2000 Wolf Kahlen 2003

Arbeiten aus vierzig Jahren/Works from 1960 till 2000

Dreijährige Retrospektive in zehn Teilen, Teil IV / Three year retrospective in ten parts, Part IV

3.Juni - 2. Sept. 2001

Seit Gutenberg / Since Gutenberg

Internetstücke (seit 1999) und unikate PhotoBücher(1972-80) / Net.art and photo books

 

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Selbst in Stücken,1980,  Photo-Leporello, Seite 7 von 14

 

Ein Kubimeter Intelligenz und Emotionen, 1992, Klang-Skulptur, Bücher, Audiotape

One Cubic Meter Intelligence and Emotions, 1992, books and sound

Im Vordergrund Leporellobücher, s. o. / On the table Leporello-books, see above




Gleichzeitig /At the same time


Internet art pieces

Verzeihung, Herr von Goethe / Sorry, Mister Joyce / Perdone, Don Cervantes/

Excuse me, Kukai/ I beg your pardon, Milarepa / Sorry, Mister Li Bo

www.tu-berlin.de/~arch_net_art

 

Enlightenment 1

 

Enlightenment 2

 

Selbst-los / Self-less

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Internetgraphik/ Internet Print
Selbst-los/Self-less
von / by Wolf Kahlen
Aus dem  Web ausdruckbar:/ you may print out from the net
signierte und nummerierte dreiseitige Unikate/ signed and numbered three-fold internet piece
Edition Ruine der Kuenste Berlin
www.wolf-kahlen.de

 

Innenwelten - Aussenwelten       

in : Ticket, Der Tagesspiegel, Berlin # 52/1999

Zu seinem 60. Geburtstag beschenkt der “Medienbildhauer” Wolf Kahlen sich und die Welt -

mit einer dreijaehrigen Retrospektive und einem Internet-Kunst-Stueck der bislang unbekannten Art.

Ein Portraet von Norbert Tefelski und Birgit Kleber

Des Sinnwenders Lebenswerk frag-sagt “Nicht wahr?”. - mit Fragezeichen UND Punkt.“Ist es noch ‘ne Frage, oder ist es schon klar?” Herzlich lachend kommentiert Wolf Kahlen den Titel seiner zehnteiligen, auf - sage, schreibe, staune - drei Jahre angelegten Retrospektive. Da aeussert sich die diebische Freude eines schwer dingfest zu machenden Kuenstlers, der seit vierzig Jahren an allerlei bravem Glauben kratzt. Wie zuverlaessig sind individuelle Sichtweisen, fussend auf jener kollektiven Uebereinkunft, die wir “Wirklichkeit” nennen?. In seinen Arbeiten stellt Kahlen unsere gewohnheitsmaessige Interpretation der Welt in Frage - moeglichst punktgenau, bereichernd fuer jeden, der umdenken mag. Konzeptuell im spannendsten Wortsinn entdeckt er Wahrnehmungsmuster - nimmt, gibt, tauscht aus. Etwa 1971 in der Hamburger Kunsthalle: Caspar David Friedrich von der Wand genommen, den Staub dahinter freigegeben, den Blick auf KulturGUT gegen den auf SCHLECHTEN Schmutz getauscht. Im Rahmen menschenmoeglicher Bewertungskategorien - POSITIV die Poesie im Profanen findend, NEUTRAL Dreck als Dreck abhakend, NEGATIV ein Sakrileg beklagend - gipfelten die Reaktionen in Morddrohungen gegen Kuenstler und Kurator. Solch emotionales Extra steht heute nicht mehr zu befuerchten, auch wenn Kahlens immer wieder neu aesthetisierte Feststellung, dass jedes Phaenomen “so und auch gegenteilig” sei, geeignet ist, uns den Boden unter den Fuessen wegzuziehen. Weil wir quasi vollautomatisch vermeiden, das philosophische Spiel zur Alltagserfahrung werden zu lassen, koennen die Zeichnungen, Fotografien, Gemaelde, Filme, Architekturmodelle, Textstuecke, Video- und Klangskulpturen ohne weiteres auch als nichts sagend, kryptisch, verschroben, langweilig, elitaer empfunden werden. “Ich weiss nicht, wie man ALLE anspricht”, bekennt der Kunstprof ungekuenstelt.   JEMANDEN ansprechend aber zeigt bereits der Ausstellungsort, worum es essenziell geht. Innen mit allen Schikanen instand gesetzt, bleibt die “Ruine der Kuenste Berlin” - 1985 von Kahlen etabliert -  aussen im Zustand natuerlichen Verfalls.: Einschussloecher erinnern an den Showdown des Zweiten Weltkrieges, derweil aus Ritzen Graeser spriessen und auf Balkonen Baeume wuchern. Alles dauernd unterwegs - der “Medienbildhauer” sowieso. “Ismen” und bildnerische Moden beilaeufig streifend oder absichtslos vorwegnehmend, bereist der bekennende “Nomade” Innen- und Aussenwelten. Hinterlaesst unwiederholbare Werke zu Zeit und Raum oder “den Zufall, den es nicht gibt”. Einmal jaehrlich steht der Himalaya bzw. die Mongolei auf dem Programm: Expeditionen auf den Spuren seines heimlichen Alter egos, des siebenhundert Jahre jungen Universalgenies Thangtong Gyalpo. Mit dem ihn zumindest ein vergleichbar wundersames Lebensgefuege zu verbinden scheint. Die vielen verrueckten Geschichten hierzu boeten Stoff fuer ein dickes, noch zu schreibendes Buch - unter anderem ueber die ermoeglichte Unmoeglichkeit, einerseits als “Consultant for art and architecture” dem Koenig des buddhistischen Laendchens Bhutan zu dienen, andererseits im rabiat-sozialistischen China dortselbst wohlwollend beachtete Installationen zu errichten. Nicht minder bemerkenswert, wie der ahnungsvoll verspielte Allrounder, lange bevor er von den komplexen Geist-Koerper-Systemen asiatischer Kulturen erfuhr, die energetische Achse inmitten des Koerpers “erfand”. Vor 30 Jahren schnitt der junge Wolf  eine Schneise in seine nicht nur an den Wangen ueppige Behaarung; heute nutzt Kahlen der Aeltere die Technologie der Zeit, um die stabilisierenden Gerade dem fluechtigen Kreislauf des Werdens und Vergehens zu ueberantworten. Die Fotosequenz “Selbstversuch II” ist Grundlage einer rituellen Opferung” - dem virtuellen Raum. “Todesursache: “Pixelabsorbtionskrankheit”, umschreibt der lustvoll Formulierende sein Internet-Stueck “Selbs-Los/Self-less”. Puenktlich zum sechzigsten Geburtstag, am 6.1. um 24 Uhr, ist es abrufbar, und bei jeder Verbindung mit www.wolf-kahlen.de verschwindet ein Pixel - zufallsgesteuert, vielleicht im grade nicht sichtbaren Bereich des hochformatigen Fotos, ober- oder unterhalb des Bildschirms, - aber mit hoerbarem Sauggeraeusch. Dies ist das erste POSITIVE Blatt. Ein Link verweist aufs zweite, wo an beliebiger Stelle das fortgeschluerfte Teilchen wieder auftaucht - einzeln, zusammenhanglos, NEUTRAL. Auf einem dritten Blatt schliesslich erscheint es als Bestandteil eines anderen, sich NEGATIV aufbauenden Bildes  - Pixel fuer Pixel, User fuer User - der somit “Schuld” am Stirb und Werde traegt. Denkanstoesse existenzieller Art sind gewollt, kritische eher Beiwerk. Weil aber jedes der einmalig-dreifachen Stueck-Werke nach Kahlens Vorgaben programmiert, automatisch mit Nummer und Signatur versehen wird, kann auch ein Kommentar zum kommerziellen Kunstmarkt entdeckt werden: Tausende verschenkter Unikate aus dem unerschoepflichen Ganzen, dessen kruemelkleiner Umkehrvorgang nach jedem Abschluss von vorn beginnt. Theoretisch endlos, so lang die Maeuse klicken.

 

                                                                                               

 

Ruine der Kuenste Berlin / Wolf Kahlen / Von Peter P. Kajzar artery-magazine, Berlin

Wolf Kahlen is one of the most versatile and innovative artist of the last forty years.

He creates art with every possible means, in almost all the genres, and he does so with breath-taking speed.

He resembles an active basketball player in progress rather than a practically thinking chess player.

For the intermedia, or media sculptor - as he refers to himself when called upon to put a name to it

- has always worked like a nomad, travelling from place to place. And so often there is not much time,

although he might prefer to visit all the countries on the Himalayas repeatedly and for longer periods,

working for the King of Bhutan (1965), or exhibiting and teaching in museums in eastern Asia.

A single nomad far away from groups. styles or trends, he is physically and spiritually close to places and people

who live in contexts other than the western, seeking these out with complete empathy,

attempting to understand though a sensual state of being there, of having arrived.

His aim is to then be able to work in context, to take out and to give back, if both are possible.

His works are scattered all over the world, therefore, and each collector knows a different Wolf Kahlen.

He is not only a video pioneer (video sculpture: Young Cliffs 1969),

the initiator of conceptual photographs (Photo Light Card) and photo performances

(Breathing in and out with Edvard Munch: sludge developed, unfixed photos since 1972),

but also a painter (until 1965), sculptor, producer of printed graphic works, films, sound sculptures,

books and texts, and an architect. And not least, he has made his name as an expert on Tibet,

filming in a doubly sensitive way in Tibet, Mongolia and China (since 1986),

leaving an impression wherever he goes. Some artists have successfully fished his torrent of ideas,

taken the time to adopt, and in some cases develop further, his sensitive perceptions

- something he himself has never been able to do, since in every sense he had already moved on.

It is the comparative haste which means theat each of this different works is only known in Aachen or New York,

in Taipeh or in Zurich, because he has usually exhibited them only once. But they are always media immanent,

related to place, well-focussed works full of energy: concepts translated into material

and therefore ultimately sensual answers to his dual question.

“Nicht wahr?” (True, isn’t it?) is the title of the year long retrospective in six parts taking place

in the Ruine der Kuenste, Berlin, beginning on the artists sixtieth birthday, 7th January 2000:

The first part is called "Pictures of (N)one Exhibition" and deals with an aspect of "In Search of..."-works

Parts entitled like “loud and quiet images”, “images of no/one exhibition” “nothing but dust”,

“pure chance”, “ephemeral pieces”, “alignments”, “light definitions” shall follow.

In search of the reality of the thousand realities - true, isn’t it?

Of course the exhibition begins with an innovation - his online work: Selbstlos/Self less.

Because of global distribution, this is a work which partly dies with each person who seeks to possess it,

an image which disintegrates pixel for pixel, modified for each “collector”,

arriving in a more and more dissolved state until completely extinct.

And which comes alive again on another page, in a second image which reconstructs itself dot by dot.

Collectors who prefer to have something in hand, despite the ephemeral character,

can print out “their” three part work in three original sheets. A dying image,

an empty one with the “lost pixel for which one is responsible”. Impossible to experience as an”entire” work,

it exists in virtual composition within time and place - in a virtual museum.

Another media immanent hit, something we have waited for in the Web for then years.

It touches the nerve of global confusion (every Web client is responsible for the death/life of the work),

of e-commerce (the print-outs are numbered and signed gifts), of the ego-trip (Kahlen dissolves himself),

of material attachement (no-one really possesses the piece), of fear of personal and world death

(a new image returns when the old one dies).

And again, each collector knows a different Wolf Kahlen. What does the real one actually look like?

www.wolf-kahlen.de



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