TeBe-Sponsor in Haft

Die Führungsspitze des Charlottenburger Traditionsvereins Tennis Borussia hat überrascht auf die Verhaftung seines Hauptsponsors Thomas Thiel reagiert. Ein TeBe-Sprecher kündigte eine Krisensitzung an. Man sei aber zuversichtlich, dass die Gelder von Thiels Schweizer Treasure AG weiter fließen werden. Gegen den 40-Jährigen lag ein Haftbefehl vor, in Berlin wurde dieser nun vollstreckt. Wie der Sprecher der Hamburger Staatsanwaltschaft, Bernd Mauruschat, bestätigte, war Thiel bereits 2007 vom dortigen Landgericht wegen sexuellen Missbrauchs seines damals achtjährigen Sohnes und der Misshandlung von Schutzbefohlenen in jeweils zwei Fällen zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Obwohl das Urteil bereits vor Jahresfrist rechtskräftig wurde, trat er seine Strafe nicht an. Gegenwärtig befinde sich Thiel in der Justizvollzugsanstalt Frankfurt/Oder, sagte Mauruschat. Nachdem die Mitgliederversammlung des DDR-Rekordmeisters BFC Dynamo die Seriosität der Treasure AG bezweifelt und deren Sponsorschaft abgelehnt hatte, war das Unternehmen vor knapp zwei Jahren bei Tennis Borussia eingestiegen.

Treasure-Mitinhaber Thiel wurde noch im November 2007 als Mitglied in den Aufsichtsrat des Vereins gewählt. Nach Angaben der auf Wirtschaftsrecht spezialisierten, Frankfurter Anwaltskanzlei Winheller ist Thiel zugleich einer der Direktoren der Londoner Euroventa AG Ltd., die mit dubiosen Anlagegeschäften in Verbindung gebracht wird. "Wir würden gerne persönlich mit Herrn Thiel sprechen, aber das ist ja wohl nicht möglich", sagte TeBe-Sprecher Hagen Liebing. Die jetzt bekannt gewordenen Vorwürfe gegen Thiel könnten "sehr schädlichen Einfluss auf unseren Ruf haben". Der Verein hat fast 1.000 Mitglieder und eine der besten Jugendabteilungen in der Region. Es werde jetzt ein Krisentreffen von Aufsichtsrat und Vorstand des Vereins geben, so Liebing. Am besten wäre es, wenn Thiel von sich aus zurücktreten würde.

Eine Abwahl sei nur mittelfristig durch eine Mitglieder-Vollversammlung möglich. Schon einmal hatte ein Hauptsponsor den Verein in eine Krise gestürzt. Das Engagement der Göttinger-Gruppe endete im Jahr 2000 im finanziellen Fiasko und dem Verlust der Profifußball-Lizenz. Allerdings befürchtet Hagen Liebing nicht, dass mit der Verhaftung von Thiel die Sponsorengelder ausbleiben könnten. Man dürfe das Verhalten einer Einzelperson nicht der ganzen Firma anlasten, so der TeBe-Sprecher. Thiel sei einer von diversen Ansprechpartnern des Vereins gewesen, die Treasure AG habe sich stets korrekt verhalten und ihre Verpflichtungen - angeblich 500.000 Euro pro Saison - immer eingehalten. Als Hauptsponsor zeichne die Treasure AG für "einen gewichtigen Teil" der Finanzen des Vereins verantwortlich. Liebing sprach von einem Betrag in jährlich sechsstelliger Höhe. Gerade in der jetzigen Phase mit Aussicht auf den Aufstieg in die viertklassige Regionalliga bemühe sich der Verein laut Sprecher Liebing um weitere Geldgeber. So wurde gerade ein langfristiger Kooperationsvertrag zur Nachwuchsförderung mit der Internationalen Hochschule für Exekutives Management (IFH) aus Schmöckwitz geschlossen.


Rainer W. During, Tagesspiegel, 18.04.2009