Attwengerfilm

„..ein Nichts, ein Häufchen Musikband" (Jochen Distelmeyer, Blumfeld)

Attwengerfilm, schlicht und einfach, der Artikel fehlt. Aus gutem Grund. Es ist kein Film über Attwenger, auch nicht ganz ein Film mit Attwenger. Attwengerfilm ist Attwenger und zugleich Film. Geplant wurde Attwengerfilm als ein Musikerporträt. Eine Annäherung an das Duo ist jedoch schwierig. Seit jeher sträubt sich Attwenger, Interviews zu geben. JournalistInnen, die bereits das Vergnügen hatten, wissen davon gewiss ein Lied zu singen.

Die beiden Musiker aus Oberösterreich, Markus Binder und Hans-Peter Falkner, wollten sich nicht, solange es das Duo gab, in die Machinerie des Musikbusiness einbinden lassen. Für sie spricht das Schlagzeug und die Ziehharmonika, das Toben des begeisterten Publikums und weiter nichts. „Unsere Musik attwengert, alles andere kann nur ein Hilfsbegriff sein.", so steht es in einer österreichischen Zeitung. ZeitgenossInnen, die das Schaffen des Duos musikalisch einordnen wollen, hantieren mit Begriffen aus der Volksmusik, dem Punk und dem Hip Hop. Daran scheitern sie. Ich gehe hier einmal davon aus, dass die Musik von Attwenger bekannt sein dürfte.

Die ZuschauerIn begleitet nun die Band, sitzt mit der Kamera auf dem Spoiler ihres Wagen, mit dem sie von Konzert zu Konzert reisen, und hört ihnen beim Palavern zu. Wer des Dialektes nicht mächtig ist, und dazu zähle ich mich, für den ist das ganz schön anstrengend. Wir begleiten die Band bei Konzerten, bei einem Interview, bei Reisen ins Ausland, beim Zuhausesein, bei Aufnahmen im Studio. Attwengerfilm ist eine Collage, zusammengefügt aus dem Filmmaterial von drei Jahren. Wie alt das Material zum Teil wirklich ist, merkt man, wenn man aufmerksam die Backstage- und Büro-Wände betrachtet, da hängen z.B. noch alte Giant Sant- und Die Haut-Plakate.

Murnberger begleitete die Band erst einmal, setzte sich Konzepte und brach sie wieder. Da sind wir bei einer Interviewsituation hautnah dabei, Christian Schachinger vom Der Standard bemüht die Jungs. Und da Interviews eben so selten und unergiebig sind, bemühten die Filmemacher andere ZeitzeugInnen um Äußerungen zum Phänomen Attwenger. Zu Wort kommen Jochen Distelmeyer von der Hamburger Band Blumfeld, der Protestsänger Sigi Maron, der Radiomoderator Fritz Ostermayer, der Publizist Wolfgang Kos und die Rundfunkredakteurin Judith Schnaubelt. Dem einen gefällt die genaue Handhabung der Sprache, dem anderen sagt zu, dass das Wort „Scheiße" verwendet wird. Attwenger wissen genau, was sie tun, bescheinigt dem Duo der Dritte. So folgen, Schnitt auf Schnitt, immer wieder Statements, die die Musik in Worte fasst, fast in greifbare Nähe rückt, um dann leider, allzuoft doch zu theorisierend daherkommt, worüber man dann nachdenken könnte, wäre man nicht schon beim nächsten Clip.

In den Film fügen sich mehrere Musikvideos ein, in der Regel kleine Animationsfilme, die Musik hat in ihnen einen handelnden Charakter. Es wird nicht ganz klar, ob diese Filme von Martin Anibas, Herbert Schager, Bady Minck, Sabine Groschup, Thomas Renoldner und Pepi Öttl ein Nebenprodukt dieses Filmes waren, oder ob sie für den Einsatz bei Musikprogrammen der Fernsehsender bestimmt waren. Doch jeder der FilmemacherInnen nähert sich einem Song in einer ganz eigenen Herangehensweise. In den besten Teilen des Attwengerfilms nehmen wir an Konzertausschnitten teil (im Kraftwerk Steyr und im Kino Ebensee im April 1993, sowie im Messepalast Wien im Mai 1994), gedreht in grobkörnigem Schwarzweiß mit unruhiger Kamera, an heute unwiderruflich vergangenen Erlebnissen. Das ist es, was Attwenger wirklich ausgemacht hat, davon hätte ich mir viel mehr gewünscht.

Wolfgang Murnberger hatte zwar die Idee zu diesem Film, doch die Band griff bald in die Gestaltung ein. Das Duo über ihr Leben im Allgemeinen, wie sehr ein Wohnzimmer nur ein Wartezimmer sei, denn man warte darin, bis einem etwas einfalle, auf dass man dann ins Arbeitszimmer gehe um zu arbeiten, oder man warten würde, bis man müde ist, um sogleich ins Schlafzimmer zu wechseln usw. Einfache Wahrheiten, über die man meditieren oder sich verarscht vorkommen könnte. Auch steuerten Binder und Falkner eigenes Videomaterial bei, z.B. von ihren Reisen durch Zimbabwe und Malaysia.

Kurz nach Beendigung der Dreharbeiten löste sich die Band, nach einem Konzert in Sibirien im August 1995, auf. Aus Attwengerfilm wurde somit nicht nur der Versuch eines Porträts realisiert, sondern ein visuelles Vermächtnis geschaffen. Attwenger wird im Kino weiterleben. Die Jungs wissen wirklich, was sie da tun.

en, Berlin

copyright: Queer View 1996

Idee: Wolfgang Murnberger; Gestaltung: Markus Binder, Hans-Peter Falkner, Florian Flicker, Wolfgang Murnberger, Bernhard Weirather; Trickfilme: „orausch" - Martin Anibas, „½ 8 & ged" - Herbert Schager, „duft" - Bady Minck, „schtrossn" - Sabine Groschup, „wos nu" - Thomas Renoldner, „kosz" - Pepi Öttl; Kamera: Fabian Eder u.a.; Produzent: Erich Lackner. Lotus Film 1995, Verleih in Deutschland: Ventura Film.

Attwenger (Trikont Schallplatten):

Attwenger über Attwengerfilm

„ATTWENGERFILM ist 1 film über attwenger und nicht von attwenger, weil 1 film von attwenger würde schon ganz anders ausschauen, obwohl, und das geben wir zu, wir bei diesem film ziemlich fleißig mitgemacht haben, weil sonst...

das filmemachen ist so wie das musikmachen oder anderesachenmachen eine angelegenheit, bei der es von der einstellung abhängt, was dabei rauskommt, dabei ist es zu vielen mehr und auch weniger lustigen szenen gekommen, die meisten sind so dazwischen, je nachdem, wie sie geworden sind, unserer ansicht nach sind die attwenger selbst sehr oft im bild, fast zu oft, wie prominente, das führt zu nichts.

interessant sind allerdings manchmal die kommentare von anderen, die, währenddem der film läuft, zu wort kommen, und auch ein paar gute trickfilme und andere sachen und musik. mehr als 80 minuten zum aushalten das ganze. wenn wir den film wegen seiner entstehung nicht so oft gesehen hätten, würden wir ihn uns zumindest auf jeden fall 1 mal anschauen, also."