Augenzeugenbericht - Polizeieinsatz beim Oberligaspiel TeBe Berlin - BFC Dynamo
 

Nachdem sich die Wogen etwas geglättet haben, hier noch einmal ein Statement von mir und meine ganz persönliche Sicht der Dinge. Ich musste nach den Geschehnissen am Sonntag Nachmittag erst einmal alles in Ruhe verarbeiten, um heute diesen ausführlichen Bericht zu verfassen... Ich arbeite im Alltag als Autor, Darsteller und Fotograf und besuchte als fußballinteressierter Berliner das Spiel Tennis Borussia - BFC Dynamo. Sportlich war diese Partie ein Klassiker. Erster gegen Zweiter. Für den BFC Dynamo war es die letzte Chance Anschluss zu halten. Keine Frage: Die Fans des Berliner Fußballclubs BFC Dynamo sind in der Vergangenheit immer wieder mit negativen Schlagzeilen in Erscheinung getreten, doch was am Sonntag passiert ist, schlug zurecht hohe Wogen...

Etwa 1.300 Anhänger des BFC Dynamo waren im Gästebereich im Mommsenstadion. Insgesamt waren ca. 2.100 Zuschauer vor Ort. Mit einer tollen Choreographie - für die im Vorfeld bei den Fans gesammelt wurde - unterstützten die BFC-Fans ihre Mannschaft zu Spielbeginn. Hunderte weinrote Fahnen wehten im Gästebereich, der sich auf der gesamten Gegengeraden erstreckte. Die Stimmung war gut und knisternd, jedoch nicht explosiv. Als der BFC Dynamo in Führung mit 1:0 in Führung ging, herrschte Jubel und Ausgelassenheit. TeBe fand später immer besser ins Spiel und Mitte der 2. Halbzeit stand es schließlich 3:1 für die Hausherrn. Im Gästebereich der BFC-Anhänger herrschten nun Stille und Niedergeschlagenheit. Die Saison schien in sportlicher Hinsicht gelaufen. Neben mir beschimpfte ein alter BFCer die Tatsache, dass nun die TeBe-Fans auf der Haupttribüne stimmungstechnisch die Oberhand hatten.

Aus dem Nichts flog ein erster Böller auf das Spielfeld. Völlig dumm, unnötig und unmotiviert. Später flog ein zweiter Böller auf den Rasen. Direkt vor die Füße eines BFC-Spielers. Diese Tatsache überraschte mich, denn die Aktion schien mir nicht typisch zu sein. Irgendetwas irritierte mich. Die meisten um mich herum kritisierten auch diese Aktion. Eine einzelne mir und den Umstehenden völlig unbekannte Person klettert letztendlich auf den Zaun und schimpfte. Eine Aktion, die man tausendfach in den Stadien sieht. Unnötig, aber nicht gefährlich und keinesfalls dramatisch. Klipp und klar ein Fall für die Ordner. Ein nebenstehender Fan zog die auf den Zaun befindliche Person auch sogleich herunter. Man wollte nicht provozieren, man wollte dem Verein nicht schaden.

Kurze Zeit später bahnte sich oben im Block bereits die behelmte Polizei den Weg. Es war schwer einzusehen, weshalb die Polizei in den Gästebereich kam. Denn eines war klar: Die ruhige, enttäuschte Stimmung könnte bei jeglichen Provokationen umschlagen. Die Bölleraktion und der Zaunbesteiger erschienen als viel zu banal, als dass ein Polizeieinsatz von Nöten war. Bereits von den unteren Stufen konnte ich erkennen, dass es oben auf dem Weg des Gästeblocks hart zur Sache ging. Einzelne Personen wurden von der Polizei in harter Form herausgegriffen. Sekunden später stand ich unmittelbar am Geschehen am Zaun, der die Gegengeraden aufteilt. Viele Fans waren sehr empört und brüllten, die Polizei sollte aus den Block verschwinden. Die wenigsten hatten Lust auf Konfrontation. Von Anfang an gingen die Einsatzkräfte der Polizei sehr resolut und teilweise brutal vor. Gezielt wurde von Seiten der Polizei mit Reizgas gearbeitet. Fakt ist, dass Ordner des BFC und auch zahlreiche BFC-Fans versuchten, die angespannte Situation zu schlichten. Ich sah mit eigenen Augen, wie sich welche schützend als "Puffer" zwischen Polizisten und aufgebrachte Fans stellten. Weiterhin wurde resolut und gezielt Reizgas mit dickem Strahl eingesetzt.

Ich bekam selber massiv Reizgas in flüssiger Form ab. Dass gezielt auf die Augen gesprüht wurde, zeigte die Tatsache, dass meine Brille völlig beschmutzt war. Mein gesamtes Gesicht war nass. Dank meiner Brille spürte ich - im Gegensatz zu vielen anderen um mich herum - nicht sofort die Folgen des Reizgases. Ich beobachtete weiter die Situation, war jedoch ab jenem Moment etwas benebelt und geschockt. Weitere Einsatzkräfte eilten in den Block und bahnten sich den Weg. Ich ging in Richtung Stadionausgang und war mächtig aufgebracht über die gezielte Reizgasattacke. Als ich einen Polizisten daraufhin empört ansprach bekam ich nur ein "Verpiss dich!" zu hören. Ich sah teilweise höhnisch lächelnde Einsatzkräfte und zwei Sanitäter, die mir nicht helfen wollten oder konnten. Von zwei Freunden wurde ich vor dem Stadion in Richtung S-Bahnhof gebracht. Mein Gesicht war mittlerweile extrem gerötet und ich konnte kaum noch sehen.

Am Bahnhof wollten die beiden Freunde mir eine Flasche Wasser kaufen. Als mich dortige Polizisten der "2. Reihe" fragten, ob sie mir helfen können, fühlte ich mich verschaukelt und setzte mich benommen und wütend auf eine Bordsteinkante. Wenig später merkte ich erst, dass die dortigen Uniformierten wirklich freundlich waren und helfen wollten. Ein Sanitäter der Polizei spülte sorgsam meine Augen aus und mein Gesicht ab und gab mir hilfreiche Anweisungen. Den Bahnsteig erreichten mittlerweile zahlreiche BFC-Fans und die Einsatzkräfte aus dem Stadion. Die Atmosphäre wurde wieder angespannt. Die Polizei bildete Ketten und rückte auf. Kaum jemand hatte Lust auf Auseinandersetzungen und somit wurde zur Entspannung kurzerhand auf Bahnsteig und Treppe eine lautstarke "Uffta" gemacht. Genau diese Aktion leistete in meinen Augen einen enormen Beitrag dafür, dass die Lage auf dem Bahnhof nicht komplett eskalierte... Noch am nächsten Tag fühlte ich mich benommen und die Augen brannten.

Die Bilanz nach dem Spiel:
58 Verletzte. 18 Festnahmen.
In meinen Augen war diese ganze Polizei-Aktion völlig unnötig und man kann froh sein, dass nicht noch schlimmeres passierte!
Im Stadion gab es Ordner und einen eigenen Sicherheitsdienst. Und bereits bei zurückliegenden Spielen hatte ich gesehen, wie Fans, die im Stadion verbal oder mit dummen Aktionen über die Stränge schlugen, resolut von Ordnern und anderen Fans zurückgewiesen wurden!

Ich betone es noch einmal:
Die gesamte Übersicht zu haben, war völlig unmöglich!
Ich habe nicht alles sehen können!
Aber ich habe die Situation genau gesehen, die Auslöser war für die Polizeiaktion.
Was sich anschließend alles im Detail in den vielen Bereichen des Gästeblocks und vor dem Stadion ereignete, kann ich nicht komplett beschreiben und entzieht sich meiner Kenntnis.
Was ich mit eigenen Augen gesehen habe, war schlimm genug!


Marco (einfach nur ein Freund des Fußballs - bisher ca. 450 Spiele weltweit gesehen)
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