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Der Stern von Bethlehem

(c) Rudolf Oeller, veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Autors
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Die beiden Evangelisten Matthaeus und Lucas berichten zu Beginn ihrer Aufzeichnungen von der Geburt Jesu. Matthaeus erwaehnt im 2. Kapitel seines Evangeliums dabei einen Stern.
Drei "Weise" waren seinem Bericht zufolge aus dem Morgenlande gekommen, denn sie hatten "seinen" Stern gesehen, den Stern des "neugeborenen Koenigs der Juden".

Zahlreiche Astronomen haben sich seit Menschengedenken den Kopf darueber zerbrochen, ob der Stern von Bethlehem ein mystisches Symbol sei oder ob er tatsaechlich jemals existierte. Wenn es den Stern von Bethlehem wirklich gegeben hat, so argumentieren die Astronomen, dann muesste es moeglich sein, dessen Geheimnis mit den Mitteln der modernen Wissenschaft zu lueften.

Die "Weisen aus dem Morgenlande", von denen Matthaeus erzaehlt, waren keine Koenige, aber es spricht einiges dafuer, dass es sich um babylonische Priester des Propheten Zarathustra gehandelt haben koennte.
Zarathustra (griechisch "Zoroaster") war ein Reformator der alten Religion Babylons. Er zaehlt zu den aeltesten Verkuendern eines Ein-Gott-Glaubens. Die Zarathustra-Priester Babylons waren gebildete Schriftgelehrte und Astronomen und genossen in ihrem Lande hohes Ansehen. Mitunter hatten sie sogar den Rang von Fuersten.
Bei ihren sorgfaeltigen astronomischen Beobachtungen muss diesen "Weisen" eine aeusserst seltene und einmalige Erscheinung aufgefallen sein. Dieses Himmelsbild muss sie veranlasst haben, eine lange und beschwerliche Reise aus der Region des Persischen Golfs nach Israel anzutreten.
Was aber haben diese Priester wirklich gesehen?
Im Evangelium des Matthaeus ist davon die Rede, dass der Stern von Bethlehem mehrmals erschienen war und sogar "still stand".

Die moderne Astronomie hat uns gelehrt, dass selbstleuchtende Sterne, zu denen auch unsere Sonne zaehlt, aus kosmischem Staub entstehen und nach Milliarden Jahren wieder vergluehen koennen.
Besonders grosse Sterne sterben indem sie mit unvorstellbarer Wucht explodieren. Eine solche "Supernova" waere, wenn sie in unserer Milchstrasse stattgefunden haette, von den Himmelbeobachtern keinesfalls uebersehen worden.
Weder in den alten Schriften der Babylonier noch in den Schriften der Chinesen, die ebenfalls sehr gute Himmelsbeobachter waren, findet sich indessen ein Hinweis auf eine Supernova zur Zeit von Christi Geburt.

Man darf also annehmen, dass der Stern von Bethlehem keine Supernova war.

Koennte der Stern ein Komet gewesen sein?
Kometen sind Irrlichter am Himmel, durchs Weltall rasende Eisberge von mehreren Kilometern Durchmesser, die vom Rande unseres Sonnensystems und im Abstand von Jahrzehnten auf die Sonne zustuerzen.
Die Kometen umrunden die nahe und heisse Sonne und erzeugen in Sonnenaehe einen riesigen Dampfschweif aus Wasser, den man von der Erde aus als bedrohlich anmutendes Bild mit freiem Auge erkennen kann.
Im Jahre 5 vor Christus war ein Komet erschienen. Er koennte der Stern von Bethlehem gewesen sein, aber der wesentlich hellere und interessantere "Halleysche Komet" war kurz zuvor, naemlich im Jahre 12 vor Christus erschienen.
Kometen sind derart beeindruckende Erscheinungen, dass man auf unseren Weihnachtskrippen heute noch den Stern von Bethlehem als Kometen darstellt, denn der Schweif des Krippensterns symbolisiert eindeutig die Zugehoerigkeit zu diesen Himmelsvagabunden.

Ein Komet koennte also der Stern von Bethlehem gewesen sein.
Problematisch an der Kometentheorie ist folgendes:
Kometen galten einerseits immer schon als Unheilsboten, andererseits aber auch als Ankuendigung von Koenigen.
Somit erscheint die Kometentheorie nur teilweise plausibel.

Eine andere Theorie ist um vieles wahrscheinlicher.
Es gab im Jahre 7 vor Christus ein atemberaubendes Phaenomen am Himmel, welches der Stern von Bethlehem gewesen sein koennte.
Auf dieses Ereignis war bereits der grosse deutsche Astronom Johannes Kepler (1571-1630) - er war lange Zeit auch in Oesterreich taetig - anhand seiner Berechnungen gestossen:
Die beiden maechtigen Planeten(goetter) Jupiter und Saturn trafen sich am Himmel, welches sternkundige Menschen nicht uebersehen konnten.

Jupiter und Saturn sind Planeten, die ausserhalb der Erdbahn um die Sonne wandern.
Die innen um die Sonne kreisende Erde bewegt sich schneller als Jupiter und Saturn.
Von der Erde aus gesehen vollfuehren die Planete dadurch alle paar Jahre auffallende und mysterioes anmutende Schleifenbewegungen am Nachthimmel, die mehrere Wochen oder auch Monate dauern koennen.
Im Jahre 7 vor Christus standen nun Sonne, Erde, Jupiter und Saturn exakt in einer Reihe. Die innen rotierende Erde ueberholte die hintereinander liegenden Planeten Jupiter und Saturn. Diese beiden riesigen und gut sichtbaren Planeten vollfuehrten von der Erde aus gesehen nun scheinbar zwei gemeinsame Schleifen und kamen sich dabei insgesamt dreimal so nahe, dass sie wie ein einziger heller Stern erscheinen mussten.
Das war am 27. Mai, am 6. Oktober und am 1. Dezember im Jahre 7 vor Christus.
Diese auffallende Himmelserscheinung war also dreimal zu sehen.

Damit nicht genug:
Die dreifache Planetenkonjunktion fand im Sternbild der Fische statt.
Das Sternbild der Fische war bei den Babyloniern das Symbol fuer Israel.
Fuer die Weisen aus dem Morgenlande konnte das spektakulaere Treffen der Himmelsgotter Jupiter und Saturn ein Hinweis gewesen sein, nach Israel zu reisen um dem neuen Koenig Israels ihre Referenz zu erweisen. Also begannen die Weisen aus dem Morgenlande im Mai ihre lange Reise und kamen vermutlich im Winter in Israel an. Dass der neugeborene Konig der Juden in Bethlehem geboren wurde, konnten die Weisen nicht ahnen, fuer sie war es logisch, zunachst nach Jerusalem zu gehen um sich bei Koenig Herodes zu erkundigen.
Dies geht auch aus dem Evangelium des Mathaus hervor.
Der grausame Rest ist bekannt: Herodes geriet in Panik und liess die maennlichen Saeuglinge in Bethlehem ermorden.
Die "Weisen" - von der Gefaehrlichkeit Herodes' rechtzeitig informiert - "zogen auf einem anderen Wege in ihr Land zurueck".

Eine Frage bleibt noch offen, die Frage nach dem Jahre 7 vor Christus.
Kann das stimmen?
Ist Christus nicht im Jahre "eins" oder "null" geboren worden?
Nun, der heute von uns gefeierte Geburtstag von Jesus Christus und somit unsere heutige gueltige Zeitrechnung geht auf den Moench Dionysius Exiguus zurueck, welcher diese erst relativ spaet, namlich im 6. Jahrhundert unsere Zeitrechnung, eingefuehrt hatte.
Dionysius muss sich bei seinen Berechnungen ueber die Jahrhunderte hinweg um ein paar Jahre geirrt haben, denn Herodes, der Kindermoerder von Bethlehem, starb hoechstwahrscheinlich im Jahre 4 vor Christus, und der Befehl des Kaiser Augustus, das Land in Steuertabellen zu erfassen, war im Jahre 8 vor Christus ergangen.
(Im Lukasevangelium heisst es im Kapitel 2, dass Kaiser Augustus den Befehl erlassen hatte, das Land neu zu erfassen).
Somit passen sowohl die wesentlichen historischen Eckdaten als auch die seltsame Erscheinung der Planeten Jupiter und Saturn ueberein.

Dionysius beging ueberdies einen mathematischen Fehler.
Er liess Jesus Christus im Jahr minus eins zur Welt kommen, worauf das Jahr plus eins folgte. Das Jahr Null fehlt also in seiner Zeitrechnung.

Es spricht vieles dafuer, dass Jesus Christus paradoxerweise im Spaetherbst des Jahres 7 vor Christus geboren wurde.
Trotzdem - oder gerade deswegen - ist das von Dionysius Exiguus irrtuemlich festgelegte Weihnachtsdatum ein Fest der Freude.
Es geht bei Weihnachten ja weniger um ein konkretes Datum als um ein symbolbehaftetes Fest:
Ein Fest der Familie, ein Fest der Liebe, ein Fest der Kinder. Vergessen wir aber niemals auch die anderen Seiten dieser schoenen Feier. Die grausame Seite symbolisiert der Massenmoerder Herodes, die gottsuchende Seite bilden die geheimnisvollen "Weisen aus dem Morgenlande".

Rudolf Oeller
(roe_9012.asc / roe_9012.arj)


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