Kicker-Turnier zur Imagepflege

Der für seine rechten Fans bekannte BFC Dynamo lädt zu einem Turnier Clubs ein, die ähnliche Anhänger haben. Da gibt es keinen Zusammenhang, so der BFC. Zudem hätten sich die Fans gebessert. Der Fußballverband sieht das ähnlich. "Ruhm und Ehre dem FCV", brüllten etwa 20 Fans der Frankfurter FC Viktoria 91 in der Ballsporthalle in Hohenschönhausen. Die Analogie zu der von Neonazis häufig verwendeten Parole "Ruhm und Ehre der Waffen SS" war gewiss nicht zufällig gewählt. Bekanntermaßen verfügt der Verein aus der Brandenburgliga über eine rege rechtsextreme Fanszene. Ein Problem, das man beim Berliner FC Dynamo gut kennt. Der Verein richtete am Freitagabend das Fußballhallenturnier aus. Rainer Lüdtke, der Fanbeauftragte des BFC, kam von selbst auf die Rufe zu sprechen: "Früher wären einige unserer Fans daraufhin mit eingestiegen."

Am Ausbleiben dieser Sprechchöre könne man erkennen, dass sich etwas geändert habe. Gerd Liesegang, Vizepräsident des Berliner Fußballverbands, bestätigt: "Die Entwicklung beim BFC Dynamo ist positiv zu bewerten." Die schweren Scharmützel, die sich die BFC Dynamo-Fans Anfang Dezember im Mommsenstadion von Tennis Borussia Berlin mit der Polizei lieferte (58 Verletzte), haben die BFV-Bewertung scheinbar nicht beeinträchtigt. Vermutlich liegt dies an den Videos, die man im Internet einsehen kann. Sie zeigen, dass auch die Polizei "erlebnisorientierte" Kollegen in ihren Reihen hat und maßgeblich zur Eskalation beitrug. Gegen einen prügelnden Hundertschaftsführer wurde gar ein Strafverfahren eingeleitet. Abgesehen von diesem Vorfall ist es in den letzten zweieinhalb Jahren tatsächlich ruhig geblieben um den Ostberliner Traditionsclub, der unter den Fittichen von Stasichef Erich Mielke einst zehn DDR-Meistertitel in Folge holte.

Der Verein hat seine Fans diszipliniert. Die Mittel hierfür sind zuweilen unorthodox: In der letzten Saison kündigte der damalige Präsident rechtzeitig vor der vielbeachteten Partie gegen Türkiyemspor per Internet an: "Wegen des bisherigen - und von allen Seiten gelobten - Fanverhaltens darf wieder Vollbier ausgeschenkt werden. Es wird dann von Spiel zu Spiel neu entschieden." Bis heute hat der Bierfrieden gehalten. Am Getränkeausschank allein hat es gewiss nicht gelegen. Die meisten Fans wissen, dass es um die Existenz geht. Als Wiederholungstäter würde der BFC von den Verbänden für das kleinste Vergehen hart bestraft werden. "Es hat sich sehr vieles verbessert", sagt Rainer Lüdtke. "Aber es muss noch mehr passieren. Wir wollen raus aus der Isolation und uns nach außen öffnen."

Doch warum nahm der BFC Dynamo am Wochenende nicht am BFV-Hallenturnier für die Berliner Oberliga- und Regionalligavereine teil und lud stattdessen für sein eigenes Turnier Mannschaften wie Viktoria Frankfurt, Lokomotive Leipzig und Stahl Brandenburg ein, deren Fans zuletzt des Öfteren für negative Schlagzeilen sorgten? Mit der von Lüdtke apostrophierten Öffnungspolitik ist das kaum in Einklang zu bringen. Dieser hält die Frage jedoch für völlig abwegig. "Darauf wäre ich nie gekommen. Die Mannschaften für das Turnier hat unser Teammanager Jörn Lenz eingeladen, weil er bei den Clubs teilweise selbst gespielt hat." Es sei wieder typisch, dass man den BFC in eine Ecke stellen wolle. "Warum fragen Sie nicht, weshalb wir einen türkischen Trainer haben?"

Dass beim BFC Dynamo zugleich für und gegen das schlechte Image des Vereins gearbeitet wird, gehört zu den Widersprüchen, die den Club begleiten. Lüdtke relativiert, man habe auch rechtslastige Fans. Mit diesem Problem werde man sich auch in Zukunft auseinandersetzen. "Der BFC Dynamo war immer anders. Um erfolgreich zu sein, müssen wir aber nicht unsere Vereinsseele verkaufen. Ich mag kein rein in die Hände klatschendes Publikum." Beim Turnier waren unter den BFC-Fans wie gewöhnlich die bei Rechten beliebten Kleidermarken "Thor Steinar" und "Lonsdale" überdurchschnittlich häufig zu sehen. Wenn der Verein nicht weiter im eigenen Umfeld sich auf Sponsorensuche machen will, wie Lüdtke sagt, sondern auch für andere interessant werden möchte, wird man nicht umhinkommen, deutlichere Zeichen als bislang zu setzen und damit einen Teil der Fans zu verprellen.


Johannes Kopp, taz, 11.01.2009