Fans sind kein Freiwild

Die ersten Meldungen schienen alle schlechten Erfahrungen und Vorurteile zu bestätigen. Schließlich sind Provokationen und Randale im Zusammenhang mit den Fans des BFC Dynamo jahrelang nichts Ungewöhnliches gewesen. Warum sollte die weinrote Gefolgschaft nicht also auch die alleinige Schuld tragen für die Ausschreitungen beim Oberligaspiel der Hohenschönhausener gegen Tennis Borussia im Mommsenstadion? Augenzeugenberichte und im Internet verbreitete Videoaufnahmen haben die Frage beantwortet. Auf ganz andere Weise als allgemein erwartet - und peinlich genug für die Polizei. Die hat das für die Deeskalation bei Spannungen auf den Rängen unabdingbare Prinzip der Verhältnismäßigkeit der Mittel verletzt - und im Zuge ihres überzogenen Verhaltens unbeteiligte Zuschauer offenbar ohne Vorwarnung angegriffen. Möglicherweise löste eine Fehlinformation den Einsatz aus. Rechtfertigen lässt er sich damit jedoch nicht.

Es ist bezeichnend, dass sogar szenekundige Beamte der Einsatzgruppe Hooligan das Vorgehen ihrer Kollegen kritisierten. Zum Glück hat die Polizei erste Konsequenzen gezogen und den prügelnden Chef einer Hundertschaft vom Dienst suspendiert - ein wichtiges Zeichen, dass es auch für uniformierte Beamte Grenzen gibt und Fans kein Freiwild sind. Als solches werden sie leider oftmals behandelt. Fans haben keine Lobby, im Zweifelsfall glaubt ihnen niemand. Zumal die Trennung zwischen friedfertigen Zuschauern und Gewalttätern häufig schwer fällt. Gut ist deshalb, dass der BFC Dynamo umgehend reagiert und Stadionverbote gegen überführte Übeltäter verhängt hat. Wer aus dem Fanblock mit Knallkörpern und Gegenständen wirft oder den Sicherheitszaun zu übersteigen versucht, kann nichts Gutes im Schilde führen. Schon gar nicht, wenn es sich um Anhänger eines einschlägig vorbelasteten Vereins handelt. Der BFC Dynamo tut gut daran, sich mehr denn je von den Leuten zu distanzieren, die nur auf Randale aus sind.


Horst Bläsig, Fußballwoche, 15.12.2008