Aus den Unterklassen / Kein Spaß im Mommsenstadion

Am Sonntag gewann Tennis Borussia Berlin (West), der Tabellenführer der Oberliga (Nordost-Nord), gegen seinen ärgsten Verfolger, den BFC Dynamo (Ost) mit 4:2. Über 2.000 Zuschauer waren zugegen, zwei Drittel von ihnen drückten dem BFC die Daumen. Der BFC begann stark und führte kurzzeitig mit 1:0. Dann schaltete TB den Turbo ein und war bald in allen Belangen die bessere Mannschaft. Verdienter Sieg, der eher zu niedrig ausfiel. Mit nun elf Punkten Vorsprung ist den Tennis-Borussen der Staffelsieg nur noch sehr schwer aus den Händen zu reißen. Greifswald und der BFC lauern die nächsten Monate auf Ausrutscher von TB. Dann wartet noch das Lizenzierungsverfahren als letzte Chance. Leider geriet das sportliche Geschehen kurz vor Ende der zweiten Halbzeit im Mommsenstadion in den Hintergrund. Anfangs lieferten sich beide Fanlager mehr oder minder feine Sangeskriege. Man mag sich halt nicht und findet immer einen Anlaß, den Gegner zu schmähen.

Manch homophober Leitsatz aus schrundigem BFC-Halse tat meinen Ohren alles andere als wohl. Einige TB-Fans hingegen feierten die Bulgaren. Der Fanbeauftragte des BFC wurde in Bulgarien im Sommer Opfer eines Raubes. Fußballfansprosa der rauhen Art. Krasse Oldscool. Einige Idioten in den Fanreihen des BFC mußten mit zwei Knallkörpern und dem Besteigen des Stadionzaunes auf ihre mentalen Defizite aufmerksam machen. Die Böller landeten auf dem Spielfeld und gingen neben Spielern los. Das ist unsportlich, feige und dumm. Der BFC-eigene Ordnungsdienst und einige Fans versuchten, der Lage Herr zu werden, zu spät. Die Polizei hatte sich bereits im Laufschritt in den Fanblock aufgemacht. Eine üble Klopperei mit etlichen Verletzten nahm nun ihren Ausgang. Diverse Trunkenbolde bildeten nicht schnell genug eine Gasse und wurden gnadenlos beiseite geknüppelt. Die entfesselte Staatsgewalt machte auch vor Frauen und zwei kleinen Kindern keinen Halt.

Mit Schlagstock und Tränengas bahnte sich die Polizei ihren Weg zum Ort des Geschehens, wo längst alles geklärt war. Ein Mißverständnis, ein Versehen? Letztlich kam das Fanal aus den Reihen der BFC-Fans. Einige betrunkene Freaks suchten Ärger und bekamen ihn. Doch die Leidtragenden waren, wie immer in solchen Situationen, völlig Unschuldige. Der BFC-Wirtschaftsratboß und andere engagierte Fans versuchten zu schlichten, wurden aber im allgemeinen Durcheinander nicht als Schlichter erkannt und bös verdroschen. Über 50 Verletzte mußten versorgt werden, der TB-Anhang feixte und die Dynamos trotteten gesenkten Hauptes vom Feld und aus dem Stadion. Bleibt zu hoffen, der Berliner Fußballverband reagiert besonnen auf die Vorfälle. Immerhin war Berlins Fußballpräsident vor Ort und konnte sich ein eigenes Bild von den Vorgängen machen.


Frank Willmann, 09.12.2008, Junge Welt