Dolomitenängste

von Markus Müller

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[OLC-Seite dieses Fluges]

Seit ich vor 15 Jahren das erste Mal mit einem Segler da war, hab ich ein irgendwie gespaltenes Verhältnis zu den Dolomiten. Sie sind einfach grandios, wunderschön, bizarr und unbestreitbar anders als der Rest der Alpen. Mit dem Segler hat sich bei mir so ein Gefühl eingestellt, als seien hier die Bärte grundsätzlich enger und selten da, wo ich sie suche, die Turbulenzen turbulenter, die Absaufzonen aggressiver und die Südluft heimtückischer als sonst irgendwo in den Alpen – ganz zu schweigen von Aussenlandewiesen, die gibt die Landschaft so gut wie nicht her. Schon während meiner frühen Jahre am Schwanz von Rainer Stöckl oder Walter Weber hatte ich in den Dolomiten immer so ein komisches Gefühl, wenn der Gleitpfad nach Lienz oder ins Pustertal allmählich abschmolz. Inzwischen bin nach all den Jahren schon weit (und manchmal ziemlich tief) herumgekommen, aber mein Respekt vorm Segelfliegen südlich vom Falzareggo oder der Langkofelscharte ist nach wie vor der gleiche, obwohl meine alte Dame eine wahres Gleitwunder von Segelflieger ist (ich hab schon immer für die Frauen um die Dreißig geschwärmt).

Was tut man gegen Ängste: Man geht direkt auf sie zu, und zwar langsam steigernd!

[Panorama]
Die rote Hex

Die erste Stufe war der gestrige Tag, der 17. April 2007. Das Ziel war Belluno und zurück über Brixen Richtung Arlberg für ein 500er FAI. Mehr Dolomiten geht von Unterwössen aus nicht, weil man sie dann von Nord nach Süd und weiter nach Nordwest komplett durchflogen hat, und wirklich schwer war es an diesem Hammertag eigentlich auch wieder nicht, wichtig war eben nur, das man es getan hat. Tatsächlich bin ich mit einem Gleitpfadplus von mehr als 1000 Meter vom westlichen Ausgang des Lesachtals bei vielversprechender Wolkenoptik losgeflogen, sodaß kein wirklicher Grund für irgendwelche Schluckbeschwerden bestand, allenfalls die 70 quasi unlandbaren Kilometer bis Belluno. Allerdings war schon zu sehen, das vermutlich die letzten Kilometer in toter Südluft zu fliegen waren. Mit ständig sinkender Wolkenbasis und dem Nur-keine-Panik-Vorsatz im Cockpit bin ich dann mit ungefähr 2200 m NN über der Grasbahn in Belluno angekommen und sofort in Richtung meines letzten Bartes wieder umgedreht, den ich mit 1900 m NN erreicht habe, also eigentlich alles easy, die therapeuthische Wirkung war aber enorm, auf dem Rückweg übers Zoldertal und den Falzareggo zur Plose bin ich schon wieder ziemlich frech geflogen. Seit gestern sind die Dolomiten irgendwie noch schöner, aber einfach nicht mehr so bedrohlich. Die nächste Therapiestunde geht dann mit ein bisschen weniger Gleitpfad um die Marmolata!


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