Zwischenbericht der Arbeitsgruppe Scientology über die Aktivitäten der Scientology-Organisation


Anlaß der Ersuchen und Einleitung

Die Aktivitäten der Scientology-Organisation haben immer wieder die Öffentlichkeit beschäftigt und beunruhigt. Seit Anfang der 80iger Jahre waren Einzelschicksale und die eventuell von der Organisation ausgehenden Gefahren, Gegenstand der Berichterstattung in Presse, Funk und Fernsehen. Dies drückte sich auch durch vereinzelte Anfragen in der Hamburgischen Bürgerschaft aus (siehe dazu u.a. Drucksache 11/3493 vom 19.12.1984, Drucksache 11/3713 vom 13.2.1985, Drucksache 13/4211 vom 25.8.1989 sowie Drucksache 13/3947 vom 4.7.1989).

Die Aktivitäten der Scientology-Organisation nahmen Ende der achtziger Jahre in Hamburg zu.

Im Laufe des Jahres 1990 wurde deutlicher, daß sich die Organisation in Hamburg weiter auszubreiten gedachte. Zudem gab das Handeln von Mitgliedern der Organisation auf dem Hamburger Wohnungsmarkt immer stärkeren Anlaß zur Besorgnis. So schlossen sich z.B. im Stadtteil Eppendorf betroffene Bürgerinnen und Bürger in einer Initiative zusammen und machten auf die Methoden und Handlungsweisen der scientologischen Makler und Käufer ihrer Häuser aufmerksam. Im Hamburger Umland in Seedorf und Hoisdorf wehrten sich die Bewohner/innen gegen den Kauf von Liegenschaften durch Hamburger scientologische Firmen. Die Hamburgische Bürgerschaft debattierte diese Entwicklung in der Sitzung der Bürgerschaft vom 25.4.1991 auf der Grundlage einer Antwort des Senats auf die Große Anfrage vom 13.3.1991 (Drucksache-Nr.13/7848). Die Diskussion im Parlament machte deutlich, daß über die Praktiken und die möglicherweise von der Organisation ausgehenden Gefahren Wissensdefizite bestanden. Eine Anhörung vor dem Rechtsausschuß der Hamburgischen Bürgerschaft am 12.2.1992 brachte erste weitergehende und zusammenhängende Erkenntnise (siehe Bericht des Rechtsausschusses vom 26.05.92, Drucksache 14/2024).

Die Bürgerschaft hat mit zwei Ersuchen den Senat aufgefordert, dieser Situation zu begegnen.

Mit Beschluß der Bürgerschaft vom 24./25.4.1991 - Drs. 13/7908 - wird der Senat aufgefordert,

  1. der Scientology-Church und ihr angeschlossene Firmen keine öffentlichen Gebäude zu Mietzwecken zu überlassen;
  2. keine Grundstücksgeschäfte mit ihnen abzuschließen sowie im Falle von Grundstücksverkäufen vorhandene Vorkaufsrechte auszuüben, sofern die Gefahr besteht, daß die Scientology-Church oder ihr angeschlossene oder verbundene Firmen auf der Käuferseite stehen;
  3. zu prüfen, ob auf staatlich beherrschte Grundstücks- und Immobiliengesellschaften dahingehend eingewirkt werden kann, daß keinerlei Geschäftsbeziehungen zur Scientology-Church oder ihnen angeschlossene Firmen aufgenommen oder fortgeführt werden;
  4. zu prüfen, inwieweit es rechtlich zulässig ist, keine staatlichen Aufträge an die Scientology-Church und ihr verbundene Firmen zu erteilen."

Die gegen das von der Bürgerschaft beschlossene Ersuchen (Drs. 13/7908) eingereichte Verfassungsbeschwerde verschiedener Vertreter der Scientology-Organisation ist vom Bundesverfassungsgericht mit Beschluß vom 28.08.1992 (1BvR 632/92), wegen Unzulässigkeit nicht zur Entscheidung angenommen worden.

Das zweite Ersuchen der Bürgerschaft vom 26.5.1992 (Bürgerschaftsdrucksache 14/2024) hat folgenden Wortlaut:

"Die Beratungen im Rechtsausschuß haben gezeigt, daß es bei den Behörden Wissensdefizite über die Praktiken, Einflüsse und über die Ausbreitung der Scientology-Church (SC) in Hamburg gibt.

Auch die seit dem vergangenen Jahr geführte öffentliche Diskussion um die SC hat bis zum Termin des Rechtsausschusses am 15.4.1992 nicht dazu geführt, die Verwaltung zu motivieren, von sich aus tätig zu werden.

Der Senat wird daher aufgefordert,

  1. das Verfahren auf Entziehung der Rechtsfähigkeit der Scientology, unabhängig vom Zeitpunkt der Beschlußfassung durch das Hamburgische Oberverwaltungsgericht in einer anderen die SC betreffenden Angelegenheit weiter zu betreiben.
  2. die Federführung innerhalb des Senats für die Behandlung von Fragen und Verwaltungsvorgängen, die im Zusammenhang mit der Scientology stehen, festzulegen.
  3. auf der Verwaltungsebene eine Arbeitsgruppe unter Leitung der federführenden Behörde zu bilden, die sich mit allen die Scientology und die ihr nahestehenden Organisationen berührenden Bereichen auseinandersetzt und die der Bürgerschaft bis Juni 1993 zu berichten hat.
  4. zu prüfen, inwieweit die Scientology und die ihr nahestehenden Organisationen gegen das Heilpraktikergesetz, die Medizingeräteverordnung, das Arzneimittelrecht oder andere gesetzliche Bestimmungen verstoßen.
  5. zu prüfen, inwieweit das Heilpraktikergesetz geändert werden muß, um Menschen vor der Scientology und ähnlichen Organisationen zu schützen, und ggf. eine entsprechende Bundesratsinitiative zu betreiben.
  6. sich auf Bundesebene für die Schaffung eines Psychotherapeutengesetzes einzusetzen, das gewährleistet, daß nur Personen mit entsprechendem Ausbildungsstandard im psychotherapeutischen Bereich tätig werden können.
  7. Weiter- und Fortbildungsveranstaltungen über Scientology in die entsprechenden Programme für den öffentlichen Dienst in Hamburg aufzunehmen.
  8. die Mittelbereitstellung für eine intensive Öffentlichkeits- und Aufklärungsarbeit der federführenden Behörde sicherzustellen.
  9. kurzfristig durch eine umfassende Information über Scientology dem Bemühen der Scientologen, in den Schulen aktiv zu werden, Einhalt zu gebieten.
  10. sicherzustellen, daß nicht Scientology und beherrschte und beeinflußte Unternehmungen aus Steuermitteln oder durch Steuervorteile direkt oder indirekt gefördert werden."

Beide Ersuchen an den Senat setzen eine - vom Parlament geforderte - intensive, inhaltliche Auseinandersetzung mit den Zielen und dem öffentlichen Auftreten der Organisation voraus. Das gilt insbesondere für die Expansionsbestrebungen der SC-Organisation auf dem wirtschaftlichen Sektor. Wegen der Komplexität des Ersuchens und der noch weiter erforderlichen Analyse und Bewertung wird zunächst ein Zwischenbericht vorgelegt.

Die Federführung für Fragen die SC-Organisation betreffend, hat der Senat seit dem 8. September 1992 der Behörde für Inneres übertragen.

Die dort eingerichtete Arbeitsgruppe ist mit vier Personen seit dem 1. Februar 1993 voll arbeitsfähig.

Zur Erfüllung des Auftrages der Arbeitsgruppe SC, der sich vorrangig an den bürgerschaftlichen Ersuchen orientiert, hat die Arbeitgruppe folgendes Vorgehenskonzept entwickelt:

Entstehung und Organisation und Angebote von Scientology

Organisation der SC-Organisation

Am Beginn der Scientology-Organisation steht das Buch des Begründers Lafayette Ronald Hubbard "Dianetik - Die moderne Wissenschaft der geistigen Gesundheit", das 1950 auf dem amerikanischen Markt erschien.

"Dianetik" gilt nach wie vor als das Hauptwerk von L.Ron Hubbard. Um den Leserinnen und Lesern des Buches "Dianetik" die Anwendung der darin beschriebenen "Do it yourself Therapie" zu ermöglichen, wurde bereits im April 1950 ein erstes Dianetisches Zentrum in den USA gegründet. Die Gründung der sogenannten Scientology-Church in den USA läßt sich auf das Jahr 1953 festlegen. Der "Kirchengründung" vorausgegangen waren erste Probleme mit amerikanischen Behörden, insbesondere der Gesundheits- und Steuerbehörde.

Schon 1961 wird an Aussagen von L. Ron Hubbard wie z.B. "Zur Hölle mit dieser Gesellschaft. Wir errichten eine neue." deutlich, daß es bei der institutionellen Realisierung der Scientology-Organisation nicht nur um irgendeine Form von Praktiken gibt, einzelnen Menschen mit der Dianetik einen Weg zu zeigen, subjektiv empfundene Probleme im eigenen Leben zu bewältigen, sondern um eine neue scientologische Gesellschaftsform. Im Laufe der Jahre wird konsequent an dieser "neuen Welt" gearbeitet. Scientology ist eine streng hierarchisch durchstrukturierte Organisation. Diese Organisation erfaßt jeden, der in irgendeiner Form mit Scientology in Berührung kommt. Das weltweite Management-Zentrum der Scientology befindet sich in Los Angeles und Umgebung. In einer internen Erklärung bei Scientology heißt es zu Organisationen der SC:

"Die Gesamtheit aller Organisationen und Gruppen bilden ein globales Netzwerk. Jeder einzelne Teil hat seine individuellen, speziellen Funktionen und Verantwor-tungsbereiche. Aber sämtliche Dienstleistungsorganisationen haben das Ziel, L. Ron Hubbards Technologie der Öffentlichkeit bekannt zu machen und zu liefern."

Jede Aktivität, die auch nur im entferntesten mit Scientology in Verbindung steht, paßt also in eine langfristige strategische Planung, die letztlich vom obersten Management gesteuert wird.

Die internationale Organisation der Scientology ist in vier hierarchisch von oben nach unten aufgebaute Einheiten gegliedert. An der Spitze stehen die Dachorganisationen

Die Aufgabe der in Los Angeles/USA 1982 gegründete oberste Einheit, das RTC, wird folgendermaßen definiert:

"Die richtige Benutzung der Zeichen sicherzustellen, das Publikum zu beschützen und sicherzustellen, daß die mächtige Technologie der Dianetik und Scientology in guten Händen bleibt und korrekt benutzt wird."

Auf der darunterliegenden Management-Ebene gibt es verschiedene Einheiten:

"... so daß sie ihren eigenen Einflußbereich erweitern können und dadurch neue Kanäle in die Gesellschaft hinein öffnen."

"... Die einzig voll funktionstüchtige ... administrative Technologie ... wurde entwickelt. Es ist die Aufgabe von WISE diese auf breiter Basis bekannt zu machen und in Anwendung zu bringen."

Watch-dog-Commitee (Wachhund-Komitee)

Strategische Planung, Befehls- und Überwachungsebene durch sogenannte "Leitende Direktoren International", die jeweils für einen o.g. Bereich zuständig sind, um "... kompetente und funktionierende Managementgruppen zu etablieren, die die verschiedenen Sektoren der Scientology führen und diese Sektoren dazu bringen, ihre individuellen Ziele zu erreichen, damit dies die dauerhafte Expansion der Scientology zum Ergebnis hat." Es ist davon auszugehen, daß das Watch-dog-Commitee und das internationale Management letztlich eine Einheit bilden. Generelle Aufgabe ist die zentrale Überwachung der einzelnen Scientology-Einheiten durch die Management-Organisation "Flag Kommando Büro".

Die oberste Exekutiveinheit ist also das sog. Internationale Management; dann folgt das sogenannte FLAG Führungs-Büro. Auf der nächsten Hierachiestufe folgen die kontinentalen Verbindungsbüros, die die FLAG-Anweisungen auszuführen haben, und die den Einheiten der untersten Ebene, den sogenannten Orgs, Missionen oder sonstigen Gruppen oder Einheiten, wiederum vorgesetzt sind. Zugleich ist die kontinentale Ebene auch eine Kontrollinstanz für die einzelnen vor Ort agierenden Zuständigkeitsbereiche.

Angebote der SC-Organisation

In den Missionen und Orgs wird der Öffentlichkeit das scientologische Programm angeboten.

Nach wie vor wird als Werbung u.a. ein kostenloser Persönlichkeitstest benutzt. Entsprechende Faltblätter mit dem Einstein-Portrait werden neben der Straßenwerbung auch in Hausbriefkästen verteilt. Läßt sich jemand auf die Auswertung des Testes ein, wird sofort versucht, ihm ein Kursprogramm zu verkaufen. Gelingt dies nicht sofort, wird der potentielle zukünftige Scientologe zumindest veranlaßt, Bücher zu kaufen. So bietet die Org Hamburg z.B. für Nicht-Mitglieder in einer Preisliste aus dem Jahre 1994 das Buch "Was ist Scientology?" zu

DM 187,50 an. Das Buch "DIANETIK" ist zur Zeit für DM 40,-- dort zu erwerben.

Diesen untersten Einheiten der Scientology-Organisation (Vereine) obliegt also die Anwerbung von neuen Mitgliedern über den Verkauf von angebotenen Dienstleistungen. Dies belegen eindeutung verschiedenste interne Richtlinien des Gründers L.Ron Hubbard. So z.B. folgende von ihm verbreitete Definition der Aufgaben einer Org (Verein):

"Jegliche Idee, daß eine Org aus irgend einem anderen Grund existiert, als dem, Materialien und Dienstleistungen an die Öffentlichkeit zu verkaufen und zu liefern, muß verworfen werden."

Bei der Anwerbung neuer Klienten arbeitet SC mit der Neugierde des Menschen auf sich selbst. Irgendeine Schwäche, die subjektiv empfunden wird, wird als Köder benutzt, das scientologische Programm zu kaufen. In der Anwerbephase bei Scientology erfährt der neue Klient Bestätigung, er wird umsorgt und weiter neugierig gemacht auf das, was vielleicht mit ihm oder mit anderen Menschen sein könnte. Scientology hat angeblich den Weg für ihn, ganz persönlich alle Probleme des Lebens zu meistern. Ehemalige Mitglieder sprechen vom sogenannten "Love-Bombing".

Zeigt jemand Interesse, wird das angeblich für ihn individuell passende Lösungskonzept nach der Technologie von L. Ron Hubbard vorgestellt. Kurse, Seminare, das sogenannte "Auditing" und natürlich immer wieder Bücher, die gekauft werden müssen, um das versprochene Ziel, ein glücklicher, gesunder Mensch zu werden, zu erreichen. Das System Scientology weckt individuelles Interesse. Mißtrauen wird systematisch abgebaut. Von Religion oder Weltanschauung ist bei der Anwerbung nicht die Rede. Erst wenn der Mechanismus den einzelnen gegriffen hat, wird die Argumentation übernommen, daß es sich um eine Weltanschauung handelt.

Der Grund für die Vehemenz der Verkaufsaktivitäten liegt in der streng hierarchisch durchorganisierten Gesamtstruktur sowie der delegierten Einzelverantwortlichkeit der Mitglieder für die Verbreitung der Scientology-Lehre. Die Größe und damit die Bedeutung einer Mission oder Org, auch im internationalen Rahmen, richtet sich nämlich u.a. nach dem Umsatz der jeweiligen Einrichtung. Je höher die Einnahmen, desto stärker ist das Ansehen der entsprechenden Einheit und damit auch der dort verantwortlich tätigen Mitglieder. Die Mitarbeiter/innen sind daher angehalten, Bücher, Kurse etc. zu verkaufen. Missionen und Orgs müssen stets steigende Verkaufs- bzw. Produktionsstatistiken aufweisen. Das Statistiksystem ist umfassend und Berichte sind jeweils wöchentlich, donnerstags um 14.00 Uhr bei der kontinentalen Einheit (für die Hamburger Organisation die Europa-Zentrale in Kopenhagen) zu melden. Fallende Statistiken haben Ansehensverluste bzw. Kontroll- oder Sanktionsmaßnahmen zur Folge.

Zur Verbreitung der Scientology-Lehre in der Gesellschaft gibt es wie oben dargestellt neben den Missionen und den Orgs spezielle Bereiche, die wiederum als Teil der Gesamtorganisation besondere Aufgaben übernehmen.

Celebrity Centers

So sind für den Verkauf der Leistungen der SC an prominente Persönlichkeiten, wie z.B. Künstler/innen, die Celebrity Centers weltweit zuständig. Über die besondere Ansprache an diesen Personenkreis durch eigens für sie zuständige Zentren wird deutlich, daß die Organisation besonderen Wert darauf legt, auch Menschen in ihren Bann zu ziehen, die sich werbewirksam nach außen präsentieren lassen bzw. über ihre persönliche Stellung in der Gesellschaft positiv für die Scientology-Organisation wirken. Inwieweit die sich zu Scientology bekennenden Künstler/innen und andere prominente Persönlichkeiten Einblick in die Gesamtstrategie der Organisation haben, läßt sich zur Zeit noch nicht abschließend bewerten. Festzuhalten ist aber, daß die Gefahr besteht, daß sich aufgrund der Prominenz dieser Mitglieder Menschen täuschen lassen und auch darüber eine Anziehungskraft für Scientology entstehen kann. Insbesondere muß diese Gefahr bei Teenager-Idolen, wie z.B. Tom Cruise, gesehen werden.

ABLE

Für die Umsetzung der Strategie im sozialen Bereich ist die Vereinigung ABLE (Association for Better Living and Education) zuständig.

NARCONON

Unter diesem Dach agiert z.B. der als sogenannte Drogenrehabliltationseinrichtung dargestellte Verein "Narconon", der nach außen seine Zugehörigkeit zu Scientology nicht ohne weiteres erkennen läßt, um den Verdacht einer unseriösen Therapieeinrichtung zu vermeiden. Bei "Narconon" werden als Drogentherapie Kurse und Dienstleistungen verkauft, die in jeder Org für die Allgemeinheit angeboten werden. Grundlage ist auch hier die Technologie von L.Ron Hubbard. Eine Drogentherapie auf der Grundlage der in Scientology üblichen Psychotechniken ist bedenklich. Dies wurde bereits im Jahre 1978 vom damaligen Drogenbeauftragten des Landes Berlin in einer Publikation des Senators für Familie, Jugend und Sport dargelegt. Dort heißt es:

"In erster Linie müssen Bedenken gegen die beim Narconon e.V. angewandten Methoden erhoben werden. Durch die Anwendung des "Hubbard-Elektrometers" kann einerseits die bei Drogenabhängigen ohnehin vorhandene Tendenz zur Flucht in eine unrealistische Vorstellungs- und Erlebniswelt gefördert werden, andererseits eine massive Abhängigkeit der Drogenabhängigen von der Einrichtung auf Dauer entstehen. Durch das Kurssystem wird eine Ausblendung von Emotionen ohne wirkliche Aufarbeitung der dahinterliegenden Konflikte erreicht, zugleich besteht die Gefahr einer irrationalen Anpassung an die hausinterne Hierarchie sowie eines ebenso irrationalen Überlegenheitsgefühls gegenüber den Menschen außerhalb des Narconon e.V. Das systematische Training einer Binnensprache verstärkt die Abhängigkeit von der Gruppe erheblich und behindert eine gesellschaftliche Reintegration."

Der Verein "Narconon e.V." befindet sich vor den Toren Hamburgs in Itzehoe.

Die Arbeitsgruppe hat der Landesregierung Schleswig-Holstein Unterlagen zur Bewertung des Vereins zur Verfügung gestellt. Die weitere Zusammenarbeit ist durch regelmäßigen Informationsaustausch gewährleistet.

Studiertechnologie

Weiterhin ist ABLE zuständig für den Bereich "Bildung und Erziehung". Lt. L. Ron Hubbard haben diese Untergruppen von ABLE folgende Aufgabe:

"... das gesamte Gebiet der Erziehung durch die Verbreitung der einzigen funktionierenden Studiertechnologie zu rehabilitieren: Der Studiertechnologie von L.Ron Hubbard."

Hierzu gehört, möglichst auf die Ausbildung von Lehrkräften nach Hubbardschen Studiertechniken Einfluß zu nehmen, außerdem die Errichtung von Privatschulen, die nach der Technologie von L. Ron Hubbard arbeiten.

Das gesamte scientologische Dienstleistungsprogramm wird auch für die Kinder in Scientology angeboten und durchgeführt. Dies gilt auch für die im Rahmen des sogenannten "Auditing" durchgeführten Rückführungen in frühere Leben, bei denen frühere schmerzhafte Erfahrungen (sogenannte Engramme) gelöscht werden sollen. Auch sind Kinder in Scientology "Sicherheitsüberprüfungen" ausgesetzt, die das Einhalten der Verhaltensrichtlinien in Scientology überprüfen. Auch das Familienleben in Scientology ist streng geregelt. So gibt es in der als Elite-Einheit geltenden sogenannten Sea-Organisation (Sea-Org) Familienzeiten, die je nach Stellenwert der Eltern innerhalb der Organisation das Zusammenleben mit den Kindern regeln. Nach Berichten von ehemaligen Mitgliedern soll es vorgekommen sein, daß die für eine Stunde am Tag angesetzte Familienzeit gestrichen wurde, weil ein Elternteil für nicht ausreichend hohe "Statistiken" sorgte.

Als einen weiteren Beleg für die menschenverachtende Ideologie und sich daraus ableitende Praxis kann die Schilderung einer ehemaligen Scientologin aus den USA gelten, die in einer Zeugenaussage vor einem amerikanischen Gericht über ihr Leben in der Elite-Organisation der Scientology der sogenannten Sea-Organisation, Vorgänge folgendermaßen zusammenfaßt:

"Ab 1986 war es Angehörigen der Sea-Org verboten, weitere Kinder zu bekommen, wenn sie auf ihrem Posten (scientologisch für Arbeitsplatz) bleiben wollten, und auf uns wurde die Hubbard-Technik angewendet, um uns durch Zwang zu Abtreibungen zu veranlassen, damit wir unsere Stellungen behalten konnten."

Applied Scholastics

Zum Bereich ABLE gehört außerdem die Untergruppe "Applied Scholastics". Nach Erkenntnissen der Arbeitsgruppe werden über diese Einheit u.a. Englisch-Fernkurse nach der Studier-Technologie von L. Ron Hubbard in der Bundesrepublik angeboten.

Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte (KVPM)

Die "Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte" ist eine weitere von Scientologen gegründete Vereinigung. Die Bundesleitung befindet sich seit einiger Zeit in Hamburg. In der Öffentlichkeit stellt sich diese Gruppe als Reformgruppe dar, die die Mißstände in der Psychiatrie aufdecken und bekämpfen will. Die "Kommission" deckt somit den Teil der Hubbard-Ideologie ab, nach der die Welt von Psychiatern beeinflußt wird. Der Kampf gegen die Psychiatrie ist ein Teil der Gesamtstrategie von Scientology. Der ideologische Hintergrund für die Arbeit dieser Gruppe ist nicht sofort erkennbar, so daß die Gefahr besteht, daß gerade sozial engagierte Personen sich davon angesprochen fühlen können und mit der Scientology-Ideologie in Berührung kommen.

Der Versuch der Hamburger Verwaltung, dem Werbegebaren der "Kommission für Verstöße der Menschenrechte in der Psychiatrie" zu begegnen, wurde durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (1 BvR 1377/91) vom 18. Oktober 1991 untersagt. Hintergrund des Verfahrens war eine Untersagungsverfügung des Bezirksamtes Hamburg-Mitte auf öffentlichen Wegen Handzettel und Prospekte zu verteilen, da die "Kommission" nicht im Besitz einer wegerechtlichen Sondernutzungserlaubnis war.

Das Bundesverfassungsgericht gab im Rahmen eines Eilverfahrens dem Recht auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG Vorrang vor der wegerechtlichen Argumentation, wonach im Verteilen der Handzettel eine Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs liegen könnte.

Die "Kommission" kann auch als Ausgangsbasis für die Aktivitäten der sogenannten "Friedensbewegung Europa - Aktionsbüro Bosnien-Herzegowina, Kroatien und Kosovo" gelten. Inhaltlich vertritt diese Organisation ebenso wie die "Kommission" die scientologische Ideologie, daß Psychiater bzw. die Psychiatrie zu einem wesentlichen Teil an der aus scientologischer Sicht schlechten Zustände in dieser Welt Schuld tragen. Da einer der verantwortlich handelnden serbischen Politiker Psychiater von Beruf ist, liegt für Scientologen die Schlußfolgerung auf der Hand: Am Ausbruch des Krieges im ehemaligen Jugoslawien tragen psychiatrische Machenschaften die Hauptschuld. Immer der Ideologie folgend, tarnt sich somit die Scientology-Organisation in dieser sogenannten "Friedensbewegung".

Gegenüber der "Friedensbewegung Europa - Aktionsbüro Bosnien-Herzegowina, Kroatien und Kosovo" hat die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales am 17. Dezember 1993 ein Sammlungsverbot gemäß § 9 Hamburgisches Sammlungsgesetz erlassen. Die Organisation war der Aufforderung der Verwaltung nicht gefolgt, prüfbare Unterlagen über ihre Spendensammlungen vorzulegen. Zwischenzeitlich ist die Organisation dem Verlangen der Verwaltung nachgekommen. Die weitergehenden Prüfungen sind noch nicht abgeschlossen. Das Verbot besteht weiterhin.

Mitbürger unterstützen Toleranz (MUT)

Eine weitere in Hamburg besonders aktive, von Scientologen gegründete Vereinigung namens "Mitbürger unterstützen Toleranz" (MUT) versucht, die Aufklärungs- und Informationsarbeit des Hamburger Senats und anderer öffentlicher und privater Stellen als Verfolgung von religiösen Minderheiten zu diffamieren. So wird MUT ausdrücklich als Ansprechpartner in einer weltweit verteilten Broschüre mit dem Titel "Haß und Propaganda" genannt. Die Broschüre stellte Personen, die sich kritisch mit der Scientology-Bewegung auseinandersetzen sowie entsprechenden Zeitungsberichten Veröffentlichungen des "Stürmers" gegenüber, um angebliche Parallelen zwischen der Judenverfolgung und der Kritik an Scientology aufzuzeigen. Aufgrund dieser Veröffentlichung wurden der "Präsident von MUT" und zwei weitere verantwortliche Personen wegen Beleidigung vom Amtsgericht Hamburg am 13. Januar 1994 zu Geldstrafen verurteilt. Im Berufungsverfahren wurde die Bestrafung gegenüber dem Hauptverantwortlichen (Präsidenten von MUT) bestätigt. Nach den Kenntnissen der Arbeitsgruppe ist dieses Urteil noch nicht rechtskräftig.

WISE

Zur Verbreitung der Scientology-Ideologie in der Wirtschaft durch das World Institute of Scientology Enterprises (WISE) siehe unter 3.2. der Drucksache.

Wirtschaftliche Betätigung der Scientology-Organisation

Scientology als Gewerbe

Bereits in früheren Jahren spielte in der öffentlichen Auseinandersetzung um die SC-Organisation immer wieder eine Rolle, ob und inwieweit die Praktiken der jeweils eingetragenen Vereine als Gewerbe einzustufen sind.

Gewerberechtliche Verfahren

Das Bezirksamt Hamburg-Mitte hatte im Jahre 1984, den damals noch unter der Bezeichnung "College für angewandte Philosophie e.V." eingetragenen Verein (jetzt Scientology Kirche Hamburg e.V.) aufgefordert, gemäß § 14 Gewerbeordnung ein Gewerbe anzumelden, da der Verkauf von Büchern, Kursen und sogenannte E-Metern (eine Art "Lügendetektor") eine gewerbliche Tätigkeit darstelle. Im gleichen Bescheid wurde für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld festgesetzt. Der Verein kam der Aufforderung nicht nach; vielmehr wurde Widerspruch eingelegt, der aber abschlägig beschieden wurde.

Das Verwaltungsgericht Hamburg bestätigte mit Urteil vom 11. Dezember 1990 die Auffassung des Bezirksamtes und wies die von der Scientology-Organisation eingereichte Klage ab.

Das Bezirksamt Hamburg-Nord forderte Scientology-Organisation mit Bescheid vom 14.1.1991 auf, für die in Eppendorf errichtete Außenstelle ebenfalls ein Gewerbe anzumelden. Auch dieser Aufforderung wurde nicht Folge geleistet; das Widerspruchsverfahren der SC-Organisation und die beim Verwaltungsgericht eingereichte Klage blieben ohne Erfolg.

Die Berufungen in beiden Verfahren wurden vom Hamburgischen Oberverwaltungsgericht mit Urteilen vom 6. Juli 1993 zurückgewiesen. Die Auffassung des Senats, daß es sich bei der Scientology-Organisation um eine mit Gewinnerzielungsabsicht agierende Gruppierung handelt, wurde somit bestätigt.

Das OVG stellt in seiner Presseerklärung zu den Urteilen vom 6. Juli 1993 fest:

"Für die Feststellung, ob die Scientology-Kirche ein Gewerbe anzumelden hat, ist es unerheblich, ob diese als Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft anzuerkennen ist. Auch eine Religionsgemeinschaft kann zur Anzeige eines Gewerbes vepflichtet sein, wenn sie mit Gewinnerzielungsabsicht auf Dauer den Verkauf von Waren und Dienstleistungen ohne entsprechenden religiösen Bezug betreibt. ..... Für eine Gewinnerzielungsabsicht beim Buchverkauf und bei den Kursen spricht insbesondere das von der Scientology-Kirche angestrebte Ziel, seine Mitglieder zum Kauf weiterer Bücher und vor allem zur Teilnahme an weiteren stets kostspieligeren Kursen zu veranlassen. Die Angaben der Scientology-Kirche und die Bekundungen der von dieser benannten Zeugen über angebliche Verluste haben das Gericht nicht überzeugen können. Das Gericht hat vielmehr den Eindruck gewonnen, daß die Scientology-Kirche bestrebt gewesen sei, ihre Einnahmen zu verschleiern...."

Das Oberverwaltungsgericht Hamburg hatte eine Revision gegen die entsprechenden Urteile nicht zugelassen. Gegen diese Entscheidungen hat die Scientology-Organisation am 28. Oktober 1993 eine Nichtzulassungsbeschwerde eingereicht. Die Beschwerden wurden vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschlüssen vom 16.2.1995 zurückgewiesen; damit sind die Entscheidungen des OVG Hamburg rechtskräftig.

Zwischenzeitlich hat die Scientology Kirche Hamburg e.V. am 30.6.1995 ein Gewerbe angemeldet. Außerdem werden die Räume in der Eppendorfer Landstraße seit einiger Zeit als Celebrity Center benutzt, auch hier hat eine Gewerbeanmeldung am 20.4.1995 stattgefunden.

Die Entscheidungen des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts hatten bundesweite Bedeutung. Anfragen nach den Urteilen wurden an die AGS bundesweit herangetragen. Baden-Württemberg veranlaßte aufgrund der Urteile die Aufforderung an alle Scientology-Vereine zur Gewerbeanmeldung. Dieser Aufforderung folgten einige der dortigen Vereine. Auch in Hessen wurde von der Landesregierung ein Erlaß an die zuständigen Verwaltungsgliederungen weitergegeben, die in Hessen ansässigen Scientology-Organisationen zur Gewerbeanmeldung aufzufordern. Es ist davon auszugehen, daß auch weitere Bundesländer auf dieser Grundlage die entsprechenden Verfahren einleiten werden.

Im Rahmen ihrer Koordinierungsaufgabe hat die Arbeitsgruppe die Bezirksämter Hamburg-Mitte und Hamburg-Nord in dem Verfahren vor dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht unterstützt, indem sie weiteres Material zur Verfügung stellen konnte, welches im Rahmen von Schriftsätzen bzw. Beweisanträgen in das Verfahren eingeführt wurde. Ein Vertreter der Arbeitsgruppe nahm ferner an der fünftägigen Verhandlung teil, um im Hinblick auf scientology-interne Vorgänge Erkenntnisse der Arbeitsgruppe einzubringen.

Im Laufe der Auseinandersetzungen mit der Verwaltung und den Gerichten über die Frage der Ausübung eines Gewerbes wurde überdeutlich, daß die Scientology-Organisation mit allen Mitteln der Prozeßtaktik versuchte, eine Entscheidung hinauszuzögern.

Bereits während des Widerspruchsverfahrens beim Bezirksamt Hamburg-Mitte wurde dies deutlich. Die Aufforderung, Bilanzen für die Jahre 1982 bis 1984 nebst dazugehörigen Einnahmen- und Ausgabenrechnungen, die neueste Preisliste für den Vertrieb von Büchern und Kursen sowie eine detaillierte Aufstellung des Entlohnungssystems für die bei der Organisation tätigen Mitarbeiter vorzulegen, zog folgende Reaktion nach sich: Die Scientology-Organisation gab bekannt, sie würde der Aufforderung nicht nachkommen, da sie dazu keine Verpflichtung sehe; außerdem sei beabsichtigt, in Hamburg eine GmbH zu gründen, die den Verkauf der "religiösen Schriften" übernehmen werde. Die Gründung der angekündigten GmbH steht bis heute aus. Seinerzeit hatte dies aber den Effekt, daß das Bezirksamt Hamburg-Mitte sich mit dem Erlaß des Widerspruchsbescheids abwartend verhielt, um der Organisation Gelegenheit zu geben, die Ankündigung umzusetzen. Dies entspach üblichem fairen Verwaltungshandeln.

Die Strategie wurde auch in den späteren Berufungsverfahren fortgesetzt, indem die Organisation mit immer neuen "Beweisanträgen" aufwartete, die mit der zu entscheidenden Frage der Gewerbeausübung nur wenig bis gar nichts zu tun hatten. Erfahrungen dieser Art werden der Arbeitsgruppe von allen Stellen berichtet, die gerichtliche Auseinandersetzungen mit der Organisation zu führen haben.

Verfahren auf Entziehung der Rechtsfähigkeit der SC-Organisation

Für den Senat haben die eben dargestellten Entscheidungen des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts weitreichende Bedeutung; insbesondere für das noch laufende Verfahren wegen des Entzugs der Rechtsfähigkeit gegenüber dem Verein "Scientology-Kirche Hamburg e.V.". Mit Bescheid vom 27.05.91 hatte die Senatskanzlei dem genannten Verein wegen seiner gewerblichen Tätigkeit gemäß § 43 II BGB die Rechtsfähigkeit entzogen, da eine Eintragung als Idealverein eine gewerbliche Betätigung ausschließt. Mit Schriftsatz vom 28.06.91 wurde in jener Sache Widerspruch eingelegt.

Es war zunächst davon abgesehen worden, das Widerspruchsverfahren weiter zu betreiben, als kurz nach der vollständigen Einrichtung der Arbeitsgruppe erkennbar war, daß das OVG im ersten Halbjahr 1993 über die Frage der gewerblichen Betätigung der Scientology-Organisation entscheiden würde. Die Begründungen für die Urteile des OVG vom 06.07.93 lagen dem Senat im Oktober 1993 vor.

Der Widerspruch gegen den Entzug der Rechtsfähigkeit wurde zwischenzeitlich mit Bescheid vom 2. August 1994 zurückgewiesen. Die Scientology-Organisation hat dagegen Klage am 7.9.1994 beim Verwaltungsgericht Hamburg erhoben, über die noch nicht entschieden ist.

Durch die erwähnte Gewerbeanmeldung des Vereins Scientology Kirche Hamburg e.V. könnte sich eine Änderung der Sachlage ergeben. Die Arbeitsgruppe hat nach Kenntnis über die Gewerbeanmeldung beim Amtsgericht Hamburg - Vereinsregister - die Prüfung der Löschung des Vereins angeregt, da mit der Gewerbeanmeldung der Verein eindeutig kein Idealverein mehr ist. Sollte das Gericht dieser Anregung folgen, würde sich eventuell die weitere gerichtliche Auseinandersetzung wegen Entzuges der Rechtsfähigkeit als Verein bei Scientology Hamburg erübrigen, da ein rechtskräftiger Abschluß des laufenden Prozesses unter Feststellung der Rechtmäßigkeit des Entzuges der Rechtsfähigkeit nur die gleiche Folge hätte, nämlich die Löschung des Vereins aus dem Register.

Verfahren vor dem Arbeitsgericht Hamburg

Ein ehemaliges Mitglied der Scientology-Organisation in Hamburg hatte nach Verlassen der Organisation beim Arbeitsgericht Hamburg auf Bezahlung seiner Arbeitsleistungen geklagt. Das Arbeitsgericht hatte sich für nicht zuständig erklärt (Az.: 8 Ca 556/92 v. 18.8.93). Das Landesarbeitsgericht änderte mit Beschluß vom 31.5.1994 (Az.: 6 Ta 24/93) das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg ab und entschied, daß der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet ist, wenn eine Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit in einer Scientology-Organisation erbracht wurde. Gegen diesen Beschluß hatte die Scientology-Organisation weitere sofortige Beschwerde beim Bundesarbeitsgericht eingelegt.

Das Bundesarbeitsgericht kommt mit Beschluß vom 22. März 1995 (Az.: 5 AZB 21/94) nicht nur zu dem Ergebnis, daß hauptamtliche (aktiv tätige) außerordentliche Mitglieder von Scientology Arbeitnehmer im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG sind und daß die Begründung vereinsrechtlicher Arbeitspflichten nicht zur Umgehung zwingender arbeitsrechtlicher Schutzbestimmungen führen darf, sondern stellt außerdem fest, daß die "Scientology Kirche Hamburg e.V." keine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft im Sinne des Art. 4, 140 GG, Artikel 137 WRV ist.

Diesem Beschluß des Bundesarbeitsgerichtes kommt auch bezüglich der Auseinandersetzung um die gewerblichen Tätigkeiten, die in anderen Bundesländern noch anhängig sind, wesentliche Bedeutung zu. In der Begründung des Beschlusses wird die Auffassung der Arbeitsgruppe Scientology bezüglich der Einschätzung der Organisation in verschiedenen Punkten bestätigt.

So kommt das Bundesarbeitsgericht zu dem Schluß, daß es sich bei der Scientology-Organisation um eine Gemeinschaft handelt, deren "religiöse" oder "weltanschauliche" Lehren nur als Vorwand für die Verfolgung wirtschaftlicher Ziele dient und bei einem solchen Vorgehen einer Organisation von einer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft im Sinne der Art. 4, 140 GG, 137 WRV nicht gesprochen werden kann(so auch BVerwG, 90, 112, 116).

Neben der weiteren Feststellung, daß es sich bei Scientology um ein Gewerbe im Sinne von § 14 Gewerbeordnung handelt, stellt das Bundesarbeitsgericht fest, daß die Mitgliedschaft und die "religiösen Dienste" kommerzialisiert sind. Daß dies nicht nur für den zu verhandelnden Fall gilt, sondern zum System gehört, hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Begründung eindeutig zum Ausdruck gebracht.

Auch der von der Arbeitsgruppe vertretene Ansatz die von L. Ron Hubbard entwickelte Ideologie trage menschenveranchtende Züge, wird im Beschluß des Bundesarbeitsgerichts bestätigt. Dort heißt es (S. 40 f.):

"3.In engem Zusammenhang mit dem kommerziellen Charakter des Beklagten stehen menschenverachtende Anschauungen von Scientology-Organisationen.

a)So heißt es in der "FLAG-Abteilungsdirektive" vom 13. März 1991 bei der Beschreibung der "Unterabteilung 1 - Abteilung für Weiterleitung und Personal":

"Es wurde eine Org gefunden, die eine große Anzahl an Mitarbeitern hatte, aber zur selben Zeit ständig unterhalb des alles entscheidenden Punkte kämpfte. ... Die Org hat nicht Leute von den richtliniengemäßen Fundgruben eingestellt. Als ein Ergebnis davon war die Org mit Jugendlichen, die die Schule schwänzten, Kunden der nächstgelegenen Armenküchen, Landstreichern und anderen widerwärtigen Burschen bemannt. ..."

Eine derart abwertende "offizielle" Stellungnahme einer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft über sozial Schwache, die noch dazu ihre Mitglieder sind, ist dem Senat bislang nicht bekannt geworden. Das bedeutet, daß sich Scientology zu seinem etwa in § 4 der Satzung des Beklagten enthaltenen "Glaubensbekenntnis" und den "Kernaussagen" in nachhaltigen Widerspruch begibt.

b)Menschenverachtend ist auch, daß und wie der Beklagte seine Mitarbeiter zu immer neuen Höchstleistungen treiben will. Dies ergibt sich z.B. aus dem "HCO-Policy-Brief vom 8. Februar 1972 R, revidiert am 21. Oktober 1980", in dem es u.a. heißt:

"Zur Steigerung der Quote kann täglich und wöchentlich ein neues Target gegeben werden. Der Director of Training kann z.B. eine Quote von 5 Briefen mehr als am Tag vorher festsetzen. Das würde bedeuten, daß er an einem Tag 45 Briefe schreibt, am nächsten Tag 50, am Tag danach 55 und so weiter."

Wer eine solche - an ein "Schneeball-System" erinnernde - Methode auf sich anwendet oder anwenden läßt, läuft Gefahr, erhebliche gesundheitliche Schäden davonzutragen."

Auch auf die totalitären Tendenzen, die sich in den schriftlichen Anweisungen des L.Ron Hubbard sowie in den Praktiken der Organisation zeigen, hat das Bundesarbeitsgericht hingewiesen. So subsumierte das Gericht unter diesem totalitären Ansatz die in Scientology geltenden sogenannten "Ethik-Kodizes". So z.B. die Einstufung eines Schwerverbrechen bei Scientology (S. 43 der Begründung):

"Schwerverbrechen werden als unterdrückerische Handlungen bezeichnet (a.a.O., S. 96 ff.). Diese werden wiederum definiert als "Handlungen, die darauf berechnet sind, Scientology zu behindern oder zu zerstören oder einen Scientologen in seinen Studien oder seiner geistigen Beratung zu behindern oder zugrunde zu richten oder sein Wohlergehen negativ zu beeinflussen".

Es ist festzuhalten, daß durch die in letzter Zeit ergangenen gerichtlichen Entscheidungen die staatlichen Möglichkeiten erleichtert werden.

Scientology in der Wirtschaft

In der öffentlichen Auseinandersetzung spielte bereits in der Vergangenheit das Auftreten von der Organisation angehörenden Mitgliedern im Wirtschaftsleben eine Rolle. Scientology-Mitglieder, die wirtschaftlich tätig waren, behaupteten gerne, daß ihre "Religion" keinen Einfluß auf ihr Verhalten im Wirtschaftsbereich habe. Die Zusammenhänge und einzelnen Aufgaben zur Verbreitung der Technologie von L. R. Hubbard wurden bereits unter Punkt 2. dargestellt. Von besonderer Bedeutung ist das Wirken in der Wirtschaft.

Wie dargestellt, geht es in der Scientology-Organisation als Bestandteil der Gesamtstruktur des World Institute of Scientology Enterprises (WISE) zu. Den Auftrag, den diese SC-Einheit für die Expansion der Scientology-Organisation zu leisten hat, formulierte bei der sechsten Jahresfeier der International Association of Scientologists (IAS) in Lausanne am 5. Oktober 1990 das Führungsmitglied der Organisation "Captain" Marc Yager folgendermaßen:

"... Wir haben mittlerweile viele Einflußbereiche innerhalb der Gesellschaft durch die Anwendung der L.R.H. (L. Ron Hubbard)- Technologie auf vielen verschiedenen Gebieten. Solch ein Gebiet ist die Geschäftswelt, in der wir einen Dschungel von Out-Ethik und willkürliche Lösungen durch die standardgemäße Verwaltungstechnologie von L.Ron Hubbard ersetzen. Das geschieht durch das World Institute of Scientology Enterprises = WISE. WISE hat die Zielsetzung, Ethik in die Geschäftswelt einzuführen und durch die Verbreitung von L.R.H.'s Errungenschaften auf dem Gebiet der Verwaltung Vernunft walten zu lassen. Mit tausenden von Mitgliedern in mehr als 22 Ländern verschafft sich WISE einen immer größer werdenden Einfluß auf die Gesellschaft. Eine Anzahl großer Weltfirmen haben von WISE-Mitgliedern Dienstleistungen erhalten...."

Zum Verständnis der obigen Aussagen muß an dieser Stelle die Bedeutung des Terminus' "Ehtik" im scientologischen Sprachgebrauch erläutert werden.

Laut "Handbuch des Ehrenamtlichen Geistlichen" (Seite 355) der Scientology-Organisation definiert sich der Begriff "Ethik" wie folgt:

"Zweck dieser Ethik ist es, Gegenabsichten aus der Umwelt zu entfernen. Nachdem das erreicht worden ist, hat sie zum Zweck, Fremdabsichten aus der Umwelt zu entfernen."

Dies bedeutet nichts weiter als die Anweisung an die Mitglieder der Organisation, die L.Ron Hubbard-Technologie umzusetzen und entgegenwirkende oder störende Maßnahmen oder Handlungen zu verhindern bzw. zu entfernen. Wie dieses zu geschehen hat, wird in einer Fülle von entsprechenden internen Anweisungen formuliert. Die Kontrolle über die Einhaltung der Richtlinien, wie sie z.B. in den sogenannten Hubbard-Communication-Office Policy Letters (HCO PL (=Richtlinienbriefe des "Hubbard-Kommunikationsbüros")) festgelegt sind, wird in entsprechenden Abteilungen durchgeführt. Die Organisation kennt sogenannte Ethik-Offiziere und Ethik-Abteilungen. Das innerorganisatorische Bestrafungssystem kennt verschiedene Maßregelungen bei Verstoß gegen die Richtlinien.

Für scientologische Arbeitnehmer/innen in einem nach der Technologie von L.Ron Hubbard geführten WISE-Betrieb kann sich eine Bestrafung von "Vergehen" - wie konkret geschehen - folgendermaßen abspielen:

Je nach Einstufung in "Verwirrung", "Feind", "Verrat", "Zweifel", "Nicht-Existenz" etc. können z.B. folgende "Wiedergutmachungstaten" auferlegt werden:

Zur Umsetzung der Technologie von L. Ron Hubbard in der Wirtschaft, ist wie oben ausgeführt WISE zuständig. WISE kennt verschiedene Arten der Mitgliedschaft.

Je nach Art der Mitgliedschaft sind die Einflußbereiche definiert. So kommt z.B. der sog. Unternehmensmitgliedschaft folgende Aufgabe zu: "Diese Art von Mitgliedschaft umfaßt alle Firmen, Gesellschaften, öffentliche Dienstleistungsuntenehmen und/oder Organisationen, die Mitglied bei WISE sein möchten, um ihre Arbeitbedingungen durch die standardgmäße Anwendung der Verwaltungs-Technologie von LRH zu verbessern und diese Technologie in der Geschäftswelt im allgemeinen zu verbreiten." Den innerhalb der WISE-Organisation hochrangigsten Mitgliedern, den sogenannten CEOs (Chief Executive Officers) wird folgende Aufgabe zugeordnet: "Diese Mitgliedschaft ist für diejenigen zweckmäßig, die strategisch daran arbeiten, die Verwaltungs-Technologie von LRH in Spitzenunternehmen ihres Landes, anderen Vereinigungen, Gemeinden, Ländern und Regierungen einzuführen."

In Verbindung mit der oben zitierten Formulierung von Herrn Yager, die Aufgabe von WISE sei "Ethik" in die Geschäftswelt zu bringen, können diese WISE-Mitgliedschaften und deren Aufgabenbeschreibung nur als Strategie zur Unterwanderung der Wirtschaft definiert werden. Die Kontrolle durch die "Ethikabteilungen" betrifft dann jeden, der in einer nach der Technologie von L.Ron Hubbard durchorganisierten Firma beschäftigt ist. Schließen sich Menschen WISE an, wird für sie das Scientology-System bindend. In einem WISE-Betrieb, der die Technolgie von L. Ron Hubbard umsetzt, gelten nur noch die Anweisungen der SC-Organisation. So dokumentieren die Lizenzverträge von WISE nicht nur die Kontrollmöglichkeiten durch WISE, sondern belegen auch die totale Verknüpfung mit der SC-Organisation.

WISE arbeitet nach einem Franchise-System, d.h. neben den Gebühren für Mitgliedschaft und Kosten für Teilnahme an Veranstaltungen sind regelmäßige Abgaben an die übergeordnete WISE-Einheit zu zahlen. Dies wird in entsprechenden Lizenzverträgen geregelt. Kommen die Mitglieder ihren Verpflichtungen nicht nach, gibt es analog dem Vorgehen in den sogenannten "Scientology-Kirchen" über die "Ethikabteilungen" entsprechende Maßregelungsmöglichkeiten.

Aufgrund der jetzigen Erkenntnislage ist davon auszugehen, daß ein nach der Technologie von L. Ron Hubbard geführtes Unternehmen als Bestandteil der Gesamtorganisation Scientology zu betrachten ist. Es gibt keinerlei ideologische Trennung zwischen der Führung eines Unternehmens und der Zugehörigkeit zur Mutterorganisation. Ein WISE-Unternehmen übernimmt ebenso wie die sogenannten Orgs oder Missionen die Verpflichtung, die Technologie von L.Ron Hubbard und die Ideologie von Scientology zu verbreiten, ihren Bestand zu sichern und in der Gesellschaft als allgemeines Gedankengut zu etablieren.

Unter dem Abschnitt "Allgemeine wirtschaftliche Betätigung von Scientology Mitgliedern in Deutschland" stellte bereits der Unterausschuß "Strafrecht" in seinem Bericht an die 64. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister vom 17. Mai 1993 u.a. fest:

"Es besteht jedoch im Hinblick auf die absolute Unterordnung des Einzelnen unter die Hierarchie der Scientology-Organisation die Gefahr, daß auch das Schicksal des von einem Scientologen gesteuerten Wirtschaftsunternehmens nicht nach den allgemeinen Bedingungen des Marktes, sondern nach Gesichtspunkten des Wohls der Organisation bestimmt wird mit unabsehbaren Folgen für Arbeitnehmer und Vertragspartner."

Bestimmte Branchen als Schwerpunkte der wirtschaftlichen Betätigung

Nach bisherigen Erkenntnissen der Arbeitsgruppe SC ist davon auszugehen, daß der Immobilienmarkt im Bereich der Umwandlungsgeschäfte von Miet- in Eigentumswohnungen zu einem erheblichen Teil von Scientology- und/oder WISE-Mitgliedern geführte Unternehmen geprägt wird. Die gesetzlichen Möglichkeiten zur Umwandlung von Miet- zu Eigentumswohnungen werden von diesen Firmen voll ausgeschöpft. Bei der Arbeitsgruppe Scientology nehmen Informations- und Beratungsgespräche zu, die von Personen gewünscht werden, die Erfahrungen mit scientologisch geführten Immobilien- und Wohnungsverwaltungsfirmen gemacht haben.

Auch bei anderen Institutionen - vor allem bei den Mietervereinen - wurden immer wieder Vorfälle geschildert, die sich auf das Umwandlungsgeschäft und dem speziellen Verhalten der sogenannten "Mietberater" von WISE - und damit Scientology-nahen Firmen verbanden. Dieses führte dazu, daß sich die Verbände der Wohnungsunternehmen, der Maklervereinigungen sowie der Mietervereine mit Unterstützung der Handelskammer, Pro Honore und der Arbeitsgruppe Scientology zu einer "Konzertierten Aktion" zusammenschlossen, um dem Expansionsdrang und der Geldbeschaffung über den Immobilienmarkt Einhalt zu gebieten.

Daß diese Aktivitäten sich störend auf das Geschäftsverhalten der auf diesem Markt tätigen durch Scientology-Mitglieder geführten Firmen auswirken würde, und diese das nicht widerspruchslos hinnehmen würden, wurde sehr schnell deutlich.

So nahm der in Hamburg ansässige für WISE zuständige Makler Kontakt zur Konzertierten Aktion auf und bediente sich einer Taktik, die die Verbände der Konzertierten Aktion zwang, mit ihm eine Art "Stillhalteabkommen" zu schließen. So erwirkte er eine einstweilige Anordnung zu einigen Aussagen in einer von der Konzertierten Aktion herausgegebenen Presseerklärung. Die Argumentationslinie, die er vortrug, unterstellte Pauschalaussagen zwischen der Presseerklärung und der veröffentlichten Liste der Konzertierten Aktion der in diesem Zusammenhang auffälligen Firmen. Es bestand von seiten der die Aktion tragenden Verbände die Befürchtung nach dem ersten Teilerfolg in der ersten Sache, daß alle auf der veröffentlichten Liste genannten Personen bzw. Firmen in gleicher Art und Weise nachziehen würden. Das Prozeßkostenrisiko erschien den Verbänden zu hoch.

Diese Vorkommnisse führten allerdings nicht dazu, daß sich die Konzertierte Aktion auflöste. Das oben angegebene "Stillhalteabkommen" regelt Vorfälle aus der Vergangenheit.

Es bleibt somit den Verbänden und hier in Besonderheit dem Mieterverein für die Zukunft bei neuen Auffälligkeiten auf dem Umwandlungsmarkt unbenommen, auf diese Mißstände auch öffentlich hinzuweisen.

Festzuhalten ist, daß sich aufgrund der Aufklärungsarbeit dieser Konzertierten Aktion die Sensibilität bundesweit erhöht hat und die kritische Auseinandersetzung mit auf dem Immobilienmarkt tätigen Firmen außerordentlich hoch ist.

Zum Beleg dafür, daß die immer wieder vorgetragene Argumentation, ein Immobilienmakler, der Mitglied bei Scientology ist, würde nur seinen Immobiliengeschäften nachgehen, nicht stimmt, wird hier ein Schreiben des Herrn Brase an alle seine Mitarbeiter vom 15.3.1993 zitiert:

"Ihr habt wirklich den purpose der Firma toll verwirklicht, indem Ihr ausgerechnet zu RON's Geburtstag ein highest ever für dieses Jahr produziert habt für die wichtigste Stat in der Firma, verkaufte Wohnungen. Es wurden 22 WE's in einer Woche verkauft, gleichzeitig wurde ein highest ever in Form von 23 Reservierungen in einer Woche produziert. Außerdem wurde ein Zinshaus mit 72 WE's verkauft und ein Zinshaus mit 74 WE's gekauft. Wir haben immer wieder festgestellt, daß das Ergebnis unserer Leistung unser Teamgeist und unser purpose ist. Mit jeder Woche, die wir über 20 WE's verkaufen, kommen wir unserem Ziel, ein neues Orggebäude zu finanzieren, einen Schritt weiter."

Ein weiteres Tätigkeitsfeld von WISE-Mitgliedern liegt in der Personal- und Managementschulung. In diesem Bereich ist für Außenstehende kaum erkennbar, daß dort die scientologische Ideologie vermittelt wird. Die Inhalte der Seminare und Kurse dieser Firmen unterscheiden sich häufig nicht von den bei Scientology angebotenen Kursen auf dem Weg der "Brücke zur totalen Freiheit".

Gerade diese Firmen erfüllen den Auftrag von WISE in besonderer Weise. Über Schulung von Personal setzt sich in Firmen das scientologische Gedankengut fest und wird weiter transportiert. Die eine oder andere Person wird über diese Schulungen Mitglied bei Scientology. Spätestens dann greift der Mechanismus, der von Aussteigern als "Sog" bezeichnet wird und der den einzelnen nur schwer wieder losläßt. Wird für diese Person der Zusammenhalt der Scientology oberstes Gebot, wird sie die Firmeninteressen hinter die Ziele der Scientology-Expansion zurückstellen. Schritt für Schritt besteht hier die Gefahr der schleichenden Unterwanderung der Wirtschaft über diese Firmen und der Einfluß wird die unter Punkt 3.2 genannten Auswirkungen haben.

Bei der Arbeitsgruppe Scientology wird ein verstärktes Interesse von Wirtschaftsunternehmen registriert, die eine Einflußnahme auf ihre Betriebe durch scientologische Personalberater oder/und Managementschulungen fürchten. Außerdem suchen zunehmend Arbeitnehmer/innen aus scientologisch geführten Firmen das Gespräch mit der Arbeitsgruppe. Zum Teil wird der Kontakt nur deswegen aufgenommen, um über Erfahrungen zu berichten. Die präventive Beratung nimmt im Bereich der Wirtschaft einen immer höheren Stellenwert ein.

Zunehmend folgen Firmen dem Rat, vor Vertragsabschlüssen sich eine Erklärung geben zu lassen, in dem der vorgesehene Vertragspartner erklärt, daß sein Unternehmen nicht nach der Technologie von L.Ron Hubbard geführt wird, daß seine Mitarbeiter/innen nicht danach geschult werden und daß die entsprechende Firma die Technologie von L.Ron Hubbard zur Führung eines Unternehmens ablehnt.

Bei Personalschulungfirmen bietet sich außerdem an, eine Erklärung zu fordern, die deutlich macht, daß das angebotene Schulungsmaterial nicht auf der Grundlage der Technologie von L.Ron Hubbard erarbeitet wurde.

Scientology und Heilkunde

Von vergleichbarer Bedeutung wie die Einflußnahme von SC in der Wirtschaft ist die Frage, ob die von SC angebotenen Leistungen unter gesetzliche Regelungen fallen, die im weitesten Sinne Heilkunde i.S.d. Heilpraktikergesetzes darstellen. Diese Einschätzung würde dazu führen, daß bestimmte Angebote der Scientology-Organisation einer staatlichen Zulassung bedürften.

Diese Frage spielte auch bereits in der parlamentarischen Auseinandersetzung in der Hamburgischen Bürgerschaft eine wesentliche Rolle (siehe dazu Drucksache 14/2024, hier insbesondere die Aussagen der Sachverständigen Prof. Dr. Erwin Deutsch, Universität Göttingen und Prof. Dr. Klaus Böhme, AK Ochsenzoll Hamburg).

Bezeichnenderweise spricht L.Ron Hubbard bereits ín seinem Buch "Dianetik" von Therapie. Bereits in diesem Werk wird Linderung von körperlichen Schäden bzw. Beeinträchtigungen, wie z.B. Kurzsichtigkeit versprochen.

Weitere Veröffentlichungen beschreiben u.a. auch Fälle, wo Scientologen berichten, wie sie aufgrund der angewandten Technologie von L.Ron Hubbard von körperlichen Schäden geheilt wurden. Als "Heiler" fungieren bei SC die sogenannten Auditoren. In dem für sie bestimmten "Handbuch des ehrenamtlichen Geistlichen" werden grob die Schritte beschrieben, die zur Linderung von Beschwerden führen sollen, wenn sie standardgemäß angewandt werden. Scientology-interne Anweisungen werden z.B. auch überschrieben mit "Die Handhabung von Krankheit in Scientology".

Aufgrund der Auswertung der SC-internen Literatur und Richtlinien, sowie der zum Bereich Heilkunde ergangenen Rechtssprechung ist die Arbeitsgruppe der Auffassung, daß die Anwendung der Dianetik, deren wesentlicher Bestandteil das "Auditing" darstellt, die Therapie bei der Scientology-Organisation als Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes anzusehen ist und daher einer Genehmigung bedarf.

Es muß angestrebt werden, mit den rechtlich zur Verfügung stehenden Mitteln die Therapie nach L. Ron Hubbard zu unterbinden. Der Senat hat deswegen die Behörde für Inneres und die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales mit der Prüfung beauftragt, welche Schritte auf der Basis des Heilpraktikergesetzes zum Erreichen dieses Zieles erforderlich sind.

Darüber hinaus können die angebotenen Kurse und Seminare wie z.B. der Kommunikationskurs bei der Scientology-Organisation als Angebote zur Bewältigung von allgemeinen Lebensproblemen verstanden werden. Zu diesem Ergebnis kam auch das Hamburgische Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 6. Juli 1993 (OVG Bf VI 12/91). Kurse und Seminare bei Scientology Hamburg sind danach als Gewerbe anzumelden.

Somit begibt sich die Scientology-Organisation mit diesen Angeboten auf den allgemeinen Markt der Lebensbewältigungshilfe. Dieser "gewerbliche Lebenshilfemarkt" ist gesetzlich nicht geregelt. Bereits die 67. Gesundheitsministerkonferenz regte im November 1994 an, im Rahmen einer Bund/-Länder-Arbeitsgruppe zu prüfen, welche gesetzlichen Regelungen für Dienstleistungen gewerblicher Lebensbewältigungshilfe zu treffen sind. Zum Schutz des einzelnen - auch im Sinne des Verbraucherschutzes - wird eine gesetzliche Regelung für den Psycho- und Lebenshilfemarkt für notwendig erachtet. Diese müßte u.a. Mindestanforderungen an eine bestimmte Ausbildung knüpfen und die staatliche Überprüfbarkeit an von Menschen angewandten Psycho-Techniken gewährleisten. Ein solches Gesetz würde die Scientology-Organisation, aber auch andere mit Psycho-Techniken arbeitenden Gruppen in diesem Bereich zwingen, ihre Verfahren offenzulegen.

Der Senat hat die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales, die Justizbehörde und die Behörde für Inneres beauftragt gesetzliche Möglichkeiten zu erarbeiten, um diese Gesetzeslücke zu schließen.

Strafrechtliche Bewertung der Scientology-Aktivitäten

Neben den zivil- und verwaltungsrechtlichen Auseinandersetzungen entweder mit der Gesamtorganisation oder mit einzelnen Mitgliedern kommt den zahlreich in der Öffentlichkeit erhobenen Vorwürfen über Straftaten hohe Bedeutung zu. Nach bisherigem Kenntnisstand liegt ein Schwerpunkt bei Delikten, die der Wirtschaftskriminalität zuzuordnen sind. Bei Verfahren gegen Mitglieder der Scientology-Organisation spielten in der Vergangenheit folgende u.a. Straftatbestände eine Rolle: Steuerhinterziehung, Konkursverschleppung, Betrug.

Als besonderes Problem erweist sich in diesem Zusammenhang, das individuell strafbare Verhalten von Mitgliedern der SC auf die Einflußnahme der Organisation zurückzuführen und somit einen Sachzusammenhang herzustellen. So ist z.B. davon auszugehen, daß durch die totale Unterwerfung der einzelnen Mitglieder unter die Organisationshierarchie und die Notwendigkeit für die immer kostenintensiver werdenden "Befreiungsstufen" Geld bereitzustellen, ein Druck bei einzelnen Mitgliedern entstehen kann, der sie möglicherweise dazu bringt, dem Weg bei Scientology auch unter Begehung von Straftaten zu folgen. Hinzu kommt, daß bei totaler Verinnerlichung der Ideologie die Sanktionen der Organisation als schlimmer bewertet werden, als evtl. Strafverfolgung durch Ermittlungsbehörden des Staates. So ist es vorstellbar, daß sich hinter "normaler Kriminalität" Taten verbergen, deren Ursachen und Motive mit der Scientology-Mitgliedschaft des Täters in Zusammenhang stehen.

Staatsanwalt und Polizei haben sich in ihren Ermittlungsverfahren zwischenzeitlich auf die stärkere Berücksichtigung von entsprechenden Organisationszusammenhängen eingestellt, soweit hierfür konkrete Anhaltspunkte erkennbar waren.

Ein weiteres gewichtiges Problem stellen Personen dar, die bereit waren, sich der Arbeitsgruppe zu offenbaren und auch strafrechtlich relevante Angaben zu machen im Vertrauen auf Schutz vor Repressalien durch die Organisation. Es wurde versucht, ihnen die Notwendigkeit zu vermitteln, ihre Aussagen vor den Ermittlungsbehörden abzugeben. Im Einzelfall wurden zur Unterstützung der Aussagebereitschaft auch Zeugenschutzmaßnahmen in Betracht gezogen.

Bei der Bewertung der internen Richtlinien und Anweisungen der SC ist die tatsächliche Umsetzung durch einzelne häufig schwierig nachzuweisen. Dies ist z.T. damit begründet, daß bei Verfahren gegen einzelne Scientologen, sei es zivil-, arbeits- oder strafrechtlicher Art, davon auszugehen ist, daß die betroffenen Beschuldigten von der Organisationen angehalten werden, den Zusammenhang zwischen ihrer Mitgliedschaft und den vor dem entsprechenden Gericht zu verhandelnden Tatbeständen zu leugnen bzw. alles zu tun, damit dieser Zusammenhang nicht aufgedeckt wird. Gelingt dies nicht, distanziert sich die Organisation auch öffentlich von diesen Personen und führt das jeweilige Verhalten auf die Unfähigkeit des einzelnen Scientologen zurück.

So ist aufgrund dieser Vorgehensweisen erklärbar, daß der übergeordnete Einfluß auf einzelne Straftäter bei Ermittlungsverfahren nicht erkennbar wurde und bei der Beurteilung der Tat keine Berücksichtigung fand. Als ein Problem der Strafverfolgung im Zusammenhang mit SC-Verfahren wurde dieses auch vom Unterausschuß "Strafrecht" in seinem Bericht an die 64. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister vom 17. Mai 1993 erkannt. Dort heißt es unter dem Abschnitt "VI. Allgemeine wirtschaftliche Betätigung von Scientology-Mitgliedern in Deutschland" auf Seite 85 f:

"Im Rahmen der Strafverfolgung bestehen insoweit jedoch anders gelagerte, praktische Probleme, welche es gegenwärtig noch erschweren, diesen besonders gefährlichen Bereich eines strafrechtlich relevanten Verhaltens von Mitgliedern der Scientology-Organisation in seinen Ausmaßen und seiner Bedeutung zu erkennen und richtig einzuordnen: Im Gegensatz zu Vorwürfen, welche sich gegen die Organisation oder ihre Funktionäre unmittelbar richten, ist nicht gewährleistet, daß von Scientology-Mitgliedern begangene Delikte aus dem Bereich der allgemeinen Wirtschaftskriminalität auch in ihrem übergeordneten Bezug zur Organisation erkannt werden. Die hier relevanten Verfahren werden gegen die Verantwortlichen neutral firmierender Firmen geführt, deren Mitgliedschaft in der Scientology-Organisation den Strafverfolgungsbehörden eher zufällig - wenn überhaupt - bekannt wird. Auch die Art der Straftaten, etwa Steuerhinterziehung, Konkursverschleppung, Betrug - gehören zum allgemeinen Bild der Wirtschaftskriminalität und bieten keinen Anlaß zu besonderem Verdacht; sie werden in aller Regel isoliert bearbeitet, ohne daß die Notwendigkeit gesehen wird, die Problematik auf übergeordnete Zusammenhänge oder etwa überörtliche Steuerung zu überprüfen."

Um die erkannten Mängel bei der Strafverfolgung abzustellen, wird im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen gegen Mitglieder der SC-Organisation in Hamburg seitens der Polizei und der Staatsanwaltschaft, auch Verdachtsmomenten in Richtung organisierte Straftaten sowie übergeordneter Zusammenhänge nachgegangen.

Dem kommt auch eine weitere Forderung des o.a. Berichts an die Justizministerinnenkonferenz entgegen. So hält es der Strafrechtsausschuß für erforderlich, "... den Erkenntnisstand der Strafverfolgungsbehörden zu verbessern. Hierzu gehört eine umfassende Unterrichtung der Strafverfolgungsbehörden über Arbeit und Ziele von Scientology, der Erfahrungs- und Informationsaustausch aller befaßten Stellen sowie eine gezielte Aus- und Fortbildung".

Im einzelnen gab der Ausschuß folgende Anregungen an die Justizministerinnen/Justizminister:

Die Justizministerinnen und Justizminister sind dem Vorschlag des Strafrechtsausschusses allerdings insoweit nicht gefolgt.

Das seit 1991 bei der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hamburg anhängige Ermittlungsverfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung wurde am 17.6.1994 eingestellt.

Die Staatsanwaltschaft kommt unter Hinweis darauf, daß der Vorwurf eines Vergehens gemäß § 129 StGB in jenem Verfahren mit den zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten überprüft wurde, zu folgendem Ergebnis:

"Die Feststellung kriminogener und mit der Wertordnung des Grundgesetzes unvereinbarer Strukturen einer Personenmehrheit bedeutet nicht zugleich auch das Vorliegen einer kriminellen Vereinigung im Sinne des § 129 StGB. Voraussetzung hierfür sind tatsächliche Anhaltspunkte dafür, daß ein auf Dauer angelegter, fest organisierter Zusammenschluß von Personen sich zum Ziel gesetzt hat, Straftaten zu planen und zu begehen, und zwar in dem Bewußtsein,einem festgefügten kriminellen Verband anzugehören. Dabei genügt es nicht, wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist. Es genügt ebenfalls nicht, wenn einzelne Mitglieder der Vereinigung Straftaten begehen."

Verfahren hinsichtlich des Verdachtes von Straftaten mit steuerrechtlichen bzw. wirtschaftlichen Bezügen wurden abgetrennt und in den zuständigen Abteilungen der Staatsanwaltschaft weiter verfolgt.

Die Behörde für Inneres hat gegenüber dem Generalstaatsanwalt zur Einstellungsverfügung umfassend Stellung genommen und um Wiederaufnahme des Verfahrens gebeten.

Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit des Senats

Nach Einrichtung der Arbeitsgruppe Scientology durch den Senat bei der Behörde für Inneres wurde diese innerhalb kürzester Zeit in einem außerordentlich hohen Maße von der hamburgischen Bevölkerung in Anspruch genommen. In einer Vielzahl von Anrufen, Schreiben und persönlichen Gesprächen wurde offensichtlich, welcher erhebliche Aufklärungsbedarf über die Handlungsweisen der Scientology-Organisation bestand und besteht. Allein die schriftlichen Anfragen an die AGS belaufen sich auf ca. 2 600 in den Jahren 1993 und 1994. Die telefonischen Anfragen übersteigen diese Zahl um ein Mehrfaches. Da diese Stelle bislang die einzige dieser Art in der Bundesrepublik Deutschland ist, ergab sich zwangsläufig, daß sie auch mit einer Vielzahl von Anfragen aus dem übrigen Bundesgebiet konfrontiert wurde.

Broschüre

In Hinblick auf die Notwendigkeit einer intensiven Aufklärungarbeit war es geboten, der Öffentlichkeit Informationsmaterial zur Verfügung zu stellen. In Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung wurde die von zwei externen Autoren verfaßte Informationsbroschüre "Scientology - Irrgarten der Illusionen" herausgegeben. Die erste Auflage von ca 8.000 Exemplaren war innerhalb kurzer Zeit vergriffen.

Ein Antrag der Scientology Kirche Hamburg e.V. auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung, mit der das weitere Verteilen der genannten Broschüre untersagt werden sollte, wurde erstinstanzlich vom Verwaltungsgericht Hamburg mit Beschluß vom 9. Juli 1993 zurückgewiesen.

Mit Beschluß vom 24. August 1994 hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht den Beschluß des Verwaltungsgerichtes Hamburg abgeändert. Die Broschüre darf vorläufig mit vier von der Scientology-Organisation beanstandeten Äußerungen nicht verteilt werden. Die entsprechenden Seiten wurden neu gedruckt und in die Broschüre eingelegt, so daß sie der Verwaltung und der Öffentlichkeit wieder zur Verfügung steht.

Da die Scientology-Organisation trotz des langen Verfahrens zum Erlaß der einstweiligen Anordnung keine Hauptsacheklage erhoben hatte, wurde von der Behörde für Inneres am 12. September 1994 beim Verwaltungsgericht Hamburg ein Antrag auf Fristsetzung zur Erhebung der Klage in der Hauptsache gestellt. Dem Antrag wurde stattgegeben; die Scientology-Organisation hat aufgrund des Beschlusses des Verwaltungsgerichts am 3. November 1994 Klage in der Hauptsache erhoben und begehrt auch hier die Unterlassung der weiteren Verbreitung der vier beanstandeten Passagen der Informationsbroschüre. Damit wird diese Streitfrage einer grundsätzlichen und endgültigen Überprüfung zugeführt. Das Beweisaufnahmeverfahren ist zur Zeit noch nicht eröffnet.

Veranstaltungen

Ein wesentlicher Bestandteil der Aufklärungsarbeit ist die Teilnahme an Fortbildungs- und Aufklärungsveranstaltungen. So nahm die Leiterin der Arbeitsgruppe Scientology auf Anfrage in den Jahren 1993 und 1994 an 117 verschiedenen Fachtagungen, Expertenanhörungen und öffentlichen Veranstaltungen teil. Diese wurden von unterschiedlichen Gruppen aus der Öffentlichkeit, wie Parteien, Vereinigungen aber auch Verwaltungsstellen in Hamburg bzw. bundesweit organisiert. In den letzten Monaten verzeichnet die Arbeitsgruppe SC auch ein verstärktes Interesse an Hamburger Schulen, sich mit der Problematik einerseits im Unterricht, andererseits im Rahmen der Lehrerkollegien eingehender zu befasssen.

Ebenfalls in den Bereich der Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit fallen die Teilnahme an Diskussionen im Rahmen von Fernseh- und Rundfunksendungen sowie Stellungnahmen zu aktuellen Vorkommnissen sowie grundsätzlichere Aussagen gegenüber den Printmedien. Gerade die Teilnahme an diesen öffentlichen Veranstaltungen führt in besonderem Maße dazu, daß Informationen und Erfahrungsberichte zur weiteren Auswertung von betroffenen Personen an die Arbeitsgruppe weitergeleitet werden.

Der Aufklärungsarbeit an den Hamburger Schulen wird zukünftig noch mehr Bedeutung beizumessen sein. Ihnen wird neben der bereits verteilten Broschüre weiteres unterrichtstaugliches Material zur Verfügung gestellt werden müssen.

Fortbildungsmaßnahmen innerhalb der Verwaltung

Die Entwicklung von Weiter- und Fortbildungsmaßnahmen für die einzelnen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Verwaltung der Freien und Hansestadt Hamburg sind ein noch weiter zu realisierendes Arbeitsfeld. Zwar wird das Fachwissen der Arbeitsgruppe bereits jetzt von einzelnen Behörden für Schulungsveranstaltungen im Fortbildungsbereich genutzt, es wird aber angestrebt, noch mehr spezifische Informationsveranstaltungen anzubieten.

Gemeinsam mit dem Amt für Jugend wurde im September 1994 ein eintägiges Fortbildungs-seminar für den Kindertagesstättenbereich veranstaltet. Die Veranstaltung hatte eine überaus positive Resonanz. Vertiefende Seminarangebote sollen für diesen Bereich folgen.

Um ein einheitliches Vorgehen der Bezirksämter in Hamburg zu ermöglichen, fand eine Informationsveranstaltung statt, die insbesondere das Werbegebaren der Organisation und die rechtlichen Möglichkeiten der Bezirke betraf. Bei dieser Veranstaltung wurde deutlich, daß es nach wie vor einen unterschiedlichen Umgang mit den entsprechenden Problemen in den einzelnen Bezirken gibt. Hilfreich sind in diesem Zusammenhang die Erfahrungswerte des Bezirksamtes Hamburg-Mitte, wo bislang die meisten Entscheidungen in diesem Bereich zu treffen waren.

Für die nahe Zukunft sind Informations- und Fortbildungsveranstaltungen mit Mitarbeiter/Innen der Justizbehörde, der Polizei sowie der Finanzbehörde geplant.

Dokumentarfilm

Für die Verwendung in Informationsveranstaltungen und darüber hinaus ist beabsichtigt, neben den schriftlichen Angeboten, einen Dokumentarfilm zu erstellen. Die Überlegungen zur Umsetzung dieses Vorhabens sind jedoch noch nicht abgeschlossen.

Angriffe der Scientology-Organisation gegen die Aufklärungsarbeit

Die zunehmende kritische Auseinandersetzung mit der Scientology-Organisation in der Öffentlichkeit und durch die konsequente Aufklärungsarbeit herbeigeführte bessere, breitere Information führte zu Attacken der Scientology-Organisation gegen Einzelpersonen, aber auch gegen die Bundesrepublik Deutschland insgesamt.

So gelang es der Organisation bei der KSZE- (OSZE) Überprüfungskonferenz, die vom 10.10. bis 2.12.1994 in Budapest/Ungarn stattfand, als "Nichtregierungsorganisation" in der Arbeitsgruppe "menschliche Dimension" zugelassen zu werden und dort ihre Behauptungen, die Bundesrepublik Deutschland verweigere den Mitgliedern der Scientology die Religionsfreiheit und diskriminiere die Mitglieder, vorzutragen. Diese Bemühungen waren allerdings von keinerlei Erfolg gekrönt. So hat die deutsche Delegation nach Kenntnis der Arbeitsgruppe den Angriffen entschieden widersprochen und in das Schlußdokument der Konferenz sind die Forderungen bzw. Darstellungen der Organisation nicht eingegangen.

Ebenfalls auf die breit angelegten zentralgesteuerten Angriffe auf die Aufklärungsarbeit ist der im Dezember 1994 von den Vereinten Nationen veröffentlichte Bericht des Sonderberichterstatters der UN-Menschenrechtskommission zu werten. Unter der Rubrik "Deutschland" wurden jene Beschwerden wiedergegeben, welche offensichtlich von deutschen Scientologen bei der UN-Menschenrechtskommission vorgebracht wurden. Nach Kenntnis der Arbeitsgruppe Scientology wurde im Vorwege der Veröffentlichung weder die angeblichen Vorfälle der Bundesregierung bekannt, so daß eine Bewertung bzw. eine deutliche Klarstellung vor Veröffentlichung des Sonderberichtes der UN-Menschenrechtskommission nicht möglich war. Scientology hat diese Veröffentlichung zu einer Kampagne benutzt, in der behauptet wurde, nunmehr habe auch die UNO amtlich festgestellt, daß in Deutschland religiöse Rechte der Scientology-Mitglieder verletzt wurden. Auch bei dem schon dargestellten Verfahren vor den Arbeitsgerichten hat die Organisation Auszüge aus dem UN-Bericht in das Verfahren eingeführt. Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Begründung, daß es sich bei Scientology nicht um eine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft handelt, wie folgt Stellung genommen:

"Dieser Bericht (UN) kann schon deshalb nicht zu einer anderen Beurteilung führen, da der Berichterstatter die vom Senat für maßgeblich erachteten Umstände in seiner schriftlichen Vorlage nicht gewürdigt hat. Im übrigen handelt es sich um eine persön-liche Meinungsäußerung des Berichterstatters."

Begleitet wurden diese auf internationaler Ebene vorgebrachten Anschuldigungen der Scientology-Organisation von einer in den USA Ende 1994 in großen amerikanischen Zeitungen geschalteten Anzeigenkampagne. Es wurden in diesen ganzseitigen Anzeigen von der Scientology-Organisation immer in Verbindung mit der angeblichen Diskriminierung von ihren Mitgliedern in der Bundesrepublik Deutschland ein Neubeginn des "Holocaust" beschworen. Diese Anzeigenkampagne stieß allerdings gerade auch in der Bundesrepublik mehr auf Gegenwehr, als auf Verständnis. Unter anderem hatte diese Kampagne auch zur Folge, daß die New York Times in einem längeren Artikel über die Aufklärungsarbeit über Scientology in der Bundesrepublik Deutschland berichtete. Außerdem ist festzustellen, daß die immer wieder vorgetragenen Vorwürfe inzwischen in der Öffentlichkeit, zumindest in der Bundesrepublik auf Unverständnis und Ablehnung stoßen.

Dieses diffamierende Vorgehen entspricht den unter 2.2.4 dargestellten Auseinandersetzungen mit der in Hamburg aktiven Gruppierung von Scientology-Mitgliedern "Mitbürger unterstützen Toleranz" (MUT).

Des weiteren wurden speziell in Hamburg, aber auch bundesweit, diffamierende Flugblätter über einzele Personen, die die kritische Auseinandersetzung mit der Organisation in der Öffentlichkeit führen, verteilt. Diesen persönlichen Angriffen waren neben der Leiterin der Arbeitsgruppe in Hamburg auch der Bundesarbeitsminister Blüm u.a. ausgesetzt. Im Wege von zivilrechtlichen einstweiligen Anordnungen wurden der Scientology-Organisation diverse diffamierende Äußerungen gegenüber der Leiterin der Arbeitsgruppe bei der Behörde für Inneres untersagt.

Die verschiedensten Aktivitäten zeigen, daß die Aufklärungsarbeit und die breitere öffentliche Diskussion innerhalb der Scientology-Organisation für Unruhe sorgen. In Hamburg hat dies zu einem Wechsel an der Spitze der Scientology-Organisation geführt. Die frühere Präsidentin ist nicht mehr aktiv tätig. An die Spitze in Hamburg wurde ein Amerikaner gewählt. Dies deutet darauf hin, daß die Hamburger, wenn nicht sogar die gesamte deutsche Führung der Scientology-Organisation zur Zeit von der internationalen Ebene her kontrolliert wird.

Geschäftsbeziehungen und Auftragsvergabe des Staates zur Scientology-Organisation (Petitum der Drucksache 13/7908)

Mit der Scientology-Organisation bzw. mit Firmen, die erkennbar - z.B. durch ihre WISE-Mitgliedschaft - als ihr zugehörig angesehen werden müssen, sollen keine Verhandlungen über den Verkauf, die Vermietung oder die sonstige Überlassung stadteigener Grundstücke oder Gebäude geführt werden, soweit weder Verfassungsrecht noch sonstige Rechtsnormen einen Kontrahierungszwang bewirken.

Ein solcher Kontrahierungszwang besteht z.B. nicht bei rein fiskalischem Verwaltungshandeln, wie z.B. dem Verkauf von Grundstücken zur Vermögensmobilisierung. Hier ist der Staat grundsätzlich frei, mit wem er Geschäfte tätigen will und wem nicht. Ein Kontrahierungszwang könnte aber z.B. dann bestehen, wenn städtische Grundstücke zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben (wie z.B. bei der Förderung des sozialen Wohnungsbaus, bei städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen oder beim Bau von Einrichtungen des Gemeinbedarfs) verkauft werden. In diesem Bereich des sog. Verwaltungsprivatrechts ist die Verwaltung an die Beachtung der Grundrechte (z.B. das Recht auf Gleichbehandlung; Art. 3 GG) gebunden. Das heißt, es dürfen keine sachfremden Erwägungen bei der Auswahl der Vertragspartner herangezogen werden, die eine unterschiedliche Behandlung nicht rechtfertigen könnten.

Die bisherigen Erkenntnisse haben ergeben, daß in einer Reihe von Fällen ein sachgerechter Grund bestehen könnte, die Scientology-Organisation oder WISE-Firmen auch in Fällen des Verwaltungsprivatrechts als Vertragspartner auszuschließen. Eine Einzelfallprüfung ist aber insoweit unerläßlich.

Soweit das Ersuchen 13/7908 dazu auffordert, von Vorkaufsrechten Gebrauch zu machen, ist auf folgendes hinzuweisen: Vorkaufsrechte der Stadt bestehen nicht an allen Grundstücken, sondern nur in bestimmten Fällen:

Vorkaufsrechte sind daher regelmäßig kein geeignetes Instrument, die Aktivitäten der Scientology-Organisation oder WISE-Firmen einzuschränken. Sofern rechtlich möglich und finanziell vertretbar, können aber im Einzelfall bestehende Vorkaufsrechte ausgeübt werden.

Soweit im Ersuchen außerdem gefordert wird, auf staatlich beherrschte Grundstücks- und Immobiliengesellschaften einzuwirken, keine Geschäftsbeziehungen zur Scientology-Organisation und WISE-Firmen zu pflegen, bestehen weitgehend gesellschaftsrechtliche Möglichkeiten, auf die entsprechende Firmen im Rahmen des Gesetzes über Wettbewerbsbeschränkungen und des Gleichbehandlungsgrundsatzes einzuwirken.

Zu der ebenfalls im Ersuchen aufgeworfenen Frage der Vergabe von staatlichen Aufträgen gilt grundsätzlich folgendes:

Maßgeblich für die Vergabe staatlicher Aufträge sind grundsätzlich die Verdingungsordnung für Leistungen (VOL) sowie die Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB).

Danach wäre es rechtlich nicht zulässig, die Scientology-Organisation bzw. WISE-Firmen generell und von vornherein von einer Auftragsvergabe auszuschließen.

Denn nach den Verdingungsordnungen wird bei einer Ausschreibung der Zuschlag an denjenigen Bieter erteilt, der das wirtschaftlichste bzw. annehmbarste Angebot abgegeben hat (günstigster Preis und den Ausschreibungsbedingungen entsprechende Qualität). Dabei sind nur die Bieter zu berücksichtigen, "die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzen" (§ 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A sowie entsprechende Regelung in § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A).

Aus dieser Regelung folgt, daß bei der Prüfung der Eignung eines Bieters ausschließlich wirtschaftliche bzw. auftragsbezogene Maßstäbe anzulegen sind. Nicht auftragsbezogene Gesichtspunkte dürfen daher als Kriterium bei der Wertung der Angebote nicht herangezogen werden. Alle Bieter sind entsprechend § 7 VOL/A und § 8 VOB/A gleich zu behandeln. Infolgedessen spielen außerhalb der wirtschaftlichen Betätigung des Bieters liegende Eigenschaften grundsätzlich keine Rolle bei der Auswahl des Angebotes. Diese Eigenschaften können jedoch da von Bedeutung sein, wo sie einen schädigenden Einfluß auf die Zuverlässigkeit auszuüben vermögen.

Ein genereller Ausschluß der Scientology-Organisation und WISE-Firmen von einer Auftragsvergabe kann darüber hinaus mit dem Verbot wettbewerbsbeschränkender und diskriminierender Maßnahmen im Rahmen der §§ 22 Abs. 4, 26 Abs. 2 GWB (Gesetz über Wettbewerbsbeschränkungen) unvereinbar sein.

Aufgrund der bei WISE-Unternehmensmitgliedschaften abzuschließenden Lizenzverträge werden die "Lizenznehmer" von WISE eng an die Scientology-Organisation gebunden. Durch die Verknüpfung mit dem verinnerlichten idealistischen Ziel der in einer WISE-Firma tätigen Personen ist davon auszugehen, daß die Scientology-Organisation quasi die Kontrolle über diese Firma übernimmt. Verbunden mit der vertraglichen Bindung an WISE ist nicht nur die Verpflichtung in der eigenen Firma die Technologie von L. Ron Hubbard einzuführen, sondern sie auch weiter zu verbreiten. Vor diesem Hintergrund wird daher zu prüfen sein, inwieweit Firmen, die wie oben beschrieben arbeiten, möglicherweise grundsätzlich als unzuverlässig einzustufen sind. Des weiteren wird geprüft werden müssen, inwieweit weitere Schritte bis hin zu eventuellen Änderungen von Gesetzen oder Verordnungen notwendig werden. Insoweit hat der Senat den zuständigen Fachbehörden unter der Federführung der Behörde für Inneres einen Prüfauftrag erteilt.

Einer besonderen Beurteilung bedarf allerdings die Vergabe von Aufträgen an Unternehmensberater bzw. Managementschulungsunternehmer, die nach der Technologie von L.Ron Hubbard arbeiten und deren Inhalte vermitteln. Zwar gilt für diese Tätigkeiten, die von Freiberuflern erbracht oder im Wettbewerb mit diesen von Gewerbetreibenden angeboten werden, die VOL nicht, so daß auch der Rechtsbegriff der Zuverlässigkeit i.S. der VOL nicht anwendbar ist. Für das Verhältnis zwischen Unternehmensberater und Auftraggeber ist aber aus der Natur der Sache heraus von ganz wesentlicher Bedeutung, daß der Auftraggeber zum Unternehmensberater uneingeschränktes Vertrauen hat, weil die Abwicklung solcher Aufträge eine besonders enge Geschäftsbeziehung notwendig macht. Sie zeichnet sich dadurch aus, daß der Unternehmensberater Einblick in die Interna des Auftraggebers und Zutritt zu dessen Einrichtungen erhält und dabei auch in Kontakt mit dessen Mitarbeitern tritt, wodurch ihm eine erhebliche Einflußnahme auf die Mitarbeiter ermöglicht wird.

Da der Senat die Ideologie der Scientology-Organisation ablehnt und ihre Methoden mißbilligt, kann das erforderliche Vertrauen gegenüber einem Unternehmensberater oder Schulungsunternehmen nicht bestehen, die die Technologie von L. Ron Hubbard verbreiten. Zudem müssen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der öffentlichen Verwaltung vor einer entsprechenden Einflußnahme am Arbeitsplatz geschützt werden.

Da nicht zu verantworten wäre, daß Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Verwaltung von der Technologie von L. Ron Hubbard abhängig würden, scheidet insgesamt eine Auftragsvergabe an nachweisbar der Scientology-Organisation nahestehende bzw. WISE-Unternehmensberater bzw. Schulungsunternehmen, die die Technologie von L.Ron Hubbard verbreiten, aus.

Um der Verwaltung der Freien und Hansestadt Hamburg die Möglichkeit zu geben im Bereich der Unternehmensberatung und Managementschulung einen Einfluß auf die Verwaltung entsprechender Firmen möglichst auszuschließen, wird zukünftig für diesen Bereich folgender Vertragspassus aufgenommen:

Das entsprechende Unternehmen wird sich verpflichten müssen zu erklären:

  1. daß das Unternehmen nicht nach der Technologie von L.Ron Hubbard geführt wird,
  2. daß weder die Mitarbeiter noch die Geschäftsleitung Kurse und Seminare nach der Technologie von L.Ron Hubbard besuchen,
  3. daß die Geschäftsleitung die Technologie von L. Ron Hubbard zur Durchführung von Schulungsseminaren ablehnt.

Von der Arbeitsgruppe Scientology wird zu einer solchen Erklärung in der privaten Wirtschaft seit einiger Zeit geraten. Nach bisherigem Sachstand hat keine der nach der Technologie von L.Ron Hubbard arbeitenden Unternehmensberatungs- bzw. Schulungsfirmen diese Erklärung unterschrieben. Außerdem ist nach Kenntnisstand der Arbeitsgruppe im privatwirtschaftlichen Bereich keiner der Unternehmer rechtlich belangt worden, der diese Erklärung vor Vertrags-abschluß gefordert hat.

Im Zusammenhang mit der möglichen Überlassung von Räumlichkeiten und dem Abschluß von Grundstücksgeschäften wurde von der Scientology-Organisation bereits ein Verwaltungsgerichtsverfahren angestrengt. Durch einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung sollte erreicht werden, daß der Freien und Hansestadt Hamburg untersagt wird, behördenintern Namen von Personen, Firmen oder Organisationen unter Hinweis auf eine Zugehörigkeit zur Scientology-Organisation weiterzugeben, um dadurch Grundstückgeschäfte oder Überlassungsverträge für öffentliche Räumlichkeiten mit Mitgliedern der Organisation auszuschließen. In jenem Antrag wurde Bezug genommen auf Äußerungen von Senatsvertretern vor dem Rechtsausschuß der Hamburgischen Bürgerschaft (Bü-Drs. 14/2024), wonach entsprechende Informationen behördenintern weitergegeben würden. Der Antrag wurde durch das OVG mit Beschluß vom 18.12.1992 (OVG Bs III 383/92) als unzulässig zurückgewiesen..

Steuerliche Verhältnisse

Im Hinblick auf die Forderung der Hamburgischen Bürgerschaft sicherzustellen, "daß nicht Scientology und beherrschte und beeinflußte Unternehmungen aus Steuermitteln oder durch Steuervorteile direkt oder indirekt gefördert werden", ist festzuhalten, daß sich die Finanzministerkonferenz in ihrer Sitzung am 2.2.1995 mit dem Thema "Scientology" befaßt hat und folgendes feststellt:

Diese Feststellung der Finanzministerkonferenz gilt entsprechend auch für die Scientology-Organisation und analog für die von ihr beherrschten oder beeinflußten Unternehmen und Personen.

Zusammenfassung und Ausblick

Es ist festzustellen, daß die Einrichtung einer staatlichen Stelle, die sich ausschließlich mit Scientology befaßt, geboten war und ist. Zum Schutz einzelner und zur Abwehr von Gefahren für die Allgemeinheit ist es erforderlich, die Strategien der Organisation, deren Wirken und Werben zu dokumentieren und zu analysieren.

In der Vergangenheit ist es den verantwortlich Handelnden der Scientology-Organisation gelungen, ihre eigentlichen Ziele unter einem weltanschaulichen Mantel zu verschleiern. Die bisherigen Erfahrungen seit Einrichtung der Arbeitsgruppe Scientology zeigen, daß wesentlich mehr Menschen auf die unterschiedlichste Art und Weise mit der Ideologie des L.Ron Hubbard in Berührung gekommmen sind, als bisher angenommen.

Für den einzelnen können sich durch die Mitgliedschaft bei Scientology bestimmte Gefährdungen ergeben.

Bereits im Jahre 1984 hat das Münchener Institut für Rechtsmedizin in einem Gutachten die Verfahren der Scientology-Organisation als "dilletantische Psychotherapie" bezeichnet. Hubbard beschreibt in seinem Buch Dianetik seine Therapie wie folgt:

"(...) Sie umfaßt eine therapeutische Technik, mit der alle nicht organischen Geistesstörungen und alle organischen psychosomatischen Leiden mit der Gewißheit völliger Heilung in beliebigen Fällen behandelt werden können."

Diese "Erfolge" sollen u.a. durch die Technik des sogenannten "Auditings" erreicht werden. Dementsprechend gibt es auch den Beruf "Autitor" in der Scientology-Organisation. Sogenannte "Auditoren" werden nach nur kurzer Einweisung - zwei- bis zehnwöchiger Ausbildung - in scientologische Techniken zur Heilung von psychischen Beschwerden anderer Personen eingesetzt.

Daher erscheint es geradezu zwingend, daß eine Vielzahl von Berichten existiert, wonach einzelne Personen erhebliche psychische Schäden durch die Anwendung von Scientology-Techniken erlitten haben. Schilderungen über Realitätsverluste und Suizidgefährdungen treten immer wieder auf. L. Ron Hubbard selbst ermahnt in einigen Serien die Auditoren zur Vorsicht, denn jeder Auditor habe aufgrund der von ihm angewandten Techniken zugleich auch die Möglichkeit, die zu auditierende Person geistig krank zu machen.

Die meisten Vorfälle gibt es anscheinend in den höheren sogenannten "Befreiungsstufen" als sogenannter "Operierender Thetan":

Eine Person, welche die entsprechende Scientology-Stufe erreichen will, hat bereits eine Vielzahl von Kursen, Seminaren und sogenannten Auditing-Sitzungen hinter sich gebracht, in welchem z.B. schmerzhafte Erfahrungen, vorgeburtliche Erlebnisse und Ereignisse in angeblich frühere Leben aufgearbeitet wurden. Hinzu kommt, daß sich spätestens bei dieser Stufe der Proband im sogenannten "Solo-Auditing" befindet, also Therapeut und zu Therapierender in einer Person ist. Er hat sodann die Aufgabe, die seinem unsterblichen Wesen, dem Thetan, anhaftenden, möglicherweise zu Hunderten vorhandenen sogenannten "Körperthetane" ausfindig zu machen und mit diesen Wesen zu kommunizieren. Spätestens bei der Beschreibung dieses Kursmaterials sollte es auch einem Laien deutlich werden, daß bei dieser Prozedur psychische Zwischenfälle wahrscheinlich sind. Auch dieser Kurs zum OT III (Operierender Thetan - Stufe III) kann in Hamburg bei der Scientology-Organisation absolviert werden.

Eine gesundheitliche Gefährdung durch die scientologischen Verfahren hat bereits der parlamentarische Untersuchungsausschuß im Staat Victoria/Australien festgestellt. In dem Parlamentsbericht von 1965 heißt es u.a.:

"Die Grundsätze und Praktiken von Scientology stehen im Gegensatz zu den akzeptierten Grundsätzen und Praktiken von Medizin und Wissenschaft und stellen eine große Gefahr für die Gesundheit, insbesondere die psychischen Gesundheit, der Allgemeinheit dar. Sachverständigengutachten mit dieser Aussage fanden volle Bestätigung durch die beträchtliche Anzahl spezifischer Fälle mit Schädigungen der geistigen Gesundheit, zu denen der Ausschuß Aussagen hörte."

Neben der psychischen Gefährdung ist keinem Mitglied der Scientology der Konflikt zwischen der strikten Anwendung der Scientology-Richtlinien und den rechtlichen Bestimmungen in dem Land, in dem er lebt, erspart. Denn ausgehend von den schon dargestellten Leitlinien, daß nur als "ethisch" gilt, was der Scientology-Organisation nützt, sind auch rechtswidrige Handlungen von Scientologen im Sinne von L. Ron Hubbard "ethisch".

"Illegal ist danach nur das, was sich gegen (steigende) Statistiken oder (Scientology-) Richtlinien richtet bzw. das nicht auf einem genehmigten (Scientology-) Programm beruht."

Bereits 1993 kam der Unterausschuß "Strafrecht" der Justizminister/Innen-Konferenz zu folgender Erkenntnis:

"Bei der Bewertung des Verhaltens von Mitgliedern kommt der Frage große Bedeutung zu, ob und in welchem Umfang diese Finanzzuweisungen an zentrale Institututionen der Organisation leisten. Weisungen und Richtlinien legen fest, daß die grundlegenden Prinzipien der Scientology-Organisation stets Vorrang gegenüber Vorschriften anderer Art einzuräumen ist. Im Konfliktfall führt dieses Unterordnungssystem nahezu zwangsläufig auch zur Begehung von Straftaten, ..."

Weiterhin sind Gefährdungen wirtschaftlicher Art für den einzelnen, der sich der Organisation anschließt immens. Abgesehen von den anfänglichen Kursen, wie dem Kommunikationskurs zu derzeit DM 274,--, sind für die weiteren "Dienstleistungen" von den einzelnen zu zahlenden Beträge erheblich. Die Berichte über die hohen Verschuldungen der einzelnen Mitglieder sind durchaus unterschiedlich, festzuhalten bleibt aber, daß immer wieder Berichte auftauchen, die die Aussage rechtfertigen, daß Verschuldungen zwischen 100.000,-- und 200.000,-- DM nicht ungewöhnlich sind.

Durch die Verinnerlichung der Hubbardschen Wertvorstellung als einzige "wahre" Lehre, verbunden mit der Kontrolle über das Sozialverhalten in der Organisation wird erklärbar, daß Menschen bei Scientology häufig engagiert ihre sogenannte "Weltanschauung" verteidigen. Wegen der dargestellten Vorgehensweise kann der einzelne die Komplexität von Scientology nicht durchschauen. Häufig wird erst bei offensichtlichen, nicht mehr nachvollziehbaren Widersprüchen zwischen dem in Hochglanzbroschüren vermarkteten Anspruch und dem tatsächlichen Verhalten oder Erleben inner- oder außerhalb der Organisation für einige erkennbar, daß die Manipulation ihrer Person systemimmanent ist und sie für Ziele vereinnahmt wurden, die sie vom Grunde her nicht teilen. Dann haben einzelne die Chance sich zu lösen.

Die Gesamtstrategie zielt darauf ab in jedem Land der Welt unter der Vorgabe "Clear Planet" die jeweils herrschende Ordnung zugunsten der Hubbardschen Scientology-Gesellschaft zu verändern. Demokratische Grundsätze sind aus den Schriften von L. Ron Hubbard nicht ablesbar. Es gibt von ihm verschiedenste Aussagen, die die Einstellung zur Demokratie des Gründers der Scientology-Organisation belegen.

Ein Beispiel:

"Scientology gibt uns eine erste Chance zur Schaffung einer wahren Demokratie. ... Somit können wir aufgrund vorliegender Beweise davon ausgehen, daß die erste wahre Demokratie entsteht, wenn wir jedes Individuum von den bösartigeren reaktiven Impulsen befreit haben. ... Bis wir das erreicht haben, werden wir weiterhin der menschlichen "Demokratie" kritisch gegenüberstehen - sowie gegenüber jeder anderen politischen Philosophie. ..."

Unter die bereits erklärte interne Kontrollinstanz "Ethik" gilt innerhalb der Scientology-Welt u.a. als Verbrechen "eine Zusammenkunft" oder "ein Treffen von Mitarbeitern" (...) als Schwerverbrechen werden sogenannte unterdrückerische Handlungen definiert, unter diesen Begriff fallen öffentliche Äußerungen gegen Scientology oder Scientologen, aber auch "vor staatlichen oder öffentlichen Untersuchungen der Scientology feindlich Zeugnis abzulegen, um die Scientology zu unterdrücken."

Setzt sich die Strategie durch und greift der Staat nicht ein, wären in der Konsequenz einige grundlegende Elemente eines demokratischen Rechtsstaates außer Kraft gesetzt. So z.B. das Versammlungsrecht, die Meinungsfreiheit und die Selbstbestimmung des einzelnen.

Daß von der Scientology-Organisation eine Gefahr für die Gesellschaft ausgeht, hat der bereits zitierte Bericht des Parlaments des Staates Victoria/Australien in den einleitenden Bemerkungen deutlich gemacht. Dort heißt es:

"Es gibt einige Merkmale von Scientology, die so grotesk sind, daß die Neigung bestehen könnte, Scientology als albern zu betrachten und diejenigen, die Scientology praktizieren, als harmlose Verrückte. So zu handeln, würde allerdings ein gravierendes Mißverständnis der Grundaussage in den Schlußfolgerungen des Ausschusses bedeuten. Es wurde darauf hingewiesen, daß man beim Lesen des Berichtes diese einleitenden Bemerkungen ständig im Gedächtnis behalten sollte. Scientology ist übel; ihre Techniken sind übel; ihre Ausübung ist eine ernsthafte Bedrohung der Gemeinschaft, gesundheitlich, moralisch und sozial; und ihre Anhänger sind unglücklich in die Irre geführt und oft geistig krank."

Das Nichterkennen der dargestellten Gefahren liegt zum Teil bis heute noch daran, daß die Angebote von Scientology sich nach außen erstmal als eine Art Lebenshilfeberatung darstellt. Eigene Fähigkeiten verbessern lernen, die persönliche Selbstverwirklichung durch mentales Training oder andere Techniken zu erreichen ist eine durchaus inzwischen anerkannte Vorgehensweise. Insgesamt ist zu beobachten, daß sich in der Bundesrepublik ein entsprechender Psychomarkt entwickelt hat, der dieses individuelle Streben gewerbsmäßig befriedigt. Zwischen seriösen oder unseriösen Angeboten zu unterscheiden oder gar zu erkennen, daß hinter den Programmen eine Organisation mit totalitärem Anspruch steht, ist für den Umworbenen nur schwer oder gar nicht zu erkennen. Die gesetzliche Regelung dieses gewerblichen Psychomarktes ist überfällig. Der Senat hat daher die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales, die Justizbehörde und die Behörde für Inneres wie unter Punkt 4. dargestellt, mit der Bearbeitung von gesetzlichen Initiativen beauftragt.

Abschließend ist festzustellen, daß die gesamte Einflußsphäre und die Expansion der Scientology-Organisation nicht von Hamburg allein einzuschränken ist. Zwischen den einzelnen Bundesländern und auch mit der Bundesregierung ist eine Abstimmung über ein einheitliches Vorgehen erforderlich.

Nach 1992 hat sich die Ministerpräsidentenkonferenz erneut am 7.12.1994 mit der Thematik befaßt und u.a. die Justiz-, die Gesundheits-, die Innen-, die Finanz- und die Jugendministerkonferenz gebeten, dafür Sorge zu tragen, daß der Erfahrungs- und Informationsaustausch über die Scientology-Organisation zwischen den Informations- und Dokumentationsstellen des Bundes und der Länder, der Polizei, den Strafverfolgungs-, Finanz- und Verfassungsschutzbehörden gewährleistet und ggfs. ausgebaut wird. Außerdem begrüßten die Regierungschefs der Länder ausdrücklich die Anregungen für eine gezielte Aus- und Fortbildung von Staatsanwältinnen und Staatsanwälten sowie von Richterinnen und Richtern im Rahmen von Veranstaltungen der vorhandenen Fortbildungseinrichtungen. Sie regten ähnliche Aktivitäten auch in anderen Geschäftsbereichen an. Von besondere Bedeutung ist das Ersuchen der Regierungschefs der Länder an die Bundesregierung, das Thema Scientology auch auf den europäischen Fachministerkonferenzen aufzugreifen.

Inzwischen haben sich die verschiedenen Minister/Innen-Konferenzen mit den Anregungen der Ministerpräsidentenkonferenz befaßt. Die Umsetzung der verschiedenen Anregungen wird zu beobachten sein.

Für die Arbeitsgruppe Scientology wird sich neben der weiter zu leistenden öffentlichen Aufklärungsarbeit die Umsetzung der Senatsaufträge zu einem Schwerpunkt entwickeln. Trotz der bei den Gerichten erzielten Erfolge und der erreichten hohen Sensibilität in der Öffentlichkeit über die Hintergründe der Scientology-Organisation wird vor allem dem anstehenden Verfahren vor dem Verwaltungsgericht in Hamburg wegen Herausgabe der Informationsbroschüre für die nächste Zeit hohe Bedeutung zukommen. Die Arbeitsgruppe Scientology wird die begonnene erfolgreiche Strategie auch in der Zukunft fortsetzen.