(Fire)
Angeheiratete junge Frau wirbelt die Traditionen einer indischen Großfamilie durcheinander und entwickelt eine Leidenschaft für ihre Schwägerin.
Von ihren Eltern verheiratet zieht die junge Sita in den Haushalt ihres fremden Mannes Jatin, einem Videoverleiher. Im selben Haus führen Jatins älterer Bruder Ashok und dessen Frau Radha ein Schnellrestaurant. Über dem Geschehen wacht die stumm gewordene und pflegebedürftige Großmutter Biji. Noch während sich Sita mit dem Familienleben vertraut macht, werden Brüche unter der Oberfläche des verhärteten Traditionsbewusstseins offenbar: Jatin bricht seine Affäre mit einer Chinesin, die auf eine Rolle als Gebärmaschine in einer Großsippschaft verzichten konnte, entgegen den Erwartungen seiner Familie nicht ab. Ashok und Radha quält eine kinderlose Ehe und der Hausdiener Mundu findet Vergnügen daran, sich im Beisein der wehrlosen Biji an Hardcorepornos zu ergötzen.
Während die Männer außer Haus gehen, Jatin zu seiner Geliebten, Ashok zu seinem Guru, kommen sich die Schwägerinnen näher. Tradition und Rebellion treffen mit Radha und Sita aufeinander, doch nicht ohne ein gegenseitiges Verständnis. Zwischen den beiden Frauen erwächst eine Liebe, deren Leidenschaft weder persönliche Konsequenzen noch familiäre Zwänge eindämmen können...
Fire geht in seiner Gesellschaftskritik sehr symbolträchtig zu Werke, allerdings handelt es sich auch um eine stark symbolverhaftete Gesellschaft. Außerdem verschafft uns so die tagträumerische Satire auf die Rollenverteilung der Geschlechter aus einem alten Märchen heitere Minuten. Ansonsten erfüllt der sozialkritische Film all die Erwartungen seines (westlichen) Publikums. Mit der Ausnahme, dass der Film in Englisch, oder besser "Hinglish" gedreht wurde. Nicht aus kommerziellen Erwäggründen für ein internationales Publikum, wie uns die 1973 nach Kanada ausgewanderte Regisseurin versichert, sondern weil ihre Muttersprache als Folge der britischen Kolonialisierung, wie die von Millionen anderer Mittelschichtkinder auch, nun einmal Englisch ist. Auch eine butch-femme Tanzszene mit Sita und Radha erglänzt im innovativen Licht, als die Frauen nicht nur in die entsprechenden Rollen schlüpfen, sondern in die entsprechenden chinesischen Rollen.
Ein mutmachender Frauenfilm aus einer Gesellschaft, die weit mehr erstickt, als es der Westen ohnehin schon aus eigener Erfahrung kennt.
ki, Berlin
Foto ©: Prokino
Gelaufen während des:
Europäischen Film Marktes 1997
1997 American Film Market
Deutscher Kinostart ist der 21. August 1997 im Verleih von Prokino.
copyright: Queer View, 20. August 1997