Nr. 33 der Serie, abgedruckt in: Renate Hartwig, "Scientology Ich klage an!", S. 113).
Unanhängig von der politischen Ausrichtung der Scientology Church entsprächen deren Wertvorstellungen nicht denen der Beklagten. Auch zur Abgrenzung gegenüber der innerparteilischen Opposition dürften Unvereinbarkeitsbeschlüsse gefaßt werden. Zwar gebiete das Gebot der innerparteilischen Demokratie, Opposition zuzulassen. Dies gehe jedoch nur soweit, als nicht das Erscheinungsbild der Beklagten in Frage gestellt werden. Die offizielle Lehrmeinung der Scientology Church, so wie sie in Äußerungen und Publikationen führender Mitglieder dieser Organisation zum Ausdruck käme, sei mit den Grundwerten der Beklagten unvereinbar (Bl. 54 d.A.). Gegensätzliche Wertvorstellungen würden vorrangig im Bereich "Freie Entfaltung der Person/Toleranz" (Bl. 56 ff. d.A.) und dem Eintritt für sozial Schwache (Bl. 67 ff. d.A.) existieren.
In einem "HCO-Policy Letter" vom 05.01.1968 komme das Ziel einer totalen Disziplin der Scientology-Mitglider zum Ausdruck, die der freien Entfaltung der Persönlichkeit entgegenstände. Überdies solle nach einer Hubbard-Richtlinie vom 22.07.1982 das einzelne Mitglied der Kontrolle durch die anderen unterliegen. Zu diesem Zweck seien Wissensberichte anzufertigen:
"Es ist von größter Wichtigkeit, daß Wissensberichte geschrieben werden. ... Wenn sie etwas sehen, das die Expansion ihrer Organisation bedroht, oder wenn sie jemanden entdecken, der versucht den Fortschritt von Scientology zu behindern, dann berichten sie darüber ihrem lokalen Ethik-Offizier, damit die Angelegenheit von den verantwortlichen Personen untersucht werden kann. ... Es ist das Versäumnis der einzelnen Gruppenmitglieder, ihre Gefährten nicht zu kontrollieren, wodurch es für alle Gruppenmitglieder schwer wird, miteinander zu leben und zu arbeiten. ... Wenn diese Kontrolle vorhande ist und dieser Mißstand behoben wurde, wird es ein Vergnügen sein, der Gruppe anzugehöhren, und die Arbeit wird leicht von der Hand gehen. ... Und erhalten sie dafür eine wirkliche Gruppe, die gemeinsam ihre Umgebung kontrollieren kann und erfolgreich ist, weil ihre einzelnen Mitglieder helfen, sich gegenseitig zu kontrollieren." (Zitiert nach Tom Voltz, "Scientology und (k)ein Ende", 1995, Seite 45/275), (Bl. 57 d.A.).
Falsche Berichte sind entsprechend einer Anweisung vom 05.01.1968 strafbedroht:
- "Setzen sie auf Unordnung und falsche Berichte so harte Strafen, daß einem schlecht wird und achten sie darauf, daß sie erhoben werden.
- Machen sie die Untergebenen ausfindig und bestrafen sie diejenigen, die Befehle nicht ausführen oder nicht dahinter sind, daß Befehle ausgeführt werden.
- Entlassen sie jeden Untergebenen, der sich nicht auf seinem Gebiet um gute Arbeit bemüht... .
Man muß weit strengere Strafen haben und wesentlich krasser strafen, als daß es die Scientologen bis jetzt getan haben, damit eine Organisation funktioniert." (Bl. 57 f. d.A.).
Die Übersetzung des Textes durch die Kläger (Bl. 98 d.A.):
- Machen sie die Strafen für Nichtbefolgung (von Anweisungen) und falsche Berichte zu grausig, als daß man sie sich ansehen könnte und setzen Sie sie durch.
- Machen Sie die Untergebenen ausfindig und disziplinieren Sie jene, die Ihre Anweisungen nicht ausführen oder sie nicht ausgeführt bekommen und
- Entlassen sie jeden Untergebenen, der in seinem Bereich von sich aus nicht Ethik rein bekommt.")
Auch sei die Scientologische Lehre, nach Meinung der Beklagten, unabhängig vom Inhalt des Gedankengutes gegenüber Andersdenkenden nicht tolerant:
"Der Zweck von Ethik ist: Gegenabsichten aus der Umgebung zu entfernen. Nachdem das erreicht ist, wird der Zweck: Die Existenz anderer Absichten aus der Umgebung zu entfernen. Auf diesem Weg können wir alle Forschritte machen." (HCO-Richtlinienbrief vom 18.06.1968).
Sozial Schwache würden nach dem scientologischen Weltbild an den Rand der Gesellschaft gedrängt:
Die Planung für Scientology ist so angelegt, daß die Fähigen fähiger gemacht werden, während die Unfähigen vorerst sich selbst überlassen bleiben, bis wir die richtigen Anstalten für sie gebaut haben. Wenn wir das machen, wachsen wir. Wenn wir, wie das einige unkluge Leute tun, uns die Unfähigen, die Hilflosen und die Zurückgebliebenen aufhalsen, werden wir nicht in der Lage sein, schnell genug hoch zu kommen." ("FMS News Letter" (1992) 3., zitiert nach Werner Thiede, "Scientology - der geistesmagische Konzern", B41-42, S. 28), (Bl. 67 d.A.).
Die Auslegung dieser Zitate durch die Kläger selbst könne den objektiv gegebenen Eindruck nicht erschüttern und würden den Äußerungen nicht die Schärfe nehmen. Allein aufgrund der objektiven Wirkung dieser Zitate dürfe die Beklagte von gegensätzlichen Grundüberzeugungen ausgehen. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, vor Einleitung des parteiinternen Ausschließungsverfahrens Ermittlungen dazu anzustellen, ob dieses Bild, das aufgrund dieser Äußerungen der Öffentlichkeit in Bezug auf die Scientology Church vermittelt werde, auch den tatsächlichen Gegebenheiten entspreche. Maßgeblich für die Abgrenzung einer Partei gegenüber einer anderen Gruppe sei allein deren Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit (Bl. 73 d.A.).
Der Unvereinbarkeitbeschluß C 47 stelle auch keine religiöse Diskriminierung der Kläger dar. Unabhängig davon, daß die Beklagte die Scientology Church aufgrund ihrer kommerziellen Ausrichtung nicht als Religion anerkenne, beruhe der Unvereinbarkeitsbeschluß auf den unterschiedlichen Wertvorstellungen, unabhängig davon, ob sie ein religiöses Gepräge aufwiesen (Bl. 80 d.A.).
Auch führe der Unvereinbarkeitsbeschluß zu keinem Verstoß gegen das Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG. Eine Partei als künstliches Subjekt schaffe sich durch bestimmte Meinungen eine Indentität. Die Verpflichtung des einzelnen Mitgliedes, das Parteiprogramm auch nach außen zu vertreten, sei identitätserhaltend. Nehme ein Mitglied von den Grundüberzeugungen abweichende Positionen ein, so würden der Meinungsfreiheit des einzelnen voranstehende schützenswerte Interessen der Partei an dem Erhalt ihres Meinungsprofils verletzt. In solchen Fällen sein es gerechtfertigt, diese Meinung aus der Partei auszugrenzen.
Da die Kläger bekennende Scientologen seien, müßten sie sich die offiziellen Äußerungen der Scientology Church zurechnen lassen. Die innere Struktur der Scientology Church lasse harmlose Mitläfer nicht zu (Bl. 60 d.A.). Diese Schlußfolgerung dürfe schon aus der aktuellen Beitrittserklärung zur "International Association of Scientologists" von 1994 gezogen werden, die von jedem Mitglied durch Unterzeichnung folgendes Bekenntnis abverlange (Bl. 63 d.A.):
"Ich unterstütze die Zerschlagung (die Kläger übersetzen das englische Wort "dismantling" mit Demontage, Bl. 105 d.A.) aller Gruppen oder Organisationen, die den Zweck verfolgen, die Anwendung der Scientology-Technologie und Freiheit für die Menschheit zu verhindern."
Auch sein der Beklagten durch die Zugehöhrigkeit der Kläger zur Scientology-Church schwerer Schaden im Sinne des § 10 Abs. 4 ParteiG entstanden. Unter Schaden im Sinne der vorgenannten Vorschrift würden auch immaterielle politische Nachteile wie der Verlust an Vertrauenswürdigkeit, Ansehen und Wahlchancen verstanden (Bl. 77 d.A.). Die Mitgliedschaft der Kläger in der Scientology Church habe auf lokaler Ebene zu heftigen öffentlichen Kontroversen geführt. Im Falle des Klägers zu 1) habe dies zu Wahlkampfzeiten stattgefunden und zu Attacken seiten des politischen Gegners geführt (Bl. 78 d.A.), im Falle der Kläger zu 2) und 3) sei es zu Niederlegungen von Parteiämtern durch andere Mitglieder der Beklagten gekommen (Bl. 79 d.A.).
Auch seien die Kläger im Interesse ihrer Parteizugehörigkeit nicht bereit gewesen, von scientologischem Gedankengut Abstand zu nehmen. Daher seien die Parteiausschlüsse alleiniges Mittel zur Wiederherstellung der Geschlossenheit auf Ortebene und zur Beendigung der parteischädigenden Diskussionen gewesen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die zulässigen Feststellungsklagen sind unbegründet.
Der von den Klägern begehrten Feststellungen, daß sie noch Mitglieder der beklagten Christlich Demokratischen Union Deutschlands sind, konnte nicht entsprochen werden.
Die Entscheidungen des Bundesgerichts der Beklagten vom 24.09.1996 in dem Verfahren des klägers zu 1) (Az.: CDU-BPG 3/95) und in den Verfahren der Kläger zu 2) und 3) (Az.: CDU-BPG 1/96) sind nicht fehlerhaft.
Die kläger wurden durch diese Parteigerichtsentscheidungen aus der beklagten CDU ausgeschlossen.
1) Der Überprüfung durch das Gericht unterlagen nur die Entscheidungen des Bundesparteigerichts der Beklagten vom 24.09.1996.
Die zeitlich vorgelagerten Entscheidungen der Kreis- und Landesparteigerichte sowie die Entscheidungen des Bundesparteigerichts sind den staatlichen Gerichten gegenüber als Einheit anzusehen. Von einem staatlichen Gericht sind daher nur die den innerparteilichen Instanzenzug abschließenden Entscheidungen zu überprüfen.
2) In grundsätzlicher Anerkennung der Vereinsautonomie muß das Gericht bei der Kontrolle der Entscheidungen des Bundesparteigerichts über die Parteiausschlüsse der Kläger gewisse Grenzen einhalten.
a) Das Gericht durfte uneingeschränkt nachprüfen, ob die
Tatsachen, die den Ausschließungsentscheidungen zugrundegelegt
wurden, bei objektiver und an rechtsstaatlichen Grundsätzen
ausgerichteter Tatsachenermittlung zutreffend festgestellt worden sind
(BGH NJW 1984, 918 ff).
Im übrigen durfte in formeller Hinsicht nur geprüft werden, ob
für die Ausschließungsentscheidung eine
Ermächtigungsgrundlage vorliegt, ob das satzungsmäßig
vorgeschriebene Verfahren beachtet wurde und sonst keine Gesetzes- und
Satzungsverstöße vorgekommen sind.
Diese formellen Voraussetzungen sind unstreitig gegeben.
b) In grundsätzlicher Anerkennung der Vereinsautonomie hat das Gericht
in der Sache selbst seine Prüfung auf eine Willkürkontrolle
beschränkt (BGH NJW 1994, 2610, 2611). Eine darüber hinausgehende
Kontrollkompetenz staatlicher Gerichte anhand des Kriteriums der
Sachlichkeit hält das Gericht nicht für gegeben.
Zwar ist höchstrichterlich entschieden, daß bei der
gerichtlichen Nachprüfung einer Ausschlußentscheidung aus
Monopolverbänden und Vereinigungen mit einer überragenden
Machtstellung im wirtschaftlichen und sozialen Bereich keine geringeren
Anforderungen gestellt werden dürfen, als bei dem Recht, einen
Aufnahmeantrag abzulehnen. Dort wo ein Aufnahmezwang bestehe, müsse
der Ausschluß durch sachliche Gründe gerechtfertigt, dürfe
also nicht unbillig sein (BGH NJW 1988, 552, 555).
Diese auch für Gewerkschaftsausschlüsse geltende
höchstrichterliche Rechtsprechung kann nach Auffassung des Gerichts
nicht auf den Ausschluß aus politischen Parteien erstreckt werden.
Diese Wertung ergibt sich nicht schon allein aus dem fehlenden
Aufnahmezwang für eine Partei, Nach § 10 Abs. 1 ParteiG sind
Parteien in ihrer Entscheidung frei, ob sie einen Mitgliedschaftsbewerber
aufnehmen wollen. Der fehlende Aufnahmezwang bedingt jedoch nicht
zwangsläufig eine gleichweit gehende Entscheidnungskompetenz der
Parteien beim Ausschluß von Mitgliedern. Dies ergibt sich aus einem
Vergleich der § 10 Abs. 1 ParteiG und § 10 Abs. 4 ParteiG. EIne
Ausschließungsentscheidung ist nach § 10 Abs. 4 ParteiG nur
unter engeren Voraussetzungen gerechtfertigt. Insoweit steht auch nicht
der fehlende Aufnahmezwang einer Überprüfung der
Ausschließungsentscheidung durch staatliche Gerichte anhand des
Kriteriums der sachlichen Rechtfertigung entgegen.
Entscheident für die Beschränkung der Nachprüfung der
Ausschließungsentscheidung auf eine Willkürkontrolle war die
grundsätzliche Konzeption der Parteiendemokratie, so wie sie sich aus
Art. 21 Abs. 1 GG und § 1 ParteiG ergibt. Danach sollen Parteien als
Privatvereine in einem weitestgehend staatsfreien Raum Meinungen in der
Gesellschaft bündeln und die von ihnen repräsentierten Meinungen
über Wahlen in den staatlichen Sektor einbringen. In Anerkennung
dieses staatsfreien Raums der Meinungsbildung und -bündelung
muß es auch den staatlichen Gericht verwehrt sein, auf diesen
Prozeß durch eine weitgehende, an dem Kriterium der sachlichen
Rechtfertigung ausgerichteten Kontrolle von
Parteiausschlußentscheidungen Einfluß zu nehmen.
Eine andere Entscheidung läßt sich auch nicht durch die
Erwägung rechtfertigen, der einzelne Bürger könne seinen
Anspruch auf Mitwirkung bei der Gestaltung der öffentlichen
Angelegenheiten in der Praxis wirksam nur auf dem Wege einer
Mitgliedschaft in einer der etablierten Parteien verwirklichen. Angesichts
der eingetretenen Verfestigung des Parteiensystems führe das
grundgesetzlich garantierte Recht zur Gründung neuer Parteien nicht zu
dem erwünschten tatsächlichen Erfolg. Daher seien die Parteien
verpflichtet, auch Mitglieder mit abweichender Grundhaltung zu dulden. Das
Problem einer offensichtlichen Abweichung der Verfassungswirklichkeit von
der sich aus dem Grundgesetz ergebenden Konzeption einer Parteiendemokratie
ist allgemein bekannt. Die Parteien nehmen im gesellschaftlichen und
staatlichen Bereich eine Machtstellung ein, die so nicht der Vorstellung
der Verfassungsgesetzgebers entspricht.
Dennoch ist es den staatliche Gerichten wegen des Grundsatzes der
Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 3 GG) verwehrt, anstelle des Gesetzgebers zu
handeln. Würde man den Parteien durch gerichtliche Entscheidungen
Mitglieder aufdrängen, die nicht deren Grundüberzeugung teilen,
so würde man den Parteien das ihnen nach dem Grundgesetz wesentliche,
die Parteilichkeit, und nicht parteikonformen Mitgliedern, entgegen der
grundgesetzlichen Wunschvorstellung, die Motivation zu
Parteineugründungen nehmen.
c) Bei der Willkürkontrolle waren aufgrund der Verpflichtung der Beklagten zur Binnendemokratie (Art 21 Abs 1 S. 3 GG) die Grundrechtspositionen der Kläger zu berücksichtigen, die selbst demokratische Aussagen enthalten. Insbesondere gilt dies für das Recht eines Parteimitgliedesauf freie Meinungsäußerung und innerparteiliche Opposition sowie Religionsfreiheit. Unabhängig davon, ob die Grundrechte im Verhältnis der Kläger zu der Beklagten unmittelbar oder mittelbar wirkten, unterliegt ihre Ausübung jedoch den Grenzen, die die Aufgabenerfüllung der Parteien als Kanalisierungsintrument politischer Willensbildung erfordert (BK-Henke, Art. 21 GG Rz. 268).
3) Die Entscheidungen des Bundesparteigerichts vom 24.09.1996 sind nicht willkürlich. Wegen des Unvereinbarkeitsbeschlusses C-47 der Beklagten verstießen die Kläger aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Scientology-Church erheblich gegen die Grundsätze der Beklagten und fügten ihr damit wegen der inner- und außerparteilichen Auseinandersetzung auf Ortebene schweren Schaden zu (§ 10 Abs. 4 ParteiG in Verbindung mit § 11 der Statuten der CDU).
a) Der Beschluß des Bundesparteitages der Beklagten in Dresden am 17.12.1991: "Die Mitgliedschaft in der Scientology Church (Sekte) ist mit der CDU-Mitgliedschaft unvereinbar" (sog. C-47 Beschluß) konkretisiert einen Grundsatz der Beklagten im Sinne des § 10 Abs. 4 ParteiG i.V.m. § 11 der Statuten.
Nach allgemeinem Sprachempfinden ergibt sich aus der gesetzlichen Wortwahl
"Grundsatz", daß damit nicht aktuelle tagespolitische Beschlüsse
einer Partei gemeint sein können. Vielmehr beinhaltet eine
Grundsatzentscheidung eine längerfristige, grundlegend programmatische
Aussage.
Nach der Auffassung der Kläger können
Bundesparteitagsbeschlüsse wegen der Vielzahl der Anträge und
zeitlich eingeschränkten Diskussionsmöglichkeiten lediglich
aktuelle tagespolitische Momentaufnahmen darstellen. Daher sei auch der
Unvereinbarkeitsbeschluß der Beklagten keine Grundsatzentscheidung.
Dieser Auffassung steht jedoch entgegen, daß es maßgeblich von
der Willensausrichtung der Partei selbst abhängt, ob einem
Parteitagsbeschluß eine grundsätzliche Aussage beizumessen ist.
Die Beklagte versteht den C-47 Beschluß als Grundsatzentscheidung.
Als weiteres objektives Kriterium für die Qualifizierung der
Unvereinbarkeitsbeschlusses als Grundsatz der Partei tritt hinzu, daß
es sich um eine Entscheidung des Bundesparteitages handelt. Nach den
§§ 27, 28 der Statuten der Beklagten ist der Bundesparteitag als
Deligiertenversammlung der Parteibasis Organ der Bundespartei, das in
alleiniger zuständigkeit die Grundlinien der CDU
beschließt.
b) Der Unvereinbarkeitsbeschluß des Bundesparteitages der Beklagten ist nicht willkürlich und verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen die Verpflichtung der Beklagten zu Binnendemokratie, Art. 21 Abs 1 S. 3 GG.
In der Parteiendemokratie der BRD nehmen Parteien eine Doppelstellung ein. Auf der einen Seite sind sie private Vereinigung, die im außerstaatlichen Bereich den poilitischen Willen vorformen. Andererseits sind sie eine Institution des Verfassungslebens, die durch die Teilnahme an Wahlen und durch Teilhabe an der Staatswillensbildung - als Regierungs- wie als Oppositionspartei - den außerstaatlich vorgeformten politischen Willen in den staatlichen Bereich einbringen.
Aus dieser Doppelstellung ergibt sich ein verfassungsimmannentes Spannungsverhältnis zwischen dem Prinzip der Parteienfreiheit und der hieraus folgenden Selbstbestimmung der Parteien bei der Ausgestaltung ihrer inneren Ordnung einerseits, andererseits aus dem der Stellung der Partei als Institution des Verfassungslebens folgenden Erfordernis einer Einbindung in die Strukturen demokratischer politischer Willensbildung. Innerparteiliche Demokratie bedeutet dabei im engeren Sinne: Willensbildung "von unten nach oben", Recht der Mitglieder auf Mitwirkung, freie Meinungsäußerung (auch ihrer religiösen Auffassung) und innerparteiliche Opposition. Aufgrund des Gebotes der Binnendemokratie kann sich ein Mitglied somit gegenüber der Partei auf die Grundrechtspositionen berufen, die selbst demokratische Aussagen enthalten.
Diesem aus dem Gebot der Binnendemokratie folgenden Anspruch an die politische Partei nach einer demokratischen Grundsätzen entsprechenden Ordnung korreliert jedoch der Anspruch an das Mitglied, die materiellen Grundlagen der Partei anzuerkennen und nicht gegen sich zu verstoßen. Für die innere Ordnung einer Partei ist zu berücksichtigen, daß sie innerhalb des im Gesamtstaat zulässigen Spektrums politischer Programme nur eines vertritt und dieses geschlossen vertreten muß, um Erfolg zu haben. Andererseits muß die Partei zur freifließenden Meinungsbildung der Gesellschaft hin offen sein, um auch auf sie einzuwirken und sie in sich aufzunehmen (Henke, in: BK, Art. 21 GG, Rn. 275 und 278).
In diesem Widerstreit zwischen Offenheit und Geschlossenheit als zwei Aspekte der politischen Freiheit (Henke a.a.O.) ist die von der Beklagten beschlossene Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft in der Scientology Church einerseits und der CDU andererseits nicht willkürlich.
aa) Die Einschätzung der Beklagten, daß das Selbstverständnis der Scientology Church, so wie es objektiv in deren programmatischen Grundsätzen und Publikationen seinen Niederschlag findet, zu den Grundüberzeugungen der Beklagten im Widerspruch steht, ist vertretbar.
Zum einen ist es nachvollziehbar, daß die Beklagte diese Bewertung auf allgemein zugänglichen Quellen, wie andere Gerichtsentscheidungen, Regierungsverlautbarungen und Gutachten Dritter stützt.
Unabhängig von diesen Sekundärquellen, die die Kläger als tendenziös kritisieren, läßt sich die Entscheidung der Beklagten willkürfrei auf Publikationen des Gründers Hubbard und anderer offizieller Vertreter der Scientology Church stützen. Zwar bezog sich die Beklagte im parteiinternen Ausschließungsverfahren nicht auf die Interpretation dieser Quellen. Das Gericht war jedoch nicht gehindert, die Willkürkontrolle auf der Basis dieses neuen Tatsachenvortrags durchzuführen. Denn insoweit wurde kein neuer Ausschließungsgrund begründet, sondern dieser Tatsachenvortrag diente lediglich der Untermauerung des Parteiausschlusses wegen Mitgliedschaft der Kläger in der Scientology Church (vgl. BGH NJW 1967, 1657, 1659).
Nach dem objektiven Erklärunggehalt der offiziellen Äußerungen der Scientology Church besteht zwischen ihrer Programmatik und der der Beklagten sei für das Gericht nachvollziehbarer Widerspruch. Examplarisch gilt dies für folgende Programmpunkte der Beklagten:
Nach den Ziffern 5 und 13 des Grundsatzprogramm der Beklagten tritt sie für das Recht des Einzelnen auf freie Entfaltung seiner Person sowie Toleranz ein.
Im Gegensatz zu dieser Programmatik der freien Entfaltung des Einzelnen steht die von der Scientology Church geforderte Disziplin, so wie sie in dem "HCO-Policy-Letter" vom 05.01.1968 objektiv zum Ausdruck kommt: "Da Scientology die totale Freiheit bringt, muß sie auch die Macht und Autorität haben, totale Disziplin zu fordern, oder sie wird nicht überleben."
Überdies unterliegt das einzelne Mitglied nach dem objektiven Erklärungsgehalt der Äußerungen des Gründers Hubbard zur Durchsetzung der scientologischen Lehre der Kontrolle durch die anderen Mitglieder. Zu diesem Zweck sollen Wissensberichte geschrieben werden. Nach einer Anweisung vom 05.01.1968 sind falsche Berichte strafbewehrt:
"Es ist von größter Wichtigkeit, daß Wissensberichte geschrieben werden. ... Wenn sie etwas sehen, das die Expansion ihrer Organisation bedroht, oder wenn sie jemanden entdecken, der versucht den Fortschritt von Scientology zu behindern, dann berichten sie darüber ihrem lokalen Ethik-Offizier, damit die Angelegenheit von den verantwortlichen Personen untersucht werden kann. ... Es ist das Versäumnis der einzelnen Gruppenmitglieder, ihre Gefährten nicht zu kontrollieren, wodurch es für alle Gruppenmitglieder schwer wird, miteinander zu leben und zu arbeiten. ... Wenn diese Kontrolle vorhande ist und dieser Mißstand behoben wurde, wird es ein Vergnügen sein, der Gruppe anzugehöhren, und die Arbeit wird leicht von der Hand gehen. ... Und erhalten sie dafür eine wirkliche Gruppe, die gemeinsam ihre Umgebung kontrollieren kann und erfolgreich ist, weil ihre einzelnen Mitglieder helfen, sich gegenseitig zu kontrollieren." (Hubbard-Richtlinie von 22.07.1982, zitiert nach Tom Voltz, "Scientology und (k)ein Ende", 1995, Seite 45/275).
Weiter ist nach dem objektiven Erklärungsgehalt einer HCO-Richtlinie vom 18.06.1968 Meinungspluralismus und Toleranz gegenüber Andersdenkenden nicht erklärtes Ziel der Scientology Church: "Der Zweck von Ethik ist: Die Gegenabsichten aus der Umgebung zu entfernen. Nachdem das erreicht ist, wird der Zweck: Die Existenz anderer Absichten aus der Umgebung zu entfernen. Auf diesem Weg können wir alle Fortschritte machen."
Nach Ziffer 115 ihres Grundsatzprogramms bekennt sich die Beklagte zum Sozialstaatsgebot: "Soziale Gerechtigkeit hat sich insbesondere gegenüber Schwachen zu bewähren."
Dagegen sieht das Programm der Scientolgy Church nach Äußerung ihre Gründers Hubbard eine Abdrängung der sozial Schwachen wegen Nutzlosigkeit zur Erreichung scientologischer Ziele an den Rand der Gesellschaft vor: "Die Planung für Scientology ist so angelegt, daß die Fähigen fähiger gemacht werden, während die Unfähigen vorerst sich selbst überlassen bleiben, bis wir richtige Anstalten für sie gebaut haben. Wenn wir das machen, wachsen wir. Wenn wir, wie das einige unkluge Leute tun, uns die Unfähigen, die Hilflosen und die Zurückgebliebenen aufhalsen, werden wir nicht in der Lage sein, schnell genug hoch genug voranzuschreiten" ("FMS News Letter", (1993) 3., zitiert in Werner Thiede, "Scientology - der geistesmagische Konzern", "Aus Politik und Zeitgeschichte", B 41-42, Seite 28).
Die Ausschließungsentscheidungen der Beklagten sind auch unter dem Aspekt der von der Scientology Church verwendeten Sprach nachvollziehbar. Für die Texte, die erst vor einigen Jahrzehnten entstanden sind, verwendet der dem westlichen Kulturkreis angehörende Gründer Hubbard teilweise eine sehr aggressive und Gewaltbereitschaft indizierende Sprache. Dies ergibt sich exemplarisch aus solchen Begriffen wie "Gegenabsichten entfernen", Demontage oder "Zerschlagung" andersgesinnter Gruppen, "Feinde in der Dunkelheit dumpf aufs Straßenpflaster klatschen" oder "ganze feindliche Lager als Geburtstagsüberraschung in riesigen Flammen aufgehen".
Zur Feststellung der Widersprüchlichkeit der Grundauffassungen durfte
sich die Beklagte auf den objektiven Erklärungsgehalt der Publikationen
und Äußerungen der Vertreter der Scientology
Church stützen. Damit überschritt die Beklagte nicht ihren
Beurteilungsspielraum in politisch-programmatischen Fragen.
Entgegen der Auffassung der Kläger mußte die Beklagte ihrer
Entscheidung nicht die von der Scientology Church
vorgenommene Auslegung der von der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit
zitierten Äußerungen des Gründers Hubbard zugrundelegen. Für die Beklagte war nicht
überpfüfbar, ob die auf gegensätzliche Interessenlagen
beruhende Eigendarstellung der Scientology Church
oder ob die Negativ-Beurteilung der Scientology
Organisation durch die Medien realitätsnah sind.
Objektive Beurteilungsgrundlagen waren folglich einzig und allein die Publikationen der Scientology Church mit der Erklärungsbedeutung, wie sie ein objektiv handelndes, durchschnittlich orientiertes Parteimitglied verstehen durfte. Wenn erst nach Auslegung der Texte im Sinne der Scientolgy-Lehre diesen die objektiv gegebene Schärfe genommen werden kann, so gehen diese Auslegungsschwierigkeiten zu Lasten der Kläger.
bb) Wegen objektiv grundlegend andere Auffassungen in zentralen Punkten der Beklagten verstößt der Unvereinbarkeitsbeschluß C-47 auch nicht gegen die Grundrechte der Kläger. Dies gilt selbst dann, wenn die Grundrechte eines Parteimitgliedes über das Gebot der Binnendemokratie aus Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG unmittelbar im Verhältnis zur Partei selbst Anwendung finden sollten.
(1) Zwar wird durch den Parteiausschluß der Kläger in deren
Grundrecht auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG
eingegriffen. Dieses Grundrecht steht jedoch nach Art. 5 Abs. 2 GG unter
dem Vorbehalt der Einschränkung durch allgemeine Gesetze. Allgemeine
Gesetze sind solche, die nicht eine Meinung als solche verbieten, sondern
die unabhängig von einer bestimmten Meinung dem Schutz von
Rechtsgütern und Gemeinschaftswerten dienen, die gegenüber der
Betätigung der Meinungsfreiheit Vorrang haben. § 10 Abs. ParteiG
(und der inhaltsgleiche § 11 der Satzung der Beklagten) ist ein
allgemeines Gesetz im Sinne von Art. 5 Abs. 2 GG. Diese gesetzliche
Bestimmung ist nicht darauf ausgelegt, eine bestimmte Meinung zu
verbieten. Sie dient dem Erhalt der Funktionsfähigkeit einer Partei
durch den Schutz der Grundlagen und Programme.
Nach Abwägung der Meinungsfreiheit einerseits und dem Erhalt der
Funktionsfähigkeit der Beklagten andererseits gebührt dem
Interesse der Beklagten der Vorrang. Zwar sind beide der hier
gegenüberstehenden Interessen wesentlich für die demokratische
Ausgestaltung des Gemeinswesens. Die Parteien selbst sind jedoch durch
funktionierende Meinungsbündelung unerläßliche
Voraussetzung für die Bewältigung einer Massendemokratie. Da eine
Partei nicht ein Spektrum für alle Bürger bilden will und kann,
sondern zentrale Grundaussagen vertritt, darf sie innerparteiliche Opposition
gegen diese Grundüberzeugung ausschließen, ohne daß sie
das Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit der davon Betroffenen
nach Art. 5 Abs. 1 GG in rechtswidriger Weise verletzt.
Die Abgrenzung zur innerparteilichen Opposition darf auch mittels eines
summarischen Unvereinbarkeitsbeschlusses erfolgen. Aufgrund eines solchen
Beschlusses kommt es nicht automatisch zum Parteiausschluß des davon
betroffenen Parteimitgliedes. Vielmehr hat eine anhand der Kritierien des
§ 10 Abs. 4 ParteiG vorzunehmende Einzelfallentscheidung zu erfolgen.
(2) Weiter liegt kein verfassungswidriger Verstoß gegen die
Religionsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG vor.
Auch wenn die Scientology Church entgegen der
Auffassung der Beklagten eine Religion im Sinne des grundrechtlichen
Freiheitsrechts darstellen sollte, werden die Kläger durch den
Unvereinbarkeitsbeschluß nicht in verfassungswidriger Weise in ihrer
Religionsfreiheit verletzt.
Die Religionsfreiheit kann nur durch solche Gestze eingeschränkt werden,
die dem Schutz mit Verfassungsrang ausgestatteter Rechtswerte dienen. Das
Demokratieprinzip und die Ausgestaltung als Parteiendemokratie haben nach den
Art. 20 Abs. 1, 21 Abs. 1 GG Verfassungsrang. Einfachgesetzlichen Schutz
erfahren sie durch § 10 Abs. 4 ParteiG, der es den Parteien gestattet,
diejenigen aus ihrer Organisation auszuschließen, die sich mit ihren
wesentlichen Zielen nicht identifizieren können. Wie oben bereits
ausgeführt, ermittelte die Beklagte in willkürfreier Weise eine
grundsätzliche Widersprüchlichkeit der Programmatik der Scientology Church und der Partei der CDU. Gerade wegen dieser anderen Geisteshaltung,
unabhängig davon, ob sie religiös motiviert ist, wurde der
Unvereinbarkeitsbeschluß gefaßt. Das Recht der Beklagten, das
Spektrum der von ihr repräsentierten Meinungen zu bestimmen, um die
Aufgaben der Massendemokratie zu bewältigen, genießt Vorrang vor
dem Grundrecht der Kläger. Denn durch den Parteiausschluß wird den
Klägern diese Grundrechtausübung nicht unmöglich gemacht, da
ihnen die Alternative einer Parteineugründung verbleibt.
(3) Unabhängig davon, ob die Vorschriften der Europäischen Menschenrechtskonvention und des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte verletzt sind, können die Kläger sich nicht unmittelbar im Verhältnis zur Beklagten auf diese Rechtsposition berufen. Sie entfalten lediglich Ansprüche gegen den Staat, nicht jedoch gegenüber Privatpersonen.
c) Nach willkürfreier Bewertung durch die Beklagten verstießen die Kläger wegen ihres Beharrens auf Mitgliedschaft zur Scientology Church erheblich gegen die Grundsätze der Partei.
Das aus den offiziellen Publikationen der Scientology
Church zu entnehmende Gedankengut müssen sich die Kläger
individuell zurechnen lassen. Die Beitrittserklärung der "International Association of Scientologists" verpflichtet
alle Mitglieder, kompromißlos für die Ziele der Scientology Church einzustehen. Durch diese
Beitrittserklärung, sowie die nicht unerhebliche Unterstützung der
Scientology Church durch die Kläger zu 2) und
3) und durch das Streben des klägers zu 1) nach Vollkommenheitsgraden der
Scientology brachten die Kläger ihre
Übereinstimmung mit deren Zielen zum Ausdruck.
Für die Annahme eines schweren Verstoßes ist die Identifikation
der Kläger mit den Zielen der Scientology Church
ausreichend, ohne daß offensichtliches Handeln gegen die Partei der
Beklagten erforderlich war. Die Wertung ergibt sich aus der Gefahr,
daß die von Hubbard propagierte
Unterwanderung von Institutionen auch gegenüber der Beklagten
realisiert werden würde. Es liegt nahezu im Wesen dieser
Unterwanderungstaktik, daß möglichst viele Scientologen auch in Parteien eintreten und sich dort
im Rahmen der alltäglichen Parteiarbeit für die Ziele ihrer
Organisation einsetzen, ohne sich schon durch ihre Stellung, ihr Auftreten
in der Öffentlichkeit oder auf andere Weise als Scientologen zu erkennen zu geben.
Durch das Verhalten der Kläger ist der Beklagten auf Ortsebene ein schwerer Schaden entstanden.
Der Schadensbegriff in § 10 Abs 4 ParteiG ist nichts als materielle Einbuße im Sinne des Zivilrechts zu verstehen. Bei einer politischen Partei bedeutet eine Schädigung vor allem den Verlust an Glaubwürdigkeit in der Öffentlichkeit, eine Minderung von Ansehen und Wahlchancen (BGH NJW 1994, 2610, 2612).
Es ist nicht ersichtlich, daß die Beklagte durch die Mitgliedschaft der Kläger zur Scientology Church willkürlich einen Schaden für ihre Partei angenommen hat.
Im Verhältnis zum Kläger zu 1), der nicht Mandatsträger in der Partei der Beklagten war, führte das Bekanntwerden seiner Mitgliedschaft zur Scientology Church zu einem Glaubwürdigkeitsverlust der Beklagten auf Ortebene. Zum einen enstand eine Bürgerinitiative, des weiteren war die Mitgliedschaft der Klägers zu 1) in der Scientology Organisation Thema des zu dieser Zeit stattfindenden Kommunalwahlkanpfes.
Die schwere Schädigung durch die Kläger zu 2) und zu 3) ergab sich daraus, daß sie als Mandatsträger der Partei nach dem Bekannwerden ihrer Mitgliedschaft in der Scientology Church nicht mehr glaubwürdig das Programm der Beklagten nach außen vertreten konnten. Überdies wurde dieser Umstand von fünf weiteren Mandatsträgern der Beklagte zum Anlaß genommen, ihr Amt niederzulegen.
Dieses Verhalten Dritter müssen sich die Kläger auch als Schädigung der Partei zurechnen lassen, da es durch das Gedankengut der Scientology Church ausgelöst wurde. Wegen der sich aus den Publikationen der Scientolgy Church objektiv ergebenden Geisteshaltung empfinden Teile der Bevölkerung eine Bedrohung durch diese Organisation, die vorliegend zu derartigen Gegenreaktionen führte.
e) Die Parteiausschließungen der Kläger waren verhältnismäßig. Nach nachvollziehbarer Einschätzung der Beklagten stehen Grundpositionen der Scientology Church und der Beklagten in krassem Gegensatz. Die Kläger zeigten nicht die Bereitschaft, auch nach entsprechender innerparteilicher Diskussion von den Lehren der Scientology Church Anstand zu nehmen. Daher gab es für die Ortsverbände der Beklagten zur Wiederherstellung ihrer Geschlossenheit und Wiedererlangung der politischen Glaubwürdigkeit nur die Möglichkeit, die Kläger aus der Partei auszuschließen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, Abs. 1 und 709 ZPO.
Streitwert: 60.000,00 DM (§§ 3, 5, ZPO, 12 Abs. 2 GKG).
Strötgen zugleich für den durch den Urlaub an der Unterschrift ver- hinderten RLG Pilger |
Pilger | Dörrstock |