Freundschaftsspiel 1959: SC Dynamo Berlin—La Gantoise Gent 0:0

Ohne Torschuß kein Sieg möglich
Nicht so konzentriert wie am Freitag: "Unsere Mannschaft brachte am Sonntag gegen die Belgier nicht die gleiche Konzentration auf wie zwei Tage vorher gegen die Ungarn. Ich nehme mich selbst dabei keineswegs aus." So kommentierte Dynamo-Kapitän Günter Schröter das torlose Remis gegen La Gantoise. Im Kollektiv gesehen trifft dieser Kommentar zweifellos den Kern der Dinge. Diesmal fehlte es am Zusammenhang der Aktionen. Diesmal fanden verschiedene Pässe den falschen Weg. Diesmal reichte die spielerische Verbindung zwischen den einzelnen Mannschaftsteilen nicht aus, um dem Gegner die Initiative aus der Hand zu nehmen. Torschüsse waren Mangelware: "Endlich ein Schuß aufs Tor", rief Edwin Marian, der bekannte Schauspieler der Volksbühne und ständiger Besucher der Berliner Oberliga-Spiele, aus, als in der 51. Minute Nippert aus 18 Metern Entfernung Torwart de Meyer zu einer effektvollen Parade zwang.

Wie schon in früheren Meisterschaftsspielen fehlte es dem Dynamo-Sturm an Durchschlagskraft und Schußfreudigkeit. Einer wälzte die Verantwortung der Vollstreckung auf den anderen ab. Mehrfach wurde der günstige Augenblick zum Abschluß verpaßt. So war Belgiens Nationalstopper Storme mit seinen Kameraden der Abwehr nicht ernsthaft zu erschüttern. Schnell und zügig über die Flügel: Gerade den Dynamo-Stürmern gaben die Angriffsspieler unserer belgischen Gäste wertvollen Anschauungsunterricht. Sie spielten schnell und steil über die Flügel und geizten auch nicht mit herzhaften Torschüssen. Besonders Linksaußen Mokuna war in seinem Tatendrang nicht zu stoppen. Er wich Dorner bald aus und orientierte sich dann meist mehr zur Mitte oder sogar zur rechten Seite.

Auch Willems, der Mittelstürmer der belgischen Nationalelf, zeigte Durchschlagskraft und Torgefährlichkeit. Wenn nicht Heinz Klemm in der 77. Minute, als die Nr. 9 von Gent aussichtsreich durchgebrochen war, geistesgegenwärtig pariert hätte, dann wäre Dynamo wohl nur "zweiter Sieger" in diesem Kampf geblieben. So aber fand die Abwehr der "Elf in Weiß" in ihrem Schlußmann den entscheidenden Rückhalt, der mit seinen Paraden besonders auch Heine und Skaba zu überdurchschnittlichen Leistungen anspornte. Dramatik der letzten Viertelstunde: Die Berliner setzten zum Endspurt an. Der für Hofmann hereingekommene talentierte Ringmann zog einige flache Flanken nach innen. Ein Flachschuß von Schröter zischte knapp vorbei. Darauf mußte sich Gents Torwart gegen Schüsse von Schäffner, Tiemann und Schröter wehren. Im Gegenzug lief noch einmal Delplancke auf und davon, doch Heine rettete gegen Willems zur Ecke. Und dann kam der Schlußpfiff.

SC Dynamo Berlin:
Klemm; Dorner, Heine, Skaba; Maschke, Tiemann; Hofmann (75. Ringmann), Bley (80. Schäffner); Schröter, Basel, Nippert
La Gantoise Gent:
de Meyer; de Coster (46. van Strythen), Schoonjans; Delmulle, Storme, van Huffel; Delplancke (24 Lambert), van Herpe, Willems, van Hoecke, Mokuna

Schiedsrichter:        Schneider (Forst)
Zuschauer:             12.000


Lothar Nagel, Neue Fußballwoche, 01.04.1959