Freundschaftsspiel 1959: SC Dynamo Berlin - Berliner SV 92 3:1

Strategen im Mittelfeld: Maschke, Schröter
Sie trafen sich wieder: Es ist schon lange her! Vor fast 5 Jahren fand die erste Begegnung zwischen dem SC Dynamo und BSV 92 statt. Damals siegten die Berliner Volkspolizisten in Schmargendorf mit 4:3 und gewannen auch die Revanche im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark sogar eindeutig mit 5:0. Nun endlich nach 4 Jahren konnte man alte Bekanntschaften und Freundschaften erneuern und festigen. Das war wirklich eine Freude, als Otto Schadebrodt, der damalige Standard-Torwart des BSV, und "Manne" Paul, der einstige Halbstürmer und künftige Trainer, mit unseren "alten Strategen" Moppel Schröter und Herbert Maschke Wiedersehen feierten. Nicht viel mehr als ein Trainingspartner: Leider vermochte der BSV 92 in beiden Spielen dieser Woche den SC Dynamo nicht ernsthaft auf die Probe zu stellen. Weder am Mittwoch beim ersten Spiel auf dem Herthaplatz am Gesundbrunnen noch am Sonntag beim Rückspiel im Walter-Ulbricht-Stadion gab die Torquote das reale Kräfteverhältnis richtig wieder.

Sosehr sich auch die Spieler des Westberliner Vertragsligisten im sportlich fairen Geist um den Erfolg bemühten, er blieb ihnen versagt, mußte ihnen versagt bleiben. Die Meisterschaftsspiele der höchsten Spielklasse Westberlins erreichen nun einmal nicht das Niveau der Oberligakämpfe in der DDR. Allein schon individuell gesehen, könnte kaum ein Spieler im schwarzen Trikot hinsichtlich Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer, aber auch insbesondere Technik mit seinem Gegner Schritt halten. Hieraus ergab sich aber auch ein erhebliches Übergewicht der Dynamo-Männer in den Fragen des kollektiven Zusammenspieles, des reibungslosen Ineinandergreifens aller Mannschaftsteile. Das zeichnete sich am Mittwoch noch stärker ab, obwohl hier der BSV nur knapp mit 0:1 unterlag. Das kam aber auch im zweiten Spiel am Sonntag zum Ausdruck, obwohl die Schmargendorfer sich nun auf einigen Posten, insbesondere der Position des Mittelläufers, verstärkt hatten.

Einige schöne Einzelleistungen, wie im ersten Spiel von Torwart Böhnke und Mittelstürmer Krüger oder dann beim Rückkampf von Hermann und Friese, konnten die geringere spielerische und konditionelle Potenz nicht wettmachen. Das eingespielte Duo, zwei "Strategen" des Mittelfeldes wie Herbert Maschke und Günther Schröter, hatte der BSV nicht aufzuweisen. Das Zusammenwirken dieser beiden spielgestaltenden Kräfte sorgte in jedem Falle, beim 1:0 ebenso wie beim 3:1, für das entscheidende Übergewicht des SC Dynamo in fast allen Aktionen. Gerade Westberlins Fußballfreunde konnten sich einen schönen Eindruck davon machen, was es bedeutet, wenn zwei derart überragende Fußballspieler das Spiel ihrer Mannschaft leiten und bestimmen. Immer wieder setzten sich der rechte. Läufer und der halblinke Stürmer erfolgreich in Szene, versorgten ihre Mitspieler mit maßgereehten Vorlagen und bestimmten das Geschehen auf dem Feld.

Ihrem Fleiß und Können hat Dynamo diese zwei Erfolge in erster Linie, zu verdanken. Während die Abwehr, längst nicht wie bei unseren Punktspielen ernsthaft auf die Probe gestellt wurde, ließ das Spiel des Angriffs an beiden Tagen, besonders was die Durchschlagskraft anbetrifft, zu wünschen übrig. Ein Lichtblick und, weitere harte Arbeit beim Training vorausgesetzt, wohl auch ein Garant für die Zukunft könnte der junge Flügelstürmer Ralf Quest sein, dessen zwei Treffer beim Sonntagspiel von Mut und Entschlossenheit zeugten. Sechsmal an Holz geklopft: Am Mittwoch war Torwart Böhnke für BSV oftmals Retter in letzter Not. Am Sonntag stand dem tüchtigen Schlußmann das Glück, sprich die Torumrandung, zur Seite. Nicht weniger als sechsmal wurden Schüsse oder Kopfbälle der Dynamo-Stürmer von Pfosten oder Latte aufgehalten.

SC Dynamo Berlin:
Marquardt; Dorner, Heine, Skaba; Maschke, Thiemann; Quest, Bley, Schäffner (28. Velebiel), Schröter, Nippert (60. Ziehm)
Berliner SV 92:
Böhnke; Ernst (75. Meisel), Rudolph; König, Hermann, Friese; Gralow, Bohnert, Krüger (30. Borchardt), Gotsch (46. Krüger), Schumann

1:0 Quest              (20.)
2:0 Quest              (38.)
2:1 Krüger             (70.)
3:1 Bley               (82.)

Schiedsrichter:        Köpcke (Wusterhausen)
Zuschauer:             7.000


Lothar Nagel, Neue Fußballwoche, 20.05.1959