Hooligans gehören dazu

Der Berliner Traditionsverein BFC Dynamo will in die dritte Profiliga aufsteigen. Rechtsextreme Schläger sollen dabei nicht ausgegrenzt werdenDer neue starke Mann des früheren DDR-Rekordmeisters genießt einen zweifelhaften Ruf. Ein Fan der gegnerischen Mannschaft vom SV Babelsberg 03 hatte Peter Meyer vor laufenden Kamera des RBB identifiziert und ihn beschuldigt, im Jahre 2004 einen anderen Babelsberger krankenhausreif geschlagen zu haben. Die Anhänger der beiden damaligen Oberligisten sind verfeindet, Dynamo-Fans gelten als rechts, die Fans des Potsdamer Stadtteilclubs als links. Seit ein paar Tagen nun steht Meyer dem Wirtschaftsrat des Problemvereins BFC Dynamo vor. Meyers Firma ist angeblich mit 115.000 Euro der größte Gläubiger des Vereins. Der 39-jährige Unternehmer, der Telefonkarten an Internetcafés und Call-Shops verkauft, ist über seine Firma außerdem Hauptsponsor des klammen Clubs, der mit 165.000 Euro verschuldet sein soll.

Zusätzlich unterstützt er BFC mit mehreren Zehntausend Euro aus eigener Tasche – als Sponsor. Den Gewaltvorwurf nennt er "absolut haltlos". Meyer sieht sich als engagierten Geschäftsmann, der seinen Verein unterstützt und ihn sanieren will, nicht als gewalttätigen Fußballfan. "Ich habe schließlich nichts gemacht." Er habe damals nicht den Platz gestürmt. "Ich bin lediglich auf den Rasen gegangen und habe mit der Mannschaft gefeiert." Nach eigenen Angaben will er sogar ausdrücklich "gegen Gewalt und Rassismus" bei Dynamo vorgehen. Wie das genau geschehen soll, verrät er allerdings nicht. Meyers Gegenspieler im Verein, der vor einer Woche zurückgetretene Präsident Mario Weinkauf, redet offen davon, dass nun "gewaltbereite Hooligans" den Verein übernähmen. Deren einziges Interesse liege darin, "dass alles so bleibt, wie es ist, damit sie ihre gemütliche Spielwiese behalten können".

Seit Monaten herrscht bereits eine Fehde zwischen Ex-Präsident Weinkauf und Meyer. Vorläufiger Höhepunkt der Auseinandersetzung war die Mitgliederversammlung vor einigen Tagen: Über acht Stunden zog sich die Abwahl des bisherigen Präsidiums und die Neuwahl des neuen Wirtschaftsrates hin, bei der Meyer sämtliche seiner Kandidaten durchbrachte. Meyer bestreitet, dass er irgendwann selbst Präsident werden wolle. Als Vorsitzender des  Wirtschaftsrats werde er penibel darauf achten, dass der BFC sämtliche finanziellen und steuerlichen Vorgaben erfülle. Er möchte damit auch erreichen, dass Dynamo sportlich nach oben kommt: "Mein Ziel ist es, dass der BFC irgendwann mal die Chance hat, in den Profibereich aufzusteigen." Damit meint er die dritte Profiliga, die vom Deutschen Fußball Bund und der Deutschen Fußball Liga im kommenden Jahr eingeführt wird.

Abgesehen von dem Problem mit den rechtsradikalen Fans muss der Club, um dorthin zu kommen, aber noch andere Aufgaben erledigen. "Wenn es so weit ist, erwarten wir von sämtlichen beteiligten Vereinen, dass sie unsere Sicherheitsauflagen erfüllen, sonst erhalten sie keine Spielberechtigung", sagt Holger Spahn, Sicherheitsbeauftragter des DFB. Das BFC-Stadion im Hohenschönhauser Sportforum allerdings ist in einem maroden Zustand. Selbst die vorgeschriebenen Sicherheitszäune sind durchlässig. Das will der Berliner Senat als Eigentümer des Stadions nun ändern. Die Ausbesserungsarbeiten sollen bis zu Beginn der neuen Oberliga-Saison abgeschlossen sein, um so die Auflagen des Nordostdeutschen Fußballverbandes (NOFV) zu erfüllen.

Bleiben die rechten Fans von Dynamo. Bei der Berliner Polizei ist die Rede davon, dass sich im Umfeld des BFC rund 600 Hooligans tummeln, davon 200 absolut gewaltsuchende, die bereits von der Polizei registriert wurden. Meyer jedoch will diese Fans nicht ausschließen, sondern integrieren. "Seit 30 Jahren gehe ich zum BFC", sagt er. "Deshalb kenne ich Hooligans, rechte wie linke Anhänger des Clubs. Und wenn 300 Leute im Vereinsheim sitzen, muss ich 250 von denen guten Tag sagen." Nach klaren Absage an die Hooligans kling das wirklich nicht. Dazu passt, was Thomas Heilmann-Kern, der zweite Mann im Wirtschaftsrat, sagt: "Einige dieser Leute kennen wir von früher aus unserer Jugendzeit beim BFC Dynamo. Viele von ihnen haben mittlerweile Familien und einen festen Stand in der Gesellschaft und sind in der Szene nicht mehr aktiv. Wir halten nichts davon, diese Leute auszugrenzen."


Olaf Sundermeyer, Die Zeit, 08.07.2007