Freundschaftsspiel 1961/62: SC Dynamo Berlin - SG Dynamo Dresden 1:4

Stürmer müßte man haben / Gäste aus Dresden viel gefährlicher
Es war fast genauso wie beim ersten Spiel der beiden Namensvetter am letzten Tag des vergangenen Jahres in Dresden. Damals wie heute legte der Liga-Vertreter vier Treffer vor, ehe er dem Oberligisten gestattete, selbst einmal bzw. zweimal ans Ziel der Wünsche zu gelangen. "Nur" zwei Freundschaftsspiele könnte man sagen, aber dennoch bieten sie genügend Anlaß zur grundlegenden Schlußfolgerungen. Einmal: Meist wird schon das einfache, geradlinige, schnörkellose Spiel die Garantie für einen Erfolg bieten. Das haben die Dresdener seinerzeit auf eigenem Platz gezeigt, das legten sie auch diesmal wieder in Berlin trefflich dar. Zum anderen: Wie soll ein Spiel gewonnen werden, wenn man keine Tore schießen kann? Schon nach einer knappen halben Stunde Spielzeit - in einem Zeitraum, als der Gastgeber mit dem Wind im Rücken noch stark überlegen war - stellte sich der Berichterstatter die Frage: Wer könnte hier wohl ein Tor schießen? Die Antwort blieb aus.

Wie meist schon seit langer Zeit, da man beim SC Dynamo stets nach der altbekannten Melodie spielte: schön - aber erfolglos! Nur wenn Koinzer, der junge und talentierte Flügelstürmer aus Frankfurt, zum Vorstoß ansetzte, dann zog so etwas wie Gefahr in Dresdens Strafraum auf. Im übrigen wurde jedoch der Schlußmann der Gäste kaum durch einen nennenswerten Schuß belästigt. So große Mühe sich Kapitän Schröter auch anfangs gab, so verständig die beiden Läufer Ihre Angriffsspieler einsetzten - diese gewiß guten Absichten fanden keine Verwirklichung. Mit Stürmern wie Schmidt, Bley, Gadow oder später auch Quest ist eben kein Spiel zu gewinnen! Das weiß man aber beim Berliner Club nicht erst seit heute. Zwar sagt Trainer Janos Gyarmati: "Dieses 1:4 kommt gerade noch zur rechten Zeit." Aber wir müssen jetzt schon die Frage aufwerfen: Wie soll es erst in der Meisterschaft weitergehen? Dabei gaben Dresdens Stürmer doch guten Anschauungsunterricht, wie man spielen, stürmen und schießen muß.

Wie einfach kann es doch im Fußball sein, wenn man nicht immer den Umweg, den Schnörkel und das Komplizierte sucht. Ein weiter Schlag des Läufers Hofmann in den freien Raum und oft sogar im Wechsel nach rechts. Ein Blick des Mittelstürmers Legler und stets rechtzeitiger Paß zum am günstigsten stehenden Mitstürmer. Ein Lauf und Schuß des Rechtsaußen Fischer, des Halblinken Neidhardt und vor allem des sehr gefährlichen Linksaußen Fröhlich - und sofort war es geschehen. Abgesehen vom ersten Tor, das keineswegs einer zwingenden Kombination entsprang, fielen alle drei Treffer der Dresdener nach zügigem Steilspiel. Zweimal zog Fröhlich auf und konnte sich die Ecke aussuchen. Einmal donnerte Neidhardt das Leder herrlich unter die Lattenkante.

SC Dynamo Berlin:
Marquardt (46. Klemm); Stumpf (46. Hofmann), Dorner, Skaba; Mühlbächer, Maschke (46. Quest); Schmidt, Bley, Gadow, Schröter, Koinzer
SG Dynamo Dresden:
Hohne; Wühn, Haustein, Prautzsch; Öser, Hofmann; Fischer, Pahlitzsch, Legler, Neidhardt, Fröhlich

0:1 Legler             (39.)
0:2 Fröhlich           (46.)
0:3 Neidhardt          (60.)
0:4 Fröhlich           (65.)
1:4 Mühlbächer         (77.)

Schiedsrichter:        Köpcke (Wusterhausen)
Zuschauer:             1.000


Lothar Nagel, Neue Fußballwoche, 13.02.1962