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Terence Love

 

VOM DESIGN - WISSENSCHAFTS PARADOX LERNEN: NEUE GRUNDLAGEN FÜR DAS GEBIET DES DESIGNS

von Terence Love (Übersetzung W. Jonas, ??? von W.J.)

 

Das Problem und Paradox

Die Entwicklung solider Grundlagen für einen kohärenten Korpus von Designtheorien und eine einheitliche Designdisziplin ist den Designforschern bisher nicht gelungen. Jonas hat argumentiert, dass die Grundlagen des Feldes wegen der komplexen Wechselbeziehungen zwischen der Disziplin 'Design' und den Wissenschaften sumpfig und paradox sind (Jonas 1999, 2000). Einerseits beruht der Theoriebau in den Naturwissenschaften auf der Aktivität des Entwerfens als fundierendem kreativen Mechanismus. Andererseits besteht die hauptsächliche Rolle der Naturwissenschaften darin, Theorien zu liefern, die beim Entwerfen von Nutzen sind. Dies wirft paradoxe, 'sumpfige' Probleme im Zusammenhang mit der Herstellung und Rechtfertigung wissenschaftlicher Theorien über das Entwerfen auf. Die paradoxe Implikation dieser Wechselbeziehung zwischen wissenschaftlichem und designerischem Vorgehen besteht in der Unmöglichkeit, wissenschaftliche Theorien über das Entwerfen zu entwerfen, weil es keine festen Grundlagen gibt, auf denen man sie bauen könnte. Derartige Designtheorien sind erkenntnistheoretisch nicht fundiert, weil der Bau von Wissenschaft auf Design als Wegbereiter angewiesen ist. Das Design - Wissenschafts Paradox besagt, dass das Problem unlösbar ist und die beiden Welten von ihrem Wesen her unvereinbar sind.

Dieses Paradox und Problem anzugehen und aufzulösen ist wegen der sozialen und ökonomischen Bedeutung von Design und Wissenschaft für die menschliche Entwicklung von großer Bedeutung.

 

Erforschen des Design-Wissenschafts Paradoxes in Anlehnung an Klein

Klein und andere haben beschrieben, wie logisches Denken und Argumentieren von anderen Faktoren abhängt (siehe, zum Beispiel, Klein, 1996, pp. 101-106; Rosen, 1980). Klein richtet seine Aufmerksamkeit auf die paradoxe Art und Weise, in der "die logische Strenge, welche eine wissenschaftliche Struktur in Worte fasst, gerade im Moment ihrer Konstruktion zu funktionieren aufhört" (p. 105). ???

Klein beschreibt die erkenntnistheoretische Herkunft des 'Paradoxen' als einer Kombination von para (mit der Bedeutung von angrenzend, phasenverschoben, Unterschied, oder Singularität), und doxa (mit der Bedeutung von Meinungen, die in einer bestimmten Gesellschaft oder Situation als selbstverständlich und natürlich gelten). Das bedeutet, ein Paradox ist etwas, das mit den Dingen in Konflikt steht, die als 'selbstverständlich' gelten, die 'außer Frage stehen' oder die dem 'gesunden Menschenverstand' entsprechen. Er hat verschiedene Formen des Paradoxen identifiziert:

- Diejenigen, welche mit Selbstreferenz der Art zu tun haben, dass Systeme sich so auf sich selbst beziehen, dass logische Sackgassen entstehen, zum Beispiel 'es ist verboten zu verbieten'.

- Logische Paradoxien wie etwa Gödels 'Unentscheidbarkeitstheorem', wonach die Arithmetik logischerweise mindestens eine unentscheidbare Aussage enthalten muss, was dann im Gegenzug das gesamte arithmetische System unentscheidbar macht.

- Widersprüchlichkeiten / Antinomien, bei denen zwei Analysepfade, ausgehend vom selben Ursprung zu entgegen gesetzten Schlussfolgerungen gelangen.

- Einfache Paradoxe, die lediglich mangelhaftes Schlussfolgern aufzeigen (Klein nennt das Beispiel eines kleinen Jungen, der sagt 'ich bin froh, dass ich keinen Spinat mag, denn, wenn ich ihn mögen würde, dann würde ich davon ganz viel essen, was aber ein Problem wäre, weil ich Spinat nicht ausstehen kann').

- Paradoxe, welche die Konzepte von Unendlich und Null benutzen, wie Zenos Rätsel von 'Hase und Schildkröte'.

- Paradoxe, in welchen die Schlussfolgerung dem gesunden Menschenverstand widerspricht

 

Das Design - Wissenschafts Paradox enthält Elemente mehrerer dieser bekannten Paradoxieformen.

Klein behauptet, dass alle Paradoxien als Kombinationen von drei Idealtypen charakterisiert können:

1. Paradoxien, welche Widerspüche zwischen konkurrierenden, einen gemeinsamen Gegenstand betreffenden, Theorien oder zwischen Theorie und Experiment bezeichnen.

2. Paradoxien, in welchen die Schlussfolgerung dem gesunden Menschenverstand widerspricht.

3. Paradoxien, die aus einem Widerspruch oder aus interner Inkonsistenz innerhalb einer Theorie resultieren.

 

Klein argumentiert, dass das Angehen, Verstehen und Auflösen eines bedeutsamen Paradoxes bessere Theorie schafft und eine Disziplin voranbringt, indem unangemessene Konzepte revidiert werden, indem das Entstehen von Dogmen verhindert wird, und indem kulturelle Fixierung vermieden wird (pp. 16, 31-35). Klein (pp. 16-22) folgert, dass das Auflösen eines Paradoxes:

- sich selten auf die Elemente seiner Aussage bezieht (es erfordert die Neubetrachtung der Situation aus einer erkenntnistheoretisch anderen Richtung).

- häufig den sichersten subjektiven Intuitionen oder dem 'gesunden Menschenverstand' diametral entgegensteht.

- oftmals die Unangemessenheit vertrauter Gedankengebäude demonstriert.

- häufig die Revision von bestehenden, wohl etablierten Konzepten und Theorien erzwingt.

 

Von den oben genannten Faktoren betont Klein das Problem des 'gesunden Menschenverstands' und sagt, er sei 'der Hauptverdächtige in jedem Fall von Paradoxie und fast immer schuldig'. Aufgrund seiner Unzulänglichkeiten als Form von Wissen und wegen der Probleme, die er bei Forschung, Theoriebau und Wissensgenerierung hervor bringt, steht Klein dem 'gesunden Menschenverstand' äußerst kritisch gegenüber (pp. 37-43). Er merkt an, dass gute Theorien normalerweise aus Paradoxien entstehen, eben weil sie dem gesunden Menschverstand widersprechen. Für Designforscher, Theoriebauer und Designer umfasst Kleins 'gesunder Menschenverstand' all jene Konzepte, Theorien und Terminologien, die als Wesen und sichere, unveränderliche Grundlage des Designfeldes angesehen werden.

 

Untersuchung des Design - Wissenschafts Paradoxes

Die von Klein vorgestellten Analysen und Prinzipien bieten eine gute Basis, um das Design - Wissenschaft Paradox anzugehen. Die 'common sense' Merkmale des Designs scheinen ein guter Ausgangspunkt zu sein. Es gibt verschiedene Aspekte von 'selbstverständlichen' , dem 'gesunden Menschenverstand entsprechenden' Konzepten, Theorien und Terminologien, die aus der Designforschung heraus bereits kritisiert werden, weil sie epistemologisch wenig hilfreich, inkonsistent oder schlicht falsch sind. Darunter sind:

- das Definieren von Theorien des Entwerfens anhand physikalischer Merkmale von Designproblemen, Designlösungen und der Beziehungen zwischen ihnen (das 'Dilnot paradox' (Dilnot, 1982)).

- mangelnde Aufmerksamkeit beim Definieren von Begriffen und Klären von Konzepten (siehe, zum Beispiel, Hubka & Eder, 1996; Ullman, 1992), besonders in Bezug auf sensible erkenntnistheoretische Definitionen von Wörtern, welche die Wurzel 'Design' enthalten (Love, 2001b; O'Doherty, 1964).

- Probleme in der Vereinheitlichung von Designtheorien über die zahllosen Unterdisziplinen des Entwerfens (Sargent, 1994).

- Mangel an Zusammenhang zwischen Designtheorien und Theorien in anderen Bereichen, speziell jenen, die direkt mit dem menschlichen Verhalten zusammenhängen, wie die Anthropologie (Margolin, 2000).

- Schwächen in der Aufnahme von sozialen, ökologischen und ethischen neben technischen Faktoren in die Designtheorien (Love, 1998b)

- ungenügende Erklärung der Beziehungen zwischen den Eigenschaften von gestalteten Objekten, den internen menschlichen Prozessen beim Gestalten, der Kommunikation zwischen Designern, der ästhetische Wertschätzung von Nutzern und Käufern.

 

Kleins Schlussfolgerungen lassen sich zu den folgenden vier Ansätzen zum Angehen von Paradoxien in der Designtheorie zusammenfassen:

- über die Elemente bestehender Theorieaussagen hinausschauen. Mit anderen Worten, die Lösung von Problemen der Designtheorie findet nicht in den Gebieten statt, die momentan von Designtheorien bearbeitet werden.

- die 'common sense' Paradigmen, den Theoriebau, das Entwerfen, die Entwürfe und das Design betreffend, einer kritischen Neubewertung unterziehen, um Schwächen aufdecken.

- die Unzulänglichkeiten von vertrauten und gut etablierten Konzepten im Bereich des Designs identifizieren.

- die bereits fest etablierten Konzepte und Theorien aus dem Designbereich gewaltsam revidieren, um Paradoxien und erkenntnistheoretische Unzulänglichkeiten aufzulösen.

 

Kurz gesagt, durch das Aufwerfen dieses Design - Wissenschafts Paradoxes hat Jonas ausdrücklich auf die Notwendigkeit einer kompletten Überarbeitung der theoretischen Grundlagen, Theorien, Konzepte und Grund legenden Definitionen für den Bereich des Designs hingewiesen. Dies kann bedeuten, dass viele, wenn nicht alle, bestehenden und allgemein akzeptierten Konzepte über 'Design' negiert und neu definiert werden müssen, um die schwerwiegenden Probleme des Design - Wissenschafts Paradoxes zu lösen und die designtheoretischen Streitfragen anzugehen, die in den vergangenen drei Jahrzehnten von den Designforschern aufgeworfen worden sind.

 

Ein neues Programm für Designforschung und Designtheorie

Die vorstehenden Überlegungen deuten darauf hin, dass viele Probleme der Designtheorien und der Grundlagen von Designforschung von den traditionellen Ansätzen, welche sich auf Aktivitäten, Situationen und Prozesse außerhalb des Menschen sowie auf die Eigenschaften entworfener Objekte konzentrieren, nicht adäquat behandelt werden können. Die bisherigen Forschungen des Autors zur Entwicklung verbesserter theoretischer, epistemologischer und ontologischer Grundlagen der Designforschung zeigen, dass drei Bereiche angesprochen werden sollten:

- die Auswirkungen der Betrachtung von Design als menschlicher Aktivität

- das Entwickeln erkenntnistheoretisch brauchbarer Definitionen von Schlüsselbegriffen auf der Basis von theoretisch brauchbaren Grenzen für das Konzept des Entwerfens (designing).

- das Identifizieren des angemessenen Umfangs / Rahmens für eine Disziplin, die sich mit dem Theoriebau über Entwerfen (designing) und Entwürfe (designs) befasst.

 

Diese bieten die Basis für ein alternatives Forschungsprogramm zur Dekonstruktion des Konzepts Entwerfen (designing) mit dem Ziel, seine Kernelemente zu identifizieren. Dieser kritische erkenntnistheoretische Ansatz beginnt damit, all jene Aspekte der Aktivität des Entwerfens zu entfernen, die bereits als Gegenstände anderer Bereiche und Disziplinen bestimmt sind. Dann soll weiter in die individuellen Denkprozesse eingedrungen werden, als dies normalerweise in der Designforschung geschieht, um diejenigen Bereiche des menschlichen Agierens zu analysieren, die noch vor dem bewussten oder rationalen Denken liegen.

Auf dieser Ebene des menschlichen Funktionierens ist es möglich, kohärente Designtheorien zu entwickeln, welche diejenigen psycho-neuro-biologischen Aspekte des menschlichen Wirkens und Handelns berücksichtigen, welche die menschliche Kreativität unterstützen. Auf dieser Ebene ist es möglich, mit dem Bau kohärenter und wohlbegründeter Designtheorien zu beginnen, die Fragen wie Entwerfen im Team (codesigning), die soziale Konstruktion von Designdenken / - wahrnehmung, kreatives Denken und Handeln, die Rolle von Affekten beim Entwerfen sowie den Einfluss sozialer, ökologischer und ethischer Faktoren auf das Entwerfen anpacken. Kurz gesagt, das ganze Spektrum von Faktoren, das die meisten Designforscher als wesentliche Aspekte des Entwerfens ansehen, welches aber durch oberflächliche erkenntnistheoretische Ansätze, die sich auf die Eigenschaften von entworfenen Objekten oder die Charakteristik externer Designprozesse konzentrieren, nicht angemessen erfasst werden kann.

Bei Anwendung des beschriebenen Forschungsprogramms verschwinden viele der offensichtlichen theoretischen Konflikte und Paradoxien. Ein neues Bild des Entwerfens als mikro-kreativer Akt in einer Matrix anderer Aktivitäten taucht auf. 'Designprozesse' bestehen dann aus diesen mikro-kreativen Designakten und unterstützen bewusstes rationales Denken und Entscheiden, welche im Gegenzug Routinehandlungen wie Datensammlung, Schreiben, Zeichnen etc. unterstützen.

Das Ergebnis dieser Art von tiefer gehender Analyse ist ein Schritt in Richtung auf eine Definition des Entwerfens als einer primären menschlichen Aktivität, welche auf einer ähnlichen erkenntnistheoretischen und physikalischen Ebene zu konzipieren ist wie Denken und Fühlen. Dieser programmatisch alternative Forschungsansatz weist in Richtung einer deutlicheren Konzentration auf Design als eigenständiges Feld.

 

Designtheorie auf der Basis der Erforschung menschlicher psycho-neuro-physiologischer Prozesse

Kognitive körperlich-sensorische und physiologische Veränderungen, Gefühle und Affekte spielen eine Schlüsselrolle beim Entwerfen und beim Theoretisieren über Entwerfen und Entworfenes. Es gibt einige Gründe, diesem Weg zu folgen:

- viele Designer und Forscher bestehen auf der Wichtigkeit von 'Gefühlen', Intuition und menschlichen Werten beim Entwerfen (siehe, zum Beispiel, Akin & Akin, 1996; Cross, 1990; Davies & Talbot, 1987; Galle & Kovács, 1996; Glegg, 1971; Kolodner & Wills, 1996; Lawson, 1990, 1993, 1994; Lera, 1983; Liu, 1996; Love, 1996, 1998a, 2001b; Tovey, 1997).

- Gefühle und die Neurologie des Affekts beim Entwerfen wurden bisher relativ vernachlässigt. Computerbasierte kognitive Designtheorien haben sich hauptsächlich auf Emotionen konzentriert, speziell 'Emotionen als physiologischer Ausdruck von Kognition', und weniger auf die Erforschung der darunter liegenden neurologischen Phänomene und ihrer Beziehungen zu Informationsmodellen von Gehirnaktivitäten (siehe, zum Beispiel, topic areas in ISRE, 2001; Picard, 1997; Sloman, 2001).

- kognitionsbezogene körperlich-sensorische Prozesse, Gefühle, sowie, in wesentlich geringerem Maße, Emotionen und Stimmungen, begründen das von Augenblick zu Augenblick fortschreitende Wechselspiel der menschlichen Prozesse der Schließung (closure = autopoietische Schließung??? ), die entscheidend sind für das Machen, Kommunizieren und Verstehen des Entwerfens und der Entwürfe. Das Verständnis der Schließung macht es erforderlich, über Theorien der Informationstransformation und -analyse hinauszugehen (siehe, zum Beispiel, Bastick, 1982; Dewey, 1959; Hamlyn, 1990; Rosen, 1980) (Fleckenstein, 1992; Ryle, 1990).

- neurologische Beweise / Anhaltspunkte deuten zunehmend auf Affekte, physiologisch basierte körperlich-sensorische Prozesse, als wichtige Elemente allen menschlichen Funktionierens hin (siehe, zum Beispiel, Fleckenstein, 1992; Kiehl, Liddle, & Hopfinger, 2000).

- das Verständnis menschlicher körperlich-sensorischer Prozesse ist bedeutsam für die Entwicklung von Computermodellen kreativen Designdenkens, weil es ein anspruchsvolleres Arbeitsmodell der Entwicklung von Konzepten (und wissenschaftlichen Theorien) sowie der Identifikation optimaler, gegen komplexe Kriterien geprüfter, Lösungen durch Designer bietet (Davis, 2000, 2001; Love, 2000).

- Affekt ist die Grundlage für die Verteilung von erforderlicher Varität (requisite variety, Ashby ???) in der kybernetischen Analyse von Systemmodellen des Entwerfens (Love, 2001a).

 

Dieser Ansatz unterscheidet sich erheblich von der Art und Weise, wie Affekt in der Literatur über affektives Computing (???) und Kognition normalerweise behandelt wird. Er betont die aktive und oftmals initiatorische Partnerschaft der menschlichen sinnesorganischen Prozesse mit Gehirnaktivitäten im Prozess der menschlichen Kognition (Davis, 2001; Fleckenstein, 1992). Er widerspricht dem Trend der 1990er Jahre, als Gefühle fast ausschließlich als 'Emotionen' betrachtet und deren Eigenschaften als 'James-Lange' Nebenprodukte (???) informationell basierter Kognition aufgefasst wurden. Durch die Konzentration auf die neurobiologische Repräsentation körperlich-sensorischer 'Gefühle' wird die Betonung von den abseitigen und abstrahierten kognitiven konzeptionellen Konstrukten des Diskurses über Emotion und Kognition weggeführt.

 

Soziale, ökologische und ethische Faktoren

Anthropologie, Psychologie und andere Sozialwissenschaften scheinen von erheblicher Bedeutung zu sein für die Entwicklung besserer Designtheorie, die Schaffung sicherer Grundlagen für Designforschung, für Designlehre und für Design als eigenständige Disziplin. Entwerfen ist grundsätzlich eine sozial, ökologisch und ethisch eingebettete Aktivität:

- sozial - weil Entwerfen eine menschliche Aktivität von Menschen für Menschen ist.

- ökologisch - weil der primäre Zweck aller Entwürfe darin liegt, die menschliche Umgebung zu verändern (ebenso kann Entwerfen zu unbeabsichtigten ökologischen Nebeneffekten führen).

- ethisch - weil das Planen von Änderungen der menschlichen Umwelt und Gesellschaft wesentlich ein ethischer Prozess ist.

 

Alles Entwerfen zielt in irgendeiner Weise auf soziale- und Umwelteffekte zur Veränderung der Gesellschaft. Vielfach sind diese situationsbedingten Fragen wichtigere Entwurfsaspekte als die physikalischen Eigenschaften der entworfenen Objekte, und deshalb können Fragen der Technologie oder der Form als theoretisch zweitrangig und kontingent eingeschätzt werden.

Die menschliche Aktivität des Entwerfens begründet den Großteil menschlichen Handelns und Wirkens. Dies umfasst auch umfangreiche Entwurfstätigkeiten in Bereichen, die 'Designprofessionals' als außerhalb der Profession 'Design' liegend ansehen mögen. Momentan gibt es wenig erkenntnistheoretisch fundierte Designtheorie, die sich auf die Rollen des Designs in diesen Bereichen bezieht.

Insgesamt deutet dies auf potentielle Beiträge der Designforschung für neue Einsichten in der Philosophie hin. (???)

Meine Erfahrung ist, dass die befriedigende Berücksichtigung der sozialen, ökologischen und ethischen Faktoren in der Designtheorie nicht einfach ist und zahlreiche terminologische, konzeptionelle und erkenntnistheoretische Herausforderungen bereithält - nicht zuletzt die theoretischen Perspektiven betreffend, sowie das immense Spektrum von Fertigkeiten für ein Entwerfen, das soziale, ökologische und ethische Fragen kompetent behandeln soll. Einige der Ergebnisse dieser Forschungen deuten darauf hin, dass es erkenntnistheoretisch unbefriedigend ist, die Eigenschaften entworfener Objekte als Basis für Designtheorien zu nehmen, die soziale, ökologische und ethische Faktoren einschließen sollen.

 

Neue Definitionen von Schlüsselbegriffen, welche die Grenzen für das Konzept Entwerfen (designing) definieren

Seit dem Beginn der modernen Designforschung war der theoretische Diskurs in den verschiedenen mit Entwerfen assoziierten Feldern terminologisch und konzeptionell problematisch (siehe, zum Beispiel, French, 1985; Hollins, 1994; Hubka & Eder, 1988; Hubka & Eder, 1996; Jones, 1970; Lewis, 1964; O'Doherty, 1964; Reich, 1994a, 1994b; Ullman, 1992; Wray, 1992). Diese Frage wird gemeinhin als nebensächlich für Designtheorie angesehen. Tatsächlich reicht sie jedoch tief ins Herz der Designforschung und der Theorieentwicklung. Sie stellt die Gültigkeit bestehender und zukünftiger Designliteratur- / theoriebestände in Frage und stellt einen der Schlüsselfaktoren dar, der eine vereinheitlichte Designdisziplin verhindert.

Der Blick auf die Forschungsliteratur über Entwerfen und Entwürfe (menschliche und künstliche Intelligenz) zeigt, dass in den meisten Texten Schlüsselkonzepte wie 'Entwerfen' (designing), 'Entwürfe' (designs), 'Entwurfsprozess' (design process), 'Kreativität' (creativity) und 'Kognition' (cognition) nicht mit der erforderlichen Genauigkeit definiert sind (Love, 1998b). Anders als im Ingenieurwesen und in der Physik gibt es keine allgemein akzeptierten Definitionen von Kernkonzepten, und angesichts der unzähligen Unterfelder, die sich mit Entwerfen befassen, führen bereits kleine definitorische Abweichungen häufig zu beträchtlichen Bedeutungsunterschieden (Cross, 1993; Hubka & Eder, 1988; Hubka & Eder, 1996; Love, 1998b).

Dieser weit verbreitete Mangel an Definition von Konzepten resultiert in unterschiedlichen Bedeutungen, welche von den Forschern durcheinander geworfen und vermischt werden und in Problemen von konzeptioneller Unbestimmtheit, die tief in die Theorieentwicklung über Entwerfen und Entwürfe hineinreicht. Vielfach beeinträchtigen die Widersprüche in den unterschiedlichen Verwendungsweisen der Konzepte die Gültigkeit und Brauchbarkeit von Theorien und Forschungsergebnissen. Diese terminologischen Schwierigkeiten sind von ihrem Ursprung her Probleme erkenntnistheoretischer Nachlässigkeit.

Die Definitionen von Schlüsselbegriffen sollten verschiedenen Anforderungen genügen. Sie sollten:

- mit dem üblichen Gebrauch entsprechend ihrer Definition in führenden Nachschlagewerken übereinstimmen.

- die Konzepten zugeschriebene Bedeutungsvielfalt dadurch reduzieren, dass epistemologisch fragwürdige Bedeutungen ausgeschlossen werden.

- Designtheorien und das Feld des Designs in einem besonderen Raum verorten, der nicht von anderen Disziplinen besetzt ist.

- die Ergebnisse der Forschung und Theorieentwicklung über Entwerfen und Entwürfe mit den Theorien und Erkenntnissen eines weiten Spektrums anderer Disziplinen verbinden.

- einen einzigen theoretischen Kern bereitstellen für die mehreren Hundert Unterdisziplinen, die sich mit Entwerfen und Entwürfen befassen.

 

Die folgenden Definitionen befriedigen die oben genannten Bedingungen:

- 'Design' (Entwurf) - ein Substantiv, bezeichnet eine Spezifikation (einen Plan) zur Herstellung eines bestimmten Artefakts oder zur Durchführung einer bestimmten Aktivität. Ein Design (Entwurf) ist etwas anderes als ein Artefakt - der Entwurf ist die Grundlage für das Herstellen des Artefakts, und dies unterscheidet das Entwerfen vom Handwerk und der Kunst.

- 'Designing' (Entwerfen) - eine nicht routinemäßige interne / mentale menschliche Aktivität, die zur Herstellung eines Designs (Entwurfs) führt.

- 'Designer' (Entwerfer) - jemand, der die Aktivität designing (Entwerfen) betrieben hat, betreibt oder betreiben wird. Jemand der Designs (Entwürfe) schafft.

- 'Design process' (Entwurfsprozess) - jeder Prozess oder jede Aktivität, der oder die, unter anderen, auch routinemäßigen oder automatisierten, Aktivitäten (z.B. Berechnen, Zeichnen, Informationsbeschaffung) mindestens einen Akt von designing (Entwerfen) enthält.

 

Andere Bedeutungen von 'Design', die dem Begriff eine eigenständige Wirksamkeit oder einen ihm innewohnenden Wert beimessen, führen dagegen zu beträchtlichen Problemen. Sie zeigen sich in beispielsweise in Aussagen wie:

'Design funktioniert...'.

'Dies ist gutes Design'.

'Die letzten paar Jahre haben Verbesserungen des Designs gebracht'.

 

Diese erkenntnistheoretisch problematischen Bedeutungen des Begriffs 'Design' scheinen gebräuchlich geworden zu sein, weil es begrifflich und sprachlich schwieriger ist, nur epistemologisch klare Bedeutungen zu benutzen. Ein Beispiel dafür, wie man in zwei Schritten zu einer problematischen Bedeutung von 'Design' gelangt, die inzwischen 'common sense' ist, beginnt mit der unproblematischen Idee von designing (Entwerfen) als Aktivität (z.B. 'das Individuum_designte_(entwarf) die Lösung). Es fährt jedoch fort mit dem epistemologisch nicht gerechtfertigten Gebrauch von 'Design' als Attribut (z.B. 'diese Lösung ist designt') durch eine subtile Verschiebung von der passiven Verbform ('die Lösung ist designt worden' ist unproblematisch) zur adjektivischen Form. Die adjektivische Form besagt nun, die 'Lösung' habe eine pseudo-physikalische Eigenschaft von 'Design'. Dem kann dann noch ein kleiner, aber ebenso ungerechtfertigter Schritt folgen, hin zur Idee einer 'Designlösung' als etwas vom 'Design' geleistetem. Siehe da! Nun gibt es einen Pseudo-Akteur 'Design', der anscheinend existiert und herumgeht und Dinge tut. Soweit ich feststellen kann gibt es in der Designliteratur, trotz des verbreiteten Gebrauchs, keine angemessene Rechtfertigung für die Verwendung von 'Design' als 'etwas, das ganz selbstständig Dinge tut' oder als 'einer Eigenschaft, die ein Artefakt besitzt oder nicht besitzt'.

Es gibt verschiedene strukturelle Gründe, welche diesen Gebrauch von 'Design' befördern:

- er erlaubt eine beträchtliche Reduktion der Wortanzahl beim Schreiben über Entwerfen.

- die englische Sprache betont einfache 'Subjekt-Verb-Objekt' und 'Objekt-hat-Eigenschaft' Strukturen. Also ist es zwar strukturell, aber nicht epistemologisch sinnvoll zu sagen, 'Design verbessert Lösungen', oder, 'diese Lösung hat mehr Design'.

- Designer und Designforscher arbeiten hauptsächlich mit Objekten und deren Eigenschaften. Dies führt zu der Vorliebe, die Aktivität des Entwerfens und andere menschliche Themen als ein Ding, Design, oder in gegenständlichen Begriffen neu zu fassen.

- es erfordert besondere Sorgfalt, Mühe und zusätzliche Arbeit, diese bequemen, aber sprachlich falschen Abkürzungen zu vermeiden.

In vielen Situationen werden die erkenntnistheoretischen Inkonsistenzen mehr als wettgemacht durch die Vorteile an Kürze, Lesbarkeit und Zugänglichkeit, besonders im informellen Diskurs oder wenn das allgemeine Publikum angesprochen wird.

In formalen theoretischen Diskursen resultiert der nachlässige Gebrauch von 'Design' jedoch in einem epistemologischen Morast, der einen wichtigen Grund für das Entstehen des konzeptionell sumpfigen Milieus darstellt, in dem sich das Design - Wissenschafts Paradox befindet.

 

Strukturelle Begrenzungen / Bindungen von Designtheorien und Designforschung

Viele Designtheorien befinden sich in den Lücken zwischen den Theorien anderer Disziplinen und verbinden diese, um die Wies, Warums und Wozus des menschlichen Entwerfens zu erklären. Designtheorien sind die Bindeglieder, die andere Theorien in einem größeren Ganzen zusammenhalten. Dieser, im Reich der Theorie einzigartige Raum, unbesetzt von anderen Feldern, bietet die Grundlage für Axiom 1.

Axiom 1: Designtheorien (Theorien über Menschen, die Entwürfe schaffen) sind interdisziplinär.

Dies bedeutet im Besonderen, dass Designtheorien NICHT disziplinübergreifend (cross-disciplinary) oder multidisziplinär sind.

(W.J.: in meinem Wörterbuch steht cross-disciplinary = interdisziplinär)

In der Designforschung liegen die Dinge anders. Es ist nicht möglich, die mit Entwerfen zusammenhängenden Phänomene nur mit Hilfe von Designtheorien zu behandeln. Es ist erforderlich, Theorien anderer Disziplinen einzubeziehen. Dies heißt nicht, dass das Feld des Designs alle anderen Disziplinen umfasst. So gibt es beispielsweise viele Aspekte etwa des Ingenieurwesens oder der Kommunikationstheorie, die ein Designer beim Schaffen eines Entwurfs in Anspruch nehmen kann, aber diese gehören nicht zum 'Kerngeschäft' der Designforschung. Designforscher wechseln hinüber in andere Disziplinen und profitieren von deren Theorien, aber das impliziert nicht, dass die Theorien der anderen Disziplinen Teil der Designforschung sind. Dies führt zum Axiom 2.

Axiom 2: Designforschung ist disziplinübergreifend (cross-disciplinary)

Dies bedeutet im Besonderen, dass Designforschung NICHT interdisziplinär oder multidisziplinär ist.

Beim Erforschen des Entwerfens stützen sich Designforscher auf Wissen und Forschungsergebnisse aus anderen Disziplinen. Sie benötigen dazu die Fähigkeiten:

- das in anderen Bereichen verfügbare relevante Wissen zu verstehen.

- die Grenzen des Wissen in diesen anderen Disziplinen wie auch in der Designforschung zu identifizieren.

Diese Fähigkeiten sind wesentlich, um neue Forschungsthemen zu identifizieren, die einen Beitrag zum Wissen leisten, um die anzusprechenden Probleme zu erkennen und um in der Lage zu sein, die Forschung durchzuführen. Die Forschungen anderer Disziplinen zu verstehen und disziplinäre Grenzen zu überschreiten, erfordert eine Vielzahl disziplinärer Fähigkeitssets, denn Forschung und Wissen in unterschiedlichen Disziplinen unterscheiden sich. Dies führt zu Axiom 3.

Axiom 3: Designforscher benötigen multidisziplinäre Fähigkeiten

Designforscher können nicht mit dem Wissen einer Disziplin (des Design) auskommen, die zwischen den Disziplinen liegt. Die Fähigkeit, disziplinäre Grenzen zu überschreiten, verlangt von den Forschern den Besitz der notwendigen Fähigkeiten für jede der Disziplinen, in die sie sich hineinbegeben, um das Wissen diese Disziplin zu verstehen und zu nutzen. Ebenso wichtig ist die Fähigkeit der 'Grenzüberschreitung' selbst.

Das oben Gesagte zielt auf 'Forschung in das Schaffen von Entwürfen': die Fähigkeiten und Tätigkeiten des Entwerfens. 'Forschung in Entwürfe' bietet ein anderes Bild. Dies ist nicht so einfach, weil unklar ist, warum viele Aspekte des Studiums von Entwürfen überhaupt als Teil der Designdisziplin angesehen werden sollen und nicht als Themen bestehender traditioneller Disziplinen. Die historische Untersuchung von Entwürfen (Designobjekten) etwa gilt normalerweise als Unterbereich der Geschichtsforschung. Dafür gibt es verschiedene Gründe:

- die Geschichtswissenschaft bietet die theoretischen- und die Forschungswerkzeuge.

- das generierte Wissen liegt vollständig innerhalb der Grenzen der Geschichtsforschung.

- Designforscher, die historisches Wissen über Entwürfe benutzen, benötigen wahrscheinlich ebenso die gesamte Fülle des Wissens über sozioökonomische und kulturelle Bedingungen, und nicht nur das besondere Wissen über die Entwürfe selbst.

 

Ähnliches gilt für andere Aspekte der Forschung über / in Designentwürfe - im Gegensatz zur Forschung in das Entwerfen selbst.

Zusammengenommen legen die genannten Faktoren nahe, dass eine Disziplin Design, gegründet auf Forschung in das Entwerfen, wahrscheinlich nicht so problematisch ist, vorausgesetzt die Forscher sind in der Lage, spezifische disziplinäre Theorien zu generieren, welche interdisziplinär sind und außerhalb der von anderen Disziplinen beanspruchten Hauptgebiete liegen.

Im Gegensatz dazu würde eine auf Forschung in Entwürfe (Designobjekte) gegründete Disziplin vermutlich wegen ihrer Widersprüche infolge notwendiger Grenzüberschreitungen permanent unter Problemen leiden.

 

Zusammenfassung

Um es zusammenzufassen: die Untersuchung des Sumpfs des Design - Wissenschafts Paradoxes erweist die Notwendigkeit, die Grundlagen, Theorien, Konzepte und Begriffe des Designfeldes neu zu betrachten, um epistemologische Probleme anzusprechen. Sie legt nahe, dass es vielversprechender ist, die Disziplin Design auf Forschung in die menschliche Aktivität des Entwerfens statt in die Eigenschaften von Entwürfen zu gründen.

Dieser Ansatz stellt eine neue programmatische Basis für das Erforschen und Entwickeln von "großer Designtheorie" ("..." von W.J.) (Bryne, 2000) mit substantiellen Vorteilen gegenüber anderen Ansätzen dar. Er erlaubt die Bildung kohärenter Designtheorie, welche aktuelle Forschungen über menschliche psycho-neuro-physiologische Funktionsweisen einschließt. Er ermöglicht dem Design, die konzeptionelle und begriffliche Konfusion hinter sich zu lassen, die als Folge der Vernachlässigung der epistemologischen Grundlagen von Forschung und Theoriebildung entstanden ist. Er erlaubt der Designforschung eine bessere konzeptionelle Integration mit anderen Disziplinen - besonders mit seiner natürlichen Partnerin, den Zukunftsstudien. Schließlich erlaubt er die wohlbegründete Verbindung von Designtheorien mit sozialen, ökologischen und ethischen Faktoren, die mit Entwerfen zu tun haben.

 

References

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Kurzbiografie

Dr. Terry Love wurde in Manchester, UK geboren. Schon früh als Designer ausgebildet. Studierte Designtheorien von John Chris Jones und Nigel Cross mit John Woollatt in den späten 1960er Jahren. Er besitzt einen BA (Hons) in Ingenieurwissenschaften aus einem designbasierten Abschluss an der Lancaster University (1975). Er verbrachte 20 Jahre in Lancaster, arbeitete als Berater / Designer / Contractor (Auftragnehmer???) in kommerziellen und gemeinnützigen Projekten in Großbritannien, Frankreich und Spanien. Er zog 1991 nach West-Australien und erwarb dort seinen Doktorgrad / PhD, wobei er erforschte wie Designer neben technischen und ästhetischen auch soziale, ökologische und ethische Faktoren integrieren können und welche Theorie erforderlich ist, um sie dabei zu beschreiben. Seitdem Forschung und Design in einem weiten Spektrum von Themen wie: kohärente Grundlagen für Designtheorien, Australiens Zukunft bis 2015, Versorgungs- und Bildungsdienstleistung für Jugendliche, Beziehungen zwischen Strafjustiz und kommunalen Organisationen, Management öffentlicher Freiflächen, Informationskriegsführung, Hirnforschung, Neurologie und Modelle der Kognition, Einflussfaktoren auf die Zukunft des PhD und anderer Doktorate, Modelle und Systeme des e-business, portfoliobasierte Bewertungen (???), computerbasierte Techniken des Wissensmanagements, Datenbanksystem für Lungentransplantationen, affektive Kognition. Momentan am We-B Research Centre der School of Management Information Systems, Edith Cowan University, Perth, Adjunct Research Fellow, Curtin University, Perth, Eigentümer von Love Design and Research and Praxis Education.