Deeskalation sieht anders aus

zum Artikel: "BFC Dynamo: Eiterbeule des Fußballs" von Matthias Wolf (9. Dezember):

Man kann die Sache aber auch anders sehen. Wenn vorher in der Sicherheitsbegehung vereinbart wurde, dass die Polizei erst eingreift, wenn der BFC-Ordnungsdienst die Lage nicht mehr im Griff hat. Wenn zum Zeitpunkt des Einsatzes der eine Zaunkletterer von eben diesem Ordnungsdienst bereits zum Ausgang abgeführt wird und wenn die allgemeine Stimmung zwar aufgrund des Spielstandes sehr gefrustet, aber nicht aggressiv war, muss man sich schon die Frage stellen: Warum stürmt die Polizei mit Hundertschaften eine ganze Gegengerade mit 1.200 Zuschauern, sprüht dabei wahllos mit Pfefferspray oder Sonstigem um sich, dass man in fünf Metern Entfernung noch tränende Augen bekommt? Warum wird der Ordnungsdienst, obwohl als solcher erkennbar, von den Polizisten angegangen?

Da konnten sich sogar die Zivil-Polizisten nur noch kopfschüttelnd zurückziehen. Das alles wegen zwei Böllern und einem Zaunkletterer. Deeskalation sieht anders aus und wird außerhalb Berlins selbst bei BFC-Spielen anders gelebt. Schade nur, dass die Polizei unter ähnlichen Umständen nicht auch bei Spielen anderer Mannschaften in dieser Stadt so Fanblöcke stürmt. Die Diskussion über die offensichtliche Eskalationsbereitschaft der Berliner Polizei wäre sicher eine andere. Herr Wolf, Sie sagen, dem BFC ist nicht zu helfen. Ich sage, der Berliner Fußball Verband, die Berliner Polizei und auch die Medien wollen dem BFC gar nicht helfen. Anders ist eine so negative Einstellung gegenüber dem Verein, die Nicht-Würdigung seiner Bemühungen über Jahre hinweg nicht zu erklären.


Markus Germann, Berliner Zeitung (LESERSTIMMEN), 11.12.2008