Flieg um den Berg – links herum!

Über das Schicksal zweier Segelflieger, die am Matterhorn in gleicher Höhe waren

von Martin Baatz und Markus Müller

[OLC-Seite von Martin's Flug]
[OLC-Seite von Markus' Flug]

Alle Bilder sind anklickbar

[Startaufbau]

Morgendlicher Startaufbau in Serres La Batie.

Diese Saison 2009 war ja wohl für alle Unterwössener Flieger eine ungewohnte und harte Prüfung. Als Markus daher seine ‚Schnauze voll’-eMail herumschickte mit der Einladung, gemeinsam nach Südfrankreich zu fahren, war auch Martin nicht mehr zu bremsen. Am Samstag, den 25. Juli kamen wir in Serres an.

[Wetterbriefing]

Morgendliches Briefing mit Klaus.

Um das Wichtigste gleich vorwegzunehmen: das Wetter war bestens, wir mussten jeden Tag fliegen, es gab keine Entschuldigung. Dazu bietet Serres einen sehr hohen Spaßfaktor: hochkompetentes Wetterbriefing jeden Morgen mit Klaus Ohlmann, den Pool direkt vor und nach dem Fliegen, das herrliche Wetter, der Austausch mit anderen Piloten und die französiche Lebensart ergeben eine wirklich einzigartige Mischung und entschädigen für 13 Stunden Anfahrt.

[Blauthermik]

An den ersten Tagen war oft gute Blauthermik.

Markus, der schon einige Male hier unten war und die Gegend gut kennt, begann sofort draufloszufliegen und umrundete gleich am ersten Tag den Monte Viso; ein Ereignis, das wettertechnisch sehr selten möglich ist. Martin dagegen geriet gleich am ersten Tag in die Talinversion des Maurienne Tales und entschied sich, auf dem Altiport des Aeroclub Valloire in 1750m mit 15 Grad Bahnsteigung zu landen. Dank Markus unermüdlichen Rückholeinsatzes waren wir glücklich und mit starken Erlebnissen erfüllt nachts um 3 Uhr wieder zurück in Serres.

Die nächsten Tage ging es bestens weiter. Ein Mix aus Wellen und hochreichender Thermik erlaubte Flüge bis auf 5500m (Martin) und eine Mont Blanc Umrundung (Markus). Das absolute Highlight unseres Urlaubs war aber unser gemeinsamer Flug am vorletzten Tag. Martin hatte sich inzwischen in der Gegend freigeflogen und konnte sich nun nicht mehr dem Markusschen Ritual des Berge-Umfliegens entziehen: also auf zum Matterhorn!

[Matterhorn]

Am Matterhorn über dem Theodulpass.

Die Route über Solliere bis zum Gran Paradiso ging ohne Probleme mit einer Basis bis 4200 m. Dort zeigte sich, daß die gute Luftmasse in der wir bisher geflogen waren, durchaus bis zum Matterhorn reichte. Im Westen, im Rhonetal und direkt östlich von uns aber lag die Basis in schlechter Genfersee- oder Poebenen-Luft viel tiefer. Der große Sprung über das Aosta Tal gelang leicht und an der Nordseite fanden wir sofort guten Anschluß bei einer Basis von 3800m. Markus, der etwa 20 km vorausflog und auch hier die Gegend kannte, umrundete den Berg der Berge vom Theodulpass aus in 3600 m Höhe ohne Probleme. Was für ein Anblick und was für ein Gefühl!

Martin hatte dann kurz darauf mit dem Westgrat allerdings so seine Schwierigkeiten. Dazu muss man wissen, daß der Westgrat etwa 150 m höher liegt als der Theodulpass, eigentlich wäre daher eine Umrundung also besser rechtsherum zu fliegen. Nach Markus euphorischer Meldung der erfolgreichen und problemlosen Linksumrundung entschied sich Martin für den gleichen Weg, obwohl er auf die Umrundung selber eigentlich gar keinen gesteigerten Wert gelegt hätte. Sie stand aber jetzt halt so im Raum. Also, rum um den Kasten.

Nach der letzten Ecke im Anflug auf den Westgrat schieden sich aber die Geister: obwohl er wahrscheinlich über den Grat gekommen wäre, bewog Martins subjektive Felsenallergie ihn zum Abdrehen; zurück wieder beim Theodulpass musste er auch hier feststellen, daß nun ein Überfliegen und damit der Weg nach Cervinia und ins Aostatal nicht mehr möglich war. Kurze Meldung an Markus, und während der ohne weiteres nach 3 Stunden wieder in Serres landete, hatte Martin nun noch einen langen Tag vor sich.

Zunächst 40 km langes Abgleiten im Mattertal zwischen steilen, hohen Gletscherschliffwänden und ohne irgendeine Chance, in der jetzt viel schlechteren Rhonetal-Luft einen Aufwind zu finden. Erst am Ausgang zum Rhonetal finden sich in der Sonne und im Talwind von Westen erste leichte Lupfer. Aber Martins Schicksal ist vorgezeichnet: nach weiteren 2 Stunden zähen Kampfes von Seitental zu Seitental landet er schließlich um 18:15 in Sion - zu der Zeit lag Markus gerade im Pool in Serres.

Die sehr freundlichen Controller hatten aber schon Hilfe organisiert. Obwohl eigentlich kein Segelflugbetrieb war, hing Martin eine halbe Stunde später wieder hinter einer Schleppmaschine Richtung Solliere. Immerhin waren es aber noch 230 km Luftlinie nach Hause. Wegen Wolken im Osten führte der Schlepp über Chamonix mit herrlichem Blick auf den Mont Blanc in der Abendsonne vorbei. Leider musste der Schlepppilot um 20 Uhr wieder in Sion landen, sodaß er zurückfliegen musste und es beim Ausklinken in 4200m Höhe gegen viertel vor acht noch immer 135 km Luftlinie bis nach Serres war, mit ein paar ordentlichen Bergen dazwischen.

Nach Serres hat es dann schließlich nicht mehr ganz gelangt, aber die letzten Sonnenstrahlen in den hohen Wänden brachten noch sanfte Aufwinde und Martin landetet schließlich 2 min nach Sunset in Gap, etwa 25 km entfernt von Serres. Markus, inzwischen wieder aus dem Pool und guter Dinge, war schon mit dem Hänger unterwegs und bald zur Stelle.

Merke:

  1. Beim Segelfliegen in den Bergen wandern wir über die Grate und das ist mitunter eine Gratwanderung: trotz gleicher Höhe können sich die Wege trennen.
  2. Fliege immer mit Plan und mit eigenem Plan.
  3. LS8en fliegen generell rechtsrum besser um die Berge.
  4. Ein Pool am Flugplatz erhöht den Stalltrieb.

Der letzte Tag brachte einen ausgedehnten Fotoflug mit Claus-Dieter Zink. Das dafür notwendige Formationsfliegen ist eine wirklich interessante und fordernde Erfahrung. Die tollen Bildern, die dabei entstanden sind, waren das allemal wert. Vielleicht schafft eines davon den Weg in seinen Kalender?

[Markus]

Bild anklicken um die Serie zu sehen

Markus mit seiner Hexe führt den Verband an mit Josch, einem befreundeten Belgier, und Martin– aber in Wahrheit fliegt natürlich Claus-Dieter voraus und fotografiert nach hinten. Die Fotos haben wir in der Gegend des Parcours gemacht, wo im Hintergrund die Wolken von Osten gegen die Berge dräuen. www.fotokalender-segelfliegen.de
Licht und Schatten. www.fotokalender-segelfliegen.de
Fliegen ist schön.... www.fotokalender-segelfliegen.de
Markus in seinem Nimbus 2. www.fotokalender-segelfliegen.de
...und Martin in der LS8. Claus-Dieter hatte jedem von uns einen roten Hut verpasst zwecks Farbklecks im Cockpit. www.fotokalender-segelfliegen.de
Unter Wolken. www.fotokalender-segelfliegen.de
Das nötige Formationsfliegen hatten wir am Morgen eingehend in einem Extra-Briefing mit Claus-Dieter besprochen und dann auch noch geübt. Trotzdem stellt es eine ziemliche Herausforderung dar, besonders für die beiden hinteren Flugzeuge, die die Kurven flacher, dafür aber schneller fliegen müssen, um in der Foto-Achse zu bleiben; klappt manchmal, und oft nicht. www.fotokalender-segelfliegen.de

Sehr zur Nachahmung empfohlen, Claus-Dieter hält sich in der Saison generell in Serres auf und freut sich über Kandidaten. Ein paar wenige Beispiele von den 1500 Bildern zeigen wir hier. Claus-Dieter bittet bei Veröffentlichung seiner Bilder seine Urheberschaft und einen Link auf seine Website einzubauen, was wir hiermit sehr gerne tun: www.fotokalender-segelfliegen.de.

Alles in allem war das eine fantastische Woche und eine tolle Entschädigung für die verkorkste bayerische Saison!


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