(Marvin's Room)

Ihr halbes Leben lang pflegt Bessie (Diane Keaton) nun schon ihren schwerkranken Vater und die etwas schrullige Tante Ruth. Da sie in letzter Zeit sehr schnell müde wird, beschließt sie, einen Arzt (Robert DeNiro) aufzusuchen. Sie glaubt zunächst an Vitaminmangel. Doch es stellt sich heraus, dass Bessie an Leukämie erkrankt ist. Es gibt nur eine Chance der Heilung, eine Knochenmarktransplantation. Aus genetischen Gründen kommen für eine Knochenmarkspende nur Blutsverwandte infrage. Doch ihr Vater und ihre Tante Ruth scheiden für diese Untersuchung aus, da sie selbst schwer krank sind. Bessie hat noch eine Schwester, Lee (Meryl Streep). Die hat allerdings schon vor vielen Jahren den Kontakt zu ihrer Familie abgebrochen.

Lee führt als alleinerziehende Mutter von zwei Söhnen ein nicht gerade sorgloses Leben im fernen Ohio. Während ihr Jüngster sich gerne in Bücher vergräbt, ist sein unberechenbarer Bruder Hank (Leonardo DiCaprio) imstande, das Dach über ihrem Kopf anzuzünden. Was ihm einen Aufenthalt in der Nervenheilanstalt einbringt. Zu diesem Zeitpunkt meldet sich Bessie bei ihrer Schwester und bittet sie, sich zu einem ärztlichen Test zur Verfügung zu stellen. Lee stimmt zu, packt ihre Jungs ins Auto und macht sich auf den Weg nach Florida.

Dort angekommen, wird Lee mit der aufopferungsvollen und selbstlosen Art von Bessie konfrontiert, mit der sie ihren Vater pflegt. Als es Bessie auch noch gelingt, Hanks Vertrauen zu gewinnen, fühlt sich Lee angegriffen. Sie glaubt sich in die Rolle der unfähigen Mutter gedrängt, die vor allen Unannehmlichkeiten das Weite sucht, anstatt sich ihnen zu stellen. Die Schlüsselfigur in dieser Auseinandersetzung ist Hank. Er kann sich nicht entscheiden, ob er sich nun dem Knochenmarktest unterziehen soll oder nicht. Lee kommt ihm autoritär. Sie glaubt, er müsse ihr als Mutter gehorchen. Bessie hingegen versucht es mit Verständnis. Durch die Auseinandersetzung mit ihrem unterschiedlichen Verhalten Hank gegenüber, überdenken die Schwestern erstmals auch ihr Verhältnis zueinander.

Marvin's Töchter ist die Adaption eines erfolgreichen Theaterstückes, das 1991 in New York uraufgeführt wurde. Der Autor Scott McPherson wollte in seinem Drama von „der inneren Kraft, sich für jemand anderen aufzuopfern" erzählen. Dabei konnte er aus seinem eignen traurigen Erfahrungsschatz schöpfen. Sein Großvater Marvin litt an der Parkinsonschen Krankheit und auch seine Tante Ruth war schwer pflegebedürftig. Seine Tante Bessie sorgte für die beiden. Scotts Großmutter litt an Krebs. Seine Mutter pflegte sie und zog gleichzeitig drei Kinder auf. McPherson selbst pflegte seinen aidskranken Freund bis zu dessen Tod und infizierte sich schließlich selbst mit dem tödlichen Virus. Die Filmpremiere seines Stückes konnte Scott McPherson nicht mehr miterleben.

Der Film hätte leicht auf Seifenoper-Niveau abrutschen können. Die Starbesetzung kann aber nicht darüber hinweg täuschen, dass der Handlung ein wichtiges Element fehlt. Leider kommt sehr schnell Langeweile auf. Daran kann auch die selbstironische Darstellung Robert DeNiros als Dr. Walley nichts ändern. Die Charaktere bleiben durchweg flach und blass. Schade, denn von talentierten SchauspielerInnen wie Meryl Streep und Leonardo Di Caprio kann man durchaus mehr erwarten.

ch, Düsseldorf
 
Deutschland: 5. Juni '97
Wiederaufführung: 4. Juni '98 im Verleih von Kinowelt
Filmdaten
copyright: Queer View, April 1997