Interview der Woche mit Mario Weinkauf “Es ist mein Auftrag, Sozialarbeit zu leisten”

Er ist seit 2004 Präsident des BFC Dynamo. Seine wichtigsten Ziele: Er will den Verein in die neue Regionalliga fuhren und die Jugendarbeit mit 700 Kindern und Jugendlichen auf einem soliden Fundament weiterführen. Als wichtigste Voraussetzung dafür will er den Verein aus den Negativschlagzeilen heraushalten. Im FuWo-Interview der Woche sagt Mario Weinkauf (44), dass beim BFC Dynamo heute einzig der Name noch etwas mit dem BFC Dynamo aus DDR-Zeiten zu tun habe.

Dynamo hatte zuletzt in vier Spielen kein Tor geschossen. Wie bewerten Sie das 1:1 gegen Yesilyurt?
Weinkauf:
Es war eine Steigerung feststellbar. Sie kam allerdings nicht unerwartet, denn der neue Trainer Ingo Rentzsch hat die Mannschaft neu eingestellt, motiviert und begeistert. Insofern waren sogar drei Punkte unser Ziel, wir sind enttäuscht über das Ergebnis.

Was können Sie in dieser Saison mit der Mannschaft erreichen?
Weinkauf:
Es geht um den Klassenerhalt und darum, die Weichen für die nächste Saison zu stellen, damit wir um die Qualifikation für die neue dritte Liga mitspielen können.

Im September hieß es, die Mannschaft müsse zwei Monate auf ihr Geld verzichten. Wann bekommen die Spieler wieder Geld?
Weinkauf:
Die Spieler bekommen regelmäßig ihr Geld. Sie haben ihre Bereitschaft erklärt, auf einen bestimmten Teil ihres Einkommens zu verzichten. Dadurch sind die Bezüge für die gesamte Saison gesichert.

Im Jahresetat von 350.000 Euro fehlten im September 148.000 Euro. Was ist der aktuelle Stand?
Weinkauf:
Wir gehen davon aus, dass wir dank erheblicher Einsparungen mit einem Etat von 250.000 Euro auskommen. Da geht es uns wesentlich besser als anderen.

Wie konnten Sie Ingo Rentzsch davon überzeugen, Trainer beim BFC zu werden?
Weinkauf:
Er ist ein Dynamo-Kind, hat seine gesamte Jugend hier verbracht. Große Überzeugungsarbeit mussten wir nicht leisten.

Was zeichnet Rentzsch aus?
Weinkauf:
Seine ruhige Art, seine Erfahrung und seine Nähe zum Verein. Er ist Diplom-Sportlehrer und hat die A-Lizenz als Trainer. Das weist ihn als absoluten Fachmann aus.

Wann wird Dynamo gesellschaftsfähig angenommen?
Weinkauf:
Das entscheiden zunächst die Medien. Ausschreitungen auf den Zuschauerrängen sind nicht ein Problem des BFC Dynamo allein. Es gibt sie auch in Aachen, Altglienicke oder bei Hertha II. Es handelt sich um ein Grundproblem im deutschen Fußball. Wir sind aufgrund unserer Vergangenheit nur häufiger in den Schlagzeilen.

Verstehen Sie, dass Stasi-Opfer und Systemgegner der ehemaligen DDR ein Problem mit der fortbestehenden Existenz des Vereins haben?
Weinkauf:
Sicherlich. Wenn man sich auf den Stuhl dieser Opfer setzt, kann man dafür Verständnis aufbringen. Aber der Verein heutzutage hat außer dem Namen gar nichts mehr mit dem Verein von damals zu tun.

Welche Konsequenzen kann man aus dieser Sicht der Dinge ziehen?
Weinkauf:
Die Menschen müssen auch Verständnis für meine Position haben. Ich möchte den Verein am Leben halten und den Spielbetrieb sicherstellen. Es ist mein Auftrag, das ich eine Sozialarbeit im Brennpunkt Bezirk Hohenschönhausen leiste. Wir betreuen täglich 700 Kinder und Jugendliche im Verein.

Wie sehen Sie Ihre eigene Rolle?
Weinkauf:
Sie hat sich etwas verändert. In der Vergangenheit war ich Einzelkämpfer, hatte ich alles au den eigenen Schultern zu tragen. Jetzt haben wir Verantwortung und Arbeitsaufgaben verteilt. Zurzeit ist es meine Aufgabe, die Richtung vorzugeben und den Verein gegenüber Verbänden, Politik und Behörden zu vertreten.

Wie kam der Burgfrieden zwischen Ihnen und Geschäftsführer Peter Meyer zustande?
Weinkauf:
Ich bin gelernter Manager. Da muss man in der Lage sein, situativ zu handeln. Es geht hier nicht um Politik oder um persönliche Befindlichkeiten. Die Mitglieder habe mir einen Auftrag gegeben. Dementsprechend muss ich handeln.


Jochen Gößmann, Fußballwoche, 23.04.2007